Kinderfotos im Netz

Kinderfotos im Netz, das ist ein Thema, welches schon zu vielen Meinungsverschiedenheiten geführt hat.

 

Auf der einen Seite die Leute, die es als ungefährlich ansehen und gerne schöne Kinderfotos veröffentlichen wollen, auf der anderen Seite Leute, die meinen, dass man Kinder möglichst nicht ins Netz stellen sollte, sei es um deren Persönlichkeitsrechte zu wahren, sei es weil man befürchtet, dass Pädophile sich an den Fotos ergötzen, auch wenn sie die Kinder nicht in anzüglichen Position oder Kleidungen zeigen.

In der Mitte steht die Fraktion, die zwar Fotos im Internet postet, aber eben so, dass man beispielsweise nur den Hinterkopf des Kindes sieht oder aber bei dem Kind Sternchen oder sonstige Zeichen über dem Gesicht gemalt werden um es zu anonymisieren.

Aus meiner Sicht kann man durchaus mal ein Foto posten, ich selbst finde es nicht so schlimm. Südländerin hingegen hält sich stark zurück, was bei einem so süßen Kind wie dem unseren natürlich nicht einfach ist..

Auch natürlich beliebt: der Streit darüber nach der Trennung, mitunter einfach nur weil man dem Partner nicht erlauben will, dass er Bilder einstellt, die ihn zusammen mit dem Kind zeigen

Wie seht ihr die Gefahren, wie handhabt ihr es?

Hengameh Yaghoobifarah (oder evtl nur die Taz) bittet um Polizeischutz

Eine interessante Nachricht im Nachklang zu dem „Polizei und Müllhalde“-Text:

Die Autorin der heftig umstrittenen Kolumne über Berliner „Müll-Polizisten“, Hengameh Yaghoobifarah, wird offenbar massiv bedroht. Die Journalistin  bat die Berliner Polizei jetzt um ein Beratungs- und Sicherheitsgespräch, um mit den zahlreichen Anfeindungen gegen ihre Person besser umgehen zu können.

Dies erfuhr FOCUS am Sonntag aus Berliner Polizeikreisen. Der Justiziar und die Chefredaktion der linken Tageszeitung „taz“ hatten im Auftrag von Yaghoobigfarah vor Tagen Kontakt zum Berliner Polizeipräsidium aufgenommen und um Hilfe für die nach eigener Angabe massiv eingeschüchterte Journalistin gebeten.

In der Redaktion waren zu diesem Zeitpunkt zahlreiche Telefonate und E-Mails mit bedrohlichem Inhalt eingegangen. Einige Reaktionen konnten als direkte Gefährdung für das körperliche Wohl der Journalistin eingestuft werden.

Nach FOCUS-Informationen werden sich Beamte des Polizei-Abschnitts 53 am Checkpoint Charlie, gleich in der Nähe der „taz“, um die Sicherheit der Redaktion kümmern. Die Berliner Polizei wollte sich auf FOCUS-Anfrage zu dem Fall der bedrohten Journalistin nicht äussern.

Vorweg: Natürlich hat sie Anspruch auf Polizeischutz, wenn sie tatsächlich bedroht wurde. Die Polizei kann ihre Dienste nicht von Sympathie abhängig machen und hat hier auch natürlich eine großartige Gelegenheit ihre eigene Wichtigkeit zu betonen und Hengameh indirekt dazu zu bringen sich für ihren Text zu schämen.

Was geht in ihr vor, dass sie nun um Polizeischutz bittet? Ist ihr das peinlich aber ist ihr die Lage zu gefährlich oder ist es – passend zu den intersektionalen Theorien – eher Trotz, bei dem sie noch anfordert, dass man ihr „vernünftige Polizisten“ schickt.

Und das bringt natürlich gleich die andere Seite vor ein Auswahlproblem:
Welche Polizisten schickt man da hin? Als weißer Polizist könnte man ja schon berechtigte Vorbehalte haben. Schickt man nur PoCs hin? Oder nur Frauen? Oder nur PoC-Frauen? Oder gerade die „normalsten“ Beamten, alte weiße Männer, aber erfahren in dem Bereich, damit sie hinterher nicht sagen kann, dass sie so froh war PoCs/Frauen um sich zu haben und keine alten Männer?

 

Korrektur: Evtl hat nur die TAZ aber nicht die Autorin um Polizeischutz gebeten schreibt die Welt:

Die Redaktion der „taz“ hat wegen Drohungen gegen die Autorin der umstrittenen „taz“-Kolumne „All cops are berufsunfähig“ die Unterstützung der Polizei gesucht. Sowohl die Autorin Hengameh Yaghoobifarah als auch die Zeitungsredaktion hätten Drohungen in Bezug auf die Kolumne erhalten, bestätigte die stellvertretende Chefredakteurin Katrin Gottschalk gegenüber WELT.

Die Bitte um ein Beratungs- und Sicherheitsgespräch bei der Berliner Polizei sei aber von der Redaktion selbst ausgegangen, nicht von Yaghoobifarah. Dies hatte das Nachrichtenmagazin „Focus“ am Sonntag berichtet und sich dabei auf Informationen aus Berliner Polizeikreisen bezogen. In der Redaktion seien schon vor Tagen zahlreiche Telefonate und E-Mails eingegangen, von denen einige als direkte Gefährdung für das körperliche Wohl der Journalistin eingestuft werden könnten.

Dass sich in Berlin Polizisten des benachbarten Reviers nahe der „taz“-Büroräume um die Sicherheit der Redaktion kümmerten, wie „Focus“ weiter berichtet, habe nichts mit den aktuellen Drohungen zu tun, stellte die stellvertretende Chefredakteurin klar. Es handle sich hier um übliche Sicherheitsmaßnahmen, die auch für andere Medienhäuser in Berlin vorgenommen werden.

Update: Hengameh teilt diesen Tweet:

Dazu:

Und:

Die Theorien von DiAngelo zu Weißen und ihre spaltende Wirkung

Ich fand diese zwei Tweets ganz interessant:

In der Tat drängt einen Identitätspolitik eben in Identitäten, eigentlich das Gegenteil von dem, was man dort eigentlich erreichen will. Und wer Identitäten hat, der wird sich eben mit ihnen eher Identifizieren und sich angegriffen fühlen, wenn diese abgewertet werden.

 

 

 

Die fiesen Männer, die einfach keine bessere Anti-Baby-Pille entwickeln

Comedy auf die Goldwaage zu legen ist natürlich an sich schon etwas gefährlich, aber diesen Abschnitt fand ich zu einem Auftritt von Carolin Kebekus fand ich doch besprechenswert:

Auch wenn die Anfänge auf die amerikanische Frauenbewegung zurückgehen: Die Pille wurde von Männern entwickelt – und sorry, Leute, das merkt man“, betonte sie. Besorgniserregend seien die vielen Nebenwirkungen des Verhütungsmittels wie Erbrechen, Stimmungsschwankungen, Depressionen, Embolien oder auch ein erhöhtes Thrombose-Risiko.

Das Problem sei, so die Komikerin, dass die Pille seit Jahrzehnten kaum verändert wurde. „Heute haben wir fucking Smartphones, aber Frauen schlucken immer noch den ‚Commodore64‘ der Verhütung“, sagte sie in Anspielung auf die Entwicklung des Computers, die in den vergangenen Jahren schnell vorangetrieben wurde. Schlimmer noch: Die modernen Pillen haben sogar noch mehr Nebenwirkungen als ihre Vorgänger, erklärte Kebekus. „Es wird einfach viel zu wenig geforscht, um die Pille besser zu machen“, beklagte sie. „Normalerweise geben Pharmakonzerne 20 Prozent ihres Umsatzes in die Forschung. Bei Verhütungsmitteln sind es lächerliche zwei Prozent“, sagte sie. Das liege daran, dass damit kein Geld verdient werden würde, weil Frauen die Pille wegen mangelnder Alternativen ohnehin trotzdem schlucken würden.

Adrian twitterte schon das passende dazu:

Aber die Idee, dass man mit einer besseren Pille kein Geld verdienen könnte ist ja auch wenig durchdacht. Denn bereits jetzt gibt es ja Pillen verschiedener Hersteller, die in einem Wettbewerb stehen. Natürlich hätte jeder Hersteller gerne eine Pille im Angebot die weniger Nebenwirkungen hat.

Aber das Problem dürfte eher sein, dass es eben nur bestimmte Mechanismen gibt, die eine Schwangerschaft verhindern bzw dem Körper eine Schwangerschaft vortäuschen und so kurzzeitig eine Schwangerschaft verhindern.

Jedenfalls ist ja Medizin nun keineswegs ein männlich besetztes  Feld. Niemand hindert Frauen daran dort zu forschen und ein besseres Produkt zu entwickeln. Wenn sie meint, dass das Potential ungenutzt ist, dann ist das mal wieder eine Marktchance, in die sie Geld stecken könnten.

Den Knaller lieferte die Komikerin am Schluss des Beitrages, als sie die Pillenpause und die damit eintretende Blutung erwähnte.

Denn die, das ließ sich Kebekus von einer Gynäkologin bestätigen, hat medizinisch überhaupt keinen Sinn. „Die Blutung, die eintritt, wenn man mit der Pille pausiert, hat einfach null mit einer Menstruation zu tun“, sagte sie. Warum es die Blutung dann überhaupt gibt? „Weil einer der Erfinder der Pille der katholischen Kirche mit diesen Blutungen so eine Art Natürlichkeit vorgaukeln wollte“, erklärte Kebekus.

Am Ende profitieren vor allem die Hersteller von Menstruationsprodukten. „Ich habe 15 Jahre die Pille genommen und die ganze Zeit umsonst geblutet? Ungefähr neun Liter Blut. Umsonst!“, stellte die Komikerin abschließend fest. Eine Tatsache, die die wortgewandte Kebekus fassungslos macht.

Es fasziniert mich immer wieder, wie leicht Frauen die Verantwortung für so etwas abgeben und es als eine Art Unterdrückung sehen können. Es gibt ja nun wahrhaftig genug Gynäkologinnen, es gibt genug Frauenzeitschriften, es gibt seit geraumer Zeit das Internet, bei dem man sich über die Vor- und Nachteile des Durchnehmens informieren kann.

Aber nein, die große Verschwörung der Kirche steckt dahinter.

 

Selbermach Samstag 296 (27.06.2020)

Welche Themen interessieren euch, welche Studien fandet ihr besonders interessant in der Woche, welche Neuigkeiten gibt es, die interessant für eine Diskussion wären und was beschäftigt euch gerade?

Welche interessanten Artikel gibt es auf euren Blogs? (Schamlose Eigenwerbung ist gerne gesehen!)

Welche Artikel fandet ihr in anderen Blogs besonders lesenswert?

Welches Thema sollte noch im Blog diskutiert werden?

Für das Flüchtlingsthema oder für Israel etc gibt es andere Blogs

Ich erinnere auch noch mal an Alles Evolution auf Twitter und auf Facebook.

Es wäre nett, wenn ihr Artikel auf den sozialen Netzwerken verbreiten würdet.

Wer mal einen Gastartikel schreiben möchte, auch gerne einen feministischen oder sonst zu hier geäußerten Ansichten kritischen, der ist dazu herzlich eingeladen

Das Kondom nach dem Sex als Mann mitnehmen?

Ein Tweet dazu, wie man als Mann danach mit dem Kondom umgeht:

Kumpel nimmt nach seinen One-Night-Stands immer seine benutzen Kondome mit, weil er Angst hat, dass sich im Nachhinein eine der Damen damit schwängert. Überlege noch, ob ich es berechtigte Vorsicht oder Paranoia ist.

Ich muss zugeben ich habe das auch ein paar Mal gemacht. Gar nicht mal weil mir die Frau dazu Anlass gegeben hat, aber irgendwie fand ich es in diesem Moment sicherer als ihn in der Wohnung zu lassen. Ich denke es war etwas Paranoia. Wobei die Rechnung für ein Handeln ja immer die Schadenskalkulation ist, bestehend aus der Wahrscheinlichkeit, dass der Schaden eintritt (sehr gering, wenn man die gute alte „Never stick your dick in crazy“ Regel befolgt) und dem Schaden der entsteht, wenn die geringe Wahrscheinlichkeit dennoch eintritt (enorm!). Dagegen muss man dann noch die Mühe rechnen, den Schaden sicher abzuwenden oder zu verringern und das Kondom einfach kurz in ein Taschentuch zu stecken und mitzunehmen macht eben auch wenig Mühe.

Habt ihr das schon mal gemacht? Paranoid oder berechtigte Vorsicht?

Christian Jakob in der Taz zu dem Konflikt zwischen „klassischen linken Positionen“ und „Intersektionalismus“

Christian Jakob wirft in der Taz einen Blick auf die Debatte zum „Müllartikel“ von Hengameh und führt dabei interessantes zum Intersektionalismus aus.

Er beschreibt, dass einige von dem Text entsetzt waren und einige andere entsetzt waren, dass man den Text kritisiert und das dies eben ein Konflikt zwischen den Intersektionalen und den „klassischeren Linken“ ist. Und damit teilweise auch eine Generationenkonflikt.

Die taz-Online- und Social-Media-Redakteurin Juliane Fiegler war entsetzt: Sie könne „echt nicht glauben, das macht mich fast sprachlos, dass diese Zeilen einfach durchgegangen sind und niemand ganz laut NEIN, STOPP! gerufen hat“, schrieb sie. Auch sie sei für Meinungsvielfalt. Aber hier gehe es um Rassismus-Erfahrungen. „Und sorry: Zum Thema Rassismus finde ich persönlich nur EINE Meinung ok.“

In diesen Sätzen steckt, wo die Differenzen liegen: In der Frage, was es genau bedeutet, wer spricht. Vor allem jüngere KollegInnen halten dies heute für entscheidend. Das zeigte auch der Tweet einer Kollegin vom Samstag: Sie hätte sich „gewünscht, dass all die White Privilege People“ nichts zu der „Müll“-Kolumne gesagt hätten. „Den Diskurs sollten diejenigen führen, die wirklich etwas zu struktureller Diskriminierung zu sagen haben.“

Das ist ja in der Tat der klassische Konflikt: Die einen schauen auf den Inhalt, die anderen nur darauf, wer etwas sagt und wer meint etwas dagegen sagen zu dürfen. Aus der Position der Schreibenden in der Opferhierarchie bezüglich des konkreten Themas  (hier PoCs leiden unter Polizeigewalt) ergibt sich dann die Berechtigung und allenfalls darf jemand aus einer anderen Opferhierarchie angeben, dass dessen Kategorie nicht mitbeachtet ist („Was ist mit Transsexuellen Polizisten?? Werden die nicht schon genug wie Müll behandelt?“) oder jemand aus der gleichen Opferkategorie kann anführen, dass sie noch zu mild ist.

Einige KollegInnen sahen ein „Redeverbot“ für Weiße anrollen. Ein Irrtum. Denn natürlich wird niemandem verboten zu reden. Erwartet wird vielmehr, sich der Auffassung anzuschließen, nichts zum Diskurs beizutragen zu haben, wenn man keine eigenen Erfahrungen hat – und deshalb freiwillig zu schweigen, anders also als Küppersbusch. So soll die gesellschaftliche Auseinandersetzung stärker von Benachteiligten bestimmt werden können und sich die Dinge deshalb zum Besseren verändern mögen.

Eine gar nicht so schlechte Darstellung. Es wird nicht verboten zu reden, es wird nur erwartet, dass man selbst merkt, dass man nicht reden sollte (und ein Verstoß dagegen natürlich dann wieder kritisiert).

Und deswegen „darf“ eine PoC-Autorin wie Hengameh Yaghoobifarah in den Augen intersektional Denkender auch „alles“, wie es hieß. Wer ihr das abspricht – und etwa an der Kolumne herummäkelt –, ist kein guter „ally“, Verbündeter der Diskriminierten, sondern verteidigt seine Privilegien. Und wer ihr das abspricht und selber PoC ist, ist in dieser Lesart ein „token“, also von Weißen manipuliert. Entscheidend ist die Zugehörigkeit zu einem privilegierten oder zu einem unterdrückten Kollektiv. Aus Letzterem soll Definitionsmacht erwachsen – das Recht also, zu bestimmen, was diskriminierend ist. Rassistisch etwa ist demnach, was von einer – im Zweifelsfall einzigen – PoC so empfunden wird. Für intersektional Denkende ist dies zwingend.

Es soll daraus Definitionsmacht erwachsen, aber nur sofern man sich an die zulässigen Definitionen hält – alles andere ist in der Tat dann ein Überlaufen zum Feind, denn es gibt nur eine Wahrheit. Und die steht ganz klar fest. Wer sie nicht teilt, der hat damit nichts verstanden oder will es aus politischen Gründen nicht verstehen.

(…) Ältere LeserInnen und RedakteurInnen der taz tun sich damit teils schwer. Einige sehen ihre blinde Flecken, im Weltbild und im eigenen Handeln. Andere sind verunsichert, fürchten Rassismusvorwürfe und fragen sich, wo und wie sie als Weiße mitreden sollen, wenn von ihnen eigentlich nur erwartet wird, „sich über den eigenen Rassismus zu bilden“. Und wieder andere finden, dass die Fixierung auf „Privilegenreflexion“ und Identität viele wichtige Fragen unter den Tisch fallen lässt. Oder sie stoßen sich daran, dass für die Vorstellung gemischter politischer Organisierung und Solidarität in der intersektionalen Vorstellung von Antirassismus wenig Platz ist.

In der Tat fallen dabei viele Fragen unter den Tisch. Beispielsweise spielt Klasse, früher eines der wichtigsten Kriterien innerhalb der Linken, quasi keine Rolle mehr, weil es auch zu Kategorien übergreifend ist. Und in der Tat führt Intersektionalismus schnell zu einer Trennung, zu einer Verstärkung der Unterschiede, zur Betonung von Sachen wie Geschlecht oder Rasse, statt zu einer Überwindung der Unterschiede.

Umgekehrt werfen jüngere KollegInnen den Älteren vor, Anstoß an der „Müll“-Kampagne zu nehmen, weil sie „ihre“ taz beschädige, nicht aber an rassistischen oder sexistischen Karikaturen, die nur andere verletzen. Für sie ist solch zweierlei Maß Ausdruck weißen Privilegs. Und das wollen sie nicht durchgehen lassen.

Natürlich nicht! Das darf man auch nicht durchgehen lassen. Wäre ja interessant wie da die Konflikte ausgetragen werden. Ich kann mir gut vorstellen, dass es da einiges an Verwerfungen gibt.

Was mit der politischen Fixierung auf Privilegien zu gewinnen ist, ist nicht ausgemacht. Diese zielt vor allem auf die Subjekte. Veränderung soll zum einen über moralische Anrufung und die daraus folgende Bereitschaft kommen, unrechtmäßige Vorteile abzutreten. In einer „neoprotestantischen Selbstdisziplinierung“ sollen Weiße ihre Besserstellung aufgeben und „Machtverhältnisse aktiv verlernen“, sagt der Soziologieprofessor und Mitgründer der Gruppe „Kanak Attak“, Vassilis Tsianos, dazu. „Die Organisationsfrage wird nicht gestellt, die Eigentumsverhältnisse werden nicht angetastet.“

Das finde ich ja auch nach wie vor naiv, aber hier gut dargestellt:

Veränderung soll zum einen über moralische Anrufung und die daraus folgende Bereitschaft kommen, unrechtmäßige Vorteile abzutreten

Ein ziemlich bescheuerter Ansatz. Gerade dann wenn die moralische Anrufung sich auf eine Gruppenschuld bezieht und daraus eine persönliche Verantwortung macht.

In einer „neoprotestantischen Selbstdisziplinierung“ sollen Weiße ihre Besserstellung aufgeben und „Machtverhältnisse aktiv verlernen“

Da haben sie sich alle Macht geschnappt und verlernen sie dann wieder, einfach nur weil man es ihnen sagt.

Auch Kritik am Staat ist bestenfalls sekundär. Denn der andere Weg, über den intersektional Denkende Veränderungen herbeiführen wollen, ist von oben: Institutionell verankerte Diversity soll nominell Unterprivilegierten – bei denen es sich allerdings ausnahmslos um AkademikerInnen handelt – Zugänge zur Macht verschaffen. „Reformeliten ohne soziale Bewegungen“, sagt Tsiannos.

Das ist kein dummes Konzept, wenn man derjenige ist, der dafür bezahlt wird die Veränderung für die Gesellschaft zu erreichen. Man braucht sich nicht groß mit einer Graswurzelbewegung beschäftigen, sondern man muss nur an die Fördertopfe ran.

Eines der Felder dieser Auseinandersetzung sind die Medien. Neben der stärkeren Repräsentation von Minderheiten steht dabei dreierlei im Raum, was aus teils guten Gründen gefordert, bislang aber kaum offen verhandelt wird.

Erstens: Meinungen sollen unterschiedlich behandelt werden, je nachdem, wer sie äußert. Wer unterdrückt wird, hat erst mal recht. Dafür stehen Imperative, die etwa bei #MeTwo zu hören waren: Nicht relativieren, nicht infrage stellen, nicht anzweifeln. Am besten gar nichts sagen. Nur zuhören. Wie viele es sich auch bei der „Müll“-Kolumne wünschten. Zum „nicht kritisieren“ ist es da nicht weit. Für Journalismus, der ohne zu kritisieren nutzlos ist, ist das heikel, für den gesellschaftlichen Dialog auch.

Mit der Einschränkung, dass er unterdrückt wird bzw zu einer unterdrückten Kategorie gehört (es kann ihm dabei wunderbar gehen) und auch das richtige sagen muss

Zweitens: Expertise, die auf eigener Erfahrung gründet, hat Vorrang. Heute ist ausgemacht, dass eine Talkrunde über Rassismus ohne PoCs inakzeptabel ist. Das Schlagwort lautet: Erkenntnisbarrieren. Aber was heißt das für andere Felder?

Erfahrungen allerdings, die als akzeptiertes Mitglied einer unterdrückten Kategorie gewonnen worden sind.
In der Tat kann in der Sicht ein männlicher Forscher, der zB jahrelang mit vielen Veröffentlichungen zu den Ursachen des Gender Pay Gaps geforscht hat und diese eben nicht auf Sexismus zurückführt, nicht gegen eine Frau ankommen, die anführt, dass sie nur wegen Sexismus nicht mehr verdient.

Drittens: Diskriminierten soll Sicherheit vor Verletzungen garantiert werden. Für den Journalismus heißt dies, sprachliche Gewalt zu unterbinden. Das bekannteste Beispiel ist die Ächtung des verletzenden N-Worts. Die Implikationen gehen allerdings darüber hinaus: Wenn der Gewaltbegriff tendenziell der sozialen Aushandlung entzogen und der individuellen Definitionsmacht übertragen wird, ist er zwangsläufig entgrenzt. Auch ein Satz wie der eingangs geschilderte von Küppersbusch kann dann als rassistisch ausgelegt werden – und müsste folglich gestrichen werden. Extrem heikel.

Auch das ein interessanter Punkt. Ein Marginalisierter hat einen Anspruch darauf, dass er vor allen Anfeindungen geschützt wird und sicher ist. Ein Privilegierter hingegen sollte mal die Erfahrung machen wie es ist schlecht behandelt zu werden. Wird ihm nur gut tun. Der Satz hier dazu: „Wenn der Gewaltbegriff tendenziell der sozialen Aushandlung entzogen und der individuellen Definitionsmacht übertragen wird, ist er zwangsläufig entgrenzt“. Finde ich gut. Es wird eben Gewalt neu definiert in „berechtigtes sich wehren und nach oben treten“ und „Unberechtigte Angriffe und nach unten treten“. Berechtigtes nach oben treten kann es dann auch sein, wenn man in einer Zeitschrift mit hoher Auflage alles schreiben kann, was man will.

 

Die Auswirkungen friedlicher bzw nichtfriedlicher Demonstrationen in Bezug auf das Wahlverhalten und Fragile Whiteness

Eine interessante Studie hat sich der Frage angenommen, wie sich Demonstrationen auf das Wahlverhalten auswirkten:

How do stigmatized minorities advance agendas when confronted with hostile majorities? Elite theories of influence posit marginal groups exert little power. I propose the concept of agenda seeding to describe how activists use methods like disruption to capture the attention of media and overcome political asymmetries. Further, I hypothesize protest tactics influence how news organizations frame demands. Evaluating black-led protests between 1960 and 1972, I find nonviolent activism, particularly when met with state or vigilante repression, drove media coverage, framing, Congressional speech and public opinion on civil rights. Counties proximate to nonviolent protests saw presidential Democratic vote share among whites increase 1.3-1.6%. Protester-initiated violence, by contrast, helped move news agendas, frames, elite discourse and public concern toward “social control.” In 1968, using rainfall as an instrument, I find violent protests likely caused a 1.6-7.9% shift among whites towards Republicans and tipped the election. Elites may dominate political communication but hold no monopoly.

Quelle: Agenda Seeding: How 1960s Black Protests Moved Elites, Public
Opinion and Voting

Der Studie nach hätten also friedliche Demonstrationen für die Bürgerrechte von Schwarzen, die unterdrückt worden sind bei den weißen Wählern zu einem Anstieg für die Demokraten um 1,3-1,6% gebracht.
Gewalttätige Proteste hingegen haben eine Veränderung in Höhe von 1,6-7,9% zugunsten der Republikaner bewirkt.

Wer Gewalt ausgesetzt ist, der will eben wieder, dass die Ordnung hergestellt wird, ohne Gewalt ist man den Forderungen gegenüber hingegen offener.

Wäre interessant, ob sich das gleiche Bild bei den demnächst in den USA anstehenden Wahlen erneut zeigt. Ich könnte mir schon vorstellen, dass einige Bürger in Seattle nicht gerade froh über „autonome Zonen“ waren oder über Sachbeschädigungen etc.

Ein Tweet über die Studie:

Shor wurde dann wohl direkt von einem Listvers_Server geschmissen, einfach weil man es nicht hinnehmen wollte, dass er die gegenwärtigen Demonstrationen mit dem Hinweis auf die Studie in ein schlechtes Licht rückt. Dann gab es dort Diskussionen dazu

Ein interessanter Artikel dazu:

Shor’s expulsion prompted a heated but heavily one-sided debate. The handful of members who defended Shor were met with reminders that a person who says they were victimized must be believed, and that anybody who questioned the charge needed to undergo self-examination:

I rarely post here, but I think the way this conversation has unfolded has been egregious, and I feel called to name that. I thought this was meant to be a progressive space. Many of us are not acting like it. I’m really disappointed to see so many people here reacting to defend a white man who was being held accountable for his actions, and prioritizing that over the harm he did to a queer person of color.

To all the BIPOC and especially Black folks reading this, you deserve better than how this space is behaving. To my fellow white people: If you find yourself leaping to defend a white person when they’ve been called in for doing something racist, notice that impulse, and then SLOW DOWN. Stop. Sit down and breathe and feel your feelings, take a really close look at what you’re doing and why. Find another white person who is an appropriate person to help you process them. (I am willing to do that for a few folks! Email me directly.) Find a different, more constructive action. Keep breathing. Black lives matter, Black safety matters, Black mental health matters, Black emotions matter.
This is a condensed version of the procedures laid out by writers such as Robin DiAngelo. Indeed, one member helpfully quoted a passage from White Fragility:

In all of this, please consider the very real impacts of your words and defensiveness on the BIPOC members of our progressphiles community. Instead of invalidating their perspectives, this is a great opportunity to listen and learn more about the challenges they face being in the progressive data space. I hear outrage on behalf of the person who was removed from the list, but less outrage that people in our community felt unsafe because of harassment from another person in our community. If you must take issue with the moderators’ decision, I would recommend you communicate that privately with the moderators. I offer some words from Robin DiAngelo from her book “White Fragility,” a book I would highly recommend to my fellow white progressphiles members as a great learning tool:

“If you are white and have ever been challenged to look at your own racism ­— perhaps you told a problematic joke or made a prejudiced assumption and someone brought it to your attention­ — it is common to feel defensive. If you believe that you are being told you are a bad person, all your energy is likely to go toward denying this possibility and invalidating the messenger rather than trying to understand why what you’ve said or done is hurtful. You will probably respond with white fragility. But unfortunately, white fragility can only protect the problematic behavior you feel so defensive about; it does not demonstrate that you are an open person who has no problematic racial behavior.”

Da scheinen Leute wirklich dran zu glauben, dabei ist es erkennbar eine Theorie, die weit eher einen Glauben bedient als wirkliche Feststellungen macht. In der Welt muss man rassistisch sein und jeder Widerstand dagegen ist gleichzeitig der Beweis, wie rassistisch man ist. Was für ein Mist.

Indeed, one member described the citation of Wasow’s paper not as an effort to inform or persuade but as an attempt to “dictate” the behavior of people of color:

We need to recognize the role data plays in this conversation. Using it to dictate how BIPOC should feel and protest is harmful.

Das ist auch so ein Klassiker. Es ist eben berechtigter Zorn, einfach weil sie eine Minderheit sind und das hat man nicht zu regulieren, sondern nur zu verstehen.

Another member compared Wasow’s research to phrenology and other forms of pseudoscience:

I’d like to be heard. I have been following along with these posts all day and I’m exhausted. I was working and wanted to offer my thoughts now that my day has died down. I’ve been in progressive spaces since 2006, and it didn’t take long for me to understand that in our spaces, racism isn’t always loud. It isn’t always brash or demanding, spewing racial slurs with a foaming tongue. Sometimes it’s quiet; steeped in seemingly innocuous data and facts. Racism can wrap itself in the trappings of credible logic and I swear it can make sense. But when you see how data can and has been used to oppress, undermine and devalue movements, it’s impossible not to offer a critical eye. The context to anything is everything. Just because it was written by a “type of person,” or has a decimal point means nothing. The right to question and criticize works, is the reason why people all over the world have to defend their academic work to be considered a scholar.

We have seen scientific racism from the 1600’s until the late 1960’s (in theory) ushered in at every level ­— wrapped in empirical pieces of evidence ­— that prove genetic inferiority to white people. Skull measurements used to prove that blacks’ brains weren’t as large as white brains. I’m sure that at the time no one would have thought twice about the veracity of the claims. When you are a member of the offended group, it is damn near impossible to speak up to voice any complaint, to this logic. Those who address it are often attacked and threatened. When you find someone brave enough to say, “I’ll do it, I’ll speak up,” when they know what’s about to go down, AND they do it anyway, all I can say is … Thank you.

Please for the love of all the babies, stop telling people how to process their own oppression and the offense that comes alongside it. That is not allyship, that’s quiet and polite intellectual racism.

Der Autor schreibt dazu:

The premise that “allyship” prohibits the questioning of any charge of racism is a common one. Not only is the rigor of Wasow’s research no defense, neither is the fact that he is also Black, which is dismissed as a “my best friend is Black” form of tokenism:

Ein Ally hat niemals Protest in irgendwelcher Form zu kritisieren, sondern eben nur zu unterstützen. Und seine Meinung darf er eben auch nicht auf „Beliebige Schwarze“ (wie hier den Autor der Studie) stützen, sondern auf die richtigen, die die protestieren und Leuten Rassismus vorwerfen.

Ich fand den Artikel ganz interessant, weil er so viele klassische Muster hat. Akzeptiere! Maße dir kein Urteil an, welches von der Meinung abweicht, dass Weiße alles machen müssen um den Rassismus zu beenden an dem sie Schuld sind und Schwarze demonstrieren können wie sie wollen.

Das gleiche gibt es auch in der Geschlechterdebatte, es ist dann ja nur eine andere Kategorie für die die gleichen Grundsätze gelten. Auch dort gibt es genug Artikel über „Ton Policing“ und das eine Frau eben zu Recht sauer ist und es Frauenfeindlich ist, wenn man es nicht gut findet, wenn sie sich wie die Axt im Walde aufführt.

 

Faschismus

In dem Artikelideensammelartkel wurde vorgeschlafen über Faschismus zu diskutieren. Ich werfe dazu mal etwas in die Runde:

Faschismus war zunächst die Eigenbezeichnung einer politischen Bewegung, die unter Führung von Benito Mussolini in Italien von 1922 bis 1943/45 die beherrschende politische Macht war und ein diktatorisches Regierungssystem errichtete (siehe Italienischer Faschismus).

Ab den 1920er Jahren wurde der Begriff für alle extrem nationalistischen, nach dem Führerprinzip organisierten antiliberalen und antimarxistischen Bewegungen, Ideologien oder Herrschaftssysteme verwendet, die seit dem Ersten Weltkrieg die parlamentarischen Demokratien abzulösen suchten. Die Verallgemeinerung des Faschismus-Begriffs von einer zeitlich und national begrenzten Eigenbezeichnung zur Gattungsbezeichnung einer bestimmten Herrschaftsart ist umstritten, besonders für den deutschen NS-Staat. Mit der Beschreibung und Erklärung des Faschismus beschäftigt sich die Faschismustheorie.

Als Neofaschismus bezeichnet man im engeren Sinne die von Anhängern des Faschismus getragene politische Bewegung in Italien nach Mussolinis Sturz (Movimento Sociale Italiano, 1946–1995). Im weiteren Sinn werden auch in anderen Ländern bestehende rechtsextreme Bewegungen und Parteien so bezeichnet, insofern sie an Programmatik, Symbolik und Aktionsformen des Faschismus und Nationalsozialismus anknüpfen.[1][2] Die Schweizer Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus fasst 2015 zusammen: „Wie Faschismus im Sprachgebrauch ein Oberbegriff geworden ist, kann auch Neofaschismus als Sammelbegriff für alle modernen Strömungen mit faschistischen und nationalsozialistischen Inhalten verwendet werden.“ In politischen Auseinandersetzungen wird der Begriff auch als Schimpfwort gebraucht und oft nach unscharfen Kriterien auf rechte und rechtsextreme Gruppierungen angewandt.[3]

Das scheint mir eines der Probleme zu sein: Es ist ein teilweise sehr unscharfer Begriff. Aus der Einleitung in der Wikpedia ergibt sich:

  • nationalistische Bewegung
  • nach dem Führerprinzip organisiert
  • antiliberal und antimarxistisch

Das passt in der Tat auf viele rechte Bewegungen, scheint mir aber auch auf (vermeintlich) linke Strukturen anwendbar zu sein, die ja auch schnell einen Führer ausbauen können, der die eigene Nation betont (und sei es als Zusammenschluss der dortigen Arbeiter) und antiliberal ist.

Die Wikipedia hat noch einen eigenen Unterpunkt Definition:

Eine Definition von „Faschismus“ gestaltet sich schwierig, da weder der Begriff an sich etwas über sein Wesen aussagt (siehe oben), noch die meisten europäischen Bewegungen der Zwischenkriegszeit, die im Allgemeinen als faschistisch bezeichnet werden, dieses Wort überhaupt verwendet haben – anders als fast alle kommunistischen Parteien und Regime, die es vorzogen, sich als kommunistisch zu bezeichnen.[9]

Was Faschismus ist oder sein soll, wurde vornehmlich von seinen Gegnern bestimmt, die Theorien des bzw. über den Faschismus entwickelt haben.[10] Seit den 1920er Jahren ist eine intensive Debatte um den Faschismus als umfassenden Gattungsbegriff geführt worden, der nicht nur die von Mussolini geführte Bewegung und Diktatur erklären, sondern ähnliche Organisationen und Regimes in anderen europäischen Staaten kennzeichnen soll. Die empirische Forschung hat dabei vorrangig auf die Identifizierung von strukturellen Kernelementen des Faschismus gezielt.[11]

Ein übergreifender (generischer) Faschismusbegriff, der die bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs bestehenden Regime in Italien, im NS-Staat und in Japan umfasst, ist in der historischen Forschung umstritten. Einige Historiker wollen den Begriff auf Italien beschränken. Andere wie Bernd Martin halten „Faschismus“ als Gattungsbegriff nur für die „Bewegungsphase“ für sinnvoll:

„Faschismus als übergeordneter Gattungsbegriff eignet sich mithin allenfalls für die Bewegungsphasen der drei genuin entstandenen, gemeinhin so genannten Faschismen in Deutschland, Italien und Japan. Als umfassender Begriff für die Regimephasen trägt der Ausdruck hingegen nicht und kann der völlig unterschiedlichen Herrschaftsabsicherung nicht gerecht werden. Es würde daher der historischen Wirklichkeit wie auch dem historischen Selbstverständnis der damaligen Regime in Berlin, Rom und Tokio besser entsprechen, den abgegriffenen Faschismusbegriff aufzugeben.“
– Bernd Martin[12]

Faschismusforscher wie zum Beispiel Roger Griffin, die von einem generischen Faschismusbegriff ausgehen, zielen auf den ideologischen Kern des Faschismus:

„Da die Definition auf den ideologischen Kern zielt statt auf die konkreten historischen Erscheinungsformen (Führerkult, Paramilitarismus, Politik des Spektakels usw.), mit anderen Worten: da sie Faschismus genau wie andere generische politische Ideologien (Liberalismus, Sozialismus, Konservatismus) behandelt, wird es einsichtig, ein politisches Phänomen auch dann als faschistisch zu betrachten, wenn es nur im embryonalen Zustand im Kopf eines Ideologen und ohne Ausdruck in einer politischen Partei, geschweige denn einer Massenbewegung, existiert. Darüber hinaus mag es sinnvoll sein, eine Form politischer Energie als faschistisch zu erkennen, selbst wenn sie auf die Absicht verzichtet, als parteipolitische und/oder paramilitärische Kraft zu operieren und stattdessen einem Ansatz folgt, der eher mit politischem Quietismus denn mit revolutionärem Fanatismus zu tun zu haben scheint.“
– Roger Griffin[13]
Gegen die Subsumierung des Nationalsozialismus unter den Faschismusbegriff wenden die französische Psychoanalytikerin Janine Chasseguet-Smirgel und der deutsche Sozialwissenschaftler Samuel Salzborn ein, dass damit dessen Wesenskern, nämlich die Rassepolitik und der Holocaust, aus dem Blickfeld gerückt würde. Das NS-Regime erscheine in dieser Perspektive als „eine ganz banale Diktatur“, nicht anderes als die in Italien, in Francos Spanien oder im Chile Pinochets. Dies rationalisiere das Unfassbare der Judenvernichtung und sei letztlich eine Strategie der Erinnerungsverweigerung und Schuldabwehr.

Die erste Definiton kommt mir auch wenig praktikal vor, denn Führerpersönlichkeiten erzeugen ja gern eine Massenbewegung und verbinden das auch gerne mit bestimmten politischen Inhalten.

Die englische Wikipedia greift diese Definitionsschwierigkeiten auf:

The term „fascist“ has been used as a pejorative,[66] regarding varying movements across the far right of the political spectrum.[67] George Orwell wrote in 1944 that „the word ‚Fascism‘ is almost entirely meaningless … almost any English person would accept ‚bully‘ as a synonym for ‚Fascist'“.[67]

Communist states have sometimes been referred to as „fascist“, typically as an insult. For example, it has been applied to Marxist regimes in Cuba under Fidel Castro and Vietnam under Ho Chi Minh.[68] Chinese Marxists used the term to denounce the Soviet Union during the Sino-Soviet Split, and likewise the Soviets used the term to denounce Chinese Marxists[69] and social democracy (coining a new term in „social fascism“).

In the United States, Herbert Matthews of The New York Times asked in 1946: „Should we now place Stalinist Russia in the same category as Hitlerite Germany? Should we say that she is Fascist?“.[70] J. Edgar Hoover, longtime FBI director and ardent anti-communist, wrote extensively of „Red Fascism“.[71] The Ku Klux Klan in the 1920s was sometimes called „fascist“. Historian Peter Amann states that, „Undeniably, the Klan had some traits in common with European fascism—chauvinism, racism, a mystique of violence, an affirmation of a certain kind of archaic traditionalism—yet their differences were fundamental….[the KKK] never envisioned a change of political or economic system.“[72]

Professor Richard Griffiths of the University of Wales[73] wrote in 2005 that „fascism“ is the „most misused, and over-used word, of our times“.[25] „Fascist“ is sometimes applied to post-World War II organizations and ways of thinking that academics more commonly term „neo-fascist“.[74]

Das klingt nach einer schwierigen Abgrenzung.
Was ist also nun Faschismus?