Koalitionsvertrag SPD/FDP/GRÜNE: Teil 2: Gleichstellung

Nach dem Familienrecht im  Koalitionsvertrag geht es weiter mit den Passagen zur Gleichstellung

Gleichstellung

Die Gleichstellung von Frauen und Männern muss in diesem Jahrzehnt erreicht werden. Wir werden die ressortübergreifende Gleichstellungsstrategie des Bundes weiterentwickeln, u. a. mit einem Gleichstellungs-Check künftiger Gesetze und Maßnahmen.

Das ist herrlich unkonkret. Aber eben auch Gleichstellung, also wohl Ergebnisgleichheit. Mal sehen inwiefern Männer auch in diese Gleichstellung aufgenommen werden, wo sie schlechter dastehen.

Wir werden den Gender Data Gap schließen, z. B. im medizinischen Bereich.

Der Gender Data Gap nach der Wikipedia:

Gender-Data-Gap (von englisch gender „[soziales] Geschlecht“) oder Geschlechter-Datenlücke bezeichnet fehlende oder unterrepräsentierte Datenerhebungen für ein bestimmtes Geschlecht bei Datenerhebungsverfahren, die gesellschaftlich, wirtschaftlich oder medizinisch relevant sind. Üblicherweise, aber nicht immer, geht der Gender-Data-Gap zu Ungunsten von Frauen. Darüber hinaus bezeichnet der Begriff auch das Fehlen von Erhebungen, die nur ein Geschlecht betreffen, die aber ökonomische und politische Konsequenzen nach sich ziehen würden, wie z. B. die Menge an nicht bezahlter Arbeit bei Tätigkeiten im Haushalt von Frauen oder in der Erziehung von Kindern und die Pflege von Angehörigen. Der Begriff steht in einer Reihe von „Gender-Gaps“, die im Zusammenhang mit Gender Studies in den letzten 20 Jahren identifiziert wurden und auf die institutionell benachteiligte Situation der Frau in der Gesellschaft hinweisen.
(…)

Medizin
Ein weiteres Problem sind die oft fehlerhaften Diagnosen mancher Ärzte bei weiblichen Patienten. Der weibliche Körper reagiert bei bestimmten Krankheiten und Verletzungen anders als der männliche. Dennoch werden der männliche Körper und dessen Symptome meist als Referenz für den weiblichen genommen. Das kann zu lebensgefährlichen Fehldiagnosen bei Frauen führen, die mit einer geschlechterspezifischen Betrachtung vermeidbar wären.[2]

Auf der anderen Seite beschäftigen sich psychologische Studien überproportional häufig mit psychischen Problemen von Frauen, was eine schlechtere Datengrundlage für psychische Probleme bei Männern zur Folge hat. Psychiatrische Kliniken sind häufig nicht auf die speziellen Bedürfnisse von Männern eingestellt.[3]

Wir setzen uns in der EU und international für eine intersektionale Gleichstellungspolitik ein. So kommen wir etwa der UN-Frauenrechtskonvention (CEDAW) nach. Dazu gehört auch eine gleichstellungsorientierte Jungen- und Männerpolitik.

Das ist eine interessante Kombination. Einmal ist es eine intersektionale Gleichstellungspolitik. Dann eine gleichstellungsorientierte Jungen- und Männerpolitik. Ich könnte mir vorstellen, dass über diese Begriffe stark diskutiert worden ist. Was ist der Unterschied zwischen Gleichstellungspolitik und gleichstellungsorientierter Jungen- und Männerpolitik? Darunter kann wohl alles fallen, neben tatsächlichen Verbesserungen für Männer auch so etwas wie „Bekämpft eben eure toxische Männlichkeit“

Schutz vor Gewalt

Wir werden eine ressortübergreifende politische Strategie gegen Gewalt entwickeln, die Gewaltprävention und die Rechte der Betroffenen in den Mittelpunkt stellt. Die Istanbul-Konvention setzen wir auch im digitalen Raum und mit einer staatlichen Koordinierungsstelle vorbehaltlos und wirksam um. Wir werden das Recht auf Schutz vor Gewalt für jede Frau und ihre Kinder absichern und einen bundeseinheitlichen Rechtsrahmen für eine verlässliche Finanzierung von Frauenhäusern sicherstellen.

Die Istambul Konvention ist aus meiner Sicht aufgrund ihrer nur auf Frauen ausgerichteten Sichtweise durchaus gefährlich. Es müssen eben auch nur die Erfüllung von Zielen für Frauen nachgehalten werden und auch nur darüber Statistiken erhoben werden.

Daher wird auch nur das Recht auf Schutz vor Gewalt für jede Frau abgesichert (und ihre Kinder), aber eben nicht das gleiche Recht der Männer.

Mittel scheinen die Frauenhäuser zu sein. Für die Männer gibt es ja schon die Obdachlosenunterkunft.

Wir bauen das Hilfesystem entsprechend bedarfsgerecht aus. Der Bund beteiligt sich an der Regelfinanzierung. Dies gilt auch für bedarfsgerechte Unterstützung und Zufluchtsräume für männliche Opfer von Partnerschaftsgewalt.

Das immerhin ist ein Fortschritt. Ich vermute er ist der FDP zu verdanken. Dennoch bleibt die Abgrenzung.

Wir berücksichtigen die Bedarfe vulnerabler Gruppen wie Frauen mit Behinderung oder geflüchteter Frauen sowie queerer Menschen. Präventive Täterarbeit bauen wir aus. Wir wollen ein starkes Bündnis gegen Sexismus.

Das ist auch etwas, was gerade in der Istanbulkonvention festgehalten ist: Beziehungsgewalt ist nicht gegen den Partner gerichtet, sondern eben gegen Frauen. Und zwar aus einem Sexismus, aus falschen Rollenbildern heraus. Ich vermute mal da werden entsprechende neue Initiativen auf uns zukommen, die erneut erzählen, dass Männer sich insgesamt und eben gerade in Bezug auf Männlichkeit ändern müssen.

Die gerichtsverwertbare vertrauliche Beweissicherung setzen wir flächendeckend, wohnortnah um.

Das geht denke ich heute meist schon ohnehin.

Wir bekämpfen den Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung mit einem Nationalen Aktionsplan und einer unabhängigen Monitoringstelle zur Umsetzung der Europaratskonvention. Die ILO Konvention Nr. 190 über die Beseitigung von Gewalt und Belästigung in der Arbeitswelt ratifizieren wir.

Die findet sich hier. Es ist das Übereinkommen über die Beseitigung von Gewalt und Belästigung in der Arbeitswelt. Danach müssen Staaten und Arbeitgeber Maßnahmen gegen Gewalt und Belästigung treffen.

Ökonomische Gleichstellung

Um Erfolge und Handlungsbedarfe sichtbarer zu machen, erweitern wir die Grundlage der Berichterstattung der jährlichen Informationen der Bundesregierung über die Entwicklung des Frauen- und Männeranteils an Führungsebenen und in Gremien der Privatwirtschaft und des Öffentlichen Dienstes und schärfen bei Bedarf gesetzlich nach.

Wir wollen die Lohnlücke zwischen Frauen und Männern schließen. Deshalb werden wir das Entgelttransparenzgesetz weiterentwickeln und die Durchsetzung stärken,

Das Entgelttransparenzgesetz hat bisher nichts gebracht. Ich vermute sie reiten da ein totes Pferd. Aber mal sehen was sie machen wollen.

indem wir Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ermöglichen, ihre individuellen Rechte durch Verbände im Wege der Prozessstandschaft geltend machen zu lassen.

Also im Endeffekt die Möglichkeit für Verbände stellvertretend die Entgelttransparenz zu überprüfen. Mal sehen wie sich das entwickelt.

Wir wollen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf stärken. Damit die Brückenteilzeit künftig von mehr Beschäftigten in Anspruch genommen werden kann, werden wir die sogenannte „Überforderungsklausel“ entsprechend überarbeiten und gleichzeitig für die Unternehmen übersichtlicher gestalten.

Die Überforderungsklausel soll Unternehmen davor schützen, dass gleichzeitig zu viele Mitarbeiter in die Teilzeit gehen. Anscheinend soll dieser Schutz verringert werden

Wir wollen die Familienbesteuerung so weiterentwickeln, dass die partnerschaftliche Verantwortung und wirtschaftliche Unabhängigkeit mit Blick auf alle Familienformen gestärkt werden. Im Zuge einer verbesserten digitalen Interaktion zwischen Steuerpflichtigen und Finanzverwaltung werden wir die Kombination aus den Steuerklassen III und V in das Faktorverfahren der Steuerklasse IV überführen, das dann einfach und unbürokratisch anwendbar ist und mehr Fairness schafft.

Die Änderung der Steuerklassen immerhin klingt einigermaßen vernünftig, ich habe nie verstanden, warum man das nicht anders steuern kann. Es regelt ja ohnehin nur die Vorausleistungen.
Was sich sonst hinter der Weiterentwicklung der Familienbesteuerung verbirgt, das werden wir noch sehen.

Reproduktive Selbstbestimmung

Wir stärken das Selbstbestimmungsrecht von Frauen. Wir stellen Versorgungssicherheit her. Schwangerschaftsabbrüche sollen Teil der ärztlichen Aus- und Weiterbildung sein.

Das erscheint mir relativ unnötig, es ist eher etwas für eine Spezialisierung. Aber mal sehen, was sich dahinter überhaupt verbirgt.

Die Möglichkeit zu kostenfreien Schwangerschaftsabbrüchen gehören zu einer verlässlichen Gesundheitsversorgung. Sogenannten Gehsteigbelästigungen von Abtreibungsgegnerinnen und Abtreibungsgegnern setzen wir wirksame gesetzliche Maßnahmen entgegen.

Ich bin  gegen Gehsteigbelästigungen, aber dennoch wird es ja eine interessante Frage, wie man sie verhindern kann. Findet so etwas in Deutschland überhaupt statt? Ich habe es so jedenfalls noch nicht gesehen. Eine „Banmeile“ um Abtreibende Kliniken einrichten wäre interessant in rechtlicher Hinsicht.

Wir stellen die flächendeckende Versorgung mit Beratungseinrichtungen sicher. Schwangerschaftskonfliktberatung wird auch künftig online möglich sein. Ärztinnen und Ärzte sollen öffentliche Informationen über Schwangerschaftsabbrüche bereitstellen können, ohne eine Strafverfolgung befürchten zu müssen. Daher streichen wir § 219a StGB.

Ich hatte mich hier schon dafür ausgesprochen, den § 219a StGB zu streichen, es besteht aus meiner Sicht ein klares Interesse danach sich über die Methoden und Qualifikationen der Ärzte informieren zu können. Online-Schwangerschaftskonfliktberatung finde ich auch okay, meinetwegen könnten sie sie auch ganz abschaffen.

Wir wollen Krankenkassen ermöglichen, Verhütungsmittel als Satzungsleistung zu erstatten. Bei Geringverdienenden werden die Kosten übernommen. Wir wollen die Forschungsförderung für Verhütungsmittel für alle Geschlechter anheben.

Ich bin mal gespannt, ob Krankenkassen das machen wollen. Bei der Pille macht es insofern sicherlich noch Sinn, bei Kondomen ist es weit weniger überprüfbar ob hier nicht einfach Leute diese dann an andere verteilen etc. „Bei Geringverdienern werden die Kosten übernommen“ klingt auch interessant.

Wir wollen ungewollt Kinderlose besser unterstützen. Künstliche Befruchtung wird diskriminierungsfrei auch bei heterologer Insemination, unabhängig von medizinischer Indikation, Familienstand und sexueller Identität förderfähig sein. Die Beschränkungen für Alter und Behandlungszyklen werden wir überprüfen. Der Bund übernimmt 25 Prozent der Kosten unabhängig von einer Landesbeteiligung. Sodann planen wir, zu einer vollständigen Übernahme der Kosten zurückzukehren. Die Kosten der Präimplantationsdiagnostik werden übernommen. Wir stellen klar, dass Embryonenspenden im Vorkernstadium legal sind und lassen den „elektiven Single Embryo Transfer“ zu.

Ich habe keine Ahnung wie die bisherigen Regelungen sind, wobei das ja auch von der Krankenkasse übernommen wird, wenn ich das richtig verstanden habe. Vielleicht kann hier jemand noch weitere Informationen beisteuern.

Wir setzen eine Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin ein, die Regulierungen für den Schwangerschaftsabbruch außerhalb des Strafgesetzbuches sowie Möglichkeiten zur Legalisierung der Eizellspende und der altruistischen Leihmutterschaft prüfen wird.

Also den Schwangerschaftsabbruch aus dem Strafgesetzbuch herausnehmen und dann?

„Altruistische Leihmutterschaft“ heißt ohne finanzielles Interesse nehme ich an. Also die Mutter/Schwester/beste Freundin trägt ein Kind für einen aus?