Tag: 14. Mai 2020
Distinktiongewinne und das „Rennen zum Absurden“
Ich möchte aus dem Gastbeitrag von Lucas Schoppe noch einmal einen Punkt herausgreifen:
So aber wirken feministische Positionen im wissenschaftlichen Diskurs schon seit einer ganzen Weile weniger durch ihre Bedeutung für die Forschung als durch eine moralisch grundierte Distinktion. Wer von dort aus agiert, kann andere beurteilen, nämlich als „Frauenfeinde“, „Misogyne“, „Antifeministen“ oder auch positiv als „kluge Männer“ (Schwarzer) – ohne aber selbst umfassend von diesen anderen beurteilt zu werden, zumindest nicht im offenen Diskurs.
Distinktion durch überlegene Moralität aber produziert ganz besondere Widersprüche. Wer moralisch argumentiert, der ist dann erfolgreich, wenn er möglichst viele andere von der Gültigkeit seiner Position überzeugt. Wer sich aber von anderen unterscheiden will, kann mit solchen Verallgemeinerungen der eigenen Position nichts anfangen, weil diese Position sich ja eben gerade dadurch beglaubigt, dass sie sich vom Allgemeinen – sei es der „Pöbel“, sei es das „Patriarchat“ – unterscheidet.
Distinktion durch Moralität funktioniert als Distinktion also umso weniger, je erfolgreicher die aufgerufenen Moralvorstellungen vertreten werden. Je mehr diese allgemein akzeptiert werden, desto radikaler müssen sie dann variiert werden, um überhaupt noch für einen Distinktionsgewinn zu taugen.(…)
Distinktion durch Moralität begründet so nicht unbedingt einen „race to the bottom“,
https://de.wikipedia.org/wiki/Race_to_the_bottom , aber ein „race to the absurd“: Es kommt ja gerade darauf an, Positionen zu beziehen, die eben nicht von allen geteilt werden können, die dann aber für alle gelten sollen.
Distinktion etwas einfach ausgedrückt wäre die Unterscheidung und der Distinktionsgewinne lassen sich nur dann abgreifen, wenn man deutlich unterscheidbare Meinungen hat.
Das lässt sich gut in andere Betrachtungen einreihen:
Das der Feminismus immer absurdere Forderungen aufmacht und sich die Vertreter mit einer „Call out Culture“ darum bemühen sich als derjenige zu profilieren, der noch „Heiliger“ ist, der noch mehr die Rechte aller schützt wurde ja hier schon häufig behandelt.
Es würde gerade diese Call Out Culture erzeugen, wenn sich alle darum bemühen sich in ihren Moralansätzen unterscheidbar zu machen, sich als die noch besseren darzustellen, denn das ist gegenüber der Masse ja nur sehr eingeschränkt möglich bei dem gegenwärtigen Stand der Diskussion. Wer sich innerhalb der Szene etablieren will, der muss sich gerade innerhalb der Szene abgrenzen. Nur dort ist noch ein Distinktionsgewinn zu realisieren. Es muss damit immer absurder werden und es darf niemals zurück in den Mainstream kommen.
Sobald der Mainstream eine Idee akzeptiert muss man damit zwangsläufig eine weitere draufsetzen.