Ich hoffe ich mache nicht zu viele Artikel zu Martin Schröders Buch, aber ich habe auf Amazon diese Besprechung gefunden, die ich besprechenswert finde (sie hat auch so gesehen wenig mit dem Buch zu tun, sie ist mehr eine Klage einer Frau zur ihrer Situation)
Frauen geht es gut? Sie leben wie sie wollen?
Sorry, das kann ich mit meiner Lebensrealität seit vielen Jahrzehnten nicht in Übereinstimmung bringen.
Ständig höre ich Sätze wie „Das ist nichts für Frauen“, „das ist ein Jungsfach, kein Mädchenfach“. Ein stetiger Strom von Beschränkungen, mit denen Frauen von Kind an bestimmte Begabungen ausgeredet und geblockt werden. Eine jahrzehntelange Gehirnwäsche, die von Familie, Gesellschaft und Medien ausgeht.
Eine Sabotage von Begabungen, Selbstwertgefühl und Willenskraft bei Mädchen.
Knüppel zwischen die Beine, die ganze Kindheit.
Ich würde durchaus sagen, dass das geschieht. Und zwar für beide Geschlechter. Es gibt genug Leute, die ein geschlechtertypisches Verhalten einfordern. Natürlich gibt es – und das gerade bei Frauen – auch die Gegenstimmen: Du kannst alles sein was du willst, du kannst Karriere machen und Kinder bekommen etc.
Und es gibt eben auch die Anforderungen an Männer: Ein Mann muss seine Familie versorgen können, er muss stark und selbstbewußt sein etc.
Das würde aber bedeuten, dass BEIDE Geschlechter einer gewissen Beeinflussung ausgesetzt sind so dass es schwer ist daran eine Benachteiligung von Frauen festzumachen.
Ganz zu schweigen davon, dass ein nicht geringer Teil dieser Vorgaben an beide Geschlechter auch von Frauen kommt. Ein anderer Punkt ist, dass die Regeln für den Schnitt der Geschlechter auch häufig nicht schlecht sind. Sie haben eine gewisse „Trefferrate“ die nicht unbedingt niedrig ist.
Fussball, Mathe, Physik, Karate? Das kannst Du nicht, willst Du nicht, kommt nicht in Frage.
(auch andersherum bei Männern: Ballett, Tanz, Erziehung …)
Aber auch nur in sehr konservativen Gegenden würde ich vermuten. Wobei meine Kinder ja auch noch jung sind, mal sehen, was ich noch alles mitbekomme.
Warum wollen wohl so viele Teenagerinnen zu Jungen umoperiert werden? Weibliche 90% der Kandidaten? Weil ihre Begabungen und ihre Träume sabotiert werden?
Meines Wissens nach ist die Rate der Mann zu Transsexuellen höher als die Rate der Frau zu Mann Transsexuellen.
Je mehr Wohlstand, je mehr Druck in vorgesehene Rollenbilder?
In meinem speziellen Fall, nach 5 (!) Generationen berufstätiger Frauen meiner Familie, wurde ich geschlechtsneutral erzogen.
Das war sensationell (und ich kenne keine andere solche Frau meines Alters).
Interessen und Studium habe ich frei gewählt.Sport, Tanz, Mathe, Physik, Philosophie.
Bis dahin fühlte es sich wirklich frei an.
Wäre natürlich interessant welches Alter sie hat. Und für frühere Generationen kann ich mir das durchaus vorstellen. Aber heute kann aus meiner Sicht auch jede Frau ihr Studium auswählen. Natürlich mag sie Gegenstimmen haben oder Meinungen ob das schlau ist, aber sie wird dennoch jedes Studium ergreifen können, dass sie will. Und natürlich könnten Frauen sich verabreden und meinetwegen alle eine Uni aussuchen und dort zusammen ein Naturwissenschaft studieren und es zu einem Studienanteil mit einem hohen Frauenanteil machen.
Da dicke Ende kam dann als Ingenieurin im Industrie-Beruf, deutsche Techbranchen, Diskriminierung ohne Ende, massive Unterbezahlung, Machismo jeden Tag, ein Leben lang.
Sie alle möchte ich auf die brutale Situation von Ingenieurinnen, Physikerinnen, Informatikerinnen, also Frauen in MINT-Berufen in deutschen Techbranchen aufmerksam machen.
MINT-Frauen hatten jahrzehntelang die massivsten täglichen Attacken in den technischen Branchen auszuhalten, auch ohne je in Elternzeit gegangen zu sein.
Ich kenne einige Frauen, die Ingenieure sind (tatsächlich meist aus osteuropäischen Ländern). Sie melden das zumindest das nicht zurück. Aber sie sind vielleicht auch deutlich jünger als die Schreiberin.
(Kolleginnen in frauentypischen Bereichen wie Marketing oder Personal leben vergleichsweise auf einer Insel der Glücksseligen – ist meine subjektive Beobachtung.)
Ich teile hier einige langjährige Beobachtungen, und habe noch zahlreiche Berichte aus meinem Netzwerk von MINT-Kolleginnen im Hinterkopf.
Mal sehen, was kommt:
VERBALE ATTACKEN
Besonders in Meetings ist es gang und gäbe, dass einem das Wort abgeschnitten wird, herabwürdigende Bemerkungen fallen, die fachliche Kompetenz angezweifelt wird, Fehler in der Präsentation behauptet werden, verbales Runtermachen regelmäßig, Dirty Tricks ohne Ende, Jahr für Jahr. Langdauernd, niederschwellig, verschleißend.
Die Geringschätzung und Verbalattacken gehen von einem niedrigen Prozentsatz der Kollegen und Führungskräfte aus, machen einem aber das Leben mächtig schwer.
70% meiner Arbeitsenergie brauche ich für die dauernde Burgbefestigung, 30% bleiben für meine eigentliche Arbeitsaufgabe.
Das ist eine relative schlechte Auswertung ihrer Arbeitsenergie und spricht eher dafür, dass sie evtl auch nicht der einfachste Mensch ist um mit ihm zusammen zu arbeiten.
ISOLIERUNG
Ständig wird einem das Gefühl vermittelt, nicht dazuzugehören. Die Kollegen organisieren sich in informellen Clubs von Lagerfeuerkumpels, von deren Austauschen frau nichts erfährt.
Mündliche Informationen erhält man tendenziell zuletzt oder gar nicht.
In Abwesenheit werden weibliche Kollegen, besonders wenn sie ehrgeizig sind, als unfähig verleumdet. Das wird ständig wiederholt und irgendwann glauben es alle.
Kenne ich so auch nicht. Aber ich kann es mir bei ihr aufgrund ihres vorherigen Ausspruchs durchaus vorstellen. Und natürlich: Wenn sie nur 30% ihrer Energie für die Arbeit nutzen kann dann wäre es verständlich, wenn die Kollegen nicht die höchste Einschätzung haben.
SPEZIELLE AUFGABEN
Verbreitet ist das Vorgehen, unerfreuliche Aufgaben, die mit hoher Wahrscheinlichkeit zu Misserfolgen führen, an weibliche Kräfte zu delegieren. Psychisch Kranke im Team, korrupte Lehmschichten aufbrechen, fanatische Gewerkschafter im Team führen, unwirtschaftliche Bereiche sanieren – was so keiner machen will.
Danach ist frau dann das Team schnell wieder los, und bekommt anschließend als „Verbrannte“ einen Schreibtisch ohne Verantwortung.
Beim Automobilzulieferer war es noch schlimmer – in den 10 Jahren die ich in S. war, kamen Ingenieurinnen dort gar nicht erst auf Projektleiter- oder Führungskräfte-Stellen. Eine Frau als Boss im Engineering? Für Viele immer noch undenkbar.
Wäre die Frage wie typisch ihre Erfahrung heute noch ist. Denn in Martins Buch geht es ja gar nicht darum (denke ich), ob Frauen jemals Sexismus ausgesetzt waren, sondern ob sie es heute noch sind.
BEURTEILUNG
Auf der Tonspur wird einem im Jahresgespräch versichert, wie hervorragend die Leistungen sind. Auch die Hochwertigkeit und Schwierigkeit der Aufgaben, die einem neu übertragen werden, steigt regelmäßig an.
Dokumentiert bei der Beurteilung wird dann aber regelmäßig Mittelmaß, und beim Gehalt rangiert man in niedrigeren Bereichen gleichwertiger Aufgaben. Im Tarif wird frau regelmäßig 1 -2 Stufen niedriger eingruppiert als die männlichen Kollegen. Die minimalen Gehaltserhöhungen geben das Signal „Kannst gehen“.
Wenn man dann verhandelt, bekommt man als Antwort Schweigen, oder das Argument „Das bleibt jetzt so“.
Die Personalerinnen stellen sich mit dem Chef gegen Einen.
Das müsste man ja dann in Studien nachweisen können. Es passt nicht ganz dazu, dass gegenwärtig die Untersuchungen, wenn ein Betrieb überprüft wird, eher feststellen, dass Männer benachteiligt sind. Auch müsste sich das ja beim Gender Pay Gap sehr deutlich zeigen, es kommt aber nach Bereinigung gerade nicht raus.
FEHLENDE UNTERSTÜTZUNG
Bei Sachthemen oder Laufbahnthemen bekommt man in der Regel keinerlei Unterstützung von Kollegen oder Vorgesetzten.
Bei verbalen Attacken starren alle anderen auf den Tisch, regungslos. Auch der eigene Chef.
Ideen, Verbesserungen oder kleinste Karrierethemen müssen hart verteidigt oder proaktiv erkämpft werden. Oft gegen massiven Widerstand.
Auch Intrigen von Machos sind immer wieder beliebt.
Das ist für mich mit Abstand die schlimmste Form der Diskriminierung, unter Hunderten Kollegen gefühlt allein dazustehen.
Als weibliche Führungskraft im Engineering ist es nochmal verschärft – es schlägt einem von vielen Seiten eine Eiseskälte entgegen. Tag für Tag.
Das war nur eine Kostprobe. Ich kann noch viel mehr berichten.
Meine Boebachtung ist, dass MINT-Frauen eher nicht belästigt oder anzüglich angegangen werden.
Nein. In deutschen Industrie-Techbranchen werden sie als Kriegsgegner bekämpft!
Je brillianter die Ingenieurin, desto brutaler die täglichen Attacken.
Ziel: Reputation am Boden, beruflicher Tod.Es wundert mich sehr, dass Ihre Forschung diese Situation nicht wiederspiegelt. Woran liegt das?
Vielleicht ist es nicht mehr so? Oder es liegt eben an ihr und anderen Frauen geht es besser.