Grundregeln der Evolution

Hier mal eine Zusammenfassung einiger Punkte zum Verständnis evolutionärer Vorgänge

  • Evolution erfolgt über Mutation von Genen und deren Selektion
  • Eine Mutation, die nicht über Fortpflanzung weitergegeben wird, kann sich evolutionär nicht auswirken.
  • Jede Veränderung einer Spezies kann nur über die Veränderung von Einzelwesen dieser Spezies erfolgen und nur von Generation zu Generation, eine Spezies an sich kann sich nicht verändern bzw. nur als Summe der Änderungen innerhalb der Einzelwesen von Generation zu Generation
  • eine Gruppenselektion findet nicht statt. Ein Gen kann langfristig nur selektiert werden, wenn es dem Einzelwesen Vorteile bringt („egoistisches Gen“), Vorteile für das einzelne Wesen können allerdings auch Vorteile der Gruppe sein, wenn diese auf das Einzelwesen zurückschlagen und diesem mehr bringen als sie das Einzelwesen kosten. Ansonsten droht eine Freeriderproblematik, da sich deren Gene durchsetzen.
  • Ob ein Gen unter bestimmten Konstellationen Nachteile für die Weitergabe bringt ist unwesentlich, wenn die Vorteile für die Weitergabe in einer anderen Konstellation diese Nachteile aufwiegen. Ein Gen bleibt im Genpool vorhanden, wenn es über alle Genträger die gleiche Anzahl von Nachkommen bringt wie der Schnitt der sonstigen Individuen innerhalb dieser Spezies
  • Die Gene einer Spezies sind (auch innerhalb der Geschlechter) nicht gleich und innerhalb einer Spezies können verschiedene Strategien für die Fortpflanzung praktiziert werden.Häufig gibt es eine Hauptstrategie und verschiedene Nischenstrategien, die entweder für bestimmte Zeiten (Hunger, Krieg, Frieden) oder für bestimmte Risiken optimiert sind (zB Chance auf viele Nachkommen mit hohem Risiko, Chance auf wenig Nachkommen mit geringen Risiko).
  • Gene funktionieren in einem Zusammenspiel. Auch unterschiedlichen Optimierungen für ein Zusammenspiel unterschiedlicher Gene können sich ebenfalls Unterschiede ergeben.
  • Damit eine neue Eigenschaft sich umfassend in einer Spezies durchsetzt müssen alle Genträger, die diese Eigenschaft nicht besitzen sterben ohne die Gene, die diese Eigenschaft nicht haben, weitergegeben zu haben.
  • Neben der „natürlichen Selektion“ gibt es noch die sexuelle Selektion. Dabei ist zu unterscheiden zwischen „intrasexueller Selektion (Konkurrenz innerhalb eines Geschlechts) und intersexueller Selektion (Zucht des einen Geschlechts durch das andere zur Auswahl von Fortpflanzungspartnern).
  • bei der sexuellen Selektion wirken sich die verschiedenen Kosten des Sex aus und die Wahrscheinlichkeit sie zu tragen aus. Als Kosten sind insbesondere zu berücksichtigen: Die evolutionär relevanten Mindestkosten des Sex bzw. die Frage, ob Nachwuchsbetreuung erfolgt und wer sich dieser besser entziehen kann. Bei Menschen trägt die Frau über die Schwangerschaft die höheren evolutionär relevanten Mindestkosten, bei einem Mann betragen diese lediglich die Kosten des Sex an sich. Gleichzeitig kann der Mann, da Menschen Säugetiere sind (im Gegensatz zu bestimmten Fischen, bei denen erst die Eier abgegeben und anschließend befruchtet werden) und damit zwischen Sex und Geburt zumindest 9 Monate liegen, sich unter steinzeitlichen Bedingungen theoretisch leicht den Kosten der Schwangerschaft entziehen, während die Frau dies nicht kann und über die Stillzeit zudem noch weitere Kosten trägt.
  • sexuelle Selektion führt häufig dazu, dass das Geschlecht,welches einer AUswahl unterliegt (dies können auch beide Geschlechter sein) Eigenschaften, die günstige Faktoren für die Weitergabe der Gene sind, darstellen will. Dies kann durch Körperausformungen (Pfauenschwanz, weibliche Brüste beim Menschen) oder Ausformungen im erweiterten Phänotyp (Bieberdamm, Darstellung von Verfügugnsgewalt über Ressourcen) erfolgen oder dadurch, dass man zeigt, dass man trotz bestimmter zusätzlicher Lasten überlebt (Handicap-Prinzip; zB ebenfalls der Pfauenschwanz, Großzügiges Teilen beim Menschen). Dies kann auch zu einer Verselbständigung bestimmter Merkmale führen, die dann allein deswegen weiter entwickelt werden, weil sie attraktiv sind (Sexy Son Theorie)
  • Evolutionäre Strategien bei der sexuellen Selektion beeinflussen sich gegenseitig. Wenn Frauen aufgrund ihrer höherer Kosten im Gegenzug von Männern für die Gelegenheit zur Fortfplanzung (=Sex) eine langfristige Beteiligung an den Kosten der Aufzucht verlangen und dies über eine emotionale Bindung abgesichert sehen wollen, dann erhöhen sich die Kosten für diese Art der Bindung für Männer, was dann wieder eigene Strategien, insbesondere bei der Partnerwahl für eine langfristige Bindung ändert.
  • bei Intrasexuelle Konkurrenz geht es um den Zugang zu Ressourcen, die der Fortpflanzung dienen. Darunter kann bei abstrakter Betrachtung auch der dazu erforderliche Fortpflanzungspartner gerechnet werden. Wie dieser zu den Beschränkungen des Zugangs zu ihm steht ist dann wieder eine Frage intersexueller Konkurrenz.
  • Intrasexuelle und intersexuelle Selektion beeinflussen sich: Wenn eine Spezies eine starke intrasexuelle Selektion vornimmt, dann erlauben Gene, die in diesem Wettkampf Vorteilhaft sind, die bessere Weitergabe der eigenen Gene (Sexy Son Theorie). Die Verwertung der Faktoren, die eine Durchsetzung innerhalb der intrasexuellen Konkurrenz ermöglichen in der intersexuellen Konkurrenz durch biologisch abgespeicherte Attraktivitätsmerkmale kann also die Weitergabe der eigenen Gene erleichtern und entsprechende Gene können sich daher im Genpool anreichern. Gleichzeitig lohnt es sich dann wiederum, diese Merkmale mehr zu zeigen und auch Personen des auswählenden Geschlechts, die diese Merkmale beim anderen Geschlecht mögen zu bevorzugen, weil deren Nachkommen dann ebenfalls erfolgreiche Partner wählen werden (usw.).

86 Gedanken zu “Grundregeln der Evolution

  1. Ich wollte hier einfach mal ein paar Grundgedanken zu verschiedenen prinzipien, die in der Diskussion immer wieder eine Rolle spielen etwas geordneter festhalten. Welche findet ihr noch wichtig, welche überbewerte ich aus eurer Sicht bzw verstehe ich falsch?

    • OT
      Kannst du den Artikel in press von Fausto-Sterling besprechen?

      Abstract

      The most common paradigm used to analyze health differences between men and women, is to divide the body from the social environment. In such a model, the bodily contribution and the social contribution add up to 100%. A few health science researchers offer more sophisticated approaches. None, however, offer an intensive study of the first several years of life in order to offer a model which integrates biology and culture in a fashion that demonstrates the productive processes by which gender itself emerges. In this article, we identify the earliest known sex-related biological and behavioral differences in young infants, toddlers and their parents and indicate how these might relate to health and disease. We frame these differences using unifying concepts from the study of neuroplasticity and dynamic systems theory.

      Highlights

      ► We find early sex-related differences in toy preference and vocalization. ► Large individual differences at birth slowly take on a gendered valence. ► We describe current knowledge about sex-related differentiation at birth. ► Developmental dynamics is simultaneously a biological AND a social process.

      http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0277953611003558

    • Die “Evolutionsthese” (von Theorie oder Lehre kann gar keine Rede sein) ist das Dümmste, was mir in meinem Leben je untergekommen ist. Wie bitte soll Information (für die Baupläne) entstehen, wenn kein “Sender” da ist? Bitte Hirn einschalten, falls eines vorhanden (vielleich hat “die Evolution” gewissen Leuten keins gegeben… wäre doch durchaus möglich). Sorry, Ihr tut mir alle leid! John (Informatiker und Dozent)

  2. Ich habe immer noch ein gewisses Verständnisproblem bezüglich der Nichtexistenz von Gruppenselektion und Homosexualität. Wenn es Gruppeneselektion gäbe, wäre Homosexualitätrelativ leicht erklärbar: Indem nämlich die Homosexuellen ihre sozialen Energien der Gruppe widmen anstatt eigene Kinder großzuziehen tragen sie zu deren Erhalt und evolutionärem Erfolg bei.

    Wenn es aber nun keine Gruppenselektion gibt, wie kann es dann Homosexualität geben?

  3. @ Christian

    Ich halte, hier David Sloan Wilson folgend, Gruppenselektion für einen wichtigen Faktor der Evolution. Habe im Moment wenig Zeit, verweise darum auf diese 5 Artikel von ihm, anläßlich des Todes von George C. Williams verfasst, der Gruppenselektion ablehnte.

    Hommage to George Williams, the last grasp of individualism, Teil I, II, III, IV und V, alle auf der Seite auffind-und anklickbar

    http://scienceblogs.com/evolution/truth_and_reconciliation_in_gr/

    Und für Atheisten (David Sloan Wilson ist selber einer) à la Dawkins und Dir:

    Atheism as a stealth religion, ebenfalls 5 Teile, ebenfalls auf einer Seite auffindbar, hier:

    http://scienceblogs.com/evolution/atheism_as_a_stealth_religion/

  4. Ich sehe momentan nicht wie Gruppenselektion funktionieren soll. Eine Darlegung der Mechanismen würde mich interessieren.

    Meist scheinen es mir eher Fälle der Verwandtenselektion zu sein oder Eigennutz, der auch der Gruppe nutzt. Zusammenarbeit in Erwartung von reziprozität ist mit egoistischen Genen gut zu erklären.
    Homosexualität wäre aus meiner sicht am besten mit einem Ausgleich über Verwandte zu erklären.

    • @ Christian

      Ganz einfach: Prosoziales Verhalten führt zu Nachteilen bei der Innergruppenselektion, aber zu Vorteilen bei der Zwischengruppenselektion.

      Egoisten schlagen Altruisten auf der Innergruppenebene, Gruppen mit einem höheren Anteil altruistischer Individuen schlagen Gruppen mit mehr Egoisten in ihren Reihen.

      So kann die Intergruppenselektion altruistische Züge innerhalb von Gruppen befördern, weil die Gruppen sich besser behaupten/fortpflanzen, die besser interagieren, die bessere Mannschaft formen.

      Es kommt darauf an, auf welcher Ebene die Selektion stärker zupackt, ob auf der Gruppenbene oder auf der individuellen Ebene.

      Wenn ein ganzer Stamm aus seinem Lebensraum verdrängt wird, weil er aus zu vielen egoistischen Individuen besteht, die nicht bereit sind, für die Verteidigung z.B. des Habitats des Stammes Opfer zu bringen, wird u.U. der ganze Stamm ausgerottet, weil er abgedrängt wird in ein ungünstigeres Umfeld, deshalb verhungert, an Mangelernährung und Seuchen zugrunde geht, versklavt wird oder schlicht totgeschlagen.

      Da führen dann egoistische Züge, die innerhalb der Gruppe zu vorteilen führen, zu Nachteilen auf der Gruppenkonkurrenzebene und die Vorteile, die prosoziale Züge auf der Gruppenselektionsebene bieten, gleichen die Nachteile mehr als aus, die prosoziales Verhalten innerhalb der Gruppe für das Individuum zur Folge hat.

      • @Roslin

        Das Problem ist, dass man über die Selektion innerhalb der Gruppe ja nicht hinwegkommt. Die innerhalb der Gruppe, die die „Kosten der Homosexualität“ sondern nur deren Leistungen ausnutzen haben Vorteile.
        Das ist das, was mich an Gruppenselektion stört

      • @Christian: Es ist Evolution, also geht es doch grundsätzlich um statistische Aussagen, oder? Also gibt es Gruppen mit unterschiedlichem Anteil von Egoisten und Altruisten darin. Die Egoisten innerhalb einer Gruppe sind im Vorteil, aber es ist ein statistischer Vorteil, also äußert der sich so, dass Gruppen mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit zu einem höheren Anteil Egoisten neigen und mit einer niedrigeren Wahrscheinlichkeit zu einem niedrigeren Anteil.

        Ohne weitere Selektion streben also alle Gruppen langfristig in Richtung eines hohen Egoistenanteils.

        Nun kommt aber die Selektion der Gruppen untereinander – wenn die Gruppen mit sehr hohem Anteil Egoisten aussiebt oder dafür sorgt, dass diese langsamer wachsen und sich seltener teilen, gibt es eben immer einen bestimmten Gesamtanteil Altruisten.

        P.S.: Die Begriffe Egoist und Altruist sind hier in einem entsprechenden Kontext zu sehen.

      • @ Christian, God’s Boss

        So ist es. Es braucht eine höhere Selektionsebene oberhalb der Individuen, um zu verhindern, dass Egoisten überhand nehmen.

        Im Übrigen gibt es etliche Laborversuche, die Gruppenselektion in ihrer Wirksamkeit belegen, etwa das Hühnerzuchtexperiment von David Muir.

        In einer Versuchslinie wählte er immer nur die Henne mit der höchsten Legeleistung aus einem Käfig mit mehreren Hennen aus und machte sie zur Urmutter der nächsten Generation.

        In einer parallelen Versuchslinie wählte er alle Hennnen aus dem Käfig mit der höchsten Legeleistung aus.

        Nach 6 Generationen war die Käfigselektion erfogreich – Legeleistung um 160 % höher als in der Ausgangspopulation.

        Im anderen Fall (Auswahl nur der besten Henne) war die Legeleistung gesunken.

        Er hatte einen Käfig voller psychopathischer Chicks vor sich, die sich gegenseitig halb zu Tode pickten und ihr bestes taten, um die Konkurrenz am Eier legen zu hindern.

        Er hatte also immer nur die egoistischste Henne ausgewählt, die ihre Mithennen am erfolgreichsten am Eier legen hatte hindern können und deren Persönlichkeitsmerkmale hochgezüchtet mit fatalem Ergebnis.

        • @Roslin

          Da herrschten ja vollkomen verschiedene Selektionsdrücke.

          In der „Gruppengruppe“ wurden die Individuen gefördert, die andere Hühner förderten. Die Interessen des egoistischen Gens waren damit identisch mit dem Legeerfolg der Gruppe. Denn das ein Huhn weniger legt als eine hochmotiverte Gruppe sollte klar sein

          In der „Egoistengruppe“ war es nicht nur das Interesse des Huhn möglichst viele Eier zu legen, sondern auch noch die anderen daran zu hindern, damit es weitergeht. Demnach bestand ein Selektionsdruck dahingehend seine Legeleistung zur Verbreitung der eigenen Gene zu erhöhen und die der anderen Abzusenken.

          Demnach sagen egoistische Gene genau dieses Ergebnis voraus.

          Vielleicht könnte man Gruppenselektion so testen.

          Es werden Gruppen miteinander verglichen, es kommen aber nicht die besten weiter, sondern die mittleren 50 %. Die besten und schlechtesten Individuen der Gruppe werden also aussortiert.

          Egoistische Gene würden nun eine Zucht auf Mittelmäßigkeit ergeben, also eine Absicherung nach unten und nach oben. Man würde also leicht oberhalb der Mitte zusammenrücken.
          Bei einer Gruppenselektion hingegen würden alle als Blog stärker nach oben rücken. Der Gruppe wäre es egal, dass sich die besten opfern müssen und die schlechtesten blockieren ja eh den Gruppensieg

          Das obere Viertel wird abgeschnitten, damit ein „Gruppenopfer“ vorhanden ist und eine Benachteiligung des Einzelnen, der zu hoch hinaus will. Das Untere Viertel um die Flucht in dieses Viertel zu verhindern.

          Vielleicht auch interessant. Jeder, der mehr als 10% vom Gruppenerfolg abweicht wird aus der Gruppe entfernt, dann werden Gruppen gegeneinander und gegen solche ohne Beschränkungen getestet.

          Vielleicht wäre es sogar noch interessanter, nur die 25% der besten rauszunehmen. Nach den egoistischen Genen würde man sie nahe der Eierlegunfähigkeit züchten. Bei der Gruppenselektion wäre es aber unproblematisch

          Hast du eigentlich „The Origins of Virtue“ von Matt Ridley gelesen? Dort erklärt er sehr ausführlich, dass Grosszügigkeit, Kooperation und Wohlverhalten gegenüber anderen gerade in der bei uns vorliegenden Form mit dem egoistischen Gen kompatibel sind.

      • @Roslin

        Mit dem Thema „Gruppenselektion“ würde ich mich gerne näher befassen. Hättest Du dazu noch weitere Links oder Buchtipps?

      • @ Leszek

        Im Moment kann ich Dir dazu nur die Arbeit von William Muir verlinken (William heißt der Mann, nicht David)

        http://www.nsif.com/Conferences/2001/muir.htm

        Dann natürlich die Bücher von David Sloan Wilson

        „Darwin’s Cathedral“ (2002)

        Hier ein Artikel, an dem Du die Argumentationslinie des Buches abschätzen kannst

        http://www.skeptic.com/eskeptic/07-07-04/#feature

        „Evolution for everyone“ (2007) und sein allerneuestes „The Neighbourhodd Project“ (kenne ich selbst noch nicht, 2011), in dem er parktische Anwendungen seiner Gruppenselektionshypothesen vorstellen will, etwa (dürfte Dich besonders interessieren) beim Versuch, die Leistungen von Schülern an Problemschulen (also wohl Minoritäten) zu verbessern.

        Wilson ist natürlich nicht gut auf Dawkins zu sprechen und vice versa.

      • Christian

         „In der „Egoistengruppe“ war es nicht nur das Interesse des Huhn möglichst viele Eier zu legen, sondern auch noch die anderen daran zu hindern, damit es weitergeht. Demnach bestand ein Selektionsdruck dahingehend seine Legeleistung zur Verbreitung der eigenen Gene zu erhöhen und die der anderen Abzusenken.“

        Das erinnert mich an den Begriff Hierarchie: Selbst nach oben kommen und die Anderen nach unten drücken…

      • @ Christian

        Natürlich widerlegt der Versuch nicht das egoistische Gen. Das „altruistische“ Gen ist genauso egsoistisch wie das „egoistische“ Gen. Nur wird das „altruistische“ Gen über den „Phänotyp“ Gruppe herausselektioniert, nicht über den individuellen Organismus. Seine Anreicherung findet durch einen Selektionsprozess statt, der auf einer überindividuellen Ebene ansetzt, bei der Gruppe Hühner im Käfig nämlich, die eine eigene Entität bildet, einen eigenen Organismus, dessen „Zellen“ aus den Hühnern des Käfigs bestehen.

        • @Roslin

          Wenn du unter Gruppenselektion verstehst, dass Einzelinteressen mit Gruppeninteressen zusammenfallen und in diesem Fall die beste Förderung er Einzelinteressen in der Förderung der Gruppeninteressen liegt, dann bin ich (und Dawkins auch, das stellt er ja in das egoistische Gen dar) voll bei dir.

          Diese Situation besteht allerdings bei Homosexualität nicht

      • @ Christian

        Na ja, mir ging es auch weniger um Homosexualität als um das grundsätzichere Problem der Wirksamkeit selektiver Mechanismen, die auf Gruppenebene ansetzen, die ja nach Dawkins immer den auf individueller Ebene ansetzenden in ihrer Wirksamkeit so stark unterlegen sein sollen, dass man sie vernachlässigen kann.

        Was Homosexualität angeht, bin ich mir nicht schlüssig, nicht einmal ob es nur eine Möglichkeit der Verursachung gibt.

        Es mag erbiche Formen der Homosexualität geben (also erbliche Faktoren, die eine Dispostion, ein „Ausbrechen“ von Homosexualität unter bestimmten Bedingungen begünstigen).
        Es mag hormonelle Einflussfaktoren während der Schwangerschaft geben, die Homosexualität disponieren.
        Es mag psychische Einflussfaktoren geben in der Kindheit.

        Es mag Formen der Homosexualität geben, die psychotherapiebar sind, wenn der Homsoexuelle das will und darunter leidet usw.

        Ein gruppenselektiver Vorteil der Homosexualität könnte sein, dass ein gewisser Anteil Homosexueller in einer männlichen Gruppe deren Zusammenhalt verstärkt, quasi erotische Anziehung als Zement zur Verstärkung des Zusammenahltes in rein männlichen Gruppen.

        Weil z.B. Thebaner männliche „Liebespaare“ (genauer Mentor und „Schüler“, ob die auch sexuell miteinander verkehrten, ob die nur intensivst miteinander befreundet waren, ist wieder eine andere Frage) nebeneinander in die Schlachtreihe einstellten in der Annahme, dass die 2 besonders hochmotiviert voreinander und füreinander kämpfen würden, also Ausbeutung intensiver homorerotischer Beziehungen.
        Inwieweit die homosexuell waren, ist nicht so klar, intensive Freundschaft hat ja oft auch eine erotische Komponente, die nicht unbedingt ausgelebt werden muss bzw. die erotisch intensive Anziehung kann toleriert werden, sogar erwünscht sein, ihre sexuelle „Realisierung“ trotzdem geächtet – nach der Gesetzgebung des Lykurg (Sparta) z.B. waren homosexuelle Akte mit Todesstrafe bedroht, alle griechischen Städte hatten Gesetze gegen homosexuelle Akte außer Theben, aber überall gab es auch das Mentoren-Schüler-System, das oft erotisch aufgeladene Beziehungen zwischen einem Teenagerjungen und einem älteren Mann beförderte, theoretisch rein spirituell, aber…).

        Scheint mir plausibel.

        Dann wäre die Schlachtreihe mit mehr homoerotisch affinen Männern vielleicht, sonstige Bedingungen gleich, die überlegenere, weil mit höherer Motivation kämpfend.

        Das könnte man auf alle Gruppenaktivitäten übertragen, wo zwischenmännliches Bindungsverhalten Effizienz beeinflusst (Jagdgesellschaften, Kriegerhorden in Clanauseinanderetzungen, lange vor Hoplitenreihen, also in der Vorgeschichte).

        So lieferte homoerotische Neigung (aus der dann leicht Homosexualität wird) einen Selektionsvorteil für Gruppen mit einem etwas höheren Anteil an homoerotisch orientierten Männern, weil sie vielleicht besser kämpfen/jagen als Clans mit weniger Homophilen.

  5. „Gene funktionieren in einem Zusammenspiel.“

    Ein Gen übernimmt nicht Verantwortung für sein Treiben – ein Mensch schon.

    „Bei Menschen trägt die Frau über die Schwangerschaft die höheren evolutionär relevanten Mindestkosten ..“

    Das verstehe ich nicht so ganz.

    „..zwischen Sex und Geburt zumindest 9 Monate liegen, sich unter steinzeitlichen Bedingungen theoretisch leicht den Kosten der Schwangerschaft entziehen, während die Frau dies nicht kann und über die Stillzeit zudem noch weitere Kosten trägt.“

    Weil die Frau in der Rolle der Mutter bezüglich „Entstehung neues Lebens“ mehr beansprucht wird und den größten Teil der Verantwortung für dieses „Leben“ trägt, soll sie nach meiner Auffassung bei der Regelung der gemeinsamen „Spiel-Regeln des Systems“ den Leitfaden der Entwicklung dieses Lebens in der Hand haben.

  6. Mir ist nicht klar, warum Homosexualität einen evolutionären Grund haben muss. Auch wenn eine genetische Grundlage dazu führen mag, dass ein Mensch homosexuell wird, wird es meiner Ansicht nach hauptsächlich auf hormonelle Schwankungen während der prä-, peri- und postnatalen Entwicklungsphasen zurück zu führen sein.

    Ich denke, dass Homosexuelle genauso auf die Normalverteilungskurve gehören, wie „männliche Frauen“ und „weibliche Männer“. Homosexualität ist ja auch nicht gleich Homosexualität. Es gibt ganz verschiedene Ausprägungen, von, ich nenn sie jetzt mal politisch inkorrekt Tucken, die chronisch gebrochene Handgelenke haben, bis zu jenen Männern, die sogar sehr maskulin aussehen und wirken, aber trotzdem auf Männer stehen. Bei lesbischen Frauen ist es nicht anders. Eine Anne Will ist ja auch nicht mit einer Hella von Sinnen zu vergleichen.

    Wenn das Testosteron eine so große Rolle spielt und alle möglichen Variationen zu so verschiedenen heterosexuellen Menschen führt, dann ist Homosexualität überhaupt nicht verwunderlich, sondern Ausdruck der Varianz.

    Natürlich ist das jetzt keine besonders wissenschaftliche Aussage, aber sie erscheint mir logisch.

    • Meiner Meinung nach ist Homosexualität nicht über Vererbung erklärbar. Die Behauptung, Homosexuelle würden sich in der Gruppe mehr um Kinder kümmern und dies als möglichen Grund anzunehmen, warum Homosexualität über Gruppenselektion Sinn macht, halte ich für – sagen wir es vorsichtig – sehr „zielorientiert“. Vor allem in früheren Zeiten, in welchen eine Geschlechterdualität zementiert, Rollen verfestigt sein mussten. Welcher Alpha würde es hinnehmen, dass ein Beta bei den Frauen bleibt. Dieser Beta könnte in der Zwischenzeit Verkehr mit den Frauen haben. Dies würde nur Sinn machen, wenn die männlichen „Clan“mitglieder wüssten, dass der Mann keine Frau will. Das wissen allerdings die meisten Heteros heute noch nicht, wenn die Frau sagt, dass dies nur ihr schwuler Bekannter ist. Man weiß ja nicht, er könnte ja, usw.

      Nein, nein, das ist nur ein Hilfskonstrukt, und dies im besten Falle.

      Meine Bedenken bezüglich eines rezessiven Gens, einer Weitergabe durch die Mutter, habe ich über Mendel schon kundgetan. Um einen Schnitt von 3-5% an homosexuellen, vererbten Männern halten zu können, müssten die Mütter schon im Schnitt – meinen Überlegungen nach – 4 Kinder bekommen, wobei nur eines davon dann wieder homosexuell wäre. Das heißt, Mütter homosexueller Männer müssten exorbitant, konstant fruchtbar sein und Nachwuchs haben. Statistiken dazu kenne ich keine.

      Bis dato bin ich skeptisch.

      • Terminatus 30

        „.. müssten die Mütter schon im Schnitt – meinen Überlegungen nach – 4 Kinder bekommen..“

        Ja ja, träume weiter… Um die Potenz des Mannes im edlen Lichte zu stellen?

      • Terminatus 30

         „????????????
        Bin ich auf dem Planet der Affen – ich meine nicht dich!! – gelandet?“

        Ich weiß nicht, wo Du gelandet bist und von welchem Planeten Du grade surfst, Männer aber, die sich patriarchalisch „göttlich“ geben, d. h. Allmacht-Phantasien (vor allem sexueller Art) haben, sind für mich Loser.

  7. @Christian

    Deine Ausführungen lesen sich so, als ob es einen idealen Satz an Genen gäbe, der sich nur durch Mutation und die erfolgreiche Anreicherung im Genpool verändern lässt. Tatsächlich ist aber die natürliche Varianz durch die Vermischung mütterlicher und väterlicher Gene in Verbindung mit der sich konstant verändernden Umwelt ursächlich für die natürliche Selektion. Selbst wenn keine Mutationen sich durchsetzen, denn meistens sind Mutationen letal, bewegt sich die Evolution weiter fort.

    • „Selbst wenn keine Mutationen sich durchsetzen, denn meistens sind Mutationen letal, bewegt sich die Evolution weiter fort.“

      Das ist noch zu sanft ausgedrückt. Erfolgreiche Mutationen sind die absolute Ausnahme in der Evolution.

    • @Helena

      Ich denke auch, dass häufig die Selektion bei einem neuen selektionsdruck nur Verschiebungen im Genpool bewirkt. Aber dennoch kommt es langfristig auf neue Mutationen an. Es gab in der Urgiraffe keine Giraffe mit einem Hals einer heutigen Giraffe und die anderen Gene wurden nur rausgefiltert. Es wird eher ein allgemeiner Drift gewesen sein, indem immer neue Mutationen eine kleine Aufstockung bewirkt haben.
      Gerade weil ich geschrieben habe, dass Mutationen immer nur in Einzelwesen erfolgen können ist aus meiner Sicht klar, dass es nicht „die Gene der Spezies X“ gibt, sondern eben einen „Genpool der Spezies X“.
      Für mich war diese Einsicht – so klar sie eigentlich auch ist – für das Verständnis sehr hilfreich. Deswegen spreche ich ja auch meist davon, dass sich eine Mutation im Genpool anreichern kann.

      • Mal ein bisschen seriöse Genetik zum Begriff Mutation:

        http://www.biologie-online.eu/genetik/mutation.php

        „Von 5 produzierten Spermien (oder Eizellen) sind 4 durch einen Gendefekt mutiert. Neumutationen sind meist Letalfaktoren, d. h. die Keimzellen überleben nicht. Die meisten Keimzellen sind also mutationsbedingt letal!!!

        Beim Menschen sind 50 % der befruchteten Eizellen defekt und gehen deshalb vor oder während der Nidation zu Grunde!“

        Auch wichtig ist, dass nur Mutationen der Keimbahnen zur Vererbung führen. Somatische Mutationen werden nicht vererbt.

        Der Giraffenhals ist ein gutes Beispiel dafür, wo Mutationen keine Rolle gespielt haben. Ursprünglich hatten Giraffen einen kurzen Hals, richtig. Dennoch hatten nicht alle Giraffen einen gleich kurzen Hals. Durch zufällige Rekombinationen der Eltern-Gene haben sich vereinzelt Giraffen mit längeren Hälsen entwickelt. Diese waren aber keine Mutanten, genauso wenig wie Dirk Nowitzki, sondern einfach nur größer als der Durchschnitt. In einer gleichbleibenden Umwelt haben sie keine besonderen Vorteile gegenüber normalwüchsigen Giraffen. Ändert sich die Umwelt, zum Beispiel durch Nahrungsknappheit, wird der längere Hals plötzlich zum Überlebensvorteil, weil höherliegende Blätter noch erreicht werden können. Die überlebensfähigeren Giraffen pflanzen sich untereinander häufiger fort, wobei zufällige, günstige Rekombinationen zu noch längeren Hälsen mit noch größerer Anpassung an die Umwelt führen. Usw.

        Von einem Genpool spricht man bei Populationen, nicht bei Spezies. Gendrift bezeichnet eine zufällige Veränderung des Genpools einer Population durch ein Zufallsereignis und betrifft in der Regel nur sehr kleine Populationen. Gendrift ist das Gegenteil der natürlichen Selektion.

        http://de.wikipedia.org/wiki/Gendrift

        Hast du in Bio nicht aufgepasst, oder bewirkt die Literatur von egoistischen Genen eine solche Aufweichung der Begrifflichkeiten?

        • @Helena

          Ich bin ja von Hause aus kein Biologe, deswegen sitzen die Begrifflichkeiten nicht immer so sicher. Ich hatte zwar Biologieleistungskurs, weil es mich schon damals interessierte, habe mich dann aber für ein anderes Studium entschieden (unter anderem weil ich mit Chemie nicht richtig warm geworden bin und mir Biochemie eine wesentliche Rolle zu spielen schien).

          Ich kann mir nicht vorstellen, dass bei Giraffen keine Mutation vorlag, sondern es nur eine Rekombination bestehender Gene war. Den auch dieser Giraffengenpool muss ja erst einmal ein paar Mutationen aufweisen, die sich dann kombinieren können. Aber die Entwicklung des Giraffenhalses ist ja eh umstritten.

          Nehmen wir eine Schlange, wenn dir das lieber ist. Oder siehst du das mehr an Wirbeln, den gestreckten Oberkörper, als reines Schöpfen aus dem Genpool an?

          Das Mutationen eine wesentliche Rolle spielen ist meiner Meinung nach klar. Wir bekommen Einzeller –> Mensch nicht ohne Mutationen hin. Warum diese sich dann nicht innerhalb der Spezies auswirken sollen erschließt sich mir nicht.

          Dass Mutationen selten sind ist kar. Und das der gesamte Genapparat darauf ausgerichtet ist sie zu verhindern, weil sie überwiegend negativ sind auch. Aber deswegen arbeitet Evolution auch über lange Zeiträume und hat zudem viele Einzelindivuen, die mutieren können. Auch klar ist, dass sich Mutationen nicht sofort in eine Richtung auswirken müssen, sondern einfach im Genpool verbleiben können, bis es zu einer günstigen Kombination kommt oder ein neuer Selektionsdruck sie begünstigt.

          Ich habe auch im übrigen nicht von einem Gendrift gesprochen, sondern ganz allgemein von einem Drift. Das finde ich eine durchaus passende Bezeichnung, weil es eben ein langsamer Anpassungsprozess ist, wenn sie aufgrund der anderen Verwendung des Wortes wohl unglücklich ist.

          Denn der Giraffenhals darf ja nicht einfach nur länger werden. Es muss sich zB ein höchst kompliziertes System entwickeln, dass insbesondere den Blutdruck regelt. Denn das Blut muss hoch bis zum Hals, weswegen Giraffen einen extrem hohen Blutdruck und ein sehr leistungsfähiges Herz haben. Wenn die Giraffe aber trinkt, dann muss verhindert werden, dass (etwas übertrieben) der Kopf platzt, weil dem Druck die schwerkraft nicht mehr entgegenwirkt. Weswegen Giraffen spezielle Mechanismen haben, die bei gesenkten Kopf ein zu starkes Einschießen des Blutes verhindern. Auch musste ein Mechanismus entwickelt werden, mit dem der Kopf problemlos nach oben gehalten werden kann ohne beständig Muskeln anzustrengen, was aufgrund der Länge des Kopfes und der damit verbundenen Hebelkraft nicht unproblematisch ist. Es wurde über einen Mechanismus gelöst, der den Hals automatisch in die senkrechte federt, so dass ein absenken Kraft kostet. Man sieht also, dass es mit einer schlichten Kombination von Genen nicht getan ist und man nicht einfach einen Part etwas verlängern konnte.

          Das nur Mutationen der Keimbahn zu einer Veränderung führen können ist klar. Deswegen betone ich ja die Wichtigkeit der Fortpflanzung. Wie sollen die mutierten Gene sonst in einen neuen Körper kommen? Das musst du eher Lucia und Voss erklären, die ja beide davon ausgehen, dass Fortpflanzung nicht wichtig ist.

      • @Helena,

        ast du in Bio nicht aufgepasst, oder bewirkt die Literatur von egoistischen Genen eine solche Aufweichung der Begrifflichkeiten?

        Das alte Spiel im neuen Jahr.
        Alles was ihm nicht in den Kram passt, vergisst er generös.

      • Also, ich unterstelle ihm erstmal keine speziellen Absichten, aber ich finde es schon wichtig, dass man die korrekten Bezeichnungen verwendet und auch die Sachverhalte kennt. Gene als egoistisch (mir ist bewusst, dass es sich um einen Buchtitel handelt) zu bezeichnen und wilde Mutationsraten zu vermuten, erscheint mir da etwas grenzwertig. Selbst wenn es nur metaphorisch gemeint ist. Ich mag populärwissenschaftliche Bücher auch, aber wenn das Ergebnis das Durcheinanderwerfen von Begrifflichkeiten ist, bin ich skeptisch.

        • @Helena

          „Gene als egoistisch (mir ist bewusst, dass es sich um einen Buchtitel handelt) zu bezeichnen“

          Ich finde das egoistische Gen eine sehr gelungene Metapher von Dawkins. Sie erlaubt einem meiner Meinung nach eine verkürzende Wiedergabe einiger Sachverhalte, die man sonst sehr lang umschreiben müsste. Natürlich ist es eine Personifizierung, aber das schadet meiner Meinung nach nicht. Dawkins verwendet es in seinem Buch ja auch auf diese Weise.
          Ich habe meine Sicht dazu zB in diesen zwei Artikeln dargelegt

          Das egoistische Gen
          Egoistische Gene“ bedeuten nicht, dass man egoistisch sein muss

          „und wilde Mutationsraten zu vermuten“

          Wo vermute ich den wilde Mutationsraten? Alle Unterschiede, auch wenn sie in einem Genpool vorhanden sind, sind zunächst erst einmal durch Mutation entstanden. Oder wie soll es sonst zu ihnen gekommen sein?

          Anzuführen, dass Evolution auf Mutation und Selektion beruht ist ja nun erst einmal keine sehr umstrittene Aussage

          http://de.wikipedia.org/wiki/Evolution

          Evolution ist die Veränderung der vererbbaren Merkmale einer Population von Lebewesen von Generation zu Generation. Diese Merkmale sind in Form von Genen kodiert, die bei der Fortpflanzung kopiert und an den Nachwuchs weitergegeben werden. Durch Mutationen entstehen unterschiedliche Varianten (Allele) dieser Gene, die veränderte oder neue Merkmale verursachen können. Diese Varianten sowie Rekombinationen führen zu erblich bedingten Unterschieden (Genetische Variabilität) zwischen Individuen

          Vielleicht kannst du deine Kritik noch mal etwas deutlicher machen.

      • @Christian

        Ich sage nicht, dass Mutationen bei der Evolution keine Rolle spielen. Sie sind wichtig, besonders hinsichtlich der Entwicklung neuer Spezies. Für die natürliche Selektion und für Gendrift und -shift, die maßgeblich für Evolution innerhalb einer Spezies sind, spielen Mutationen trotzdem eine eher untergeordnete Rolle. Nur ca 1 Promille aller Mutationen führen nicht zu einer schweren Behinderung oder dem Tod des Individuums.

        Aber wenn dir das alles klar ist, ist es ja gut. Mir scheint nur, dass du den Mutationen zu viel Gewicht beimisst. Wären sie ausschlaggebend, würde sich die Evolution viel viel rasanter entwickeln. Zu viele Mutationen führen aufgrund ihrer häufigen Letalität außerdem zuverlässig zum Aussterben einer Spezies. Du scheinst die Masse an Kombinationsmöglichkeiten innerhalb der bestehenden Gene einer Spezies etwas zu unterschätzen.

        Den Sprung von Giraffe zu Schlange kann ich nicht nachvollziehen. Die Schlange ist nicht einmal ein Säugetier. Falls du die Entwicklung von Säugern und Reptilien mit der Entwicklung des Giraffenhalses vergleichen wolltest, erscheint mir das ein bisschen aus der Luft gegriffen und polemisch.

        Vereinfachungen sind natürlich hilfreich, wenn man Zusammenhänge erklären möchte, trotzdem kann sich einem bei deinen Ausführungen manchmal das eine oder andere Haar sträuben.

        • @helena

          „Ich sage nicht, dass Mutationen bei der Evolution keine Rolle spielen. Sie sind wichtig, besonders hinsichtlich der Entwicklung neuer Spezies. Für die natürliche Selektion und für Gendrift und -shift, die maßgeblich für Evolution innerhalb einer Spezies sind, spielen Mutationen trotzdem eine eher untergeordnete Rolle.

          Ich denke, dass du da die Rolle von Mutationen unterbewertest. Denn die Gendrift kann überhaupt nur entstehen, weil Mutationen vorher einen Genpool geschaffen haben, innerhalb dessen eine Verschiebung erfolgen kann. Ohne Mutation wären die Gene innerhalb einer Spezies gleich. Eine Veränderung, auch wenn sie erst später selektiert wird oder mit einer anderen Mutation kombiniert wird, muss immer auf einer irgendwann einmal eingetretenen Mutation beruhen. Oder wie soll sie sonst entstehen?

          „Nur ca 1 Promille aller Mutationen führen nicht zu einer schweren Behinderung oder dem Tod des Individuums.““

          Dabei darf man aber nicht vergessen, dass ebenfalls viele dieser Mutationen dann eben gar nicht erst zu einem Lebewesen führen, sondern zu einem Abbruch der Schwangerschaft, weil sich der Fötus nicht entwickeln kann. Das vermindert die Kosten. Und natürlich muss die Mutationrate gering sein, denn sonst wäre es schwierig überhaupt Leben zu unterhalten.
          Das Mutationen so selten etwas positives bewirken ist der Grund, warum Evolution langsam ist und Zeit braucht. Sie kann schnell sein, wenn sie auf bereits bestehende Mutationen zurückgreifen kann, die im Genpool bereits vorhanden sind und dann erst richtig zur Geltung kommen.

          „Mir scheint nur, dass du den Mutationen zu viel Gewicht beimisst. Wären sie ausschlaggebend, würde sich die Evolution viel viel rasanter entwickeln.“

          Die Häufigkeit eines Ereignis ist unabhängig von seiner Auswirkung. Eine Mutation für zB Laktosetoleranz muss, um ausschlaggebend zu sein, nicht häufig erfolgen.

          „Zu viele Mutationen führen aufgrund ihrer häufigen Letalität außerdem zuverlässig zum Aussterben einer Spezies. Du scheinst die Masse an Kombinationsmöglichkeiten innerhalb der bestehenden Gene einer Spezies etwas zu unterschätzen.“

          Die Masse an Kombinationsmöglichkeiten besteht ja nur aufgrund von Mutationen.

          „Den Sprung von Giraffe zu Schlange kann ich nicht nachvollziehen. Die Schlange ist nicht einmal ein Säugetier.“

          Ich wollte darauf hinaus, dass sich die Schlange entwickelt hat, indem der Oberkörper verlängert wurde. Es ist keine Kombination von Genen, sondern eine häufigere Ausführung eines Wachstumsplans, vermutlich aufgrund einer Mutation eines Hox-Gens.

          „Falls du die Entwicklung von Säugern und Reptilien mit der Entwicklung des Giraffenhalses vergleichen wolltest, erscheint mir das ein bisschen aus der Luft gegriffen und polemisch.“

          Nein, wollte ich nicht. Ich meinte die Entwicklung hin zur Schlange. Der Unterschied ist eben, dass beim Giraffenhals alles länger geworden sind und keine zusätzlichen WIrbel entstanden sind, während bei der Schlange ganze Abschnitt kopiert worden sind.

          „Vereinfachungen sind natürlich hilfreich, wenn man Zusammenhänge erklären möchte, trotzdem kann sich einem bei deinen Ausführungen manchmal das eine oder andere Haar sträuben.“

          Ich bin ja offen für Kritik und freue mich über Diskussionen.

      • Ergänzung:

        Die Lektüre deiner verlinkten früheren Artikel macht es nicht besser. Gene egoistisch zu nennen, ist nicht einmal ansatzweise eine gute Metapher. Gene tun nichts, absolut gar nichts, können in keiner Weise motiviert, daher unmöglicherweise egoistisch sein. Wozu also eine solche Metapher? Ein Gen codiert eine Aminosäurensequenz = Protein. Ich sehe da keinen Spielraum für einen metaphorischen Egoismus. Um zu erklären, dass Vererbung genotypisch und nicht phänotypisch geschieht, braucht’s keine Schmierenkomödie um ein egoistisches Gen in einer ferngesteuerten Überlebensmaschine. Das ist einfach nur albern.

        http://de.wikipedia.org/wiki/Genotyp

        Zum Thema Genotyp vs. Phänotyp: Damit die Selektion ansetzen kann, muss sich eine Mutation phänotypisch manifestieren. Neutrale Mutationen werden ohne Selektion von Generation zu Generation weitervererbt. Eine „Anreicherung“ wäre in diesem Fall zufällig.

        Übrigens:
        „Auch die Theorie der Genselektion, die Richard Dawkins in seinem einflussreichen Buch „Das egoistische Gen“ formuliert hatte, wird heute nicht mehr vertreten – auch nicht von Dawkins selbst. (Jeder Evolutionsprozess ist grundsätzlich mit einer Änderung der Genfrequenzen innerhalb der Population verbunden).“

        Eigentlich müsste es Allelfrequenzen heißen.

        http://de.wikipedia.org/wiki/Selektion_%28Evolution%29#Die_Ebene_der_Selektion

        Noch ein Gedanke:
        Wenn man sich überlegt, dass das menschliche Genom sich nur zu 2% vom Schimansengenom unterscheidet, wird richtig deutlich, wie unterschiedlich sich Gene phänotypisch ausdrücken können.

        Vielleicht können wir uns darauf einigen:

        Mutationen kommen relativ häufig vor. Die meisten sind letal. Diejenigen, die es nicht sind, betreffen oft DNA-Abschnitte, die keine Proteine codieren und ohne Auswirkungen weitervererbt werden. Die wenigen, die phänotypische Veränderungen bewirken, werden erst relevant für die Evolution, wenn veränderte Umweltbedingungen zu einem für dieses durch Mutation veränderte Merkmal positiven Selektionsdruck führen. Allerdings sind sie verantwortlich für die genetische Vielfalt innerhalb einer Population.

        • @Helena

          „Die Lektüre deiner verlinkten früheren Artikel macht es nicht besser. Gene egoistisch zu nennen, ist nicht einmal ansatzweise eine gute Metapher.“

          Doch, weil Genselektion etwas so ist, wie ein theoretisch egoistisches Gen, dass sich selbst bewahren möchte. Die Gene, denen das am besten „gelingt“ reichern sich im Genpool an. Es ist ja nicht nur der Titel eines Buches. Dawkins (und auch andere) verwenden diese Metapher ja auch in ihren Büchern zur Erklärung.

          „Gene tun nichts, absolut gar nichts, können in keiner Weise motiviert, daher unmöglicherweise egoistisch sein.“

          Vollkommene Übereinstimmung. Aber dennoch kann durch zufällige Mutation und Selektion ein Gen optimiert für die eigene Weitergabe sein. Denn eine Mutation, die dazu führt, dass das Gen in die nächsten Generationen weitergegeben wird und so weiter führt ja genau zur Anreicherung dieses Gens. DIe Perspektivenverschiebung ist, dass es für die Selektion auf die Weitergabe der Gene ankommt, nicht auf das Wohlsein des Körpers.

          „Wozu also eine solche Metapher?“

          Weil unser Gehirn aufgrund von Mutation und Selektion darauf ausgerichtet ist Menschen zu verstehen. Mit Zielen und `Vermenschlichungen können wir schneller denken als mit Zufälligen Mutationen. Es ist daher anschaulicher.

          „Ein Gen codiert eine Aminosäurensequenz = Protein. Ich sehe da keinen Spielraum für einen metaphorischen Egoismus.“

          Klar, aber „eine Synapse sendet einen Impuls“ läßt auch keinen Spielraum für metaphorischen Egoismus. Du kannst den Menschen natürlich auch runterbrechen auf seine Verschaltung.

          „Um zu erklären, dass Vererbung genotypisch und nicht phänotypisch geschieht, braucht’s keine Schmierenkomödie um ein egoistisches Gen in einer ferngesteuerten Überlebensmaschine. Das ist einfach nur albern.“

          Ich finde es ein passendes Bild, das man natürlich nicht übertreiben sollte.

          „http://de.wikipedia.org/wiki/Genotyp
          Zum Thema Genotyp vs. Phänotyp: Damit die Selektion ansetzen kann, muss sich eine Mutation phänotypisch manifestieren. Neutrale Mutationen werden ohne Selektion von Generation zu Generation weitervererbt. Eine „Anreicherung“ wäre in diesem Fall zufällig.“

          Klar, alles ist zufällig. Deswegen ist es ja eine Metapher.

          „Übrigens:
          „Auch die Theorie der Genselektion, die Richard Dawkins in seinem einflussreichen Buch „Das egoistische Gen“ formuliert hatte, wird heute nicht mehr vertreten – auch nicht von Dawkins selbst. (Jeder Evolutionsprozess ist grundsätzlich mit einer Änderung der Genfrequenzen innerhalb der Population verbunden).“ Eigentlich müsste es Allelfrequenzen heißen.“

          Aber dann muss man dagegen stellen, was heute vertreten wird. Und das ist immer noch eine leicht erweiterte Form der Genselektion. Wenn Gene den Körper machen und Gene die einzige Information sind, die weitergegeben werden an die nächste Generation, dann bleibt ja nur eine Selektion der Gene über den Körper als Ausdruck der Gene. Ich sehe in Dawkins neueren Büchern keine Abweichung davon, abgesehen davon, dass man die Kombination von Genen auch hinzunimmt und die nicht als Mutation wertet. Man könnte eben sagen, dass sich die Mutation erst in der richtigen Umgebung und Kombination mit anderen Genen auswirkt.

          „Noch ein Gedanke: Wenn man sich überlegt, dass das menschliche Genom sich nur zu 2% vom Schimansengenom unterscheidet, wird richtig deutlich, wie unterschiedlich sich Gene phänotypisch ausdrücken können.“

          Diese Zahlen sind ja wenig aussagekräftig. Klar sind verschiedene Grundbausteine vollkommen gleich und werden nur anderes und vermehrt abgerufen, aber auch das ist eine Mutation, dann eben der Hox-Gene und anderer Steuerungen. Im Wachstumsplan ist eine Änderung, die genetisch bedingt ist. Das mag durch ein Zusammentreffen zweier Mutationen in einem Körper sein, die dann diesen gemeinsamen Effekt haben und erst dann effektiv werden. Und das ist durchaus etwas anderes als eine Mutation eines Gens.

          „Vielleicht können wir uns darauf einigen:
          Mutationen kommen relativ häufig vor. Die meisten sind letal. Diejenigen, die es nicht sind, betreffen oft DNA-Abschnitte, die keine Proteine codieren und ohne Auswirkungen weitervererbt werden.“

          Da bin ich vollkommen bei dir

          „Die wenigen, die phänotypische Veränderungen bewirken, werden erst relevant für die Evolution, wenn veränderte Umweltbedingungen zu einem für dieses durch Mutation veränderte Merkmal positiven Selektionsdruck führen.“

          Klar, auch wenn das zeitlich natürlich eng beieinander liegen kann. Der Selektionsdruck „Leichter an Nahrung kommen“ ist zB sehr alt, eine Mutation zur Laktosetoleranz hat dann einen direkten Vorteil, wenn die Viehzucht bereits vorhanden ist und damit hinreichend Milch.

          „Allerdings sind sie verantwortlich für die genetische Vielfalt innerhalb einer Population.“

          Zustimmung.

          „Korrektur
          Allerdings sind sie veräntwortlich für die phänotypische Vielfalt innerhalb einer Population.“

          Für beides, da es ja zusammenhängt. Ohne Mutation keine genetische Vielfalt in der Population. Ohne genetische Vielfalt keine Möglichkeit viele Gene zu kombinieren.

      • @Christian

        „Aber dennoch kann durch zufällige Mutation und Selektion ein Gen optimiert für die eigene Weitergabe sein.“

        Das optimierte Gen führt zur Weitergabe des halbierten Genoms. Das einzelne Gen ist nutzlos. Daher ist Egoismus nicht anwendbar.

        „Mit Zielen und `Vermenschlichungen können wir schneller denken als mit Zufälligen Mutationen.“

        Aber in diesem Fall werden falsche Assoziationen evoziert, weil Egoismus grundsätzlich auf den Vorteil des Einzelnen abzielt. Wenn man denn unbedingt auf Vermenschlichungen zurückgreifen will, wäre Teamwork das richtige Bild. Das beste Team gewinnt, nicht der beste Spieler.

        „Klar, aber „eine Synapse sendet einen Impuls“ läßt auch keinen Spielraum für metaphorischen Egoismus. Du kannst den Menschen natürlich auch runterbrechen auf seine Verschaltung.“

        Sehe ich auch so. Grundsätzlich sollte man physiologische und psychologische Mechanismen nicht zusammenwürfeln und daraus bunte Metaphern basteln. Die Funktionsweise des biologischen Organismus ist zu trennen von seinem Bewusstsein.

  8. Ein unmissverständliches Indiz für die Machterhaltung der Männer ist unter anderem, die Beweisführung mittels Statusdenken. Da wird obendrein auch noch behauptet, dass in der Steinzeit der Status genauso wichtig war wie heutzutage. Das ist gelinde gesagt Blödsinn.

    1. Einerseits gab es in der Steinzeit keinen Kapitalismus, der heute Status symbolisiert. Andererseits ist Reichtum kein Indiz für gute Gene. Ansonsten würden sich ja evolutionär bedingte Entwicklungen nur bei den Reichen bemerkbar machen und folglich müssten Arme längst ausgestorben sein. Die Tatsache, dass es wesentlich mehr Arme als Reiche gibt, widerlegt das kapitalistische Statusdenken zweifellos.

    2. Hätten sich die Männer in der Steinzeit so wie die von heute genauso egoistisch verhalten, dann gäbe es uns heute nicht. Da es uns aber gibt, wow welche Erkenntnis, muss es zwangsläufig anders gewesen sein. Zumal das Einzige was wir heute über die Steinzeit wissen, aus Ausgrabungen resultiert und die liefern keine Informationen über das zwischenmenschliche Miteinander aus dieser Zeit. Allerdings kann davon ausgegangen werden, dass die damalige Überlebensstrategie ein Gleichberechtigtes miteinander war, weil es für alle Beteiligten das Überleben leichter machte.

    Das egoistische Statusdenken von heute, wäre damals der sichere Untergang der noch kleinen Gemeinschaften gewesen. Und dass es damals eine vor Heldentum triefende höhere Bereitschaft zum Risiko gegeben haben soll, zum Zwecke der besseren Verbreitung der Gene, dafür fehlen jegliche wissenschaftlich fundierte Beweise und ist folglich nur reines Projizieren heutigen Denkens in die damalige Zeit.

    Dass lässt sich auch leicht anhand der noch existierenden matrilinearen Kulturen nachvollziehen. Dort gibt es weder Statusdenken noch Macht- und Besitzdenken, folglich brauchen Männer Fähigkeiten, um von den Frauen gewählt zu werden, und keine materiellen Dinge wie bspw. volle Bankkonten und Luxuslimousine. Riesige Villen und Hochseejachten etc.

    3. Ein weiterer gern genannter Beweis, dass die männlich dominierte Kultur überlegen sei, ist, dass die sich über die ganze Welt verbreiten konnte. Dass das aber nur durch brutale Gewalt möglich wurde, wird genauso generös vergessen, wie die Tatsache, dass Gewalt in den männlich dominierten Gesellschaften zum Alltag gehört. Gewalt hat viele Gesichter, dass der Täter ist, zu 98% männlich. Und diese Gewalt lässt sich mit absolut nichts rechtfertigen.

    Dass Männer die Evolution ihrer Denkweise unterwerfen wollen, anstatt zu erkennen, dass der Mensch ein Produkt derselbigen ist, verdeutlicht zweifellos ihren Größenwahn, der unter anderem auch verhindert, dass gesellschaftliche Rahmenbedingungen auch eine veränderte Umwelt bedeutet, an der sich genauso angepasst werden muss wie durch bspw. Veränderungen durch Naturkatastrophen.

    Aber wenn die Herren der Schöpfung keine dominanten Rollen mehr spielen können, kriegen sie das große Jammern. In der Steinzeit hätten sie nicht die winzigste Überlebens-Chance. 🙂

    • Lucia

      „Und dass es damals eine vor Heldentum triefende höhere Bereitschaft zum Risiko gegeben haben soll, zum Zwecke der besseren Verbreitung der Gene, dafür fehlen jegliche wissenschaftlich fundierte Beweise und ist folglich nur reines Projizieren heutigen Denkens in die damalige Zeit.“

      Es fehlen auch wissenschaftliche Beweise, dass vor dem Einbruch des Patriarchats (v. 6000 J.) die Menschen matriarchal organisiert lebten, obwohl bis heute die Mutter-Kind-Beziehung (sogar noch im Patriarchat!) die primäre „Gemeinschafts-Bildung“ ist. Wenn matriarchal – wie ich annehme – mutter-kind-zentriert bedeutet, dann lebten schon damals die Menschen matriarchal – und heute unter dem „Mantel“ des Patriarchats auch!

      Der Begriff „Matriarchat“ wird gemieden, weil er bei oberflächlicher Beschäftigung mit diesem Thema als Gegenüberstellung des „Patriarchats“ Frauen-Herrschaft assoziiert. Dass es nicht so ist, soll einer erst beweisen. Herrschaft ist dem Patriarchat inherent. Im Griechischen bedeutet das Wort arche sowohl Herrschaft wie auch Anfang. Am Anfang des Lebens gibt es Liebe, Fruchtbarkeit und die Mutter – wie H. Göttner-Abendroth, C. von Werlhof u. a. aufzeigen – und nicht die Herrschaft oder einen Vatergott.

      Die Agrarwissenschaftlerin, Kirsten Armbruster beginnt ihr Buch „Das Muttertabu oder Beginn von Religion“ mit den Worten: „Es ist an der Zeit, dass Frau und Mann wieder in Partnerschaft leben. Dazu müssen wir unsere Geschichte kennen, denn die Ursozialisationsform des Menschen war Hunderttausende von Jahren eine partnerschaftliche. Erst vor 6000 Jahren fiel der Mensch in die zerstörerischen Tiefen des Patriarchats: in die Herrschaft der Väter.“ K. Armbruster vertritt die Meinung, dass vordergründlich das geschlechtsspezifische Ungleichgewicht verändert werden muss, damit das System der Ausbeutung verlassen werden kann. Wenn Frauen und Männer ihre Ebenbürtigkeit nicht anerkennen, wird es keinen Ausstieg aus dem Patriarchat geben.

      Wie verortest Du Lucia den Begriff „Herrschaft“?

      • Staro

        Heide Göttner-Abendroht ist Philosophin und Matriarchatsforscherin

        http://www.goettner-abendroth.de/hga/de/index.php

        und arbeitet m.E. wissenschaftlich korrekt, weil sie wie andere Wissenschaftlerinnen erkannt hat, dass eine Verfälschung der Historie kontraproduktiv ist, das haben männliche Wissenschaftler gemacht, um die männliche Dominanz zu rechtfertigen.

        So weit ich es beurteilen kann, wird die Existenz von Matriarchaten auf ca. 25.000 Jahre datiert. Also um ein Vielfaches länger als es die ca. 6.000 Jahre alte Existenz des Patriarchats ist.

        http://matriarchat.info/

        Herrschaft ist für mich immer dann gegeben, wenn Menschen über andere Menschen bestimmen können. Seien es Männer, Frauen oder Institutionen, alles, widerspricht zwar den Menschenrechten, aber die interessieren die Mächtigen ja sowieso nicht.

        • @lucia

          „und arbeitet m.E. wissenschaftlich korrekt“

          Nein.

          „So weit ich es beurteilen kann, wird die Existenz von Matriarchaten auf ca. 25.000 Jahre datiert. Also um ein Vielfaches länger als es die ca. 6.000 Jahre alte Existenz des Patriarchats ist.“

          25.000 Jahre? Was ist denn mit der Zeit davor? Der moderne Mensch ist ja zumindest 200.000 Jahre alt.

      • @ Lucia

        *So weit ich es beurteilen kann, wird die Existenz von Matriarchaten auf ca. 25.000 Jahre datiert. Also um ein Vielfaches länger als es die ca. 6.000 Jahre alte Existenz des Patriarchats ist.*

        Aha.

        And where is the beef?

        Du wirst sicher die empirische Evidenz aufführen können, die dafür spricht, dass es vor 25 000 Jahren Matriarchate gab.

        Lass mal hören.

      • Lucia

        Hannelore Vonier, die Du zu Wort kommen lässt, definiert Matriarchat „weder als Frauenherrschaft, noch als eine Kultur oder Gesellschaft in deren Mittelpunkt Frauen oder Mütter stehen. So etwas gab und gibt es nur im Patriarchat“.

        Ich begreife die Mutter-Rolle schon als zentral. Ich stelle nicht die Mutter als Person in den Mittelpunkt, sondern sehe die Beziehung der Mutter zum Kind als primär prägend. – Eine Gesellschaft, in der die Mutter lediglich als Trägerin der Kinder des (göttlichen) Mannes geduldet wird, hat meiner Meinung nach keine Zukunft. Sie ist zum Zerfall verdammt

        In der patriarchalischen Gesellschaft, wo von „Gleichberechtigung“ zwischen Mann und Frau oft die Rede ist und nicht selten lediglich rücksichtslos nach oben gekrabbelt wird, nehme ich vor allem mit Schmerz und Wut erfolgreiche Frauen war (nichts gegen Frauen und Erfolg, nein!), die auch mal Männer übertreffen und sich auch zu Mitkomplizen des verbrecherischen Systems machen. Basteln an Symptomen ist niemandem verboten, will er oder sie aber eine Wendung im Patriarchat hinkriegen, muss es zu den Wurzeln hin!

      • @christian

        >blockquote>„und arbeitet m.E. wissenschaftlich korrekt“

        Nein.
        Nein?
        Ein bisschen dürftig, gell.

        Aber zu mehr bist du als Nichtwissenschaftler ja auch nicht fähig, was du ja außerdem tagtäglich beweist. Eigentlich erstaunlich, dass du so viel Zeit für den abgekupferten Müll verschwendest, du bist wohl arbeitslos, wa?

        • @lucia

          „Ein bisschen dürftig, gell.“

          Was soll man dazu noch mehr sagen? Die Matriarchatsforschung ist weit von aller Wissenschaftlichkeit entfernt.

          Weswegen du auch nicht in der Lage sein wirst ihre tatsächlichen Argumente für die Behauptungen darzulegen. Es ist eben hauptsächlich spirituelles Wunschdenken.

          Wir hatten das hier ja alles schon einmal, aber ich zitiere es dir gerne noch mal:

          http://de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_von_Matriarchatstheorien#.C3.9Cberblick

          Während in allen einschlägigen Fachwissenschaften der Rückgriff auf den Matriarchatsbegriff als ungeeignet für die Erforschung historischer und gegenwärtiger sozialer Systeme und der ihnen innewohnenden Macht- und Geschlechterverhältnisse abgelehnt wird[8],[9] erfolgt seit Ende der 1970er Jahre eine Aneignung durch Vertreter der essentialistischen Zweige des Second-wave Feminismus.
          Es ist weitgehender Forschungskonsens, dass „sich das Matriarchat als Mutterherrschaft spiegelbildlich zum Patriarchat historisch nicht nachweisen läßt“.[10] Im universitären Wissenschaftsbetrieb werden zahlreiche Hypothesen und Methoden insbesondere von Klassikern der Matriarchatsforschung abgelehnt,[11] wie beispielsweise eine historische Spekulation auf der alleinigen Basis der Interpretationen von Mythen. Ebenso umstritten ist die Anwendung von ethnologischen und anthropologischen Daten auf die Auswertung archäologischer Funde und vergleichende Annahmen von heute existierenden Ethnien mit prähistorischen Kulturen, ein Vorgehen des kulturellen Evolutionismus des 19. Jahrhunderts. Das Wörterbuch Geschichte vermerkt zum Stichwort Matriarchat lakonisch: „Die Bez[eichnung] ist irreführend und die Auffassung, das M[atriarchat] sei ein Durchgangsstadium in der Menschheitsentwicklung, wissenschaftlich unhaltbar

    • @lucia

      „1. Einerseits gab es in der Steinzeit keinen Kapitalismus, der heute Status symbolisiert.“

      Primaten wie Schimpansen oder Bonobos sind keine Kapitalisten. Deswegen ist ihnen eine Hierarchie und ein Statusbegriff vollkommen fremd.

      „Andererseits ist Reichtum kein Indiz für gute Gene.“

      Zugang zu Ressourcen wird in der Tat <a href="„>nirgendwo im Tierreich als Costly Signal in die Partnerwahl mit einbezogen.

      „Ansonsten würden sich ja evolutionär bedingte Entwicklungen nur bei den Reichen bemerkbar machen und folglich müssten Arme längst ausgestorben sein.“

      Der Gedanke ist eher dieser, und er zieht gerade unter steinzeitlichen Bedingungen: Wer Ressourcen erlangen oder halten kann, der muss die Eigenschaften haben sie zu verteidigen. Dass das heute nicht mehr der Fall ist, hat damit nichts zu tun

      „Die Tatsache, dass es wesentlich mehr Arme als Reiche gibt, widerlegt das kapitalistische Statusdenken zweifellos.“

      Gerade dann hat es ja seine Funktion: Ohne Arme könnte man mit mehr Ressourcen ja nicht seine Wertigkeit anzeigen. Reichtum ist immer relativ.

      „2. Hätten sich die Männer in der Steinzeit so wie die von heute genauso egoistisch verhalten, dann gäbe es uns heute nicht.“

      Warum nicht? Primaten haben alle Status und Hierarchiekonzepte und leben bis heute. Außerdem ist der Mensch auch heute noch erstaunlich unegoistisch. Wir nehmen es nur nicht mehr wahr, weil wir einen unpersönlichen Überbau installiert haben: Steuern sind großzügig, Sozialsysteme sind großzügig etc.

      „Zumal das Einzige was wir heute über die Steinzeit wissen, aus Ausgrabungen resultiert“

      Nein, wir haben auch noch uns. Der Körper sagt einiges über unsere Entwicklung, insbesondere in Abgleich mit anderen Lebewesen. Bei uns findet man deutliche Hinweise auf intrasexuelle Konkurrenz, gerade bei Männern.

      „Allerdings kann davon ausgegangen werden, dass die damalige Überlebensstrategie ein Gleichberechtigtes miteinander war, weil es für alle Beteiligten das Überleben leichter machte.“

      Es spricht eher vieles dafür, dass wir innerhalb unseres Stammes kooperativ waren, ansonsten eher kooperativ, wenn der andere auch kooperativ war und unkooperativität nicht mehr brachte. Machen Schimpansen beispielsweise auch so. Und man findet es auch in vielen urzeitlichen Kulturen

      „Das egoistische Statusdenken von heute, wäre damals der sichere Untergang der noch kleinen Gemeinschaften gewesen.“

      Warum?

      „Und dass es damals eine vor Heldentum triefende höhere Bereitschaft zum Risiko gegeben haben soll, zum Zwecke der besseren Verbreitung der Gene, dafür fehlen jegliche wissenschaftlich fundierte Beweise und ist folglich nur reines Projizieren heutigen Denkens in die damalige Zeit.“

      Warum meinst du, dass der Mensch so anders war? In vielen alten Kulturen gab es Helden, Menschen die Risiken für Ruhm eingegangen sind. Gibt es auch bei Tieren. Fortpfanzungschancenverbesserung gegen Risiko ist bei Männchen stark verbreitet. Auch bei unseren nächsten Verwandten. Schimpansen kämpfen viel um Ressourcen, Weibchen etc.

      „Dass lässt sich auch leicht anhand der noch existierenden matrilinearen Kulturen nachvollziehen.“

      Wenn man nachweisen könnte, dass die damals so weit verbreitet waren. Das ist aber eher Wunschdenken. Jared Diamond hat ja anschaulich dargelegt, warum und wie sich Kulturen entwickeln. Das Freistellenkönnen von Soldaten aufgrund verbesserter Nahrungsmittelproduktion war da ein Punkt.

      „Dort gibt es weder Statusdenken noch Macht- und Besitzdenken, folglich brauchen Männer Fähigkeiten, um von den Frauen gewählt zu werden, und keine materiellen Dinge wie bspw. volle Bankkonten und Luxuslimousine. Riesige Villen und Hochseejachten etc.“

      Deswegen sind sie vor allem technisch nicht so weit entwickelt und sterben aus bzw. sind bereits ausgestorben.

      „3. Ein weiterer gern genannter Beweis, dass die männlich dominierte Kultur überlegen sei, ist, dass die sich über die ganze Welt verbreiten konnte. Dass das aber nur durch brutale Gewalt möglich wurde, wird genauso generös vergessen,“

      Ach ja, der Mythos der friedlichen Frau.
      Du vergisst auch, dass Fortschritt teilweise erst Gewalt ermöglicht hat. Und das genug Frauen lieber im Fortschritt leben wollen und nichts dagegen hatten, wenn über männliche Soldaten andere Völker unterworfen werden. Die Griechinnen nicht, die Römmerinnen nicht, die Ägypterinnen nicht und die Wikingerfrauen nicht etc.

      „wie die Tatsache, dass Gewalt in den männlich dominierten Gesellschaften zum Alltag gehört. Gewalt hat viele Gesichter, dass der Täter ist, zu 98% männlich. Und diese Gewalt lässt sich mit absolut nichts rechtfertigen.“

      Anscheinend für viele Frauen schon: Es bringt Luxus. Und Gewinner sind sexy. Der reiche Plnatagenbesitzer mit Sklaven ist attraktiver als der arme, der sich keine leisten kann, der ausbeuterische Westen attraktiver als der karge Osten.

      „In der Steinzeit hätten sie nicht die winzigste Überlebens-Chance.“

      Warum? Da war es doch so friedlich mit lauter Matriarchaten?

      • Christian

        „.. Da war es doch so friedlich mit lauter Matriarchaten?“

        Es gab noch keine Kapitalisten, Feudalherren, Katholiken oder ähnliches!

      • @Lucia
        Gerade in der Steinzeit gibt es wunderbar viele, archäologische Funde, die darauf schließen lassen, dass Menschen ihre Hierarchie durch Statussymoble wie seltene Muscheln, Gold oder Mineralien ausdrücken wollten.
        Übrigens nicht nur beim weißen Mannrassisten und Maskulinistenkacker in Europa, sondern auch auf anderen Kontinenten.

        Die gegenteilige Behauptung ist mal wieder völlig ahnungsloses Gerede.

      • Btw.: Dass dieses Argument gerade von dir, Lucia, stammt, die jeden Mann im Grunde als völlig entmenschlichte und lebensunwerte Ressourcenquelle sieht, setzt dem Ganzen dann noch die Krone auf.

        PS: Hat die ewige Abwesenheit mal wieder nicht so lange gehalten, hm? Wie immer stehst du am nächsten Tag wieder da.

      • Es gab noch keine Kapitalisten, Feudalherren, Katholiken oder ähnliches!

        Dass es keine Kapitalisten, Feudalherren und Katholiken gab ist klar. „oder Ähnliches“ eine beliebig aufstellbare Behauptung,
        was natürlich ein willkommenes Feld für Utopisten bietet..

        Haselnuss hat Recht: Die Gräberfunde sprechen eine klare Sprache.

        Matriarchatsutopistinnen sollten sich also auf die Zeit verlegen, als Homoide ihre Toten noch nicht bestatteten.

        Einzeller kennen auch keinen Katholizismus 😉

    • “ Andererseits ist Reichtum kein Indiz für gute Gene“

      Das nicht, aber in Nordkorea sind die Menschen deutlich kleiner als sie eigentlich sein müssten aufgrund des ständigen Mangels.

      • Das heisst: Wer reich ist, macht gesündere Kinder, weil er sich Nahrung leisten kann.

        Das überträgt sich dann weiter.

        Wer gute Gene hat, dessen Vorfahren waren „reich“ in dem Sinne.

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