Der Spiegel berichtet über eine Theorie, nach der der lange Hals der Giraffe auch etwas mit sexueller Selektion zu tun haben könnte:
Doch möglicherweise müssen die Biologiebücher bald ergänzt werden. Nach einer neuen Studie geht der extrem lange Hals der Giraffen womöglich auf das rabiate Kampfverhalten der Tiere zurück. Das schließt ein internationales Forscherteam aus der Untersuchung fossiler Überreste einer Urgiraffe.
Diese Tiere schlugen bei Kämpfen wohl ihre Köpfe gegeneinander und entwickelten in der Folge eine schützende Haube auf dem Kopf und äußerst robuste Halswirbel, wie die Wissenschaftler im Fachmagazin »Science« berichten. Auf ähnliche Weise könnten auch die extrem langen Hälse heutiger Giraffen entstanden sein. Diese schlagen zwar nicht ihre Köpfe gegeneinander, wohl aber ihre beeindruckend langen und muskulösen Hälse.
»Die gängige Vorstellung, dass sich die langen Hälse im Verlauf der Evolution nur entwickelten, weil die Tiere damit Blätter im oberen Bereich der Bäume erreichten, greift womöglich zu kurz«, erläutert Co-Autorin Manuela Aiglstorfer vom Naturhistorischen Museum Mainz und der Landessammlung für Naturkunde Rheinland-Pfalz. »Womöglich ist das nur ein Nebeneffekt und die Kampfstrategie der vorrangige Grund für die Entwicklung des langen Halses.«
Giraffen sind evolutionär hoch interessant. Nicht nur wegen Lamarck und dem Lamarckismus, bei dem sie ein Standardbeispiel sind, sondern weil ihr Körperbau besonders ist und eine Vielzahl von Anpassungen notwendig machte.
So haben Giraffen ein für ihren Körper enorm großes Herz, weil es eben das Blut bis in den Kopf hinaus pumpen muss und dazu noch besondere Klappen in den Blutgefäßen, die verhindern, dass ihnen der Kopf platzt, wenn sie den Kopf zB zum Wassertrinken absinken und dann der hohe Blutdruck nicht mehr gegen die Gravitation kämpfen muss. Sie haben zudem einen enorm langen „rückläufigen Kehlkopfnerv“ einen Nerv, der bei Fischen noch einen recht geraden Weg hatte, aber dann durch die Evolution des Halses und seine Lage einmal einen sehr langen Weg nach unten machen muss um dann auf der anderen Seite wieder den gleichen Weg nach oben zu machen, weil die Evolution eben nicht gerade mal eben etwas neu vernetzen kann, sondern stets im „laufenden Betrieb“ umbauen muss, was ein guter Beleg dafür ist, dass es da keinen intelligenten Schöpfer gab.
Ich empfehle dazu (auch insgesamt, nicht nur zur Giraffe) die Serie „Inside natures Giants„, hier die Giraffenfolge.
Aber genug der Abschweifung,. Hier geht es darum, dass man meint einen besonderen Vorfahren der Giraffen gefunden zu haben, der ebenfalls sehr stabile Halsknochen aufwies, aber bei einem kürzeren Hals und damit dafür sprechen könnte, dass der Hals durch sexuelle Selektion entstanden ist
Structured Abstract
INTRODUCTION
Extreme evolution of animal organs, such as elongation of the giraffe’s neck, has been the focus of intensive research for many decades. Here, we describe a fossil giraffoid, Discokeryx xiezhi, from the early Miocene (~16.9 million years ago) of northern China. This previously unknown species has a thick-boned cranium with a large disklike headgear, a series of cervical vertebrae with extremely thickened centra, and the most complicated head-neck joints in mammals known to date. The peculiar head-neck morphology was most probably adapted for a fierce intermale head-butting behavior, comparable to neck-blowing in male giraffes but indicative of an extreme adaptation in a different direction within giraffoids. This newly identified giraffoid increases our understanding the actual triggers for the giraffe’s head-neck evolution.
RATIONALE
The comparative anatomical studies of osteological structures, including the bony labyrinth morphology, the headgear genesis and histology, and dentitions, provide the basis for the giraffoid affinity of D. xiezhi, which was further supported by phylogenetic analyses and reconstructions of the fauna. Finite element analyses explain the mechanical predominance for the peculiar head-neck morphology in various head-butting modeling. Tooth enamel isotope analyses indicate the distinctiveness of the ecological niche occupied by D. xiezhi. Diversity of headgear within different pecoran groups reveals the different evolutionary selection pressure on these groups.
RESULTS
Finite element analysis reveals that the enlarged atlanto-occipitalis and intercervical articulations are essential for high-speed head-to-head butting. D. xiezhi appears to exhibit the most optimized head-butting adaptation in vertebrate evolution when compared with the models of extant head-butters. Tooth enamel isotope data show that D. xiezhi had the second highest average δ13C value among all herbivores and a large range of δ18O values, with some individuals occupying an isotopic niche differing substantially from others in the fossil community. This indicates that D. xiezhi was an open-land grazer with multiple sources of water intake, and their habitats likely included areas that were difficult for other contemporary herbivores to make use of.
CONCLUSION
The morphology and inferred ecology of D. xiezhi provide another example for understanding the neck evolution in giraffoids. Fossil giraffoids exhibit a higher degree of diversity in headgear morphology than any other pecoran group; such a diversity, associated with the complex head-neck morphology, likely indicates the intensive sexual combats between males in the evolution of giraffoids. For interspecific relationship, one possible strategy of early giraffoids is that they might have avoided competition with coeval bovids and cervids by taking advantage of other niches in the ecosystem. Giraffa,with its long neck, did not appear until the early Pliocene in savannah areas, when C4 ecosystems started being vastly established. “Necking” combat was likely the primary driving force for giraffes that have evolved a long neck, and high-level browsing was likely a compatible benefit of this evolution. The ecological positioning on the marginal niches promoted the intensive sexual competition, and the fierce sexual combats fostered extreme morphologies to occupy the special niches in giraffoids.
Was nun genau die treibende Kraft war ist im nachhinein bei Evolution immer schwer zu überprüfen.
Ich kann mir aber vorstellen, dass beides sich wunderbar ergänzt.
Zum einen kommt man mit dem langen Hals an höhere Zweige.
Zum anderen kann sich ein besonders langer Hals beim Kämpfen lohnen.
Aber: Die Verstärkungen und Verlängerungen zum kämpfen können eben einen guten Zusatzantrieb gegeben haben, den das einfache Erreichen eines etwas höheren Asts alleine vielleicht nicht gegeben hat. Wenn durch eine einfache kleinere Verlängerung des Halses die jeweilige Giraffe keinen so großen Vorteil hatte, dann konnte die sexuelle Selektion bzw der Vorteil innerhalb der intrasexuellen Konkurrenz dennoch die Verlängerung vorteilhaft sein lassen und die dann ohne reinen Futtervorteil länger gewordenen Hälse konnten dann wieder einen Futtervorteil darstellen, weil es eben nicht um einen cm mehr ging, sondern dann vielleicht schon wieder um 10 cm. Zu bedenken ist, dass jede Verlängerung des Halses nicht einfach nur bedeutete, dass sich ein oder mehrere Halswirbel verlängern, das Herz musste angepasst werden, andere Veränderungen/Absicherungen gegen den gestiegenen Bluthochdruck mussten umgesetzt werden und der längere Hals musste auch verstärkt werden, damit man mit ihm noch effektiv kämpfen konnte.
Insofern sehe ich gute Chancen, dass sich beide Aspekte wunderbar ergänzt haben. Dafür spricht aus meiner Sicht auch, dass es nicht zu einem deutlichen Unterschied zwischen Männchen und Weibchen gekommen ist, denn wenn der Hals nur einen Kampfvorteil gegeben hätte, dann hätte es sich angeboten, dass nur die Männer die Zusatzkosten eines langen Halses tragen, die Frauenhälse aber deutlich kürzer bleibem.