Themen des Jahres 2021

Was waren für euch die Themen 2021?

Klar, COVID ist der Spitzenreiter, bei dem man schon gehofft hat, dass er gar nicht mehr so relevant ist.

Die Artikel, die dieses Jahr am meisten aufgerufen worden sind waren:

Einige davon sind nicht aus diesem Jahr, aber wurden eben über Google gesucht und gefunden.

Wer noch mal in die anderen Jahre schauen will:

 

Funktioniert das Gehirn ganz anders? (Gastartikel)

Gastartikel von „Alter Freund“

Wer meinen Beitrag „Ist das männliche Geschlecht erfunden?“ gelesen hat, wird sich nun sicherlich freuen über eine Fortsetzung aus der beliebten Reihe „Wir stellen die Welt auf den Kopf“. Auch diesmal nicht ganz ernst gemeint, aber irgendwie doch, also auch eine Provokation an die etablierte Wissenschafts-Gemeinde.

Als wissenschaftlich interessierter Mensch habe ich einen groben Überblick über die Funktionalität des Gehirns bzw. das grundlegende Modell welches dabei verwendet wird. Ich bezeichne das als „monolithisches Modell“, alle Teile bilden zusammen ein Ganzes, das als Einheit funktioniert.
Und als jemand, der sich auch etwas mit Computern auskennt, zieht man gern Parallelen, und sieht auch die grundsätzlichen Unterschiede zwischen Gehirn und Computer.
Nun hat sich bei mir im Laufe der Zeit eine Vermutung eingeschlichen, die ich hier darlegen möchte. Dass vielleicht die grundsätzliche Funktionalität des Gehirns völlig missverstanden wird, und wir es tatsächlich mit einem modularen System zu tun haben.

Jede Hemisphäre des Gehirns, von denen es ja vier gibt, ist dabei ein eigenes Modul, eine eigene Persönlichkeit. Und im Zentrum, dem Corpus Callosum, der im monolitischen Modell als Daten-Highway der Hemissphären definiert ist, wohnt das Bewusstsein bzw. das fünfte Modul, die eigentliche echte Persönlichkeit eines Menschen, die von den anderen vier ständig beeinflusst wird (vielleicht sogar von denen erst generiert wird) und verschwindet wenn man schlafen geht.

Wie komme ich nun darauf?

Irgendwann vor langem las ich einem wissenschaftlichen Bericht über das Gehirn, in dem berichtet wurde dass im Corpus Callosum die Synapsendichte am höchsten wäre, und dass ausserdem die Aktivität auf dem Daten-Highway mit dem Schlaf-Zyklus gekoppelt ist. Morgens, wenn man aufwacht, fängt der Highway an zu glühen, und abends, wenn man einschläft, kommt der Verkehr zum erliegen.
Wir Computer-Leute haben einen Spruch: „Dort wo die meisten Kabel sind, ist der Server-Raum“. Und wenn ich lese dass im Corpus Callosum die Synapsendichte am höchsten ist, dann drängt sich mir natürlich sofort die Frage auf: „Ist das vielleicht der Server-Raum, und nicht nur ein Daten-Highway der Hemispähren?“

Irgenwann später bin dann auf den Bericht über den Mann ohne Gehirn gestossen. Ein Portugiese, ein zwar einfacher Mensch, der aber ganz normal sein Leben lebt, ging irgendwann zum Arzt, wo sich zum Erstaunen der Wissenschaftsgemeinde herausstellte, dass der keine Hemisspären im Gehirn hat, nur Hirnwasser und den mittleren Stumpf im Gehirn, dort wo der Corpus Callosum sitzt.
Wenn das System auch ohne Hemispähren recht gut funktioniert, dann sind die Hemispähren nur Peripherie, die gar nicht wirklich gebraucht wird, und der eigentliche Kern des Gehirns ist der Corpus Callosum, so meine Schlussfolgerung.
Im monolitischen Modell wird die Lebensfähigkeit des Mann ohne Gehirn damit erklärt, dass das Gehirn eine fast unglaubliche Plastizität haben soll. Im modularen Modell fehlen einfach nur die vier anderen Module, und das Kernmodul läuft im Notfall-Modus irgndwie alleine, mit stark reduzierter Leistung.

Ganz allgemein würde ich die vier Personen der beiden inneren und äusseren Hemispähren so beschreiben, dass die beiden Inneren das Fluchttier und das Kampftier sind, die in uns wohnen, und die beiden Äusseren kooperativ/konfrontativ sind.
Kommt es zu einer gefährlichen Situation, wird die Frage „Kampf oder Flucht?“ von den beiden inneren Hemisphären ausgefochten. Und im Alltag, im Umgang mit anderen Menschen, wird die Frage „konkurrieren oder kooperieren?“ von den äusseren Hemispähren ausgefochten.

Wenn das also so ist, dass eine Zentralpersönlichkeit im Gehirn ständig heimlich von vier Sub-Persönlichkeiten manipuliert wird, könnten wir das erkennen und auch vor uns selbst zugeben?
Ich denke nicht, denn in einer Kultur in der die Gehirne darauf trainiert werden, immer nur eine Seite zu zeigen, und das Zeigen von mehreren Seiten als psychische Krankheit wie Schizophrenie u.ä. angesehen wird, ist das unmöglich. Wir würden richtig übel in einer Sackgasse stecken und niemals erkennen können, wie wir wirklich funktionieren.

Selbermach Mittwoch

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„Übertreibe ich, wenn ich sage, ich hasse Männer? Nein. Date ich sie trotzdem weiterhin, obwohl sie mich nerven? Ja.“

Das Missy Magazin lässt eine Autorin, die das Pech hat, heterosexuell zu sein,  mal wieder ihre Männerfeindlichkeit ausleben

Es ist Sonntag und ich habe einen Kater. Die einzig logische Konsequenz, die jetzt daraus folgt: Ich packe mein Handy aus und swipe um mein Leben. Manchmal swipe ich so schnell, dass ich nicht mal die Gesichter der Menschen erkenne. Während ich so vor mich hinswipe, stelle ich mir vor, ich wäre ein fiktiver Charakter in einer linken Telenovela, in der ich jetzt von irgendeiner Grit verurteilt werden würde, weil ich mit meinem bösen iPhone Menschen zur Ware mache und die Grundprinzipien des linken Aktivismus verrate. Ich muss grunzen. Ein bisschen schlecht fühle mich aber auch, weil ich es andersrum genauso kacke finde, objektiviert zu werden.

Die Autorin, Huyen Trang Nguyen Le, ist also auf Tinder unterwegs und wischt sich so durch. Und natürlich muss sie erst einmal darstellen, dass es ja alles irgendwie schlecht ist, unmenschlich, und irgendwie ein zum Objekt machen.
Dabei ist es letztendlich insbesondere unserer Gabe geschuldet uns von einem Bild bereits einen guten ersten Eindruck von einer Person zu machen, der meist schon recht präzise dafür ist, ob uns derjenige als Partner interessant vorkommt.

Zu ihrer Person:

Huyen Trang Nguyen Le
*1990, Redaktion Online & Social Media
studierte Linguistik  und vereint in Netzwerk- und Bildungsarbeit postmigrantische und generationsübergreifende Perspektiven.  In den letzten Jahren war sie in unterschiedlichen Projekten mit dem Schwerpunkt Öffentlichkeitsarbeit und Eventmanagement involviert. Als Mitgründerin der Grassroots-Organisation Justice is Global Europe ist sie neben ihrer Arbeit beim Missy Magazine weiterhin politisch aktiv.

Auf der Justice is Global Seite findet sich auch ein Foto:

Trang Nguyen

Trang Nguyen

Als intersektionale Feministin dürfte sie sich als doppelte Minderheit sehen, einmal als Asiatin und dann als Frau. Das Dating für sie in einem überwiegend weißen Land dann schwierig sein muss, weil die Leute zum einen nicht ihren besonderen intersektionalen Status hinreichend beachten werden und zum anderen weil sie sich sowohl mit Männern als auch noch mit weißen Männern auseinandersetzen muss, was ja ohnehin schon eine Zumutung ist.

Ich nutze Dating-Apps jetzt schon seit einer Weile, obwohl ich sie ätzend finde. Außerdem denke ich, dass der Algorithmus mir mit Absicht das Leben zur Hölle machen will, weil ich ständig weiße Typen mit Dreadlocks, irgendwelche schlimmen Social Entrepreneurs oder FDP-Wähler vorgeschlagen bekomme und mich frage, was die Scheiße eigentlich soll.

Weiße Typen mit Dreadlocks sind natürlich Rassisten, Entrepeneurs und FDP-Wähler sind Kapitalisten und damit auch nichts, mit dem man etwas anfängt. Ein „intersektionaler Feminist“ Algorithmus für eine eigene Flirtseite wäre eigentlich interessant. Vielleicht müsste man beidseitig alle möglichen Fragen beantworten oder eine Privilegsberechnung anstellen, wäre aber interessant, wie man dann die jeweiligen „Matchen“ kann. Weiße mit „PoCs“ nur, wenn sie besonders viel Privileg zugeben?

Neulich schrieb mich z.B. ein bekannter Ökonom und Professor an, der mich in seiner Nachricht dazu aufforderte, ihn zu googlen (okay?), bevor er mich dann fragte, ob er mich denn mal „ans Meer entführen dürfte“. Wie nett von dir, dass du da noch schnell Konsens abfragst. Ich möchte nur noch schreien.

„Sogar ein bekannter Typ will mich aber ich lehne ihn natürlich ab“ ist auch so ein klassisches Element. Ich habe gerade den Namen dafür vergessen. Es klingt etwas arrogant darauf hinzuweisen, dass sie ihn googlen kann, aber anderseits kann es ja in der Tat der einfachste Weg sein, wenn man viel über ihn im Internet findet.

Sich über die Formulierung „ans Meer entführen“ aufzuregen finde ich etwas merkwürdig, denn es ist ja nicht als etwas gegen den Willen durchgeführtes gemeint. Es geht darum etwas spontanes zu machen und das einfach so aus dem Alltag heraus. Aber gut, Sprache drückt ja im intersektionalen auch schon Macht aus und da geht so etwas natürlich gar nicht.

Ab und an passiert dann noch das: Ich denke, dass ich einen Typen gut finde, und treffe mich dann mit ihm. Dass Infos wie „Berghain = Kirche“, „ich gehe gerne bouldern“ oder Bilder beim Bierpongspielen mir schon davor zu denken hätten geben müssen, blende ich erst mal aus, denn schließlich hat er einen süßen Schnauzer und hört auch gern Hunx and his Punx.

Als Nichtberliner musste ich das erst einmal googlen, anscheinend geht es beim Berghain um einen sehr angesagten Club, der für Elektromusik bekannt ist und dessen Fans ihn religiös verehren.

Was nun an Bouldern schlecht sei soll weiß ich nicht, es ist als Klettersport  etwas, was zum einen einen guten Körper machen kann und zwar eher ein Einzelsport ist, bei dem man aber auch häufig jemanden braucht, der einen sichert etc. Bierbongspielen würde dann wohl für Alkohol und Party spielen.

Schon merkwürdig, dass sie solche Punkte ausblendet, wenn sie ihr anscheinend nicht passen.

Ich tu also das, was jeder Mensch, der zu viele Romcoms in seinem Leben geguckt hat, tun würde: Ich ignoriere die Red Flags und rede mir ein, dass ich meine Datingfaulheit und Bindungsangst überwinden kann, wenn ich nur ihn date. I got news for you: Hätte ich von Anfang an auf die Red Flags gehört und meine Bedürfnisse an erste Stelle gestellt und Grenzen gezogen, dann hätte ich mir Zeit und Energie und viele Vaginalpilze ersparen können. Dabei verstärken solche Erfahrungen in Wahrheit meine Datingfaulheit und Bindungsangst sogar noch. Wenn ich daran denke, wie der Großteil der Männer sich ihrer Verantwortung entzieht, indem sie Konflikten mit Sätzen wie „Es tut mir leid, dass du dich so fühlst“ oder „Wenn es dir damit nicht gut geht, dann sollten wir es lassen“ aus dem Weg gehen, bekomme ich direkt Puls.

Da ist sie ja endlich das Opfer. Faszinierend: Sie blendet alles mögliche aus, was ihr anscheinend an ihm stören wird und dann wirft sie ihm vor, dass die Männer (die diese Vorbehalte ja gar nicht haben, jedenfalls ist das nicht aus dem Text ersichtlich) sich der Verantwortung entziehen. Was sollen die denn sagen? „Oh ich klettere gerne, aber das könnte dich ja irgendwie stören, da lassen wir es doch lieber?“.

Sie hat eine Datingfaulheit und Bindungsangst und sucht sich trotzdem die falschen Männer aus und das verstärkt dann wieder ihre Datingfaulheit und Bindungsangst und das das ist dann die Schuld der Männer.
Zudem Scheidenpilze? Was will sie denn damit sagen? Können da die Männer was für?

Ich zitiere noch mal von oben:

Wenn ich daran denke, wie der Großteil der Männer sich ihrer Verantwortung entzieht, indem sie Konflikten mit Sätzen wie „Es tut mir leid, dass du dich so fühlst“ oder „Wenn es dir damit nicht gut geht, dann sollten wir es lassen“ aus dem Weg gehen, bekomme ich direkt Puls.

Ich kann mir ja vorstellen, dass sie den Männern alles mögliche an Fehlern, die sie begangen haben sollen, vorgehalten hat, weil ein (weißer) Mann bei einer intersektionalen Feministin eh nichts richtig machen kann.  Da finde ich dann die Aussage „Es tut mir leid, wenn du dich so fühlst“ oder „wenn es dir damit nicht gut geht, dann sollten wir es lassen“ sehr nachvollziehbar. Wahrscheinlich hatte sie gedacht, dass sie ihnen erklärt, dass sie sich fürchterlich unterdrückt, benachteiligt und ausgebeutet fühlt und das die Männer irgendetwas fürchterlich falsch gemacht hatten und die hatten keine Ahnung, was sie eigentlich falsch gemacht haben und die sie dann schlicht zu kompliziert fanden um da noch viel zu investieren.

Sie hatte vermutlich erwartet, dass sie ihre Fehler einsehen und hart an sich arbeiten um ihre Privilegien oder ihren Rassismus abzubauen. Aber anscheinend hatten die Mistkerle keine Lust dazu.

Ganz ehrlich? Ich glaube, alle elf Minuten radikalisiert sich eine single hetero Frau über Dating-Apps. Zu keiner anderen plausiblen Schlussfolgerung komme ich, wenn ich über Onlinedating nachdenke.

Ich befürchte, dass jeder, der für Missy schreibt, eh schon radikalisiert ist. Und klar: Ist man schon radikalisiert hat man sich eigentlich sein Datingleben schon so kaputt gemacht, dass man sich wahrscheinlich immer weiter reinsteigert. Alles ist, gerade bei einer PoC, dann ja irgendwie ein Angriff auf sie, um so mehr, wenn man sich ausserhalb der intersektionalen Szene bewegt.

Wenn ich nur auf meine letzten Liaisons zurückblicke, frage ich mich, wie es meine Freund*innen überhaupt mit mir aushalten konnten. Seit Monaten agitieren sie mich zum selben Thema und predigen mir: Hör auf, in Menschen zu investieren, die nicht auch in dich investieren. Da war z. B. Lukas (so heißen doch alle Almanboys, richtig?), der meinen Namen nicht richtig aussprechen wollte, weil er ein ignoranter Hund war, oder Lukas, der mich als Vorspiel ungewollt an einer zweistündigen Cry-Session über seine Scheidung teilhaben ließ.

Schwierig jemanden zu finden, der auch in sie investiert, wenn sie ein so merkwürdiges Verhältnis zu Männern hat. Wenn die sich alles mögliche an intersektionalen Blödsinn vorhalten lassen müssen, dann lohnt sich eben für sie die Investition nicht. Und es wäre auch interessant, was sie als Investition betrachtet: Ihnen beizubringen, dass sie Sexisten und Rassisten sind? Oder schlicht mit ihnen zu schlafen und zu hoffen, dass sie sich bessern?

Das man den Namen Huyen Trang Nguyen Le  nicht gut aussprechen kann finde ich sehr nachvollziehbar, ich bin noch nicht einmal sicher, was hier eigentlich ihr Rufname ist. Es spricht auch etwas dagegen, dass sie so viel in die Leute investiert hat, wenn sie eine „Cry-Session“ so abwerten.

Übertreibe ich, wenn ich sage, ich hasse Männer? Nein.
Date ich sie trotzdem weiterhin, obwohl sie mich nerven? Ja.

Warum nur findet sie keine Beziehung?? Ihr Männerhass ist doch vollkommen berechtigt, dass müssen die die Männer doch einsehen und gerade in sie investieren.
Und die Arme bringt hier ein solches Opfer, das sollten die Männer doch bitte anerkennen.

Dass ich mich dabei komplett ambivalent zu meinen Wertvorstellungen von einer freien und gleichgestellten Welt verhalte, muss ich an dieser Stelle hoffentlich nicht mehr betonen. Und wofür das alles? Für Aufmerksamkeit? Einen netten Plausch? Anerkennung? Oder suche ich etwa insgeheim doch nach der großen (Disney-)Liebe?

Was ist jetzt das ambivalente? Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie sich selbst kritisiert und merkt, dass ihre Einstellung zu Männern nicht mit einer freien und gleichgestellten Welt in Einklang zu bringen ist.

Also vermute ich mal, dass sie es als weiteres Opfer ansieht, dass sie, obwohl die Männer ihr Bild der freien und gleichgestellten Welt nicht stützen und sich nicht entsprechend verhalten, diese weiter mit der Gnade bedenkt, sie dennoch, obwohl sie sie hasst, weiter zu daten.

Aber leider kommt ja nichts dabei raus.

Ich halte inne, verziehe meine Augenbraue und lege das Handy beiseite. Ich glaube, unterschwellig bin ich permanent auf der Suche nach einer Person, einem Gefühl oder einem (sexuellen) Erlebnis, das mich vom gesellschaftlichen Druck befreit.

Nur das das eben nicht möglich ist. Denn den Druck innerhalb der intersektionalen Theorien ist ja nun einmal nicht abzubauen. Im Gegenteil: Für sie muss es immer wieder zu mehr Druck führen, weil sich aus ihrer falschen Ideologie heraus alle anderen falsch verhalten und auf den richtigen Weg gebracht werden.

Alexandra Kollontai hat 1911 geschrieben: „Wir sind Menschen, die in einer Welt der Eigentumsverhältnisse leben, einer Welt der scharfen Klassengegensätze und zugleich der individualistischen Moral. Wir leben immer noch unter dem schweren Zwang einer unvermeidlichen Einsamkeit der Seele.“ Ich lese diese Zeilen und kriege Bauchschmerzen, weil ich realisiere, dass ihre Worte immer noch Gültigkeit haben. Und Widersprüche auszuhalten, heißt nicht nur, diese zu tolerieren, sondern auch, dass ich auf Dinge verzichten und toxische Beziehungen kappen muss und im „schlimmsten“ Fall „allein“ bleiben werde.

Das zeigt schön, wie schädlich die intersektionalen Theorien sind. Eben weil sie Probleme zwischen Gruppen und für das Miteinander aufwerfen, die eigentlich gar nicht bestehen. Sie vergrault alle Männer, die evtl an ihr interessiert sein könnten, weil sie alle möglichen Probleme sieht, die eigentlich gar nicht bestehen und wahrscheinlich auch keine Vorstellung davon hat, wie sie als Asiaten sich überhaupt mit einem weißen Mann vernünftig einlassen kann, ohne das sie ihm dauernd etwas vorwirft und ihn umerzieht.

Stattdessen aber habe ich im Laufe meines Lebens eine tolle Strategie entwickelt, die ich vor allem im Dating konsequent auslebe und die bestimmt der einen oder anderen von euch auch bekannt sein dürfte: Ich spreche von der guten, alten Selbstsabotage. Oft rede ich mir vor einem Date ein, dass ich mit den Männern kein Wort reden und sie dann nur ficken werde, aber wen veräppele ich hier eigentlich? Das Machtverhältnis bleibt asymmetrisch und ich werde nicht freier – ob ich sie für meine sexuellen Bedürfnisse benutze oder nicht. Auch die Gespräche mit meinen Freundinnen zeigen mir immer wieder: Hetero Liebesbeziehungen sind für den Arsch, weil Gleichstellung in dem System, in dem wir leben, nicht existiert.

Sehr schön. Sie hat eine gewisse Einsicht, dass sie da was falsch macht, sie versteht nur nicht, dass es nicht ominöse Machtverhältnisse sind, sondern die intersektionalen Theorien, die ihr schädliche Machtverhältnisse vorgaukeln, die sie sabotieren.

Sie ist anscheinend nicht der Typ Frau, der einfach so mit Männern schlafen kann und sich dann nicht schlecht fühlt. Sie findet aber auch keinen Weg mehr, wie sie vernünftig mit dem von ihr gehassten Geschlecht umgehen kann.

Dafür wirft sie mit vagen Begriffen um sich wie „Machtverhältnis“ ohne wirklich zu sagen, was die Männer überhaupt für eine Macht ihr gegenüber ausüben. Sie kann nur noch ungesunde Beziehungsmuster leben, weil sie sich nicht auf Männer einlassen kann, sie eine zu ungesunde Einstellung diesen gegenüber hat, und die auch keine Lust darauf haben, das mitzumachen. Man könnte dem Foto nach sagen, dass sie nicht hübsch genug für ihre Verrücktheit ist bzw vielleicht bei den Männern nicht bereit ist sich auf Männer einzulassen, die sich auf ihre Verrücktheit einlassen.

hot crazy scale

Aber weiter im Text:

Zugegeben: Die Zuckerbrot-und-Peitsche-Erziehung meiner Migra-Eltern hat nicht dazu beigetragen, dass ich ein gesundes Selbstwertgefühl entwickelt habe. Und auch die patriarchale Kackgesellschaft und die rassistische deutsche Leitkultur geben mir nicht gerade das Gefühl, ein wertvoller Mensch zu sein.

Puh, da kommt ja einiges zusammen. Ich kann mir vorstellen, dass ihr geringes Selbstvertrauen auch etwas war, was die intersektionalen Theorien für sie besonders interessant gemacht hat. Endlich hat sie ihren Platz in der Welt gefunden und dazu noch einen Sündenbock, der an allem, was schief geht schuld ist.

Aber das ist eben keine gesunde Einstellung. Und daraus entsteht eben auch kein wirklich besseres Selbstbewußtsein, weil man ja immer wieder merkt, wie man bei anderen ankommt und dann immer mehr gegen eine Mauer läuft. Ich hatte das schon einmal bei dem Artikel einer Pro-Fat-Aktivistin, die sich immer wieder aufpusht und sich einredet, dass sie schön ist, dann aber immer wieder merkt, dass sie nicht so wahrgenommen wird, ausgeführt. Auch da führte der Versuch sich immer wieder ein Parallelwelt aufzubauen, in der sie besser ist, eher dazu, dass sich ihr Zustand verschlechtert. Ich finde aber gerade den Artikel nicht.

Und ja, ich setze mich mit meinen Traumata auseinander. Aber muss ich das jetzt wirklich auch noch machen, wenn ich Lukas daten will? Kann mein Leben bitte nicht immer nur Kampf sein?

Das ist auch das Problem, wenn man in Gruppen denkt. Männer schulden ihr nichts. Wenn sie als Person diverse Nachteile hatte dann muss sich deswegen dennoch kein Mitglied der Gruppe man auf sie einlassen. Da kommt immer ein gewisses Entitlement hoch, welches bei Männern wahrscheinlich besser erkannt würde. Und wenn sie nicht mit sich selbst im Reinen ist, dann werden eben viele Männer besserer Qualität sich lieber andere Männer suchen.

Es ist gar nicht mal so leicht, Männer nicht zu hassen, wenn man von Mehrfachdiskriminierung betroffen ist und verstanden hat, wie Unterdrückung und Ausbeutung funktionieren. Und es ist fast noch schwieriger, das eurozentrische Schönheitsbild zu verlernen, patriarchale Verhaltensweisen zu benennen, gegen Gaslighting gegenzuhalten und tagtäglich die Grundpfeiler einer gesunden Beziehung neu zu verhandeln, wenn die Grundbasis für mein Datingleben wie folgt aussieht: (weißer) linker fragiler cishet Dude aus Akademiker*innenfamilie, der Theorie nicht in Praxis umsetzen kann.

Der Absatz fasst ganz gut zusammen, warum ihr Beziehungsleben schlecht läuft. Sie hasst Männer, sie macht sie für alle möglichen Diskriminierungen verantwortlich, für die die einzelnen Männer gar nicht können, sie sieht überall Ausbeutung. Dazu haben diese sie gefälligst für hübsch zu halten (wobei sie dem Foto nach auch in einem asiatischen Bereich, wo die meisten Leute noch eher schlank sind, wahrscheinlich Probleme hätte). Dann sehen die Männer noch nicht mal ein, dass sie ihr dankbar sein sollten, dass sie sie auf ihre patriarchalen Verhaltensweisen hinweist. Statt dessen versuchen die sie zu Gaslighten, indem sie anführen, dass da gar kein Patriarchat ist. Dabei ist das doch ganz klar da!!!1

Und dann noch diese Cishet Dudes, die eigentlich links sind, aber dennoch nicht verstehen, wie sie die linke Theorie umsetzen müssen!

Schlimm. Da sollten die Männer doch wirklich einsehen, dass sie sich mehr anstrengen müssen!

Ich frage mich oft: Ist der Preis für den Kampf um Freiheit Einsamkeit? Und ist Einsamkeit „nur“ ein Gefühl, das ich überwinden kann? Kann ich das vielleicht, indem ich mein Selbstwertgefühl stärke und mich von dem Gefühl der Knappheit befreie? Verliere ich dann die Angst, in dieser Gesellschaft „nicht genug“ zu sein? Und was bleibt mir als Singlefrau in dieser anomisch-patriarchalen Welt, wenn ich mich vom linken Dogmatismus löse? Ich stelle mir wieder das Szenario in einer linken Telenovela vor und frage mich, wie das Staffelfinale ausfallen würde: Bleiben die Charaktere konsequent und gehen keine hetero Liebesbeziehungen mehr ein? Und wie sieht es mit Sex aus?

Sie hat ernste Probleme. In der Tat sollte sie ihr Selbstwertgefühl stärken und sich von dem linken Dogmatismus lösen. Aber dazu ist sie wahrscheinlich schon zu weit drin und empfindet deswegen die Gesellschaft als entfremdet. In einer spanischen Telenovela wäre eine verrückte Feministin allerdings nicht die Hauptfigur, sondern allenfalls deren Hindernis. Aber das ist eine andere Sache.

Ich trete meine Decke weg und stehe auf. Genug geswipet für heute, denk ich mir. Denn Gott sei Dank ist mein Wohlbefinden nicht nur davon bestimmt, wie „gut“ es mit Männern läuft. Meine mentale Gesundheit und mein Glück kann ich durch bedeutungsvolle Beziehungen zu meinen Freund*innen steuern, durch heilende Momente mit meiner Familie und befriedigende Stunden mit meinem Vibrator. Und zu wissen, dass es okay ist, Sex zu haben und die Hoffnung behalten zu dürfen, vielleicht eines Tages einem Mann zu begegnen, den ich nicht komplett hassen werde, aber gleichzeitig auch das Patriarchat stürzen zu wollen, gibt mir zumindest temporär Frieden – bis es wieder heißt: Immer wieder sonntags kommt die Erinnerung.

Ich denke, da macht sie sich etwas vor. Sie will eine Beziehung und sie wird immer wieder in die Versuchung kommen zu swipen oder es wird immer mal wieder jemand mit ihr flirten. Aber es wird eben nicht gut gehen, solange sie Männer hasst und ihre Einstellung nicht ändert.

Die Hoffnung „Dass sie vielleicht eines Tages einen Mann begegnet, den sie nicht komplett hasst“ kann sie natürlich haben. Das Problem ist aber, dass die meisten Männer nichts mit einer Frau anfangen wollen, die sie „nicht komplett hasst“.

Aber mal sehen, wer einen Artikel von ihr sieht, der da neue Erkenntnisse bringt, der möge es dann mitteilen.

Die höhere Autorität der Kindergartenmitarbeiterinnen

Nachdem wir schon bei der Autorität des Weihnachtsmannes waren gehe ich zu weiteren Personen, die eine andere Form der Autorität für sich in Anspruch nehmen können: Die Kindergartenmitarbeiterinnen.

Wir hatten dort gerade ein Gespräch darüber, wie es Fräulein Schmidt dort geht und wie sie integriert ist. Da sie ein Trotzkopf ist haben wir auch nachgefragt, wie sie sich sonst benimmt und anscheinend benimmt sie sich gut. Sie ist die meisten Sachen, die es zum Mittagessen gibt oder probiert zumindest, sie räumt mit auf, wenn sie aufräumen soll und sie hört einigermaßen auf das, was ihr gesagt wird.

Nicht, dass sie sich bei uns gar nicht benimmt, aber aufräumen macht sie höchst ungern, beim Essen ist sie wie viele Kinder sehr wählerisch etc

Das ist denke ich aber etwas, was viele Eltern als Erfahrung machen: Die Kindergärtnerinnen haben denke ich zum einen den Gruppeneffekt auf ihrer Seite und zum anderen den Vorteil, dass die Kindergärtnerinnen „Außenstehende“ sind.

Wenn alle aus der Gruppe es machen, dann macht man auch eher mit und will nicht der Außenseiter sein. Ich kann mir gut vorstellen, dass auch in diesem Alter schon ein gewisser Gruppendruck entsteht, der dazu führt, dass man die Kinder leichter steuern kann.

Dazu trägt eben bei, dass zu den Eltern eine sehr starke Beziehung besteht, während diese eben zu den Kindergärtnerinnen zwangsläufig gut sein kann, aber etwas distanzierter ist. Sie können daher aus einer anderen Position heraus autoritärer sein und sie können es eben auch über die Gruppe, bei der sie nicht Einzelausnahmen für ein Kind machen, sondern bei allen die gleichen Sachen durchsetzen.

„Sie will Aufmerksamkeit, also fängt sie einen Streit an“

Rivelino ist durch seine „Grünen Linien“ und die damit verbundenen Theorien zur Körperhaltung von Paaren und ich finde ihn recht unterhaltsam. Ein Tweet von ihm biete sich für eine Besprechung an:

Ich kann mir das sehr gut vorstellen. Ein Streit ist für einige Frauen ein guter Test, etwas, was Emotionen hervorbringt, etwas in dem man wahrgenommen wird. Während es für die meisten Männer eher etwas ist, was sie vermeiden. Deswegen versuchen Männer der Sache auch eher aus dem Weg zu gehen:

Männer stimmen in einer Beziehung lieber zu als zu streiten, Frauen nervt das

The Creative Conflict Resolution study found that 68% of men preferred to say, „yes dear“ or „uh huh“ instead of sharing their true feelings to please their quarreling mate. The Arizona study found that girlfriends and wives are not fooled by this capitulation and that this „no mas“ defense actually antagonizes and frustrates these women, who then have a lower opinion of the relationship because there is no real satisfactory resolution of the conflict.

Ich kann mir auch gut vorstellen, dass einige Frauen da etwas enttäuscht sind, wenn sie einfach so auf keinen Widerstand stoßen, einfach weil es einmal eine gewisse Enttäuschung über den eigenen Freund enthält, das Problem nicht wirklich löst und eben auch den Austausch in der Beziehung nicht im gleicher Weise bewirkt. Es kann eben auch das Gefühl geben, dass er ausweicht, wo der Streit doch eigentlich auch ein Ruf nach Aufmerksamkeit war, ein sich miteinander beschäftigen und etwas emotionales austragen.

Schweden und die „Luxusmütter“: Frauen die mit einem gut verdienenden Mann Hausfrauen sein wollen.

Ein Bericht aus Schweden:

Ein Garten am Rande von Stockholm, die Wiese ist frisch gemäht und neben der Villa glitzert der Pool in der Sonne. Amanda öffnet die Tür der weißen Holzvilla und führt in eine große helle Küche. Hohe, cremefarbene Einbauschränke, ein Strauß bunter Herbstblumen auf dem großen naturbelassenen Holztisch. An den Wänden hängen Kinderzeichnungen: Bienen, Hunde, im Kreis tanzende Menschen. „Ich bin eine Luxusmutter“, sagt Amanda.

Sie muss sich oft dafür rechtfertigen. Amanda ist 45 Jahre alt und Lehrerin. Ihr Mann, ein Rechtsanwalt, arbeitet mehr als 60 Stunden pro Woche. Sie haben drei Kinder, fünf, neun und 13 Jahre sind sie alt. Ihren Nachnamen will Amanda nicht in den Medien lesen. Der Grund: Sie und ihr Mann gehören zu den wenigen Paaren, die es sich leisten können, von einem Gehalt zu leben. Amanda arbeitet nicht mehr. Das ist in Schweden nicht üblich – knapp 80 Prozent der Frauen haben hier einen Job. Zu Hause bleiben ist verpönt.

Das Problem der Luxusmütter. Er hat einen Job mit hohem Status und guten Einkommen, sie hätte vermutlich als Lehrerin auch ein okayes Einkommen. Aber sie muss eben nicht, weil sein Einkommen ausreicht.

Wäre interessant, wie viele der Frauen in Vollzeit arbeiten bzw welchen Teilzeitanteil. Ganz zu Hause zu bleiben, dauerhaft, ist aber jedenfalls ab einer gewissen Generation auch in Deutschland denke ich nicht mehr so gewöhnlich und die meisten würden denke ich davon ausgehen, dass zumindest eine gewisse Teilzeit gearbeitet wird.

Dabei spricht vieles dafür, dass die Schwedinnen das Arbeiten gar nicht glücklich macht. Studien belegen, dass es auch anderen Frauen so geht wie Amanda – nur dass viele von ihnen eben arbeiten müssen und nicht zu Hause bleiben können. Der finanzielle Druck zwingt Familien zum doppelten Vollzeitjob: Aufgrund hoher Lebenshaltungskosten und unsicherer Arbeitsbedingungen sind die meisten Familien auf das doppelte Einkommen angewiesen. Dass die Mehrheit der schwedischen Mütter Vollzeit arbeitet, liegt oft nicht daran, dass sie es wollen, sondern müssen. Mag die fast gleichberechtigte Beschäftigung von Männern und Frauen aus deutscher Sicht vorbildlich aussehen, das schwedische Modell ist nicht perfekt.

Das sind dann immer diese Artikel, bei denen so etwas ganz selbstverständlich dargestellt wird, als Leid der Frau, die gerne anders leben würde. Würde man es anführen in einer Diskussion über Karrierefrauen würde man sofort als Sexist bezeichnet werden.

Damit sich Familie und Beruf vereinbaren lassen, gibt es in Schweden eine Elternversicherung, das Pendant zum deutschen Elterngeld, die 30 Jahre zuvor eingeführt worden ist. Seither arbeiten in Schweden viel mehr Frauen als vorher. Und weil der Staat jedes Elternteil für sich besteuert, lohnt es sich für Paare nicht, dass einer voll verdient und der andere zu Hause bleibt. Ab dem zweiten Lebensjahr haben schwedische Kinder zudem ein Recht auf einen Vollzeit-Kindergartenplatz – unter der Voraussetzung, dass beide Eltern eine volle Stelle haben. 90 Prozent der Familien nutzen diese Plätze. Im Umkehrschluss heißt das: Nur sehr wenige Eltern arbeiten auf einer halben Stelle oder gar nicht.

Da habe ich auf der Stelle nur das hier gefunden:

Mahler Walther: Deutschland ist weit entfernt von anderen europäischen Ländern. Während hierzulande gerade mal 16 Prozent der Frauen mit Kindern unter 6 Jahren in Vollzeit arbeiten, sind es in Schweden 51 Prozent

In der Tat ist 16% ein großer Unterschied zu 51%. Das Kindergartenplätze mit hoher Stundenzahl eine Darlegung erfordern, dass man sie braucht, ist aber meines Wissens nach in Deutschland auch so. Man bekommt nicht einfach so eine 45 Stundenbetreuung, wenn man nicht arbeitet. Aber man bekommt natürlich einen Platz mit einer geringeren Stundenzahl. Wäre interessant wie die Regelungen in Schweden tatsächlich aussehen. Dass das Modell in Deutschland noch verbessert werden kann, wenn man Arbeiten für beide ermöglichen will.

45 Prozent der Schwedinnen wären lieber Vollzeitmütter, statt zu arbeiten. Das ergab vor sechs Jahren eine Umfrage der schwedischen Familienwebsite Familjeliv. Bei den Frauen unter 30 waren es sogar 53 Prozent. In den Medien ist deshalb vom  „Hausfrauentrend“ oder auch vom „Tantentrend“ die Rede, wenn es darum geht, dass sich gebildete junge Frauen auf einmal lieber wieder häuslich betätigen wollen.

45% ist nicht gerade niedrig. Sogar noch mehr bei den Frauen unter 30. Ein Hausfrauentrend in einem der feministischsten Länder dieser Welt mit einem der höchsten Level an Gleichberechtigung. Aber das Patriarchat und die verdammten Geschlechterrollen lassen natürlich nicht locker und verteidigen ihren Besitzstand!

Amanda, die Lehrerin, konnte sich nie vorstellen, Hausfrau zu sein. Nach der Geburt jedes Kindes kehrte sie ein Jahr später wieder in die Schule zurück. „Ich dachte, alle Menschen müssen arbeiten“, sagt sie, wie es in Schweden eben üblich sei. Als sie sich vor drei Jahren ein Bein brach und sieben Wochen krankgeschrieben war, stellte sie fest: An der Schule lief es auch ohne sie – und es war schön zu Hause. Sie konnte mit ihren Kindern Hausaufgaben machen, Mittagessen kochen und hatte auch noch Zeit, Zeitung zu lesen. „Dazu bin ich früher nie gekommen“, sagt sie.

Natürlich läuft es als Angestellter üblicherweise ohne einen. Das ist ja gar nicht die Frage. Jeder ist ersetzbar. Es ist etwas unglaubwürdig, dass sie dachte sie wäre nicht ersetzbar, zumal sie ja auch schon Elternzeit genommen haben dürfte.

Spontan kündigte sie ihren Job. Dass es sich nicht jede Mutter leisten kann, zu Hause zu sein, ist Amanda klar. Aber sie habe auch Freundinnen, die es sich leisten könnten, aber trotzdem arbeiten. „Ihnen geht es wie mir damals, sie sehen keine Alternative“, sagt sie. „Außerdem steht man als Hausfrau unter permanentem Rechtfertigungsdruck.“ Wenn sie vormittags mit ihrem Sohn einkaufen gehe, werde sie schräg angeschaut. Wenn sie nachmittags auf dem Spielplatz seien, vermisse ihr Sohn seine Freunde. „Die sind dann ja alle noch im Kindergarten.“ Und in den Sommerferien langweilten sich ihre Kinder, weil die anderen den Tag im Freizeitheim verbringen. „Dort bekommt man aber nur einen Platz, wenn beide Eltern arbeiten.“

Ich würde auch die Kinder nicht aus dem Kindergarten nehmen. Es ist eine gute Sache für sie unter Kindern zu sein. Es klingt ja so als könnte man eine Teilzeitlösung dort aber nicht machen. Das wäre eine interessante Regelung.

Amanda weiß, dass sie auf hohem Niveau klagt. Doch wenn Hausfrauen in Foren, Blogs und Facebook-Gruppen wie Hemmaföräldrars nätverk (Netzwerk der Haus-Eltern) von ihrem Lebensstil berichten, geht es um mehr als um Luxussorgen. Es geht um Fragen wie: Darf ich es genießen, Hausfrau zu sein? Darf ich mir wünschen, Hausfrau zu werden? Und wie kann ich diesen Wunsch in die Tat umsetzen?

In der Tat Luxussorgen. Und man darf vermuten, dass es keine entsprechende Gruppe für Väter gibt, die Hausmänner werden wollen.

So erzählt eine Schwedin auf Kvinna iFokus: „Große Augen sahen mich überrascht an, als ich leise in einem Café sagte: Wenn das Einkommen meines Mannes reichen würde, hätte ich nichts dagegen, Hausfrau zu werden. Hatte ich etwas Falsches gesagt?“ Eine Userin des Forums von familjeliv schreibt: „Tief im Herzen habe ich den Wunsch, mit meinen Kindern in Vollzeit zu Hause zu sein.“ Und fragt: „Gibt es noch andere, die im Jahr 2017 in diese Richtung denken? Ich fühle mich unter Druck, mich anzupassen als moderne, starke Frau mit einer Karriere – während ich im Innersten lieber eine Hausfrau im Stil der fünfziger Jahre wäre.“

Der Reiz der reinen Hausfrau ist an mich verloren. So ganz ohne Arbeit, nur zuhause, es ist irgendwie eine Verschwendung des eigenen Studiums und die Arbeit ist ja auch eine gewisse Form der Bestätigung bzw eine andere Interaktion mit der Aussenwelt. Außerdem macht man es sich schwieriger wieder einzusteigen, wenn die Kinder dann älter sind.

Die Sehnsucht der Schwedinnen nach dem Hausfrauendasein könnte erklären, warum für so viele von ihnen Svenska Hollywoodfruar (Schwedische Hollywoodfrauen) die Lieblingsserie ist. So heißt eine beliebte Reality-Soap, die schwedische Frauen begleitet, die reiche Amerikaner geheiratet haben und fortan ein unbekümmertes Leben führen. Eine typische Szene: Eine blonde Frau rückt rosafarbene Kissen zurecht, zeigt auf Barbiepuppen, glitzernde Disneyfiguren und Spiegel über dem Kinderbett. Sie sagt: „Das ist unser Prinzessinnenzimmer!“ Die Frauen in der Serie haben keinen eigenen Job, aber Prinzessinnenzimmer, Schoßhündchen, teure Klamotten und schnelle Autos. Die Zuschauer sind größtenteils Frauen zwischen 25 und 44 Jahren, die  elfte Staffel läuft derzeit.

Auch die schwedische Autorin Kristina Sandberg verdankt ihren Erfolg womöglich der Sehnsucht danach, nicht arbeiten zu müssen. In ihrer vor drei Jahren mit dem Roman Leben um jeden Preis beendeten Trilogie geht es um die Hausfrau Maj. Das Interessante: Das Leben der Protagonistin ist nicht schillernd wie das der Svenska Hollywoodfruar. Ihr Alltag ist trist und monoton, er besteht aus wenig mehr als Kochen, Putzen, Flicken; ihr Mann ist Alkoholiker und untreu, es gibt finanzielle Sorgen. Doch Leser wie Kritiker lieben den Roman, der mit dem August-Preis 2014 den renommiertesten schwedischen Literaturpreis gewann. Die fast schon ausgestorbene Spezies Hausfrau, die Sandberg hier skizziert: Für viele junge Mütter Schwedens ist das die Utopie.

Ein Leben im Luxus klingt natürlich auch nach einer beliebten Fantasie. Das Leben mit dem Alkoholiker weniger. Aber letzteres macht wahrscheinlich besseres Drama.

Was bedeutet das für Deutschland, wo hierzulande einiges unternommen wird, damit Mütter mehr arbeiten können? Taugt Schweden nicht als Vorbild?

Das Problem liegt in Deutschland woanders: Mit Elternzeit, Elterngeld, ElterngeldPlus, Partnerschaftsbonus, Recht auf Teilzeit und Kündigungsschutz in der Elternzeit gibt es zwar Unterstützung, Förderung und Sicherheitsnetze für Familien, und im Gegensatz zu Schweden auch individuelle Alternativen. Doch die Angebote für mehr Vereinbarkeit werden fast ausschließlich von Frauen genutzt. Dabei wünschen sich die meisten Paare hierzulande, dass sie sich die Arbeit zu Hause teilen. Das zeigte zuletzt der Väterreport 2016.

Gelebt wird ein solches Modell von lediglich 14 Prozent der Paare. Eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung Berlin kommt zehn Jahre nach Einführung des Elterngeldes zum Ergebnis, dass der Anteil der Väter, die Elternzeit nehmen, von weniger als drei Prozent vor 2007 auf 2017 über 34 Prozent gestiegen ist. Allerdings beschränkt ein Großteil der Männer die Elternzeit auf zwei Monate. So ist es wiederum auch in Schweden – auch wenn dort deutlich mehr Väter in Elternzeit gehen als in Deutschland.

Doch beim Thema Vereinbarkeit geht es nicht nur um die Elternzeit. Es geht um die Verteilung von Arbeit und Familie. Und da wünschen sich deutschen und die schwedischen Eltern das Gleiche: mehr Zeit für beides. Sie wollen arbeiten und Zeit für die Familie haben.

Aber eben in beiden Ländern mit verschiedener Verteilung in den Arbeitszeiten.

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