Wilde Kerle, weiches Wasser (Ein Gastbeitrag zur Festschrift zum zehnjährigen Bestehen des Blogs „Alles Evolution“)

Ich freue mich, dass auch Lucas Schoppe einen Gastbeitrag für Alles Evolution geschrieben hat (der Artikel erscheint parallel auch bei Lucas im Blog)

Wilde Kerle, weiches Wasser

Ein Beitrag zur Festschrift zum zehnjährigen Bestehen des Blogs „Alles Evolution“

Sex und Macht. Und Feminismus?

Ich fange meinen Beitrag zur Festschrift zum zehnjährigen Bestehen des Blogs Alles Evolution mit einem Soziologie-Podcast an, verspreche aber, dass ich nicht komplett abschweife bald auch zum Blog kommen werde.
Der Soziopod, der seit Jahren als Gespräch zwischen dem Mainzer Erziehungswissenschaftler Nils Köbel und dem Medienberater Patrick Breitenbach geführt wird, ist so erfolgreich, dass es mittlerweile ein eigenes Buch, Live-Auftritte und Radioversionen für Radio Bremen davon gibt. Ich habe mir vor einer Weile eine der meistgehörten Folgen angehört, die sich unter dem Titel „Sex, Macht und Wahnsinn“ mit dem französischen Philosophen und Soziologen Michel Foucault beschäftigt. 
Obwohl es hier aber um Sex und Macht geht, spielen feministische Positionen 136 Minuten lang fast keine Rolle. Köbel und Breitenbach erwähnen Judith Butler ab und zu, ohne ernsthaft auf sie einzugehen, und etwa ab Minute 113 geht es für eine kurze Zeit um ein zentrales Thema heutiger Genderpolitiken, nämlich die Transsexualität.

Kritik an gegenwärtigen Genderpolitiken können sich Köbel und Breitenbach in dieser kurzen Passage lediglich dadurch erklären, dass Menschen, die klare Vorstellungen von Männlichkeit und Weiblichkeit hätten, sich dadurch existentiell bedroht fühlen würden. Kurz darauf wechseln sie das Thema schon wieder.
Das ist hier nur deswegen interessant, weil es, wie ich glaube, ein gutes Sinnbild für die Stellung feministischer und genderpolitischer Positionen in Politik und Sozialwissenschaften ist. Köbel und Breitenbach haben an solchen Positionen uneingestanden, aber unüberhörbar überhaupt kein ernsthaftes Interesse, und trotz ihrer stundenlangen Auseinandersetzung mit Sex und Macht ziehen sie feministische Positionen kaum heran.

Dort aber, wo sie das tun, tun sie es distanzlos und bestätigend.

Das ist wichtig, weil diese Mischung aus Desinteresse und Unkenntnis auf der einen und kritikloser Zustimmung auf der anderen Seite nach meiner Erfahrung durchaus verbreitet ist, auch unter Wissenschaftlern. Einfach formuliert: Während feministische Positionen wissenschaftlich nicht ernst genommen werden, werden sie moralisch fraglos akzeptiert.
Das ist hier deswegen wichtig, weil Christian das in seinem Blog ganz genau umgekehrt macht. Er nimmt feministische Positionen als wissenschaftliche Positionen ernst, setzt sich mit ihnen intensiv auseinander und verlangt von ihnen entsprechend Belege, Kenntnisnahme einschlägiger Studien und Kohärenz – aber er akzeptiert keine moralisch gefütterte feministische Leitkultur in Geschlechterdebatten.
Das ist ein möglicher Grund, warum die Debatten, die oft durchaus intensiv und polemisch, aber oft auch sehr kenntnisreich geführt werden, kaum einen Anschluss zu den etablierten akademischen Debatten finden. Das wiederum ist nicht allein ein Problem dieses Blogs, sondern auch der Diskusstrukturen in Universitäten, Parteien und Massenmedien.

Das Gedöns und seine Gönner

Simone de Beauvoirs epochemachende Schrift „Das andere Geschlecht“ aus dem Jahr 1949 ist ein Anfangsdatum für die Frauenbewegung in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts und danach. Eine politische Bewegung aber, die mittlerweile über 70 Jahre alt ist, die sich umfassend in Universitäten, staatlichen Institutionen und Parteien institutionalisiert hat und die voller ungelöster und scharfer innerer Widersprüche ist – eine solche Bewegung wäre normalerweise, auch bei größtem Wohlwollen, längst zum Gegenstand scharfer, ätzender Kritik in der Öffentlichkeit und in den politischen und wissenschaftlichen Institutionen geworden.

Warum ist das beim Feminismus ausgeblieben? Warum hat sich eine seltsame Melange aus Desinteresse und Kritiklosigkeit etabliert, und dies ausgerechnet in Milieus, die – wie die Parteien oder die soziologischen und politikwissenschaftlichen Institute – von der kritischen Auseinandersetzung leben?

Ein Grund für das traditionelle Desinteresse ist nach meiner Einschätzung, dass insgeheim viele Männer und auch eine ganze Reihe von Frauen Themen nicht recht ernst nehmen, die als typische Frauenthemen erscheinen. „Gedöns“ nannte das einmal ein Kanzler.

Ich kannte in meinem eigenen Germanistik-Studium linke, aufgeklärte Kommilitonen, die über jeden die Nase rümpften, der irgendein entlegenes Gedicht von Brecht nicht kannte – die aber völlig selbstverständlich niemals einen Text von Ingeborg Bachmann oder Marie von Ebner-Eschenbach gelesen hatten. Über eine feministische Professorin, bei der ich wirklich viel gelernt habe, erzählte eine Mitstudentin, dass sie ja leider in ihrem Horizont sehr auf Frauenthemen begrenzt wäre. Das stimmte nicht, passte aber ins Klischee.

Wer mit einem solchen Desinteresse gegenüber feministischen, frauenpolitischen oder auch schlicht geschlechterpolitischen Themen lebt, wer sich deshalb dann eben auch niemals ernsthaft mit feministischen Theorien auseinandersetzt – der lebt dann am sichersten, wenn er diesen Thesen zur Not unkritisch zustimmt und gar nicht erst riskiert, als Frauenfeind oder Masku dazustehen.

Das bedeutet denn auch, dass viele – aber zugestanden: nicht alle – Männer, die im Blog Alles Evolution mitdiskutieren, ein sehr viel egalitäreres Verhältnis zu Frauen haben, als solch ein männlicher Feminist es hat.
Frauen sind für Männer im egalitären Verständnis Mitspielerinnen, vielleicht ab und zu auch Gegenspielerinnen in einem gemeinsamen Spiel, das gemeinsame Regeln braucht.

Für den idealtypischen Feministen hingegen ist dieses Spiel ein Männerspiel, und Frauen müssen vor seinen Konsequenzen geschützt werden: eine Haltung, die ihre Gönnerhaftigkeit nie ganz verdecken kann.
Diese unkritische Haltung gegenüber feministischen Positionen verträgt sich also sehr gut mit einem uneingestandenen Desinteresse an ihnen. Möglicherweise gibt es neben diesem Desinteresse aber noch einen anderen Grund, warum solche Position über relativ enge Zirkel heraus kaum eine Rolle spielen.

Wer immer schon die Wahrheit kennt, der forscht nicht mehr

Viele soziologische Klassiker liefern sehr gute Orientierungen für empirische Forschungen. Pierre Bourdieu beispielweise sieht Menschen weder als reine Produkte sozialer Strukturen noch als ganz freie Akteure, denen jederzeit alle Handlungsmöglichkeiten offenstehen. Er beschreibt, mit seinem zentralen Begriff des „Habitus“, Menschen zwischen beidem, als Akteure, die von gesellschaftlichen Strukturen bestimmt werden und die zugleich Möglichkeiten haben, etwas daraus und aus sich selbst zu machen.
Ganz anders Niklas Luhmann, der Gesellschaft als System verschiedener Subsysteme beschreibt, die jeweils auf sich selbst bezogen („autopoietisch“) sind und ihrer eigenen Logik folgen. Wie enorm fruchtbar Luhmann für eine Analyse von Geschlechterzuschreibungen sein kann, hat Christoph Kucklick in seinem wichtigen, aber in den Gender Studies weitgehend ignorierten Werk „Das unmoralische Geschlecht“ gezeigt.

https://man-
tau.com/2015/01/26/warum-mannerfeindschaft-modern-ist/
https://geschlechterallerlei.wordpress.com/2015/01/20/warum-die-moderne-gesellschaft-niemals-ein-patriarchat-
gewesen-ist/

Norbert Elias und Michel Foucault haben sich, trotz ganz unterschiedlicher wissenschaftlicher Temperamente, unter anderem mit einem vergleichbaren Phänomen beschäftigt, nämlich mit dem, was Elias „Selbstzwang“ nennt: mit der Verinnerlichung sozialer Strukturen in unser Selbstbild und Verhalten.
Bei Elias aber vergrößert der Selbstzwang die Handlungsmöglichkeiten, ist Grundlage für eine „Verlängerung der Handlungsketten“, die beispielsweise den internationalen Handel oder das Agieren in einer Massengesellschaft überhaupt erst möglich machen. Bei Foucault hingegen werden dadurch äußere Machtstrukturen in das Innere der Menschen hereingezogen, so dass der Prozess der Zivilisation, den Elias deutlich positiv bewertet, als trügerisch und täuschend erscheint.
Es ist nicht nötig zu entscheiden, wer von beiden Recht hat – beide können sehr hilfreich sein für eine soziologische Forschung, die auch historische Veränderungsprozesse beschreibt.

Ein Beispiel: Väterrechtler empören sich mit gutem Grund darüber, dass Väter zwar weiterhin rechtlich benachteiligt und nach Trennungen vom Wohlwollen der Mütter abhängig sind, wenn sie ihre Kinder sehen wollen – dass sie aber trotzdem, und eben gerade deshalb, arbeiten müssen, um Frau und Kinder zu finanzieren. Mit Foucault könnten wir, anstatt uns schlicht darüber zu empören, fragen, warum Väter eigentlich diese Verhältnisse weithin stützen und finanzieren.
Wie also ist eigentlich die gigantische Disziplinierungsleistung möglich, dass Zigtausende von Vätern Monat für Monat arbeiten, um ein System zu stützen und zu ermöglichen, an dem sie und ihre Kinder leiden? Welche institutionellen Bedingungen sind für eine solche Disziplinierungsleistung nötig? Von welchen kulturellen Werten, von welchen Klischees wird sie in den öffentlichen Diskursen orchestriert – und wie prägen diese Diskurse die Selbstbilder von Vätern?

Dies nur als Skizze – auch, um zu zeigen, dass soziologische Forschung keineswegs feministisch sein muss, schon gar nicht mit Foucault. Wichtig daran ist: Während Theorien von Bourdieu, Elias, Luhmann, Foucault und vielen anderen gut geeignet sind, mit ihnen empirische Forschung zu betreiben und tatsächlich Neues zu finden, ist das mit Judith Butler und ähnlich gelagerten Theorien sehr viel schwerer. Wer mit Butler arbeitet, landet eigentlich immer wieder nur bei Butler.
Die begrenzte Bedeutung feministischer Positionen in der Soziologie ist also zumindest zum Teil ein Resultat der uneingestandenen Erfahrung, dass aktuelle feministische Positionen bei der empirischen Forschung kaum nützlich sind. Forschungslogik nämlich ist, nach Peirce, abduktiv – sie konfrontiert konkrete Beobachtungen mit allgemeinen Theorien, sucht nach Vermittlungen zwischen beiden Ebenen und muss immer damit rechnen, die theoretischen Vorgaben ändern zu müssen.
Wer hingegen strikt deduktiv agiert, scannt die Wirklichkeit lediglich nach Bestätigungen des Immer-Schon-Gewussten.

Michael Kimmel („Angry White Men“) https://man-tau.com/2017/04/25/wut-weiss-mann-kimmel/ oder Robert/Raewyn Connell („Masculinities“) https://man-tau.com/2013/03/18/connells-ohrwurmer-feministische-stutzrader-und-die-ostfriesische-weltverschworung/ beispielsweise nutzen Interviews, die sie mit Männern geführt haben, lediglich als Illustrationen bestehender Thesen, ohne dass irgendwo deutlich würde, wie sie diese Interviews überhaupt geführt und ausgewertet haben.
Eine feministische Forschung, die wirklich Forschung wäre, müsste dagegen jederzeit bereit sein, die Phantasie einer „männlichen Herrschaft“ oder eines „male privilege“ oder einer „heterosexuellen Matrix“ aufzugeben – und das ist sie nicht.

Eben das ist ein zentraler Punkt in Christians Blog, und ein zentraler Vorwurf an feministische Forscherinnen.

Was dabei leicht übersehen wird: Eben dieser Vorwurf nimmt sie ALS FORSCHERINNEN überhaupt erst ernst – während der gönnerhafte Verzicht darauf, Feministinnen ihre eigenen Grundlagen in Frage stellen zu lassen, ihnen unterschwellig und unweigerlich abspricht, überhaupt Forschung zu betreiben.

Ein Wettrennen ins Absurde

Der Vorwurf ist also falsch, dass die ganze Soziologie – oder Pädagogik, oder Sprachwissenschaft – rundweg feministisch geprägt wäre. Vorzuwerfen ist Soziologen eher, dass sie feministische Positionen, wenn sie schon als Instrumente nur einen begrenzten Nutzen haben, nicht als Gegenstände ihrer Forschung begreifen Das ist
wohl eine Mischung aus Ignoranz und Feigheit: feministische Politik trotz ihrer flächendeckenden institutionellen Verankerung als Forschungsobjekt nicht ernst zu nehmen, aber auch keine Konflikte mit empörungsbereiten Feministinnen riskieren zu wollen.
Bourdieu liefert mit seinem Text „Die männliche Herrschaft“ selbst ein Beispiel dafür.
https://allesevolution.wordpress.com/2020/05/01/bloggeburtstag-10-jahre-alles-evolution/#comment-469712

Im Vergleich zum Detail- und Gedankenreichtum seines Werks „Die feinen Unterschiede“ ist der Text ein recht lieblos dahergeschlonzter Aufsatz, wie das gedankenlose Lüften eines Hutes zur Begrüßung. Bourdieu sichert sich damit gegen den Vorwurf ab, Geschlechterverhältnisse und feministische Forschung zu ignorieren, und produziert mit spürbar wenig Interesse einen Text, der Erwartungen bestätigt.
So aber wirken feministische Positionen im wissenschaftlichen Diskurs schon seit einer ganzen Weile weniger durch ihre Bedeutung für die Forschung als durch eine moralisch grundierte Distinktion. Wer von dort aus agiert, kann andere beurteilen, nämlich als „Frauenfeinde“, „Misogyne“, „Antifeministen“ oder auch positiv als „kluge Männer“ (Schwarzer) – ohne aber selbst umfassend von diesen anderen beurteilt zu werden, zumindest nicht im offenen Diskurs.

Distinktion durch überlegene Moralität aber produziert ganz besondere Widersprüche. Wer moralisch argumentiert, der ist dann erfolgreich, wenn er möglichst viele andere von der Gültigkeit seiner Position überzeugt. Wer sich aber von anderen unterscheiden will, kann mit solchen Verallgemeinerungen der eigenen Position nichts anfangen, weil diese Position sich ja eben gerade dadurch beglaubigt, dass sie sich vom Allgemeinen – sei es der „Pöbel“, sei es das „Patriarchat“ – unterscheidet.
Distinktion durch Moralität funktioniert als Distinktion also umso weniger, je erfolgreicher die aufgerufenen Moralvorstellungen vertreten werden. Je mehr diese allgemein akzeptiert werden, desto radikaler müssen sie dann variiert werden, um überhaupt noch für einen Distinktionsgewinn zu taugen.

Das erleben wir in Geschlechterdebatten seit Jahren. Wenn die Gleichberechtigung der Geschlechter längst allgemein akzeptiert ist, beschreiben feministisch inspirierte Politikerinnen oder Lobbyistinnen es als Problem, dass Frauen nicht in allen Spitzenpositionen gleichermaßen wie Männer vertreten sind – ganz unabhängig davon, ob sich überhaupt ausreichend viele Frauen um diese Positionen bemüht haben.

Wenn es dann Gleichstellungsprogramme gibt, um Frauen den Zugang zu diesen Positionen zu erleichtern, empören sich Aktivistinnen über einen umfassenden, aber sorgfältig diffus bleibenden männlichen „Alltagssexismus“ – veröffentlichen empört Fotos von Männern, die in Bussen und U-Bahnen sitzen und ihre Knie nicht geschlossen halten („manspreading“) – oder sie machen „alte weiße Männer“, womit angeblich keine alten weißen Männer gemeint sind, für Rassismus und Klimawandel verantwortlich – oder sie beschreien es als „Transfeindlichkeit“, wenn jemand davon ausgeht, dass es grundsätzlich zwei Geschlechter gibt – oder sie erwarten, dass Wörter durchgehend mit Gendersternchen ergänzt werden.

Distinktion durch Moralität begründet so nicht unbedingt einen „race to the bottom“,
https://de.wikipedia.org/wiki/Race_to_the_bottom , aber ein „race to the absurd“: Es kommt ja gerade darauf an, Positionen zu beziehen, die eben nicht von allen geteilt werden können, die dann aber für alle gelten sollen.

Damit haben Männer gute Gründe, die Auseinandersetzung mit dem Feminismus zu scheuen, und zugleich ist es auch eine Falle für ein Blog wie Alle Evolution: Wer jeweils die neuesten Manöver einer moralisch grundierten Distinktion nachvollzieht und sich argumentativ mit ihnen auseinandersetzt, ist beständig in Gefahr, sich in absurden Verzweigungen zu verlieren und nach außen hin lächerlich oder gar zwanghaft zu wirken.

Entlarvungsrituale als Berufsplanung

Denn feministische Distinktionsbedürfnisse spiegeln soziale Bedingungen wider, die Männer in der Geschlechterpolitik in dieser Form schlicht nicht vorfinden. Wer glaubhaften feministischen Aktivismus betreibt, kann sich auch ohne langwierige Ausbildungen in einer Vielzahl institutionalisierter Positionen platzieren. Anne Wizorek beispielsweise gab das grimmebepreiste Blog kleinerdrei, das sie gegründet hatte, auf, als sie Mitglied der Sachverständigenkommission für den Gleichstellungsbericht des Bundestages war. Dass ihre vielen Mitarbeiter*innen tatsächlich aus Arbeitsüberlastung nicht weitermachen konnten, ist ganz unglaubwürdig – vor allem im Vergleich zum Blog Christians, der seit zehn Jahren täglich und fast vollständig im Alleingang Artikel veröffentlicht. https://allesevolution.wordpress.com/2019/01/06/der-feministische-blog-kleiner-drei-wird-eingestellt/

Während aber der feministische Aktivismus durchaus erkennbar auch das Ziel hat, sich einen Namen zu machen, halten in Christians Blog – wie auch in meinem eigenen – die meisten Beteiligten ihren Klarnamen zurück. Als „Masku“ oder „Antifeminist“ dazustehen, ist eben kein Distinktionsgewinn, sondern ein Stigma.
Seine weitflächige Institutionalisierung ist denn auch ein weiterer Grund, warum die Positionen des aktuellen Feminismus sich nicht gut für eine empirische soziologische Forschungsarbeit eignen. Um sich selbst zu legitimieren, müssen nämlich die Positionsinhaber*innen beständig einen Gegensatz zwischen Gesellschaft und staatlichen Institutionen inszenieren, bei dem die Gesellschaft als ungerecht, inhuman, korrekturbedürftig, eben „patriarchal“ erscheint, während staatlich finanzierte Institutionen als dringend benötigtes Korrektiv dastehen.
Wer aber die Gesellschaft immer nur rituell entlarvt, hat gar kein Interesse daran, sie unvoreingenommen zu analysieren.

Ein digitaler Samisdat: Vom Nutzen und Nachteil der Nischen

Unter diesen Bedingungen bleibt das Blog Alles Evolution vorerst eine Nischenplattform, die zwar von sehr vielen besucht wird, zu der viele beitragen, deren Themen aber massenmedial oder in Parteien nur sehr zögerlich aufgegriffen werden – und dann fast immer, ohne die jahrelangen Diskussionen hier zu erwähnen.
Das wertet das Blog nicht ab, im Gegenteil: Es zeigt, was für eine enorme Leistung es ist, solch ein Forum über zehn Jahre hinweg in einem Umfeld zu führen, das weder günstig noch wohlgesonnen ist. Aus der Perspektive einer längst etablierten Geschlechterpolitik sind Männer, die den Feminismus kritisieren, einfach nur primitive
Privilegierte, die um ihre Machtpositionen fürchten würden – und ein Blog wie Alles Evolution ist im Lichte dieser Ressentiments einfach nur ein öder digitaler Ort, wo die wilden Kerle wohnen.

In gewisser Weise ist das, was dort oder von Arne bei Genderama produziert wird, ein digitaler Samisdat – wenn auch, natürlich, unter deutlich komfortableren und weniger
gefährlichen Bedingungen. Es bietet einen Raum für Informationen, für Gedanken, für Positionen, die anderswo als anrüchig oder unverständlich gelten.
In einem solchen Raum können auch Aggressionen wachsen, und ich gestehe, dass ich manchmal im Blog Alles Evolution einfach zu lesen aufgehört habe, wenn sich nämlich jemand rundweg über Frauen, über Feministinnen, über Linke, über die Soziologie oder andere „Geschwätzwissenschaften“ ausgekotzt hat.

Warum solch ein Forum trotzdem sehr wichtig ist, kann ich mit einer kleinen Geschichte beschreiben.
In den ersten Monaten als Trennungsvater hatte ich das Gefühl, umfassend isoliert zu sein – nicht nur von unserem Kind getrennt, sondern politisch auch regelrecht verachtet, ohne dass ich wüsste, was ich eigentlich falsch gemacht hatte. Insbesondere Väter, die sich nicht einfach in ihre Position einfinden wollten und die offen protestierten, standen als aggressive Wirrköpfe oder als Frauenfeinde da.

Die Foren, die es überhaupt gab, gaben sich alle Mühe, diese Ressentiments zu bestätigen. Da geriet ich zufällig auf die Internetseite von Monika Ebeling, die damals noch Gleichstellungsbeauftragte in Goslar war – und ich hätte heulen können, als ich las, dass sie sich auch für Männer einsetzen würde.
Sie wurde dann bekanntlich sehr bald und mit hanebüchenen Argumenten von einer unangenehmen Koalition aus Grünen, Sozialdemokraten und Freidemokraten aus dem Amt gedrängt. Der Eindruck, dass es in den zuständigen Institutionen einen Platz für Trennungsväter gäbe, war eine Illusion gewesen.

Aber außerhalb der Institutionen hatte ich etwas gefunden, das sich hielt und nicht gleich wieder verschwand, insbesondere Genderama von Arne und Alles Evolution von Christian. Bei Christian gab und gibt es zudem einen langen Kommentarstrang, der es allen ermöglicht, sich auch selbst zu äußern. Für die Menschen, die sich dort äußern oder die einfach nur mitlesen, kann es ein enormer Unterschied sein, ob es eine solche Nische gibt oder nicht. Auch wenn die diskutierten Themen, wie im Gleichnis vom weichen Wasser und dem harten Stein, nur langsam, sehr langsam in die allgemeineren Diskurse hinüberfließen.

123 Gedanken zu “Wilde Kerle, weiches Wasser (Ein Gastbeitrag zur Festschrift zum zehnjährigen Bestehen des Blogs „Alles Evolution“)

  1. „Für den idealtypischen Feministen hingegen ist dieses Spiel ein Männerspiel, und Frauen müssen vor seinen Konsequenzen geschützt werden: eine Haltung, die ihre Gönnerhaftigkeit nie ganz verdecken kann.“
    Dieses Gönnerhafte kommt mir so vor wie ein Zuhälter, der seiner Lieblingsnutte großzügig den Schlüssel zum Ferrari aushändigt: „Hier, für eine Spritztour!“
    Oder, um es als Bonmot zu formulieren: Feminismus ist die Fortsetzung des Patriarchats mit anderen Mitteln.

  2. Der funktionierende Link zum Sozipod: https://soziopod.de/2016/11/soziopod-047-sex-macht-wahnsinn-michel-foucault/

    Wörter die nicht jeder versteht (wie zB ich):

    deduktiv: zu deutsch folgern;schließen;schlussfolgern;ableiten;herleiten von einer Gegebenheit/Theorie/Vorannahme(Prämisse) auf etwas Ähnliches, vom Allgemeinen auf das Besondere/Spezielle, wobei eine „Vererbung“ von Eigenschaften angenommen oder dargelegt wird. Wissenschaftlich gebraucht in der Philosophie, Erkenntnistheorie und Logik, werden dort „Rechenregeln“ aufgestellt, wie und wo in gültiger Weise von Einem auf das Andere geschlossen werden darf.

    Induktion: ist der umgekehrte Weg vom Einzelnen auf’s Allgemeine, von Gruppenmitgliedern auf die Gruppe. Wenn 1,2 o. 3 Dominosteine umfallen, dann kippen auch Tausende oder unendlich viele um, vorausgesetzt(Prämisse) sie sind richtig aufgestellt.

    abduktiv: von Abduktion (lat. abductio „Wegführung, Entführung“; engl. abduction); Logiker Charles Sanders Peirce führte diesen Begriff um 1900 ein, er suchte nach einer Methodik die belegbar Erkentnis erweitert. Zuerst wird eine Hypothese aufgestellt, dann Deduktion, daraufhin Induktion probiert bis es funktioniert.

    Hypothese: (vom altgriechischem u. lateinischem wörtlich „Unterstellung“) ist eine logische Aussage die möglicherweise stimmen mag, dessen (vollständiger) Beweis aber noch aussteht, üblich ist die zusätzliche Nennung von Bedinungen/Vorannamen dazu. Die H. kann zu einer Theorie reifen.

    These: (Behauptung, aufgestellter Satz) Eine unbewiesene Aussage die das Wesentliche aus dem Komplexen kristallisieren sollte.

    Semisdat: Selbstverlag [von Büchern], meist um Zensurbestimmungen oder Boykott der Obrigkeit zu umgehen, zB üblich bei der Arbeiterbewegung und bei Kommunisten.

    Vielen Dank für diesen Text werter Lucas Schoppe!

  3. Danke auch für die gut gebrochene Lanze für den Sinn der Soziologie, auch wenn diese dadurch deutlich näher der Philosophie als der Physik zu liegen kommt.

  4. Wer „gendergerechte Sprache“ verwendet, hat sich als Kritiker des Feminismus bereits von vornherein disqualifiziert. Der ist ein Opportunist des Zeitgeistes, der sich ohne Not autoritären Strukturen anbiedert.

    • Das fand ich auch komisch. Allerdings (wenn ich mich nicht verlesen habe) taucht das nur in dem Abschnitt über kleinerdrei auf. Vielleicht ist die Verwendung daher Absicht und mir entgeht die Intention oder aber copy and paste.

      • Danke. Das ist Absicht so, ich habe den Genderstern schließlich lediglich bei den „Mitarbeiter*innen“ von Wizorek und dem gestelzten Begriff „Positionsinhaber*innen“ verwendet.

        Ironie ist nicht mehr lustig, wenn man ihre Aussageabsicht ausbuchstabiert, aber ich mach das hier gern mal, bevor Adrian sich weiter ärgert: Während nach außen hin signalisiert wird, dass es um Gerechtigkeit ginge, steht tatsächlich das Besetzen von Positionen im Mittelpunkt.

        • Vielen Dank für die Erklärung.
          Ich entschuldige mich in aller Form für meinen Beißreflex der mich jedes Mal überkommt, wenn linke soziologische Schwätzer in einem Beitrag als bahnbrechend und wichtig erklärt werden 🙂

        • Wenn sogar das Gendersternchen ausbuchstabiert vorkommt in dem Text, kann ich so einen Beißreflex nachvollziehen. Ich bin hingegen über die Begriffe „Feministinnen“, „feministisch inspirierte Politikerinnen oder Lobbyistinnen“ und „Aktionistinnen“ gestolpert, da durch diese ja die männlichen Feministen und Aktionisten, die Habecks, die willfährigen Helfer, Motoren und Schläger unsichtbar gemacht werden. Und die habe ich schließlich mindestens genauso gefressen.

        • „Ironie ist nicht mehr lustig, wenn man ihre Aussageabsicht ausbuchstabiert,“

          Also ich habe die beiden Sternen im Text sofort als ironischen Seitenhieb verstanden, zumindest war ich amüsiert. Ich interpretiere den Genderstern allerdings auch als Symbol für eine Ideologie und seine Verwendung als Aussage, diese Personen sind ideologisch verblendet. Also

          Forscherinnen = normale weibliche Forscher

          Forscher*innen = fanatisierte, nicht ganz zurechnungsfähige weibliche Forscher

          Diese Bedeutung ist mir in letzter Zeit wiederholt in Texten aufgefallen, wo mittendrin auf einmal ein Genderstern kommt und ansonsten keiner.

    • Würde ich jetzt nicht ganz so krass sehen. Ich wundere mich allerdings auch immer, wieso manche Kritiker des Genderschwachsinns trotzdem Ansätze davon (in ihren Sprachgebrauch) übernehmen.

      Wenn überhaupt würde ich „normales“ Deutsch sprechen und schreiben und generisches Maskulinum und Femininum benutzen, für Negatives aber explizit die weibliche Form.
      Wird ja generell so gehandhabt, nur eben mit dem generischen Maskulinum.
      Und wenn ich eins natürlich nicht möchte, dann Frauen sprachlich unsichtbar machen, wenn sie eine Erwähnung verdienen. 😉

    • „als Kritiker des Feminismus bereits von vornherein disqualifiziert. Der ist ein Opportunist des Zeitgeistes, der sich ohne Not autoritären Strukturen anbiedert.“

      Die maskulistische /antifeministische Variante der Political Correctness läuft mal wieder an. Wichtig ist nicht der reale und konkrete Inhalt einen langen, präzise argumentierenden Textes. Das einzig Wichtige ist ob ein bestimmtes Wort so oder so geschrieben wurde.

      • Was ist denn die Intention der Verwendung „gendergerechter Sprache“, Leszek? Man wird sich ja was dabei gedacht haben, wenn man ohne Not eine durch Feministen erfundene, inkorrekte Schreibweise übernimmt.

      • Im Kontext dieses Blogs ist das ein schönes Beispiel für folgenden Satz aus dem Beitrag:
        „Distinktion durch Moralität funktioniert als Distinktion also umso weniger, je erfolgreicher die aufgerufenen Moralvorstellungen vertreten werden. Je mehr diese allgemein akzeptiert werden, desto radikaler müssen sie dann variiert werden, um überhaupt noch für einen Distinktionsgewinn zu taugen.“

  5. „Aus der Perspektive einer längst etablierten Geschlechterpolitik sind Männer, die den Feminismus kritisieren…“

    Eigentlich kritisiere ich noch nicht mal den Feminismus, zumindest nicht direkt, sondern ich kritisiere Schwachsinn und dessen Verbreitung und da ist es mir eigentlich egal, woher er kommt. Nur ist er im Feminismus häufig vertreten.

  6. Danke Lucas. Viele interessante Gedanken und Interpretationsansätze.

    „Diese unkritische Haltung gegenüber feministischen Positionen verträgt sich also sehr gut mit einem uneingestandenen Desinteresse an ihnen.“

    Ich erinnere mich an viele Diskussionen etwa im Bereich von 4players, wenn es da mal wieder um irgendwas mit Feminismus ging. Ich fragte mal einen, der mir in seinem ganzen Habitus immer als ganz besonders arrogant und herablassend gegenüber anderen aufgefallen war, die sich doch erdreisteten, eine kritische Meinung zu diesen Themen zu haben, ob er denn z. B. in der Lage sei, Unterschiede in den feministischen Positionen eine Margarete Stokowski und einer Alice Schwarzer zu benennen. Er gab völlig unumwunden zu, dass er die Positionen dieser Frauen nicht kenne. Für mich biss sich dieses Eingeständnis ohne jedes Federlesen mit dem offen zur Schau gestellten Blick vom hohen moralischen Ross auf jene mit anderer Meinung, für die er stets nur knappe Oneliner übrig hatte. Wie kann jemand, der noch nicht einmal über grundlegende Strömungen des Feminismus bescheid weiß und nichts über entsprechende Vertreterinnen sagen kann, gleichzeitig eine derartige Überzeugung an den Tag legen, trotzdem immer der richtigen Meinung zu sein, obwohl ihn seine Unkenntnis von vornherein unfähig macht, die Aussagen, die er mit süffisanten, selbstgerechten Sprüchen überzieht, auch nur annähernd einordnen und auf ihren Wahrheitsgehalt prüfen zu können. Als Begründung scheint es in der Tat nahe zu liegen, dass hier ein völliges Desinteresse an eigentlichen Inhalten der feministischen Ideologie zusammenspielt mit der dennoch festen Überzeugung, diese seien schon alleine moralisch jederzeit sakrosankt.

    Ebenso ging es da mal um das Thema des Straßenseite Wechselns, um Frauen nicht zu verängstigen. Meine Haltung dazu war recht rigoros: zum einen habe ich versucht, mich mal in die Lage einer potentiellen Person, für die ich dies täte, hineinzuversetzen. Während der klassische, von seiner eigenen Güte allzeit überzeugte „White Knight“ wohl gar keine andere Interpretation zulassen kann, als dass ihm die Frau umgehend dankbar sein wird für seine „Sensibilität“, stellte ich mir vor, wie merkwürdig – oder neudeutsch „creepy“ – das wirken kann, wenn ein Mensch mitbekommt, wie ein anderer offensichtlich nur die Straßenseite wechselt wegen ihm. Außerdem meinte ich dazu, dass ich Menschen, die andere Menschen nur aufgrund deren Geschlechts unmittelbar als Gefahr betrachten, nicht durch mein Verhalten noch dabei unterstützen will, sich nur noch immer weiter in ihren Wahn hineinzusteigern. Klingt hart, aber ich bin davon überzeugt, dass gerade auch Maßnahmen wie Frauenparkplätze, Frauentaxis, Frauenabteile / -waggons / -züge einen geradezu katastrophalen psychologischen Effekt haben. Die statistisch leicht belegbare Realität, dass Frauen im öffentlichen Leben weit weniger gefährdet sind als Männer tritt so in den Hintergrund und macht der simplen Wahrnehmung Platz: „Irgendeinen Grund wird es ja wohl haben, dass man das alles braucht…“.

    Es ist wohl müßig, noch zu erwähnen, dass mit absoluter Sicherheit dieselben, die es als „Akt der Rücksichtnahme“ empfinden, wenn Männer für Frauen die Straßenseite wechseln oder Umwege in Kauf nehmen, beim selben Narrativ wie eine Rakete durch die Decke gingen vor Empörung, wenn man es z. B. nur mal auf Ausländer und Deutsche ummünzt.

    Deine im Text dargestellten Empfindungen über Blogs wie „Alles Evolution“ oder auch deines teilte ich. Als auch mir vieles, was dort medial und politisch von feministischer Seite vorangetrieben wurde, immer suspekter wurde, ich diese Ideologie immer mehr zu hinterfragen begann, hatte es schon fast etwas von Identitätskrise, wenn man dann im Netz als erstes auf Seiten stieß, auf denen z. B. dieselben Vorbehalte, die einen selber umtrieben, völlig ohne erkennbaren Zusammenhang mit Themen wie Migration oder wildesten Verschwörungstheorien bis hin zu offenem Antisemitismus vermischt wurden. Gab es Kritik an feministischen Positionen tatsächlich nur von Rechtsaußen? Musste man sich damit abfinden, dass man sich, um sinnvolle Kritikansätze daran zu finden, immer erst durch Unmengen stumpfes Geblöke wühlen musste, welches ebenso faktenfrei und doof daherkam, wie das widerwärtige Gekeife netzfeministischer Aktivisten, welches einen überhaupt erst zu solchen Seiten „getrieben“ hat? Gab es das echt nur im Paket?

    Die offenen und in der Regel geistig anregenden Diskussionen hier oder auf „mantau“ sowie die angenehm unaufgeregten, fairen Statements von Arne Hoffmann auf Genderama waren da auch für mich eine Wohltat. Nicht zuletzt aufgrund der Vielfältigkeit an persönlichen Backgrounds und politischen Einstellungen, wie man sie gerade hier auf AE vorfindet, habe ich auch hieran Gefallen gefunden. Ich finde es immer wieder erfrischend, wie hier die regelmäßigen Teilnehmer, die sich ihrer gegenseitigen Haltungen auch durchaus bewusst sind, doch in der Regel weitgehend ohne Beleidigungen und allzu böses Blut, nicht immer ohne Polemik aber meistens mit Sachargumenten miteinander über teils sehr kontroverse Themen diskutieren können. Doch sehr angenehm im Vergleich zu ähnlichen Diskussionen auf der Mehrheit anderer Plattformen im Netz, wo bekanntlich oft Diskutieren gleichgesetzt wird mit „Ich muss um jeden Preis Recht haben!“.

    • Auch wenn das meinerseits wieder vor „Steckenpferd“ und „confirmation bias“ trieft…

      beim selben Narrativ wie eine Rakete durch die Decke gingen vor Empörung, wenn man es z. B. nur mal auf Ausländer und Deutsche ummünzt.

      Fällt irgendjemandem eine andere plausible psychologische Begründung hierfür ein, als dass Frauen für diese Menschen heilig sind und Deutsche nicht oder gar das Gegenteil?

        • Automatisch auf Seite von Alice Schwarzer zu stehen, hat NICHTS mit Sexualität zu tun.
          Auch in den 70ern nicht.
          Undenkbarer, als es ein Schwuler vermutlich nachvollziehen kann.

          • Ich rede von Instinkten. Und Alice Schwarzer spricht ja „für Frauen“. Also für das sexuell begehrte Geschlecht.

          • Der Instinkt wäre aber dann, der Frau nahe zu sein, nicht ihr aus dem Weg zu gehen.

            Funktioniert nicht, dein Ansatz.

          • Der Feminismus ist gesamtgesellschaftlich etabliert und es ist Konsens unter Männern und Frauen, Frauen zu unterstützen ihnen zu helfen, sie in Watte zu packen.
            Meine These ist, dass das sehr viel mit der Sexualität des Menschen zu tun hat.

          • „es ist Konsens unter Männern und Frauen, Frauen zu unterstützen“

            Das hat nichts mit Feminismus zu tun.

            Wie aus „Ich will die schwängern“ ein „Ich will die beschützen“ und daraus ein „Ich will der aus dem Weg gehen“ folgt, ist überhaupt nicht zwangsläufig.

            Insofern ist dein hingerotztes „Sexualität“ nichtssagend. Man kann mit ihm alles und sein Gegenteil belegen.

          • Natürlich hat das was mit Feminismus zu tun. Denn Feminismus baut genau auf dem Instinkt auf, Frauen anders/besser zu behandeln als Männer, bzw. an Frauen andere Maßstäbe anzulegen.

          • „ist … „Sexualität“ nichtssagend. Man kann mit ihm alles und sein Gegenteil belegen.“

            Es gibt doch immer wieder Verweise darauf, dass sich seit Ende der 1970er Jahre etwas in der Beziehung zwischen Männern und Frauen geändert hat: Für normale Männer wurde es immer schwieriger, einen weiblichen Partner zu finden.

            Dies war vorher anders, weil die Einführung der Pille in den 1960er Jahren für etwa ein Jahrzehnt zu einem Überschuss an Frauen in zeugungsfähigem Alter geführt hatte. Später gab es die Pille zwar immer noch – aber diese Effekt, der sich durch die Einführung der Pille eingestellt hat, dieser Effekt ist dann irgendwie verschwunden (verstehe eigentlich nicht, wieso).

            Und es ist doch nun wirklich eine bedenkenswerte Hypothese zu überlegen, ob nicht der Siegeszug des Feminismus (soll heißen: die Etablierung des Staatsfeminismus) eben auch dadurch vorangetrieben wurde, dass normale Männer schlechter an Frauen rankamen als vorher.

            Weil: Angebot und Nachfrage … Irgendwie war seit Ende der 1970er Jahre die Nachfrage deutlich höher als das Angebot. Bei viel Nachfrage und wenig Angebot neigen die Kunden dazu, dem Anbieter mehr und mehr entgegenzukommen … usw. usf. Dies betraf zunächst einmal nur die Beziehung zwischen normalen Männern und Frauen – es konnte aber feministisch ausgebeutet werden durch eine entsprechende Lobby.

            Darum finde ich diesen Verweis auf Sexualität nicht so ganz verkehrt – wenn er auch erläuterungsbedürftig ist.

          • „Darum finde ich diesen Verweis auf Sexualität nicht so ganz verkehrt“

            Er ist erst mal sinnlos, fast so sinnlos wie „Schwerkraft“.

            Und auch dein Erklärungsansatz überzeugt nicht. Wären hier in erster Linie marktwirtschaftliche Prinzipien am Werk, würde Homo Oeconomicus feststellen, dass das geforderte Verhalten den Preis beträchtlich in die Höhe treibt.
            Die Wahrscheinlichkeit und der zusätzliche Aufwand für einen, der für eine Frau die Straßenseite wechselt, mit dieser Frau Sex zu haben, ist sehr viel höher als für einen, der das nicht tut.

            Es geht bei diesem Verhalten offensichtlich NICHT in erster Linie darum, Sex mit der Frau zu haben. Es geht darum, sie zu schützen, die Welt für sie zu verbessern.

            Und, wie gesagt, „Ich will Sex“ und „Ich muss Frauen beschützen“ hängen nicht mal auf den zweiten Blick irgendwie logisch zusammen.

          • „Es geht bei diesem Verhalten offensichtlich NICHT in erster Linie darum, Sex mit der Frau zu haben. “

            Das hat auch keiner behauptet.
            Es geht um einen Instinkt, der dafür sorgt, dass Männer weitaus eher bereit sind, etwas für Frauen zu tun, oder zurückzustecken.
            Dieser Instinkt speist sich aus der Sexualität. Pfauenhähne balzen. Hennen nicht.

          • „Pfauenhähne balzen. Hennen nicht.“

            Das Batemann Prinzip besagt, dass die Tiere balzen, bei denen der Partner in den Nachwuchs investiert und der Erfolg des Nachwuchses auch von dessen Qualität (Bezüglich der Investition) abhängt

            Dazu auch Geary

            Although male choice has not been found i n all species in which i t has b e e n studied, discriminating males have been found i n dozens of species of insect (Bonduriansky, 2001; LeBas, Hockham, & Ritchie, 2003), many species offish (Amundsen 6k Forsgren, 2001; Berglund 6k Rosenqvist, 2001; Widemo, 2006) and bird (Amundsen 6k Parn, 2006; Pizzari, Cornwallis, 1.0vlie, Jakobsson, 6k Birkhead, 2003; Roulin, Jungi, Pfister, 6k Dijkstra, 2000), and in some mammals ( M . N . Muller, Thompson, 6k Wrangham, 2006; Szykman et al., 2001). Across these species, the traits males use to make i heir mate choices include indicators of female sexual receptivity, the risk of sperm competition, social dominance as determined by female-female compel it ion, female quality, and the quality of parental care the female is likely to provide. A n intriguing possibility is that some of these traits may be honest signals of the quantity or quality of eggs the females carry. The female barn owl (Tyto alba) provides one example. Females display a Varying number of black spots on their breast plumage, and male mate choice indicates the more the better (Roulin, 1999). Although males do not have as many plumage spots as females, they do have some and, again, t h e more the better. Sexy females lend to pair with sexy males and males with sexy mates work harder to provision their offspring. An immune challenge experiment demonstrated that the robustness of the immunsystem is predicted by the number of black breast spots for females but not for males. These spots are indeed an honest indicator of female but not male health and an apparent indicator of the general health and immunocompetence of her offspring (Roulin, Ducrest, Balloux, Dijkstra, 6k Riols, 2003; Roulin, Riols, Dijkstra, 6k Ducrest, 2001). Pizzari et al. (2003) also found evidence for condition-dependent female ornaments in red jungle fowl as well as for direct and cryptic male choice. Female jungle fowl sport red combs, although smaller and less colorful than those described earlier among males; when females have ornaments, they are typically less conspicuous than those of conspecific males (Amundsen 6k Parn, 2006). Females with relatively large combs produce larger eggs with more yolk than their peers, and male mate choices indicate they prefer these females to females w i t h smaller combs. Cryptic male choice was demonstrated by the finding that males transfer more sperm when copulating w i t h females with larger combs; this effect is particularly pronounced for high-status males. Another interesting twist on male choice is found for the paternal pipefish (Syngnathus typhle); in this species males copy the mate choices of other males (Widemo, 2006). Copying presumably reduces the costs of finding a mate, but scientists do not know how often this happens in other species. As I describe i n the Paternal Investment section of chapter 4, the conditions associated with male parenting and male choice differ in important ways from female parenting and female choice. My point for now is that when males shift reproductive effort from mating to parenting, they compete less intensely with one another and become choosier when it comes to mates. This is not to say that male choice is always associated with male parenting. Male choosiness can evolve when females vary greatly in the quantity and quality of eggs they carry or when there are limitations—other than parenting— on males‘ reproductive potential (e.g., as a result of sperm depletion; Saether, Fiske, 6k Kalas, 2001).

          • Männchen aller Arten investieren viel um zu vögeln. Ist doch einleuchtend, dass einer Frau hier ein Machtmittel zunächst, welches sie nutzt.

          • Falsch verdrahtete haben den Instinkt doch genauso. 😉
            Eher speißt der sich aus der Tatsache das Männer sehr entbehrbar sind als aus dem Balzverhalten.

          • „Pfauenhähne balzen. Hennen nicht.“

            Ich lehne mich nicht zu weit aus dem Fenster, wenn ich sage, dass Menschen so weit entfernt mi Pfauen verwandt sind, dass ein Analogismus nicht mehr greift.

            Menschenfrauen balzen nämlich auch.
            Eigentlich solltest Du das nach 10 Jahren AE wissen, Adrian.

          • @ only_me

            Ich denke, dass Du es vielleicht etwas zu eng siehst. Nimm mal ein historisches Beispiel: In früheren Jahrhunderten gab es in vielen Kolonien einen großen Mangel an Frauen, z. B. in Nordamerika und in Australien. Als Ergebnis hat sich in diesen (ehemaligen) Kolonien eine männliche Kultur der Verehrung und Unterstützung der Frauen durch Männer herausgebildet, die es im alten Europa so nicht gab.

            Dies war der Fall, obwohl der konkrete Mann, der im 19. Jahrhundert einer wildfremden Frau seine Dienste anbot und zu Verfügung stellte – kostenfrei und unverbindlich, versteht sich -, nicht im Traum daran dachte, mit dieser Frau womöglich mal ins Bett zu gehen. Er hat dies wirklich ganz selbstlos getan – aber die Tradition, in der er stand, hat sich allein deshalb herausgebildet, weil es viel mehr Nachfrage als Angebot auf dem dortigen Partnerschaftsmarkt gegeben hat.

            Und dies kann man übertragen auf Dein Beispiel mit jenem Mann, der die Straßenseite wechselt, damit die Frau, die auf seiner Seite läuft, sich keine Sorgen macht …

          • @Jochen,

            alles, was du da aufzählst, sind kulturelle Entwicklungen, die nicht 1:1 aus „Sexualität“ entspringen.

            Zur Auffrischung: Meine These ist, dass Männer Frauen (als etwas geradezu heiliges) verehren und diese deswegen so behandeln.

            Adrian setzte dagegen: Nee, die wollen ficken.

            Letzteres überzeugt mich nicht.

          • @only me:

            „Ich will Sex“ und „Ich muss Frauen beschützen“ hängen nicht mal auf den zweiten Blick irgendwie logisch zusammen.

            Evolution könnte eine Erklärung bieten. „Ich will Sex“ bedeutet, ich erhöhe die Wahrscheinlichkeit meine Gene weiterzugeben. Wenn ich die von mir geschwängerte Frau sowie meinen Nachwuchs beschütze, erhöhe ich ebenfalls die Wahrscheinlichkeit meine Gene weiterzugeben. Eine Frau erhöht ebenso die Wahrscheinlichkeit ihre Gene weiterzugeben, wenn sie Sex mit einem Typ hat, der sie und ihren Nachwuchs beschützt.

            Was allerdings keinen Sinn ergibt ist, Frauen beschützen zu wollen und keinen Sex zu haben. Insofern gibt es für mich auch keine vernünftige Erklärung, warum ich einer Frau aus dem Weg gehen sollte.

          • Eine Gesellschaft als ganzes, die den Schutz von Frauen als wichtiger ansieht als den von Männern ist unter vielen Bedingungen robuster als eine ohne diesen Unterschied, da sich der Verlust eines Mannes viel geringer auf die Grösse der folgenden Generation auswirkt als der Verlust einer Frau. Aus diesem Grund könnte das Beschützen von Frauen auch ohne direkten eigenen Fortpflanzungserfolg ein Selektionskriterium sein, da auch der eigene Nachwuchs durch eine stärker Population bessere Chancen hat. Aus diesem Grund kann sich auch eine sexuelle Selektion auf das Verhalten „ich schütze grundsätzlich Frauen“ entwickeln ohne mit (meisten) Beschützten direkt Nachwuchs zu zeugen.

          • @ Adrian

            Das ist so Beginner Scheiß 101 …

            Ganz einfach, weil aus 10 Frauen und 90 Männern nach einer Generation weniger Nachwuchs raus kommt als
            aus 50 Frauen und 50 Männern
            und noch weniger als aus 90 Frauen und 10 Männern.

            Der einzige Ausweg ist dann, den Männerüberschuss mit Krieg oder Einfall in die Sozialsysteme von Gesellschaften die ultraschwul geworden sind.
            Weshalb das eben auch auf Schulhöfen son beliebtes Schimpfwort ist.

            Zeigt den kleinen Adrians dann direkt was Sache sein wird in kurzer Zeit.
            Dank der großen Lukasse.

          • „Meine These ist, dass Männer Frauen (als etwas geradezu heiliges) verehren und diese deswegen so behandeln.“

            Aber Du erklärst nicht warum eine Frau heilig sein sollte.

            „Adrian setzte dagegen: Nee, die wollen ficken.“

            Nein, ich sage „Sexualität“. Das umfasst nicht nur Sex, sondern auch Balz und Fortpflanzung; den Umgang der Geschlechtern miteinander: Sperm is cheap, eggs are expensive.

          • Evolution bringt unerwünschte Nebeneffekte hervor. So wie eine Motte ins Licht fliegt und dort stirbt, weil ihr die Orientierung an hellen Lichtquellen (Mond) in der Dunkelheit normalerweise Vorteile bringt, bringt es einem Mann unterm Strich Vorteile, Frauen eine Vorzugsbehandlung zukommen zu lassen. Deshalb haben Männer ritterliche Instinkte, die schon einmal in absurden Handlungen münden können. Wie etwa sich von einer Frau zu fernzuhalten, der er eigentlich nah sein möchte.
            Wahrscheinlich meinte der schreibfaule Adrian diesen indirekten Bezug zu den Fortpflanzungschancen als er „Sexualität“ in den Raum warf.

          • „Frank 2 13. Mai 2020 um 7:16 am

            @Jochen Schmidt:
            Warum hat die Pille denn zeitweise zu einem Frauenüberschuss geführt?“

            Die Hypothese ist: Weil die Jüngeren nicht schwanger wurden und heirateten, sondern alterten und mit anderen Jüngeren auf dem „Sex-Markt“ verblieben.

          • @Frank 2:

            … da sich der Verlust eines Mannes viel geringer auf die Grösse der folgenden Generation auswirkt als der Verlust einer Frau

            Das wiederum halte ich für falsch, da der Mann als Beschützer und Ernährer v.a. für den Nachwuchs, aber auch für die Frau notwendig ist. Außerdem hätte sich, wenn deine Begründung stimmte, evolutionär das Verhältnis schon angepasst, d.h. es würden mehr Mädchen als Jungen geboren. Es werden aber mehr Jungen als Mädchen geboren (ca. 106/100).

            Dass die Frau als heilig angesehen wird, ist mMn eher ein jüngeres Phänomen und Zeichen einer Gesellschaft die im Überfluss lebt. Entgegen der feministischen Propaganda wird unsere Zivilisation hauptsächlich von Männern aufrecht erhalten und praktisch alle Erfindungen, Weiterentwicklungen, Firmengründungen sind ohne männliche Beteiligung undenkbar. Nur weil wir so enorm produktiv sind, können wir es uns leisten, auf die Arbeit des einen oder anderen Mannes zu verzichten und durch im Vergleich zu den Männern unproduktive Frauen zu ersetzen.

          • @Kibo:
            In das annähernd 1:1 Geschlechterverhältnis würde ich nicht zuviel rein interpretieren. Auch andere Tierarten, die sich nicht gegenseitig helfen oder beschützen, haben in der Regel ein annähernd 1:1 Verhältnis. Als Grund habe ich mal gelernt: Würde es z.B. mehr Frauen geben, hätten Männer einen höheren reproduktiven Erfolg. Dann hätten solche Eltern, die mehr Söhne erzeugen, einen Vorteil und entsprechende Gene verbreiten sich. Gibt es dadurch dann irgendwann zu viele Männer, haben Frauen höheren reproduktiven Erfolg, und dann geht’s wieder in die andere Richtung. Letztendlich pendelt sich ein Gleichgewicht ein.

          • „Letztendlich pendelt sich ein Gleichgewicht ein.“

            Es pendelt sich immer ein Gleichgewicht ein, aber nicht notwendigerweise beim Verhältnis 1:1. Bei uns Menschen ist das ja auch nicht so, wie oben zu lesen (106:100).

        • @Jochen Schmidt

          > Dies war vorher anders, weil die Einführung der Pille in den 1960er Jahren für etwa ein Jahrzehnt zu einem Überschuss an Frauen in zeugungsfähigem Alter geführt hatte.

          Es gab nach dem Krieg einen eklatanten Männermangel, was sicherlich bei Frauen für Frustrationen sorgte.

          Es war nicht die Pille die Männer in Massen demzimiert hatte und für dieses Ungleichgewicht sorgte, sondern der Krieg.

          >…Staatsfeminismus) eben auch dadurch vorangetrieben wurde, dass normale Männer schlechter an Frauen rankamen als vorher.

          Frauen bekamen dadurch deutlicher Mehr Bedeutung, bei Arbeitsplätzen und die Mehrheit bei den Wahlstimmen.

    • „Diese unkritische Haltung gegenüber feministischen Positionen verträgt sich also sehr gut mit einem uneingestandenen Desinteresse an ihnen.“

      Desinteresse an tatsächliche feministischen Positionen korreliert stark positiv mit der Unterstützung des Feminismus und der Verteufelung jeder Kritik oder Ablehnung.
      Den Feministen ist es gelungen, ihre politische Agitation als unhinterfragbar gerecht darzustellen, als Kampf für lediglich gleiche Rechte, die ihnen nach wie vor von reaktionären Männern verwehrt würden. Dieser sogenannte Kampf, der sich mehr wie eine nicht endende Jammerorgie anfühlt, ist zu einer universalen Geschichtsdeutung herangereift, eine Geschichtsdeutung, die nicht mehr Klassengegensätze als grundlegende Struktur behauptet, sondern Geschlechtergegensätze, die zum Nachteil der Frauen („Strukturen“) wirken und die den Deutungsrahmen immer schon vorgeben. Der Maskulismus hat keine solche Geschichtsdeutung etablieren können, die seine Sicht transportiert. Es ist nur sehr schwer, Leute zu überzeugen, wenn der Deutungsrahmen in der erwähnten Art vorgegeben ist. Wenn Maskulisten noch und noch feministische Statistiken als manipuliert nachweisen, kann dies den Nachteil nicht annähernd aufwiegen. Wir haben keine Geschichte – neudeutsch Narrativ – gesellschaftlich etabliert und bestreiten daher stets Auswärtsspiele, d.h unsere Botschaften dringen nicht durch.

    • Das hat ja mal wieder meinen Horizont erweitert: Die Straßenseite wechseln, damit die Frau keine Angst vor meinem erbärmlichen, zarten Ich entwickeln kann.

      Ich habe bisher immer nur die Straßenseite gewechselt, um eben jener Frau, die ich da in der Ferne herannahen sah, optimal auszuweichen, jegliche Konfrontation, jeden Augenkontakt vermeiden zu können. Denn selbst wenn es zu einem Lächeln käme (war noch vor der Maskerade), steht das in keinem Verhaltnis zum Risiko, durch meine Existenz Fehler zu begehen. Ihr fällt was runter, ich hebe es nicht auf oder – manchmal noch schlimmer – ich hebe es auf. Oder ich schau ihr ins nackte Gesicht, sie fühlt dabei, dass ich sie vor meinem inneren Auge entkleide. Oder ich springe nicht zur Seite, wenn sie komplett Ideallinie läuft, wodurch ich ihr belästigend nahe komme. Das Rote-Linien-Wirrwarr ist undurchschaubar. Die Risiko-Nutzen-Abwägung fällt eindeutig zugunsten des Gender Distancing aus.

  7. Für mich ist das Gebiet eher neu, und wahrscheinlich kann ich nicht viel beitragen,
    was hier nicht schon tausendmal gesagt wurde. Ich gratuliere aber zu dem Blog!
    Balsam für die Seele.

    Ich bin selber Wissenschaftler und ich würde sagen, dass es in Privatgesprächen
    nahezu Konsens ist, dass Frauen in der Wissenschaft bevorzugt werden. Ich
    kenne auch Männer, die zugestehen, dass sie als Männer verfassungswidrig benachteiligt werden,
    und das trotzdem richtig finden. Diese Untertanengesinnung ist wirklich schwer zu ertragen.

    Manchmal sind Frauen da kritischer als Männer. Eine kleine Geschichte dazu.
    Ich kenne eine Diplomphysikerin, die für eine Doktorandenstelle bei verschiedenen
    Jobinterviews in Deutschland gewesen ist. Als sie zurückgekommem ist, sagte sie
    mir, dass es für sie ganz einfach ist, eine Stelle zu bekommen, und dass alle
    ihr eine Stelle geben wollten, weil sie eine Frau ist. Ich hatte sie gefragt, ob sie sicher sei,
    dass sie ihr die Stelle geben wollten, weil sie eine Frau ist. Sie sagte wörtlich:
    „Ja, da bin ich absolut sicher.“ Diese Frau ist gut und das fand sie scheiße. Sie wisse gar nicht mehr,
    ob die Leute dann wirklich mit ihr zusammenarbeiten wollen. Mein Fazit: Quoten oder ein entsprechender politischer Druck sind schlecht für gute Frauen und gut für schlechte Frauen.

    • Und Quoten werden auch nur dann beendet werden, wenn sich ein gesellschaftliches Bild durchsetzt, dass sie schlecht für Frauen sind. So oder so ist das nämlich das Einzige was zählt.

      • Dabei müsste es den Frauen doch auch irgendwann aufgehen, dass die Quoten nur dazu dienen, hochbezahlte Stellen zu bekommen wegen seines Geschlechtes, nicht wegen guter Leistungen. Und dies nur für eh schon privilegierte Frauen aus Akademikerhaushalten.

        • Ja, aber Frauen sind das doch von Kindheit an gewöhnt, etwas dafür zu bekommen, dass sie Frauen sind. (Hetero)Sexualität beruht genau auf diesem Grundsatz.

        • „Dabei müsste es den Frauen doch auch irgendwann aufgehen, “

          Das wird Frauen erst dann aufgehen, wenn quasi jede Frau von quasi jedem Gegenüber die Reaktion „…vermutlich Quotenfrau“ erfährt.
          Und ich persönlich wäre mir nicht sicher, wieviele von ihnen sich dann daran stören werden.

          • Was hat denn eine Kassiererin im Supermarkt oder eine Putzfrau von der Frauenquote in Unternehmensvorständen? Nichts, außer, dass dadurch ihre eigenen Interessen und Bedürfnisse hinter denen der feministischen Karrierefrauen in den Hintergrund treten.

          • Also wird Kassiererinnen nie aufgehen, dass Frauenquoten Quatsch sind. Keine Gegenwehr aus dieser Richtung zu erhoffen.

          • Dass Quoten Quatsch sind, geht auch Kassiererinnen auf. Ich hab schon drei Umfragen gesehen, wonach auch eine Mehrheit der Frauen gegen Quoten sind. Das ist so konsistent, dass in Umfragen das Wort „Frauenquote“ gar nicht mehr vorkommt, weil es „negativ besetzt“ ist.Woran das wohl liegt? Das ist so, als würde man fragen, ob die Menschen für soziale Gerechtigkeit sind, und dann nachher behaupten, 90% der Menschen sind für den Kommunismus. Das sei ja gemeint gewesen und das Wort „Kommunismus“ ist nur negativ besetzt. Dass Feministinnen im Namen aller Frauen sprechen, ist einfach nur eine Amaßung, gegen die sich Kassiererinnen nicht wehren können.

          • Auch die durchschnittliche Kassiererin wird der Ansicht sein, dass Frauen es schwerer haben und das man da mal was machen müsse.

          • „Was hat denn eine Kassiererin im Supermarkt oder eine Putzfrau von der Frauenquote in Unternehmensvorständen?“
            Na eine Menge! Dass es Frauen so dreckig geht, liegt doch nur daran, dass eine von Männern beherrschte Gesellschaft eine männliche Gesellschaft mit männlichen Strukturen geschaffen hat, die Männer an allen Ecken und Enden bevorzugen und Frauen benachteiligen. Deshalb brauchen wir Quoten für Frauen in guten Jobs Machtpositionen, damit die den Laden von oben aufräumen und endlich Strukturen etablieren, die auch mal den Bedürfnissen von Frauen gerecht werden und nicht immer nur den von Männern.
            Die Kassiererinnen und Putzfrauen werden sich noch wundern, wie gut es ihnen geht, wenn erstmal die Vorstände, Aufsichtsräte und Parlamente mindestens zur Hälfte mit Frauen besetzt sind! Aber hoppla!

          • So würden die Feministinnen wohl argumentieren, dass die Quote letzten Endes allen Frauen nützt.
            Ähnlich wie der Trickle-down-effect der Ökonomen, der unterstellt, wenn die Reichen immer reicher werden, nützt das irgendwann auch den Armen.

            Dürfte genauso unrealistisch sein.

    • Schönes Beispiel. Wenn die Umstände schlecht für gute Frauen sind, müssen sie einfach nur schlecht werden, dann passt es wieder. Das Anreizsystem, sich der weiblichen Überhöhung, dem Opferhabitus anzuschließen und sich in die passende Komfortzone zu begeben, ist extrem stark geworden. Das ist mir schon bei einigen an sich klugen und ausgewogenen Frauen aufgefallen.

    • „Ich bin selber Wissenschaftler“

      Darf man grob nach der Fachrichtung fragen? Die Erlebnisse mit der Diplomphysikerin deuten auf Physik oder zumindest MINT hin.

      Ich bin auch MINTler (und nach meinem Eindruck relativ viele hier) und frage deshalb, weil ich vor Jahren eigentlich nur sehr amateurhafte Vorstellungen über die Methoden und Arbeitsweisen der Sozial- und Geisteswissenschaften hatte. Insofern führten die vielen Debatten hier in der Masku-Blase neben der eigentlichen Geschlechterdebatte zu einer erheblichen Horizonterweiterung in Sachen Wissenschaftstheorien, die u.a. zu einem ellenlangen Blogpost über Wissenschaftstheorien und die Zuverlässigkeit von Wissen geführt haben. Ich würde sogar behaupten, daß man bei intensiverer Befassung mit der Geschlechterdebatte nicht darum herumkommt, sich mit Wissenschaftstheorien und der Wahrheit von „Fakten“ in der Debatte zu beschäftigen.

      • Ja, ich bin Physiker. Ich arbeite in der Neurowissenschaft an der Entwicklung von mathematischen Methoden zur Datenanalyse. Das Gebiet ist ziemlich interdisziplinär: Neurowissenschaftler, Psychologen, Informatiker, Mediziner, Mathematiker, Physiker. Alles dabei. Wissenschaftstheoretische Debatten spielen bei uns eigentlich keine große Rolle. Da geht es eher um jeden Einzelfall und die Frage, ob die Interpretation der Ergebnisse wirklich so schlüssig ist. Das Problem: „Strong claims based on weak evidence“. (Kleiner Kommentar zu Corona: Ich glaub, die meisten Leute meinen, „exponentiell“ sei ein Synonym für „schnell“. )

        • Da geht es eher um jeden Einzelfall und die Frage, ob die Interpretation der Ergebnisse wirklich so schlüssig ist. Das Problem: „Strong claims based on weak evidence“.

          Das mMn ist ein ganz zentraler Punkt. Im Rahmen der Replikationskrise (ich weiß gar nicht, ob die in den Neurowissenschaften ein ähnlich heißes Thema wie z.B. in der Psychologie sind) ist ja sehr viel über die Unsicherheit der Beobachtungsergebnisse von Experimenten debattiert worden, Dutzende Papiere arbeiten sich an p-Werten und deren Sinn oder Unsinn ab, Bayessche Statistik ist groß im Kommen usw. Das sind aber alles Unsicherheiten auf der elementaren Ebene der Beurteilung von Beobachtungen.

          Von da aus gibt es (vor allem in den Gender Studies und in der Geschlechterdebatte) regelmäßig einen Riesensprung, wo aus unzuverlässigen Einzelstudien gravierende politische oder ideologische Konsequenzen abgeleitet werden. Damit werden implizit diese Einzelstudien in ihrer Wertigkeit sozusagen um den Faktor 100 aufgewertet. Dagegen ist die Debatte und p-Werte Erbsenzählerei. Und davon bekommt die Öffentlichkeit so gut wie nichts mit.

          • Doch, in der Neurowissenschaft gibt es auch eine Replikationskrise. Das Problem ist „publish or perish“, publizier oder geh unter. Leute publizieren lieber Müll als gar nichts. Ist ja auch eine Existenzfrage. Kann man viel zu schreiben, aber das ist für viele in diesem Blog vielleicht nicht so interessant.

          • „Das Problem ist „publish or perish“, publizier oder geh unter. Leute publizieren lieber Müll als gar nichts.“

            Das ist leider in (fast?) allen MINT-Fächern mittlerweile so.
            Kein Wunder, wenn Du mit 30 Institutsleiter werden willst, den Job aber nur kriegst, wenn Du mindestens 200 Veröffentlichungen nachweisen kannst.
            Da KANN nichts Anständiges bei rauskommen.
            Bestenfalls ist es so belanglos, dass das Paper allenfalls zum Anzünden des Kamins taugt, oder es ist sogar schlicht falsch, was dort rausgehauen wurde.
            Ich lese nur noch wenig Publikationen, weil – Zeitverschwendung.

          • Ganz meine Meinung. Die Einführung und Benutzung von impact factors“ und dergleichen ist ein intellektueller Offenbarungseid, weil damit versucht wird, rein qualitative Eigenschaften mit einer quantitativen Metrik zu bewerten. Haben die Leute nie den „Club der toten Dichter gesehen?“ Ja, ein qualitatives Urteil abzugeben ist subjektiv und ungenau, aber diese ganzen Indizes und Faktoren sind dafür eindimensional, manipulierbar und setzen Fehlanreize. Für mich nur durch den Ungeist einer Zeit erklärbar, in der die Menschen nach Bequemlichkeit und Unterverantwortung streben.

          • „Für mich nur durch den Ungeist einer Zeit erklärbar, in der die Menschen nach Bequemlichkeit und Unterverantwortung streben.“

            Das wohl eher nicht.
            Anfang der Nuller Jahre stellte man verschreckt fest, dass Deutschlands Abiturienten zu viel Lebenszeit auf der Penne vergeuden – also verkürzte man die Schulzeit auf 12 Jahre, und weiterhin, dass Deutschlands Wissenschaftler viel zu alt sind, wenn sie endlich leitende Positionen erreichen.
            Also war die Zielgröße „maximal 35 Jahre alt und 200+x Publikationen!“
            Nehmen wir mal an, das zukünftige Genie ist 28 Jahre alt, wenn es den Dr.Titel erwirbt, dann hat es 7 Jahre – oder 1400 Tage – Zeit, für die 200 Publikationen zu recherchieren, sie zu erarbeiten, auszuwerten und zu schreiben.
            Das sind – so ich mich nicht verrechnet habe – eine Publikation alle 7 Tage.
            Ich habe für meine lumpige Diplomarbeit als Ing. nur zum Zusammenschreiben vier Wochen gebraucht.
            Gut, ich bin auch kein Genie, aber dennoch hab ich größte Zweifel, dass auch ein Einstein ein solches Tempo bei hoher Qualität aufrechthalten könnte.
            Selbst für frei zusammenphantasierten Müll sind 7 Tage ambitioniert.
            Bequemlichkeit ist nach meiner Vorstellung was anderes.

            Es kommt also förmlich zu einer Inflation von Publikationen, die keiner liest, weil sie die Menschheit nicht weiterbringen – und weil es einfach zu viele sind. In der allgemeinen Kakophonie verschwinden dann auch die Juwelen der Wissenschaft weitgehend unbemerkt.

          • @carnofis
            Missverständnis.
            Den Wunsch nach Bequemlichkeit verorte ich nicht bei den Leuten, die Karriere machen wollen, sondern bei denen, die entscheiden sollen, wer Karriere macht.
            Wenn man eine Meßlatte ansetzt – 200 Veröffentlichungen, max. 35 Jahre – ist das viel bequemer, als sich mit der tatsächlichen Qualität der geleisteten Arbeit auseinandersetzen zu müssen. Die Zahl der Veröffentlichungen/des Alters mit 200/35 vergleichen kann selbst der letzte Depp.

          • Es gibt hier ja doch Interesse an etwas blogfernen Wissenschaftsthemen. Ich glaub, die Zahl 200 von Carnofis war nicht wirklich wörtlich gemeint. Zwei Papers im Jahr als Erstautor ist schon gut. So viele hatte Wolfgang Pauli auch. Der hatte zwar nicht so viel publiziert, war aber technisch so ziemlich der Beste seinerzeit.

            Ich gebe zu, dass ich auch auf den Hirsh-Index gucke, wenn ich Leute gar nicht kenne. Was soll man auch sonst machen, wenn man sich nicht ein paar Wochen lang alle Arbeiten durchlesen will? Aber das sagt in der Tat mehr über den Bekanntheitsgrad aus als über die Qualität. Graphentheoretiker, die sich eigentlich nur für die Mathematik interessieren, lieben es, ein Paper zu zitieren, in dem vermeintlich gezeigt wird, dass die Theorie zur Diagnose von Alzheimer angewendet werden kann. Auch wenn das Paper noch so windig ist. Diese Graphentheoretiker müssen ja irgendwie begründen, dass ihre Arbeit relevant ist.

          • „Die Zahl der Veröffentlichungen/des Alters mit 200/35 vergleichen kann selbst der letzte Depp.“

            OK, das ist plausibel.
            Auch wenn es mir anders lieber wäre, fürchte ich, Du hast recht.

          • „Ich glaub, die Zahl 200 von Carnofis war nicht wirklich wörtlich gemeint.“

            Doch, die war wörtlich gemeint, auch in der Kombination mit „max. 35 Jahre alt“.
            Das waren in den frühen Nuller Jahren die Eckbedingungen für einen Institutsleiter.
            Wir bekamen dann auch einen entsprechenden – der auf JEDEM Paper eines Angestellten des Instituts als Co-Autor stand.
            Leider total unfähig als Institutsleiter. Dasselbe Thema mit seinem Nachfolger, weshalb beide zwar weiter offiziell die Leitung inne haben, aber jeweils einen „Moderator“ an die Seite gestellt bekamen, der die interne Kommunikation koordinierte.
            Sie haben das Institut innerhalb von fünf Jahren von einem europäischen Zentrum für erneuerbare Energien mit Weltruf zu einer unbedeutenden Randlage herabgewirtschaftet. Was an Wissenschaftlern Rang und Namen hatte, wanderte in andere Institute und Unis ab.

          • Diese fixe Zahl von 200 kenn ich zwar bei uns nicht, aber im Prinzip ist das bei Institutsleitern bei uns ähnlich. Da hast du schon recht. Nicht immer, aber häufig sind diese Institutsleiter nur noch Manager und stehen auf jedem Paper, das sie finanziert haben. Einer hatte mir mal erzählt, dass er einen Institutsleiter gebeten hatte, ein Manuskript von ihm zu lesen. Er bekam die Erwiderung: „Ich hab ja nicht mal Zeit, meine eigenen Papers zu lesen“.

      • Ich weiß nicht, ob das wirklich hierher passt, ich möchte in dem Zusammenhang aber von meinen Erfahrungen berichten. Ich bin selbst Physiker und hatte mal überlegt, Lehrer zu werden. Auf dem Weg dorthin bin ich mit vielen Texten aus dem Bereich Didaktik konfrontiert worden. Für mich und meine natur- oder ingenieurwissenschaftlich vorgebildeten Kollegen waren diese Texte die reinste Qual: Unstrukturiert, voller Redundanz, dafür mit unklaren Begrifflichkeiten, ohne roten Faden oder präzise Aussagen. Sätze wie „Durch diese Festlegung wird der Begriff xy genauer definiert“ haben mich an der Kompetenz der Autoren zweifeln lassen: Die schreiben seitenlang über Begriffe, die sie nicht genau definiert haben?!? Und jetzt definieren sie sie nur genauer, aber immer noch nicht präzise?
        In wohlwollender Stimmung konzediere ich ihnen, dass im Bereich Didaktik – vielleicht – keine so genauen Definitionen möglich sind wie in den Naturwissenschaften. Aber müsste man sich nicht genau dann zunächst um eine möglichst eindeutige Klärung bemühen? Vielfach hatte ich den Eindruck, dass Didaktiker – bzw. Geisteswissenschaftler generell – ganz anders denken als Naturwissenschaftler. Ihre Texte gleichen mehr einem Gemälde, dessen Gesamtaussage sich nicht Zeile für Zeile, sondern durch ein Springen von einem Element zum anderen ergibt, auch schonmal rückwärts, und manche Teile kann man im Prinzip auch auslassen oder nicht so genau betrachten (viel Himmelsblau…). Zu dieser Vermutung hatte mich auch die Lesegeschwindigkeit der geisteswissenschaftlich vorgebildeten Kollegen gebracht: Hatten die den Text wirklich vollständig gelesen, wenn sie soviel früher fertig waren als ich? Ich bin eigentlich kein so langsamer Leser. Mit der Seminarleiterin hatte ich mich mal über meine Probleme mit diesen Texten unterhalten, k.A., ob sie verstanden hatte, wo meine Probleme lagen; zu meinem Verständnis konnte das Gespräch leider nicht beitragen.
        onlyme schrieb mal etwas davon, dass Naturwissenschaftler keinen Symbolismus verstehen, und Geisteswissenschaftler keine Logik (o.s.ä.) – vielleicht (zur Zeit) ein unüberbrückbarer Gegensatz.

        • Noch schlimmer als Didaktiker sind allerdings Philosophen bzw. das Umfeld. Hat mal jemand „Bildung – Alles was man wissen muss“ von Dietrich Schwanitz gelesen? Bei der Erklärung der Relativitätstheorie rollen sich mir die Fußnägel auf. Angeblich hätten die Physiker nicht bedacht, dass die Lichtgeschwindigkeit endlich sei. Nicht nur war die Lichtgeschwindigkeit vor Einstein sehr genau bekannt, sondern auch das theoretische Ergebnis, dass die Lichtgeschwindigleit in jedem Bezugssystem konstant ist. Jeder Abiturient, der sich damit befasst, versteht die Relativitästheorie besser als Schwanitz, und in der Not erklärt Schwanitz die Physiker vor Einstein zu Vollidioten. Und dann schreibt Schwanitz, es sei die große Leistung von Einstein gewesen, den Mensch in den Mittelpunkt der Betrachtung zu legen. Soll das eine Leistung sein? Das kann doch jeder. Tatsächlich machte Einstein eher das Gegenteil: „Der Mond existiert auch, wenn keiner hinguckt“.

          • Joah, das klingt so, als hätte dieser Herr Schwanitz von der speziellen Relativitätstheorie und ihrer Genese herzlich wenig Ahnung.

  8. „Während feministische Positionen wissenschaftlich nicht ernst genommen werden, werden sie moralisch fraglos akzeptiert.“

    Wichtige Bemerkung, ich frage mich auch schon lange woher das kommt. ich denke es hat hier in unserer Gesellschaft eine große Verschiebung stattgefunden, hin zur Moral (Wobei die von Leuten vertreten wird, die immer die Wichtigkeit von „Machtverhältnissen“ betonen, also genau das Gegenteil von Moral).

    George Orwell schreibt in seinem Buch über den spanischen Bürgerkrieg (Hommage to Catalonya):

    „“When I see an actual flesh-and-blood worker in conflict with his natural enemy, the policeman, I do not have to ask myself which side I am on.”

    Das ist eine moralische Evidenz, die ich nachvollziehen kann (zumindest bis zum 20. Jahrhundert). Aber wie kommt man darauf, dass einer MIiderheit von Frauen in Parlamenten und Unternehmensvorständen der gleiche Status zukommt und jedem, der da nicht automatisch auf der Seite der Feministinnen steht, der moralische Kompass fehlt? Was ist da seit 1936 passiert?

          • Es wäre mir neu, dass 1939 sich viele Männer darüber beschwert haben, dass nur sie an die Front müssen.
            Das Schweigen der Männer ist daher so neu nicht.

          • Wer sich 1939 beschwert hätte, an die Front zu müssen, hätte nur ein noch größeres Übel auf sich beschworen.

          • „Wer sich 1939 beschwert hätte, an die Front zu müssen, hätte nur ein noch größeres Übel auf sich beschworen.“
            Ja, hätte es. Und das tut es auch in dieser Debatte. Selbst ich, der ich wirklich wenig zu verlieren habe, Single, eigene Firma, nihilistische Einstellung spiele in der Öffentlichkeit nicht den Helden. Das hat mir in der Vergangenheit zu viele Probleme eingehandelt.
            Die erste Regel eines MGTOW ist es nicht mit Außenstehenden darüber zu sprechen. Außerhalb der Anonymität weiß keiner, dass ich ein MGTOW bin. Ich werde zwar öfter gefragt, warum ich keine Freundin möchte aber das liegt einfach daran, dass ich noch nicht die Richtige gefunden habe (stimmt ja auch – zumindest theoretisch).

    • „Wichtige Bemerkung, ich frage mich auch schon lange woher das kommt.“

      Ich fürchte, dass Lucas da die richtige Antwort drauf gegeben hat.
      Es kommt daher, weil die gesellschaftliche Gruppe, von der man das nötige Korrektiv erwarten sollte, an dem Thema lange Zeit nicht interessiert war – und sich jetzt wie alle anderen wegduckt.

      Faszinierender Gedanke, aber auch ein stückweit erschreckend: nicht seine Evidenz hat den Feminismus zu so einer Schlagkraft gebracht, sondern seine Belanglosigkeit.

      • „nicht seine Evidenz hat den Feminismus zu so einer Schlagkraft gebracht, sondern seine Belanglosigkeit.“

        Und trotzdem irgendwie komisch, dass sich etwas was belanglos ist, sich bis auf die Knochen durchsetzt. Was noch interessant wäre: Welche anderen Theorien haben sich auf diese Weise durchgesetzt?

  9. Distinktion durch Moralität funktioniert als Distinktion also umso weniger, je erfolgreicher die aufgerufenen Moralvorstellungen vertreten werden. Je mehr diese allgemein akzeptiert werden, desto radikaler müssen sie dann variiert werden, um überhaupt noch für einen Distinktionsgewinn zu taugen.

    Das ist ja als Erklärung für die exzessiven Auswüchse der Forderungen bis ins total Absurde plausibel, lässt aber die Frage offen, bis wohin eine Gesellschaft da mitgeht. Wie groß die Irrationalität werden muss, bis merklicher Widerstand entsteht und wie der überhaupt aussehen könnte. Wie viele männliche Bildungsverlierer produziert werden, wie vielen Kindern die Väter genommen werden, wie viele Männer aus weiblich dominierten Berufsfeldern ausgeschlossen werden. Wie viele Männer aufgrund von weiblichen Behauptungen sanktioniert, geächtet oder gar eingesperrt werden, bis sich bei Männern und Frauen der gemeinsame Nenner des Menschseins wieder in den Vordergrund schiebt.

    Ich meinte mal, da könne ein „BigBang“ helfen, eine Katastrophe, eine Krise, die eben den menschlichen Zusammenhalt wichtiger macht als die Sehnsucht nach Trennung, nach Übervorteilung anderer gesellschaftlicher Gruppen. Corona hat mich da ernüchtert. Die Geschlechter bekriegen sich fast mehr als vorher. Nur von ganz Verschrobenen wird irgendwo mal ein Hinweis sichtbar, dass so viel mehr Männer an Covid sterben, dass ihnen mit Verweis auf Corona der Kontakt mit ihren Kindern beschnitten wird. Dass sie sich verprügeln und nonstop ankeifen lassen müssen, während für Frauen Hotelbetten bezogen werden, wenn sie sich ängstlich fühlen.

    Die Spriale des Irrsinns scheint sich unendlich weiterzudrehen. Und es ehrt die Maskulisten, dass sie verhältnismäßig leise und auf dem Boden bleiben. Aber ist das der richtige Weg?

    • @beweis
      „Ich meinte mal, da könne ein „BigBang“ helfen, eine Katastrophe, eine Krise, die eben den menschlichen Zusammenhalt wichtiger macht als die Sehnsucht nach Trennung, nach Übervorteilung anderer gesellschaftlicher Gruppen. Corona hat mich da ernüchtert. “
      Das liegt daran, dass Corona kein BigBang ist. Ein BigBang war die Pest die, gerechnet auf heute, 2-3 Milliarden Menschen umgebracht hätte und nicht die paar Vorgeschädigte die bei Corona draufgehen.
      Wenn es so weit ist, dann kannst du sicher sein, dass die paar Feministen die nicht an der Krankheit sterben, ganz schnell verhungern wenn sie die Fresse aufmachen.
      Corona hingegen ist eher ein Medienspektakel so wie der Terrorismus, bedauerlich aber letztlich in keinster Weise für die überwiegende Masse gefährlich.

        • Man schätzt, dass die mittelalterliche Pest in Europa ein Drittel der Bevölkerung ausgelöscht hat, direkt bzw. indirekt.
          Bei der heutigen Bevölkerungszahl wären das…

          • Ok. Ich verstehe nur die Logik nicht, warum es heute mehr Infizierte gegeben hätte als bei der Pest 1347-1351 mit 25 Millionen Tote. 25 Millionen Tote wären heute ja auch 25 Millionen Tote.

          • „Ok. Ich verstehe nur die Logik nicht, warum es heute mehr Infizierte gegeben hätte als bei der Pest 1347-1351 mit 25 Millionen Tote. 25 Millionen Tote wären heute ja auch 25 Millionen Tote.“
            Weil wir viel mehr Menschen sind und aufgrund der Globalisierung alle miteinander verbunden sind..
            Vor 1000 Jahren hat es Monate gedauert bis du in Asien warst, während Australien und Amerika ganz isoliert von Europa waren. Auch in Afrika waren die Wege aufgrund der geographischen Gegebenheiten deutlich länger. Ein Infizierter wäre lange tot bis er bestimmte entlegene Regionen erreicht hätte.
            Gegen die Pest ist Corona wirklich eine Lächerlichkeit die im Mittelalter vermutlich nicht einmal aufgefallen wäre.

          • „Weil wir viel mehr Menschen sind und aufgrund der Globalisierung alle miteinander verbunden sind..“

            mh… Also, aber dafür haben wir andere medizinische Massnahmen und die Pest lässt sich ja mit Antibiotika behandeln. Ausserdem ist die Pest noch noch nicht besiegt worden und diese breitet sich komischerweise nicht so aus wie du das beschreibst.

          • „Also, aber dafür haben wir andere medizinische Massnahmen und die Pest lässt sich ja mit Antibiotika behandeln“
            Das war ein Beispiel für einen echten BigBang welcher in der Vergangenheit stattfand und wirklich etwas verändert hat. Die Pest wird es vermutlich nicht mehr werden aber es gibt genügend andere Mikroorganismen gegen die wir nur wenig oder gar nichts haben und die, bei einer Verkettung unglücklicher Zufälle, durchaus ähnlich tödlich wie die Pest sein können.

  10. „Die begrenzte Bedeutung feministischer Positionen in der Soziologie ist also zumindest zum Teil ein Resultat der uneingestandenen Erfahrung, dass aktuelle feministische Positionen bei der empirischen Forschung kaum nützlich sind.“

    Feministische „Forschung“ ist selbstbezüglich, kann damit problemlos eine andere Wirklichkeit ausblenden. Daher führt sie bei der Erklärung der realen Welt nicht weiter.
    Feministische „Forschung“ kann nur die eigene Teletubby-Welt erklären.
    Eine feministische „Forscherin“ hätte keine Probleme mit der Forderung, um den Rand der Welt einen Sicherheitszaun zu ziehen, damit keine Frauen (und Kinder) versehentlich über seine Kante fallen, indem sie das Faktum aus der Realwelt, dass die Erde eine Kugel ist und damit keine Kante hat, entweder ignoriert, oder als patriarchales Unterdrückungsinstrument angreift.

    • „Da ist der Vater, der Zweifel an seiner biologischen Vaterschaft hat. Er braucht aber für den notwendigen DNA-Test die Zustimmung der Mutter oder einen richterlichen Beschluss. Jeden Hundehaufen kann man problemloser seinem Erzeuger zuordnen.“

      „„Um Männern zu helfen, denen von ihrer Partnerin körperlich oder seelisch Gewalt angetan wird, hat die 51jährige Monika Ebeling zusammen mit ihrem Mann Harald in Braunschweig den Männernotruf gegründet. Ein solcher Notruf ist nach Angaben der Ebelings bisher bundesweit einmalig.““

      https://www.freitag.de/autoren/redfox/hexenverbrennung-reloaded

      Ich habe keinen einzigen zitierten Satz von Monika Ebeling gelesen was irgendwie daneben wäre. Diejenigen Menschen die im Unrecht sind sollten verfolgt werden so und diejenige die in Nachteil sind, soll man helfen egal ob es sich um Männer oder Frauen handelt.

      Oder:

      „„Die Finanzmittel der einseitigen Frauenförderung sollten freigegeben werden für nachhaltige Projekte, die auch Jungen, Männern und Vätern zu Gute kommen. Letztlich profitieren auch Frauen davon, wenn es dem anderen Geschlecht „gut“ geht.“

      Ja natürlich ist das so. Das war ja schon immer so. Wenn man natürlich die Männer so kaputt macht dass sie dann keine Lust mehr haben zu heiraten oder für eine Familie zu arbeiten dann werden es die Frauen sehr sehr schwer haben.

      • @Paplo:
        Danke für die Antwort auf Semikolon.
        Und: Ich habe deine Rechtschreibkorrekturen gelöscht da diskussionsfremd; dass da nur deine Korrektur und mein Danke stand, hat mich dann doch gestört. Nimm’s mir nicht übel! LG.

      • Weil ja nicht alle klicken, das Ebeling Zitat ging freilich so weiter:

        „Es ist undenkbar und auch unnötig die vorhandenen Strukturen der weiblichen Förderung durch gleichwertige der männlichen Förderung zu ergänzen. Wer wollte das finanziell und organisatorisch bewältigen und wie lange müsste man noch warten, bis das alles etabliert ist? Wollen wir eine männliche Parallelwelt aufbauen, die vielleicht sogar einen Geschlechterkampf weiter befeuern würde?

        Deshalb: Keine Angst und weg mit dem “Gedöns“, wie es Altkanzler Schröder einmal nannte. Wir tragen damit zur weiteren Stärkung unserer Gesellschaft und auch zur Befreiung des Mannes bei!“

          • „Semikolon mutiert zur Maskulistin.“

            Ja, ich weiß auch nicht, wie ich sie sonst verstehen soll (*am Kopf kratz*)

            Sollten 10 Jahre doch Früchte tragen?
            Lassen wir den guten Goethe zu Wort kommen: Die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube.

        • Meiner Ansicht nach, will sie sagen dass es besser ist, die Gelder die nur den Frauen zu Verfügung stehen, in beide Geschlechter zu investierenanstatt eine Parallelwelt zu erschaffen, in dem sich Frauen und Männer noch mehr streiten.

          • „Meiner Ansicht nach, will sie sagen dass es besser ist, die Gelder die nur den Frauen zu Verfügung stehen, in beide Geschlechter zu investierenanstatt eine Parallelwelt zu erschaffen, …“

            Genau das ist es ja, was uns alle verblüfft.
            Normalerweise würde sie Dir nicht die trockene Scheibe Brot auf dem Teller gönnen, solange es noch eine Frau auf diesem Planeten gibt, die keine drei Vollmahlzeiten am Tag angeben kann.

          • Jetzt habe ich ein Tilt im Gehirn und verstehe nicht ganz um was es geht. Die untere Aussage stammt doch von Monika Ebeling und nicht von Semikolon:

            „Die Finanzmittel der einseitigen Frauenförderung sollten freigegeben werden für nachhaltige Projekte, die auch Jungen, Männern und Vätern zu Gute kommen. Letztlich profitieren auch Frauen davon, wenn es dem anderen Geschlecht „gut“ geht.

            Es ist undenkbar und auch unnötig die vorhandenen Strukturen der weiblichen Förderung durch gleichwertige der männlichen Förderung zu ergänzen. Wer wollte das finanziell und organisatorisch bewältigen und wie lange müsste man noch warten, bis das alles etabliert ist? Wollen wir eine männliche Parallelwelt aufbauen, die vielleicht sogar einen Geschlechterkampf weiter befeuern würde?

            Deshalb: Keine Angst und weg mit dem “Gedöns“, wie es Altkanzler Schröder einmal nannte. Wir tragen damit zur weiteren Stärkung unserer Gesellschaft und auch zur Befreiung des Mannes bei!“

            Ich verstehe nicht warum ihr so erstaunt seid?

          • @Paplo:
            Ich glaube, hier liegt ein Missverständnis vor. Semikolon hat sich soweit verrannt, dass sie hochvernünftige Äußerungen für falsch, empörend und entlarvend hält. Sie stimmt dem Zitat inhaltlich gar nicht zu.

          • Ja das sehe ich auch so. Darum habe ich nicht verstanden, warum ihr sagt sie sei zum Maskulinisten mutiert oder hätte Fortschritte gemacht usw… oder war das Sarkasmus?

  11. Wie also ist eigentlich die gigantische Disziplinierungsleistung möglich, dass Zigtausende von Vätern Monat für Monat arbeiten, um ein System zu stützen und zu ermöglichen, an dem sie und ihre Kinder leiden? Welche institutionellen Bedingungen sind für eine solche Disziplinierungsleistung nötig? Von welchen kulturellen Werten, von welchen Klischees wird sie in den öffentlichen Diskursen orchestriert – und wie prägen diese Diskurse die Selbstbilder von Vätern?

    Das funktioniert aus demselben Grund, aus dem heraus Familien Lösegeld zahlen, wenn man ihre Kinder entführt. Man nimmt die Kinder der Väter als Geiseln.

    • „Das funktioniert aus demselben Grund, aus dem heraus Familien Lösegeld zahlen, wenn man ihre Kinder entführt. Man nimmt die Kinder der Väter als Geiseln.“

      Und wenn die Kinder groß sind, fehlt das Ziel, für das zu kämpfen es sich lohnt. Und die meisten Väter sind müde und erschöpft vom permanenten subtilen Kampf um die Kinder.

      Meine Kriegskasse ist randvoll und ich würde zu gern den Roben noch zum Abschied richtig einen einschenken – wenigstens für meine Enkel, aber sie bieten mir keinen Angriffspunkt 😦

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