Man-tau und die Hoffnung, dass Totgesagte länger leben

Es ist kein Geheimnis, dass ich ein großer Fan von Lucas Schoppes Blog Man-Tau bin*.

1. Warum Man-Tau ein toller Blog ist

Er vereinte etwas, was ich zum einen gerne gelesen habe, zum anderen aber auch die deutsche Männer-Blogszene dringend brauchte:

Einen eloquent und sachlich geschriebenen intelligenten Blog zu häufig männerrechtlichen Themen, geschrieben von einem Vater, der die diesbezüglichen Probleme (leider) aus eigener Erfahrung kennt. Das alles in einem gewissen Feuilletonstil, der den gebildeten Autor erkennen lässt.

Das ist ein Wert für sich, der ein Alleinstellungsmerkmal bildet: Genderama gibt insbesondere einen Überblick

Ich wüsste auch nicht, dass es große abweichende Meinungen über Man Tau gab: ein allgemein sehr geschätzter Blog.

2. Von Gründen aus denen Blogs sterben

Um so bedauernswerter werden es viele finden, dass er seit einem halben Jahr nicht nur keine neuen Inhalte hatte, sondern auch die alten Inhalte nicht mehr erreichbar sind (mit Ausnahme der Beiträge vor 2015).

Als ich Lucas einmal fragte, was los war meinte er, dass es bei dem Blog zu einem Fehler gekommen ist und er wohl in den (damaligen) Schulferien dazu kommen würde, ihn zu beheben. Die Schulferien vergingen, der Blog blieb aber inaktiv.

Die Zeit bringt es mit sich, dass man davon ausgeht, dass der Blog wahrscheinlich in dem inaktiven Zustand verbleiben wird.

Mitunter ist ein solcher Fehler des Blogs natürlich auch etwas, was man gar nicht beheben will: Man ist des Bloggens müde, die Ideen wollen nicht mehr fließen und man verschieb die Reparatur immer weiter, weil der Zustand eigentlich ganz angenehm ist.

Gerade bei einem anonym betriebenen Blog ist natürlich auch immer die Möglichkeit vorhanden, dass man doch „entdeckt“ wird und es einfach ist den Blog auf diese Weise still zu legen als Artikel zu löschen.

Oder andere wichtigere Projekte haben einfach Vorrang und das Bloggen tritt in den Hintergrund.

Ich hoffe natürlich, dass es tatsächlich nur ein blöder WordPressfehler ist und dieser demnächst behoben ist. Aber dazu ist eigentlich schon zu viel Zeit vergangen und WordPress zu einfach neu zu installieren, wenn etwas schief geht.

3. Ist dies ein kleiner billiger Appell an Lucas seinen Blog wieder aufzumachen, getarnt als Nachruf?

Ja.

4. Was aber wenn er das nicht will?

Dann wünsche ich ihm natürlich auch alles Gute und bin fest überzeugt davon, dass er seine Gründe haben wird und das der beste Weg für ihn ist. Nimm es, lieber Lucas, für diesen Fall als Anerkennung und Dankeschön und einfach als Botschaft, dass du viele tolle Artikel geschrieben hast. Ich hoffe es geht dir gut und natürlich gibt es wichtigere Sachen als Blogs zu schreiben.

*und Mark natürlich auch

vgl auch:

Lucas Schoppe zu einer Politik der Ressentiments

Lucas Schoppe bespricht ebenfalls das Dossier des BMFSFJ und geht dabei insbesondere auf die Haltung dort gegen Männer ein:

Selbst die Thematisierung männlicher Gewalterfahrungen ist so noch von abwertenden Klischees geprägt. Männern wird durchaus zugestanden, selbst Opfer toxischer Männlichkeiten zu sein – aber die Fantasien selbst, die Männlichkeit mit Gift und Toxizität in Verbindung bringen, werden nicht in Frage gestellt.

An keiner Stelle wird beispielsweise deutlich, dass die sehr viel größere Beteiligung von Männern an der Erwerbsarbeit keineswegs toxisch ist, sondern überhaupt erst die Ressourcen produziert, mit denen andere – auch Ministerien – agieren können. Als Opfer können Männer in diesem Dossier gerade noch vorkommen, solange sie dadurch nicht um die institutionellen Leistungen für Frauen konkurrieren. Aber in keiner Passage des Textes wird Männlichkeit positiv konnotiert: Sie erscheint grundsätzlich als problematisch und veränderungsbedürftig.

Das ist in der Tat richtig: Es gibt keinen positiven Blick auf Männlichkeit in einem Dossier, welches vorgibt auf Männerpolitik ausgerichtet zu sein. Männlichkeit ist das Übel, die Ursache für schlechte Zustände, etwas, was sich verändern muss. Getarnt ist das als „Hilfe für Männer“.

Das ist eine Politik des Ressentiments, die immer wieder ähnliche Muster entfaltet – ob sie nun auf ethnische und rassistische Ressentiments oder auf Geschlechterressentiments zurückgreift. Der Begriff „toxische Männlichkeit“, der im Dossier ganz selbstverständlich verwendet wird (LF, 9), ist ein idealtypisches Beispiel für eine Ressentimentklammer, die von scheinzivilen Positionen bis hin zu offener Menschenfeindlichkeit reicht: Er kann harmlos für Männlichkeitskonzepte stehen, an denen auch Männer leiden würden, aber ebenso für Männer selbst benutzt werden, die dann insgesamt als Gift im Körper der Gesellschaft erscheinen.

Hier scheint mir Lucas Schoppe mit den fettgedruckten Worten Theorien aufzugreifen, unter den Schlagworten konnte ich aber bei einer Suche nicht viel dazu finden. Vielleicht kann mich da jemand aufklären.

In der Wikipedia findet sich etwas dazu, was auf Nitzsche verweist:

Friedrich Nietzsche gewinnt seinen Ressentiment-Begriff in der Auseinandersetzung mit Eugen Dühring, der den Begriff in die deutschsprachige philosophische Debatte einführt und zugleich dessen radikale, wertpolemische Verwendung vorgibt.[9] Dühring hatte – in einer Art Neuauflage der Kallikleischen Argumentation – alle Rechtsbegriffe, insbesondere den grundlegenden der Gerechtigkeit überhaupt, die dem Naturrecht des Stärkeren entgegentreten, aus dem Ressentiment erklärt (Der Werth des Lebens, 1865). In Gegensatz dazu tritt nun Nietzsche, der zwar ebenso keine „höheren“, den realen Machtverhältnissen übergeordneten Werte anerkennt, jedoch eine immanente Gerechtigkeit zwischen Ebenbürtigen bzw. Gleichstarken annimmt.

Nietzsche beschreibt die „Psychologie des Ressentiments“ als Selbstvergiftung durch gehemmte Rache: „Einen Rachegedanken haben und ihn ausführen, heißt einen heftigen Fieberanfall bekommen, der aber vorübergeht: einen Rachegedanken aber haben, ohne Kraft und Mut ihn auszuführen, heißt […] eine Vergiftung an Leib und Seele mit sich herumtragen.“[10]

In der Genealogie der Moral (1887) wendet Nietzsche diesen Gedanken auf die „Historie der Moral“ an. Die Vergiftung durch das Ressentiment korrumpiert die allgemeinen Wertschätzungen: „Während der vornehme Mensch vor sich selbst mit Vertrauen und Offenheit lebt (gennaios ‚edelbürtig‘ unterstreicht die nuance ‚aufrichtig‘ und auch wohl ‚naiv‘), so ist der Mensch des Ressentiment weder aufrichtig, noch naiv, noch mit sich selber ehrlich und geradezu. Seine Seele schielt; sein Geist liebt Schlupfwinkel, Schleichwege und Hintertüren, alles Versteckte mutet ihn an als seine Welt, seine Sicherheit, sein Labsal; er versteht sich auf das Schweigen, das Nicht-Vergessen, das Warten, das vorläufige Sich-verkleinern, Sich-demütigen.“[11]

Das Ressentiment findet seinen wert- und weltgeschichtlichen Niederschlag in der jüdischen und christlichen Moral, die als Sklavenmoral von reaktivem, verneinenden Charakter der vornehmen, bejahenden, Herrenmoral der Römer gegenübergestellt wird. An die Stelle der ursprünglichen, „vornehmen“ Schätzwerte „gut“ vs „schlecht“ tritt nun die Moral von „gut“ und „böse“. Durch die Zurückdrängung des ursprünglichen Racheimpulses (durch Delegation der Rache an Gott bzw. Delegation der Strafe an den Staat) wird eine Verinnerlichung des Menschen erzwungen, die zur Ausbildung der moralischen Begriffe (Sünde, Schuld, Gewissen) im modernen Sinn führt. Diese jedoch verleugnen, so Nietzsche, ihre Herkunft aus dem Ressentiment und beanspruchen Absolutheit, was eine „Kritik der moralischen Werte“ als Frage nach dem „Wert der Werte“ notwendig macht. Dieser Kritik unterliegen insbesondere die modernen europäischen Demokratien, deren grundlegenden Wert Nietzsche als „Wille zur Gleichheit historisch aus der Ressentiment-Moral herleitet. Sie mündet in der moralischen Utopie des Übermenschen als Befreiung vom „Geist der Rache“ überhaupt.[12]

Das passt durchaus zum Feminismus, der meint, dass er sich an Männern rächen muss, der einen Racheimpuls hat und in der Tat in Gut und Böse einteilt. Viele Feministinnen erscheinen in der Tat verbittert und voll der „Selbstvergiftung durch gehemmte Rache“.

Interessante Konzepte. Vielleicht hat sich ja hier schon jemand damit beschäftigt.

Wilde Kerle, weiches Wasser (Ein Gastbeitrag zur Festschrift zum zehnjährigen Bestehen des Blogs „Alles Evolution“)

Ich freue mich, dass auch Lucas Schoppe einen Gastbeitrag für Alles Evolution geschrieben hat (der Artikel erscheint parallel auch bei Lucas im Blog)

Wilde Kerle, weiches Wasser

Ein Beitrag zur Festschrift zum zehnjährigen Bestehen des Blogs „Alles Evolution“

Sex und Macht. Und Feminismus?

Ich fange meinen Beitrag zur Festschrift zum zehnjährigen Bestehen des Blogs Alles Evolution mit einem Soziologie-Podcast an, verspreche aber, dass ich nicht komplett abschweife bald auch zum Blog kommen werde.
Der Soziopod, der seit Jahren als Gespräch zwischen dem Mainzer Erziehungswissenschaftler Nils Köbel und dem Medienberater Patrick Breitenbach geführt wird, ist so erfolgreich, dass es mittlerweile ein eigenes Buch, Live-Auftritte und Radioversionen für Radio Bremen davon gibt. Ich habe mir vor einer Weile eine der meistgehörten Folgen angehört, die sich unter dem Titel „Sex, Macht und Wahnsinn“ mit dem französischen Philosophen und Soziologen Michel Foucault beschäftigt. 
Obwohl es hier aber um Sex und Macht geht, spielen feministische Positionen 136 Minuten lang fast keine Rolle. Köbel und Breitenbach erwähnen Judith Butler ab und zu, ohne ernsthaft auf sie einzugehen, und etwa ab Minute 113 geht es für eine kurze Zeit um ein zentrales Thema heutiger Genderpolitiken, nämlich die Transsexualität.

Kritik an gegenwärtigen Genderpolitiken können sich Köbel und Breitenbach in dieser kurzen Passage lediglich dadurch erklären, dass Menschen, die klare Vorstellungen von Männlichkeit und Weiblichkeit hätten, sich dadurch existentiell bedroht fühlen würden. Kurz darauf wechseln sie das Thema schon wieder.
Das ist hier nur deswegen interessant, weil es, wie ich glaube, ein gutes Sinnbild für die Stellung feministischer und genderpolitischer Positionen in Politik und Sozialwissenschaften ist. Köbel und Breitenbach haben an solchen Positionen uneingestanden, aber unüberhörbar überhaupt kein ernsthaftes Interesse, und trotz ihrer stundenlangen Auseinandersetzung mit Sex und Macht ziehen sie feministische Positionen kaum heran.

Dort aber, wo sie das tun, tun sie es distanzlos und bestätigend.

Das ist wichtig, weil diese Mischung aus Desinteresse und Unkenntnis auf der einen und kritikloser Zustimmung auf der anderen Seite nach meiner Erfahrung durchaus verbreitet ist, auch unter Wissenschaftlern. Einfach formuliert: Während feministische Positionen wissenschaftlich nicht ernst genommen werden, werden sie moralisch fraglos akzeptiert.
Das ist hier deswegen wichtig, weil Christian das in seinem Blog ganz genau umgekehrt macht. Er nimmt feministische Positionen als wissenschaftliche Positionen ernst, setzt sich mit ihnen intensiv auseinander und verlangt von ihnen entsprechend Belege, Kenntnisnahme einschlägiger Studien und Kohärenz – aber er akzeptiert keine moralisch gefütterte feministische Leitkultur in Geschlechterdebatten.
Das ist ein möglicher Grund, warum die Debatten, die oft durchaus intensiv und polemisch, aber oft auch sehr kenntnisreich geführt werden, kaum einen Anschluss zu den etablierten akademischen Debatten finden. Das wiederum ist nicht allein ein Problem dieses Blogs, sondern auch der Diskusstrukturen in Universitäten, Parteien und Massenmedien.

Das Gedöns und seine Gönner

Simone de Beauvoirs epochemachende Schrift „Das andere Geschlecht“ aus dem Jahr 1949 ist ein Anfangsdatum für die Frauenbewegung in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts und danach. Eine politische Bewegung aber, die mittlerweile über 70 Jahre alt ist, die sich umfassend in Universitäten, staatlichen Institutionen und Parteien institutionalisiert hat und die voller ungelöster und scharfer innerer Widersprüche ist – eine solche Bewegung wäre normalerweise, auch bei größtem Wohlwollen, längst zum Gegenstand scharfer, ätzender Kritik in der Öffentlichkeit und in den politischen und wissenschaftlichen Institutionen geworden.

Warum ist das beim Feminismus ausgeblieben? Warum hat sich eine seltsame Melange aus Desinteresse und Kritiklosigkeit etabliert, und dies ausgerechnet in Milieus, die – wie die Parteien oder die soziologischen und politikwissenschaftlichen Institute – von der kritischen Auseinandersetzung leben?

Ein Grund für das traditionelle Desinteresse ist nach meiner Einschätzung, dass insgeheim viele Männer und auch eine ganze Reihe von Frauen Themen nicht recht ernst nehmen, die als typische Frauenthemen erscheinen. „Gedöns“ nannte das einmal ein Kanzler.

Ich kannte in meinem eigenen Germanistik-Studium linke, aufgeklärte Kommilitonen, die über jeden die Nase rümpften, der irgendein entlegenes Gedicht von Brecht nicht kannte – die aber völlig selbstverständlich niemals einen Text von Ingeborg Bachmann oder Marie von Ebner-Eschenbach gelesen hatten. Über eine feministische Professorin, bei der ich wirklich viel gelernt habe, erzählte eine Mitstudentin, dass sie ja leider in ihrem Horizont sehr auf Frauenthemen begrenzt wäre. Das stimmte nicht, passte aber ins Klischee.

Wer mit einem solchen Desinteresse gegenüber feministischen, frauenpolitischen oder auch schlicht geschlechterpolitischen Themen lebt, wer sich deshalb dann eben auch niemals ernsthaft mit feministischen Theorien auseinandersetzt – der lebt dann am sichersten, wenn er diesen Thesen zur Not unkritisch zustimmt und gar nicht erst riskiert, als Frauenfeind oder Masku dazustehen.

Das bedeutet denn auch, dass viele – aber zugestanden: nicht alle – Männer, die im Blog Alles Evolution mitdiskutieren, ein sehr viel egalitäreres Verhältnis zu Frauen haben, als solch ein männlicher Feminist es hat.
Frauen sind für Männer im egalitären Verständnis Mitspielerinnen, vielleicht ab und zu auch Gegenspielerinnen in einem gemeinsamen Spiel, das gemeinsame Regeln braucht.

Für den idealtypischen Feministen hingegen ist dieses Spiel ein Männerspiel, und Frauen müssen vor seinen Konsequenzen geschützt werden: eine Haltung, die ihre Gönnerhaftigkeit nie ganz verdecken kann.
Diese unkritische Haltung gegenüber feministischen Positionen verträgt sich also sehr gut mit einem uneingestandenen Desinteresse an ihnen. Möglicherweise gibt es neben diesem Desinteresse aber noch einen anderen Grund, warum solche Position über relativ enge Zirkel heraus kaum eine Rolle spielen.

Wer immer schon die Wahrheit kennt, der forscht nicht mehr

Viele soziologische Klassiker liefern sehr gute Orientierungen für empirische Forschungen. Pierre Bourdieu beispielweise sieht Menschen weder als reine Produkte sozialer Strukturen noch als ganz freie Akteure, denen jederzeit alle Handlungsmöglichkeiten offenstehen. Er beschreibt, mit seinem zentralen Begriff des „Habitus“, Menschen zwischen beidem, als Akteure, die von gesellschaftlichen Strukturen bestimmt werden und die zugleich Möglichkeiten haben, etwas daraus und aus sich selbst zu machen.
Ganz anders Niklas Luhmann, der Gesellschaft als System verschiedener Subsysteme beschreibt, die jeweils auf sich selbst bezogen („autopoietisch“) sind und ihrer eigenen Logik folgen. Wie enorm fruchtbar Luhmann für eine Analyse von Geschlechterzuschreibungen sein kann, hat Christoph Kucklick in seinem wichtigen, aber in den Gender Studies weitgehend ignorierten Werk „Das unmoralische Geschlecht“ gezeigt.

https://man-
tau.com/2015/01/26/warum-mannerfeindschaft-modern-ist/
https://geschlechterallerlei.wordpress.com/2015/01/20/warum-die-moderne-gesellschaft-niemals-ein-patriarchat-
gewesen-ist/

Norbert Elias und Michel Foucault haben sich, trotz ganz unterschiedlicher wissenschaftlicher Temperamente, unter anderem mit einem vergleichbaren Phänomen beschäftigt, nämlich mit dem, was Elias „Selbstzwang“ nennt: mit der Verinnerlichung sozialer Strukturen in unser Selbstbild und Verhalten.
Bei Elias aber vergrößert der Selbstzwang die Handlungsmöglichkeiten, ist Grundlage für eine „Verlängerung der Handlungsketten“, die beispielsweise den internationalen Handel oder das Agieren in einer Massengesellschaft überhaupt erst möglich machen. Bei Foucault hingegen werden dadurch äußere Machtstrukturen in das Innere der Menschen hereingezogen, so dass der Prozess der Zivilisation, den Elias deutlich positiv bewertet, als trügerisch und täuschend erscheint.
Es ist nicht nötig zu entscheiden, wer von beiden Recht hat – beide können sehr hilfreich sein für eine soziologische Forschung, die auch historische Veränderungsprozesse beschreibt.

Ein Beispiel: Väterrechtler empören sich mit gutem Grund darüber, dass Väter zwar weiterhin rechtlich benachteiligt und nach Trennungen vom Wohlwollen der Mütter abhängig sind, wenn sie ihre Kinder sehen wollen – dass sie aber trotzdem, und eben gerade deshalb, arbeiten müssen, um Frau und Kinder zu finanzieren. Mit Foucault könnten wir, anstatt uns schlicht darüber zu empören, fragen, warum Väter eigentlich diese Verhältnisse weithin stützen und finanzieren.
Wie also ist eigentlich die gigantische Disziplinierungsleistung möglich, dass Zigtausende von Vätern Monat für Monat arbeiten, um ein System zu stützen und zu ermöglichen, an dem sie und ihre Kinder leiden? Welche institutionellen Bedingungen sind für eine solche Disziplinierungsleistung nötig? Von welchen kulturellen Werten, von welchen Klischees wird sie in den öffentlichen Diskursen orchestriert – und wie prägen diese Diskurse die Selbstbilder von Vätern?

Dies nur als Skizze – auch, um zu zeigen, dass soziologische Forschung keineswegs feministisch sein muss, schon gar nicht mit Foucault. Wichtig daran ist: Während Theorien von Bourdieu, Elias, Luhmann, Foucault und vielen anderen gut geeignet sind, mit ihnen empirische Forschung zu betreiben und tatsächlich Neues zu finden, ist das mit Judith Butler und ähnlich gelagerten Theorien sehr viel schwerer. Wer mit Butler arbeitet, landet eigentlich immer wieder nur bei Butler.
Die begrenzte Bedeutung feministischer Positionen in der Soziologie ist also zumindest zum Teil ein Resultat der uneingestandenen Erfahrung, dass aktuelle feministische Positionen bei der empirischen Forschung kaum nützlich sind. Forschungslogik nämlich ist, nach Peirce, abduktiv – sie konfrontiert konkrete Beobachtungen mit allgemeinen Theorien, sucht nach Vermittlungen zwischen beiden Ebenen und muss immer damit rechnen, die theoretischen Vorgaben ändern zu müssen.
Wer hingegen strikt deduktiv agiert, scannt die Wirklichkeit lediglich nach Bestätigungen des Immer-Schon-Gewussten.

Michael Kimmel („Angry White Men“) https://man-tau.com/2017/04/25/wut-weiss-mann-kimmel/ oder Robert/Raewyn Connell („Masculinities“) https://man-tau.com/2013/03/18/connells-ohrwurmer-feministische-stutzrader-und-die-ostfriesische-weltverschworung/ beispielsweise nutzen Interviews, die sie mit Männern geführt haben, lediglich als Illustrationen bestehender Thesen, ohne dass irgendwo deutlich würde, wie sie diese Interviews überhaupt geführt und ausgewertet haben.
Eine feministische Forschung, die wirklich Forschung wäre, müsste dagegen jederzeit bereit sein, die Phantasie einer „männlichen Herrschaft“ oder eines „male privilege“ oder einer „heterosexuellen Matrix“ aufzugeben – und das ist sie nicht.

Eben das ist ein zentraler Punkt in Christians Blog, und ein zentraler Vorwurf an feministische Forscherinnen.

Was dabei leicht übersehen wird: Eben dieser Vorwurf nimmt sie ALS FORSCHERINNEN überhaupt erst ernst – während der gönnerhafte Verzicht darauf, Feministinnen ihre eigenen Grundlagen in Frage stellen zu lassen, ihnen unterschwellig und unweigerlich abspricht, überhaupt Forschung zu betreiben.

Ein Wettrennen ins Absurde

Der Vorwurf ist also falsch, dass die ganze Soziologie – oder Pädagogik, oder Sprachwissenschaft – rundweg feministisch geprägt wäre. Vorzuwerfen ist Soziologen eher, dass sie feministische Positionen, wenn sie schon als Instrumente nur einen begrenzten Nutzen haben, nicht als Gegenstände ihrer Forschung begreifen Das ist
wohl eine Mischung aus Ignoranz und Feigheit: feministische Politik trotz ihrer flächendeckenden institutionellen Verankerung als Forschungsobjekt nicht ernst zu nehmen, aber auch keine Konflikte mit empörungsbereiten Feministinnen riskieren zu wollen.
Bourdieu liefert mit seinem Text „Die männliche Herrschaft“ selbst ein Beispiel dafür.
https://allesevolution.wordpress.com/2020/05/01/bloggeburtstag-10-jahre-alles-evolution/#comment-469712

Im Vergleich zum Detail- und Gedankenreichtum seines Werks „Die feinen Unterschiede“ ist der Text ein recht lieblos dahergeschlonzter Aufsatz, wie das gedankenlose Lüften eines Hutes zur Begrüßung. Bourdieu sichert sich damit gegen den Vorwurf ab, Geschlechterverhältnisse und feministische Forschung zu ignorieren, und produziert mit spürbar wenig Interesse einen Text, der Erwartungen bestätigt.
So aber wirken feministische Positionen im wissenschaftlichen Diskurs schon seit einer ganzen Weile weniger durch ihre Bedeutung für die Forschung als durch eine moralisch grundierte Distinktion. Wer von dort aus agiert, kann andere beurteilen, nämlich als „Frauenfeinde“, „Misogyne“, „Antifeministen“ oder auch positiv als „kluge Männer“ (Schwarzer) – ohne aber selbst umfassend von diesen anderen beurteilt zu werden, zumindest nicht im offenen Diskurs.

Distinktion durch überlegene Moralität aber produziert ganz besondere Widersprüche. Wer moralisch argumentiert, der ist dann erfolgreich, wenn er möglichst viele andere von der Gültigkeit seiner Position überzeugt. Wer sich aber von anderen unterscheiden will, kann mit solchen Verallgemeinerungen der eigenen Position nichts anfangen, weil diese Position sich ja eben gerade dadurch beglaubigt, dass sie sich vom Allgemeinen – sei es der „Pöbel“, sei es das „Patriarchat“ – unterscheidet.
Distinktion durch Moralität funktioniert als Distinktion also umso weniger, je erfolgreicher die aufgerufenen Moralvorstellungen vertreten werden. Je mehr diese allgemein akzeptiert werden, desto radikaler müssen sie dann variiert werden, um überhaupt noch für einen Distinktionsgewinn zu taugen.

Das erleben wir in Geschlechterdebatten seit Jahren. Wenn die Gleichberechtigung der Geschlechter längst allgemein akzeptiert ist, beschreiben feministisch inspirierte Politikerinnen oder Lobbyistinnen es als Problem, dass Frauen nicht in allen Spitzenpositionen gleichermaßen wie Männer vertreten sind – ganz unabhängig davon, ob sich überhaupt ausreichend viele Frauen um diese Positionen bemüht haben.

Wenn es dann Gleichstellungsprogramme gibt, um Frauen den Zugang zu diesen Positionen zu erleichtern, empören sich Aktivistinnen über einen umfassenden, aber sorgfältig diffus bleibenden männlichen „Alltagssexismus“ – veröffentlichen empört Fotos von Männern, die in Bussen und U-Bahnen sitzen und ihre Knie nicht geschlossen halten („manspreading“) – oder sie machen „alte weiße Männer“, womit angeblich keine alten weißen Männer gemeint sind, für Rassismus und Klimawandel verantwortlich – oder sie beschreien es als „Transfeindlichkeit“, wenn jemand davon ausgeht, dass es grundsätzlich zwei Geschlechter gibt – oder sie erwarten, dass Wörter durchgehend mit Gendersternchen ergänzt werden.

Distinktion durch Moralität begründet so nicht unbedingt einen „race to the bottom“,
https://de.wikipedia.org/wiki/Race_to_the_bottom , aber ein „race to the absurd“: Es kommt ja gerade darauf an, Positionen zu beziehen, die eben nicht von allen geteilt werden können, die dann aber für alle gelten sollen.

Damit haben Männer gute Gründe, die Auseinandersetzung mit dem Feminismus zu scheuen, und zugleich ist es auch eine Falle für ein Blog wie Alle Evolution: Wer jeweils die neuesten Manöver einer moralisch grundierten Distinktion nachvollzieht und sich argumentativ mit ihnen auseinandersetzt, ist beständig in Gefahr, sich in absurden Verzweigungen zu verlieren und nach außen hin lächerlich oder gar zwanghaft zu wirken.

Entlarvungsrituale als Berufsplanung

Denn feministische Distinktionsbedürfnisse spiegeln soziale Bedingungen wider, die Männer in der Geschlechterpolitik in dieser Form schlicht nicht vorfinden. Wer glaubhaften feministischen Aktivismus betreibt, kann sich auch ohne langwierige Ausbildungen in einer Vielzahl institutionalisierter Positionen platzieren. Anne Wizorek beispielsweise gab das grimmebepreiste Blog kleinerdrei, das sie gegründet hatte, auf, als sie Mitglied der Sachverständigenkommission für den Gleichstellungsbericht des Bundestages war. Dass ihre vielen Mitarbeiter*innen tatsächlich aus Arbeitsüberlastung nicht weitermachen konnten, ist ganz unglaubwürdig – vor allem im Vergleich zum Blog Christians, der seit zehn Jahren täglich und fast vollständig im Alleingang Artikel veröffentlicht. https://allesevolution.wordpress.com/2019/01/06/der-feministische-blog-kleiner-drei-wird-eingestellt/

Während aber der feministische Aktivismus durchaus erkennbar auch das Ziel hat, sich einen Namen zu machen, halten in Christians Blog – wie auch in meinem eigenen – die meisten Beteiligten ihren Klarnamen zurück. Als „Masku“ oder „Antifeminist“ dazustehen, ist eben kein Distinktionsgewinn, sondern ein Stigma.
Seine weitflächige Institutionalisierung ist denn auch ein weiterer Grund, warum die Positionen des aktuellen Feminismus sich nicht gut für eine empirische soziologische Forschungsarbeit eignen. Um sich selbst zu legitimieren, müssen nämlich die Positionsinhaber*innen beständig einen Gegensatz zwischen Gesellschaft und staatlichen Institutionen inszenieren, bei dem die Gesellschaft als ungerecht, inhuman, korrekturbedürftig, eben „patriarchal“ erscheint, während staatlich finanzierte Institutionen als dringend benötigtes Korrektiv dastehen.
Wer aber die Gesellschaft immer nur rituell entlarvt, hat gar kein Interesse daran, sie unvoreingenommen zu analysieren.

Ein digitaler Samisdat: Vom Nutzen und Nachteil der Nischen

Unter diesen Bedingungen bleibt das Blog Alles Evolution vorerst eine Nischenplattform, die zwar von sehr vielen besucht wird, zu der viele beitragen, deren Themen aber massenmedial oder in Parteien nur sehr zögerlich aufgegriffen werden – und dann fast immer, ohne die jahrelangen Diskussionen hier zu erwähnen.
Das wertet das Blog nicht ab, im Gegenteil: Es zeigt, was für eine enorme Leistung es ist, solch ein Forum über zehn Jahre hinweg in einem Umfeld zu führen, das weder günstig noch wohlgesonnen ist. Aus der Perspektive einer längst etablierten Geschlechterpolitik sind Männer, die den Feminismus kritisieren, einfach nur primitive
Privilegierte, die um ihre Machtpositionen fürchten würden – und ein Blog wie Alles Evolution ist im Lichte dieser Ressentiments einfach nur ein öder digitaler Ort, wo die wilden Kerle wohnen.

In gewisser Weise ist das, was dort oder von Arne bei Genderama produziert wird, ein digitaler Samisdat – wenn auch, natürlich, unter deutlich komfortableren und weniger
gefährlichen Bedingungen. Es bietet einen Raum für Informationen, für Gedanken, für Positionen, die anderswo als anrüchig oder unverständlich gelten.
In einem solchen Raum können auch Aggressionen wachsen, und ich gestehe, dass ich manchmal im Blog Alles Evolution einfach zu lesen aufgehört habe, wenn sich nämlich jemand rundweg über Frauen, über Feministinnen, über Linke, über die Soziologie oder andere „Geschwätzwissenschaften“ ausgekotzt hat.

Warum solch ein Forum trotzdem sehr wichtig ist, kann ich mit einer kleinen Geschichte beschreiben.
In den ersten Monaten als Trennungsvater hatte ich das Gefühl, umfassend isoliert zu sein – nicht nur von unserem Kind getrennt, sondern politisch auch regelrecht verachtet, ohne dass ich wüsste, was ich eigentlich falsch gemacht hatte. Insbesondere Väter, die sich nicht einfach in ihre Position einfinden wollten und die offen protestierten, standen als aggressive Wirrköpfe oder als Frauenfeinde da.

Die Foren, die es überhaupt gab, gaben sich alle Mühe, diese Ressentiments zu bestätigen. Da geriet ich zufällig auf die Internetseite von Monika Ebeling, die damals noch Gleichstellungsbeauftragte in Goslar war – und ich hätte heulen können, als ich las, dass sie sich auch für Männer einsetzen würde.
Sie wurde dann bekanntlich sehr bald und mit hanebüchenen Argumenten von einer unangenehmen Koalition aus Grünen, Sozialdemokraten und Freidemokraten aus dem Amt gedrängt. Der Eindruck, dass es in den zuständigen Institutionen einen Platz für Trennungsväter gäbe, war eine Illusion gewesen.

Aber außerhalb der Institutionen hatte ich etwas gefunden, das sich hielt und nicht gleich wieder verschwand, insbesondere Genderama von Arne und Alles Evolution von Christian. Bei Christian gab und gibt es zudem einen langen Kommentarstrang, der es allen ermöglicht, sich auch selbst zu äußern. Für die Menschen, die sich dort äußern oder die einfach nur mitlesen, kann es ein enormer Unterschied sein, ob es eine solche Nische gibt oder nicht. Auch wenn die diskutierten Themen, wie im Gleichnis vom weichen Wasser und dem harten Stein, nur langsam, sehr langsam in die allgemeineren Diskurse hinüberfließen.

Institutionalisierung politischer oder ideologischer Ideen

Lucas Schoppe schreibt in einem Beitrag etwas dazu, dass der Erfolg feministischer Ideen auch stark damit zusammen hängt, dass der Feminismus institutionalisiert worden ist:

Dass Institutionalisierungen für politische Positionen nützlich sind, ist einleuchtend. Wie aber verhält es sich umgekehrt? Warum sind manche Positionen für Institutionen belanglos, während andere weit über ihre Akzeptanz bei der Bevölkerung hinaus gefördert werden?

Feministische Positionen sind politisch auch deswegen so interessant, weil sie Institutionen und ihre Ausweitung legitimieren. Wird die Hälfte der Bevölkerung als dringend schutzbedürftig und förderungswürdig betrachtet, wird aber die Gesellschaft (als „Patriarchat“ oder „Männerherrschaft“) so beschrieben, dass sie Förderung und Schutz verweigert – dann müssen eben politische Großinstitutionen tätig werden, um den bedrohten Menschen zu ihren Rechten zu verhelfen.

Steht die andere Hälfte der Bevölkerung wiederum als privilegiert und potenziell bedrohlich fantasiert da, dann rechtfertigt das, sie im Interesse allgemeiner Gerechtigkeit für die Finanzierung der Institutionen haftbar zu machen. Sogar Einschränkungen von Grundrechten, etwa in der Kindessorge, können als legitim dargestellt werden – schließlich ginge es um den Schutz Schutzloser.

Es ist daher irreführend, feministische Positionen lediglich auf das Verhältnis zwischen Männern und Frauen zu beziehen, das ohnehin so vielfältig ist, dass ihm einzelne politische Positionen kaum gerecht werden können. Feminismus ist auch keine Bewegung für die Frauen und keine gegen die Männer.

Heute steht Feminismus vor allem für das Verhältnis großer Institutionen zu einzelnen Menschen: In all seiner Widersprüchlichkeit ist er heute vor allem eine politische Fantasie, die eine Aufrechterhaltung und Ausweitung institutioneller Macht orchestriert.

Das ist eine interessanter Aspekt. Er bringt einen zu der Frage, was man für eine „Institutionalisierung“ braucht. Eine allgemeine Einschätzung, dass diese jeweilige Gruppe Unterstützung braucht und der Staat da Handeln muss, eine gewisse „Fürsorgepflicht“ hat, hilft da sicherlich stark. Des weiteren ist es sicherlich auch ein schleichender Effekt, bei dem zB in einer Schutzinstitution Mitarbeiter eingestellt werden, die der Ideologie dahinter angehören und damit ein gewisses „Hausklima“ erzeugen, welches immer mehr dazu führt, dass dort die Ideologie ganz selbstverständlich gelebt wird. Es wäre interessant wie viele Mitarbeiter des BMFSFJ Feministinnen sind, soweit sie in Abteilungen arbeiten, die Bezug zu Frauen- oder Familienthemen haben.

Und natürlich dürfte dazu eben wie auch von Lucas angeführt beitragen, dass das Bestehen der Benachteiligung die Institutionalisierung rechtfertigt und damit alle, die in der Institution oder von ihr geförderten Bereichen arbeiten ein starkes Interesse daran haben, den Apparat am laufen zu halten, da sie auf diese Weise ihr Geld verdienen.

Weitere interessante Fragen wäre:

Wie löst man die Institutionalisierung auf? Oder wir bringt da andere Ideen mit herein?

Ich vermute mal, dass ein solcher Prozess gar nicht so einfach ist. Ein neuer Minister müsste sich trauen, sich mit seiner Behörde anzulegen, die er ja nur sehr eingeschränkt ersetzen kann. Er muss sich evtl darauf gefasst machen, dass er einen gewissen Partisanenkrieg gegen sich erzeugt, wenn er gegen die dort vorherrschende Ideologie handelt. Was für einen Politiker eben auch immer gefährlich ist, da es schnell negative Schlagzeilen produziert.

Schoppe schreibt dann etwas später, dass man dort nichts dagegen hat, dass Frauen grundsätzlich von Männern abhängig sind in dem Sinne, dass die Gruppe der Männer in bestimmten Bereichen die Gruppe der Frauen finanziert und insoweit eine gewisse Abhängigkeit besteht, etwa bei der Krankenkasse. Das aber gleichzeitig diese Abhängigkeit nichts positives sein kann, sondern der gesamte Diskurs eher von einer sehr feindseligen Rhetorik gegenüber Männern geprägt ist, die aus Sicht von Lucas ihre Funktion hat:

Die routinierte männerfeindliche Rhetorik hingegen hat das Ziel, Menschen auf ihre bloße Funktionalität für andere zu reduzieren und die Leistungen, die sie fortlaufend erbringen, sogleich aus dem Blickfeld zu schieben, nachdem sie genutzt werden konnten. Wer von einer mehrtausendjährigen Unterdrückung der Frauen durch Männer ausgeht, der wird niemals irgendeine Leistung von Männern ausreichend finden, um die Schuld zu tilgen.

Für die Härte und Inhumanität dieser Klischees ist es entscheidend, dass sie eben nicht zur Organisation des Geschlechterverhältnisses taugen, sondern dass sie institutionelle Machtausübung orchestrieren.

Denn in der lebensweltlichen Interaktion sind wir fast ausnahmslos darauf angewiesen, die Würde und Selbstachtung unseres Gegenüber nicht völlig zu verletzen – sonst wird er, oder sie, nicht weiter mit uns kooperieren. Akteure in Institutionen aber agieren aus einer so überlegenen Machtposition, dass sie Beschränkungen der Verachtung durch die lebensweltliche Interaktion nicht beachten müssen: Die anderen müssen ja ohnehin kooperieren, ob sie es nun wollen oder nicht.

Also der Gedanke, dass man nicht gewisse Leistungen anerkennt, weil man nicht auf Kooperation angewiesen ist. Eine Rhetorik dieser Art könne quasi nur „von oben herab“ erfolgen, weil man im wirklichen Leben gerade auch als Mann und Frau kooperieren muss. Wer aber auf diese Weise auftritt, der ist nicht mehr an Kooperation interessiert, sondern will allenfalls seine eigene Macht (oder ggfs auch seine eigene Unabhängigkeit) demonstrieren will.

Also ein großes „wir brauchen keine Männer“. Bzw ein „Wir haben die Macht, die anderen können uns gar nichts“.
Was sich dann natürlich wieder mit der Opferposition beißt, die dann wieder die Institution rechtfertigt.

Radikale feministische Theorien zur Schuld nach Geschlecht und Hautfarbe als Aufkündigung der Kooperationsbereitschaft

Lucas Schoppe schreibt einen wie immer lesenswerten Artikel zu #MenAreTrash etwas dazu, wie die radikalen Vorwürfe im Feminismus gerade gegen weiße  Männer einer Aufkündigung der Kooperation gleichkommen:

In der Spieltheorie nämlich ist schon lange deutlich, dass die sogenannte Tit-for-Tat-Strategie  oft sehr sinnvoll ist. Damit wird auf des Verhaltens des anderen Spielers reagiert: Wenn dieser kooperiert, kooperiert man auch selbst – wenn er sich der Kooperation verweigert, zieht man sich ebenfalls aus der Kooperation zurück. Besonders gute Folgen hat diese Strategie, wenn man selbst mit einem Signal der Kooperation beginnt.

Der Sinn ist leicht nachzuvollziehen. Kooperation wird mit Kooperation belohnt, und dadurch können sich dann Strukturen eines gemeinsamen Handelns ausbilden. Demjenigen aber, der die Kooperation verweigert, werden sofort die Vorteile der Kooperation entzogen.

Würden wir hingegen unsere Kooperationsbereitschaft einfach aufrecht erhalten, obwohl der andere sichtbar nicht kooperiert – dann würden wir dessen Verweigerung sogar noch belohnen. Er könnte die Vorteile der Kooperation einstreichen, ohne die Investitionen für sie leisten zu müssen.

Wer also blind für das Verhalten des anderen stur weiter kooperiert, richtet damit auf lange Sicht sogar Schaden an, weil er ein destruktives Verhalten fördert.

Daher ist in spieltheoretischen Experimenten eine große Mehrzahl von Menschen bereit, sogar eigene Opfer in Kauf zu nehmen,  wenn das die Bedingung für die Bestrafung eines anderen ist, der die gemeinsamen Regeln gebrochen hat. Das kurzfristige Opfer lohnt sich, weil damit langfristig gesichert wird, dass andere nicht einfach ungestraft die Strukturen der Kooperation ausnutzen können. Das zeigt übrigens nebenbei auch, wie groß insgesamt der Gewinn der Kooperation auch für Einzelne ist.

Wer aber nun Menschen offen, und gar allein aufgrund biologischer Zugehörigkeiten, als „Müll“ beschimpft, der signalisiert so deutlich wie nur möglich, dass er zu keiner Kooperation mit ihnen bereit ist. Er ist demonstrativ nicht einmal bereit, ihre basale Menschenwürde zu respektieren, nimmt also für die Beschimpfung sogar unverhohlen in Kauf, gemeinsame und grundlegende moralische Regeln zu brechen.

Es ist völlig nachvollziehbar, wenn Menschen auf solch ein destruktives Verhalten hart reagieren. Das ist keineswegs seinerseits verroht. Eine solch harte Reaktion haben wir eben deshalb trainiert, weil wir kooperative Wesen sind und weil wir die Spielregeln der Kooperation verinnerlicht haben.

Ich denke das ist in der Tat etwas, was bei vielen dazu führt, dass sie den radikalen Feminismus ablehnen, wenn er einmal deutlich macht, was er eigentlich vertritt und die Radikalität deutlich wird.

Sie gehen davon aus, dass sie als Frauen kooperativ mit Frauen umgehen und die Männer gehen davon aus, dass sie kooperativ mit Frauen umgehen und sie lehnen daher diese Vorwürfe ab, weil sie sich ein vernünftiges Verhältnis zwischen den Geschlechtern auf dieser Basis nicht vorstellen können.

In der Tat ist in dem Moment eine Zurückweisung solch radikaler Ideen bzw solch radikaler Ablehnung von Männern sehr sinnvoll, wenn man deutlich machen will, dass man weiterhin kooperativ spielt, eben an ein kooperatives Spiel zwischen Menschen an sich und auch den Geschlechtern glauben.

Lucas führt dann an, dass dieser bewusste Bruch mit der Kooperation letztendlich eine Machtdemonstration ist:

Der Kommentator Pjotr schreibt zu #MenAreTrash:

Die eigentliche Mitteilung auf der Beziehungsebene ist: Wir können euch Dinge an den Kopf werfen, ohne dass der grosse Aufschrei erfolgt. Ihr hingegen könnt das nicht. Das heisst: Wir haben die Diskurshoheit.

Tatsächlich wirkt die wegwerfende Betitelung anderer als Müll eben dadurch, dass sie gängige Regeln so frontal wie unverstellt bricht. Seht her: WIR können, ohne Folgen für uns, zivile Regeln brechen, an die IHR euch sorgfältig zu halten habt. So ist dieser Hashtag denn auch vor allem eine offene, schambefreite Demonstration eben derjenigen Privilegien, die zugleich projektiv den Beschimpften untergeschoben werden.

Ich würde es etwas anders sehen und dabei zunächst auf den kürzlich geposteten Artikel zu den Sichtachsen nach politischer Einstellung Bezug nehmen:

  • Progressives communicate along an oppressor–oppressed axis, where those who stand up for the underprivileged are good, while those indifferent to the plights of the disadvantaged are bad.

Die Feministen sehen sich als auf der Seite der Unterprivilegierten stehend, sie sehen alles von vorneherein nicht als kooperatives Spiel, indem man eine Zusammenarbeit aufkündigen kann, sondern als Nullsummenspiel um Macht.

Ähnlich wie Terroristen sehen sie in dem Hashtag damit lediglich ein Kampfmittel, eine Provokation, mit der man Leute aufrüttelt und ihnen einen Spiegel vorhält. Dabei kann nichts zu Schaden kommen, denn es existiert eben kein kooperatives Spiel, sondern nur ein Nullsummenspiel: Jede Aufregung der Gegenseite, jede Aufmerksamkeit der Presse, ist in dieser Betrachtung ein Sieg, genauso wie Terroristen häufig nicht begreifen, dass ihre Anschläge die Sache nicht besser machen, sondern im Gegenteil mehr Leute gegen ihre Sache einnehmen.

Und natürlich – da kommt wieder etwas Diskurshoheit und ein Überlegenheitsgefühl hinein – macht es auch Spass der große Provokateur für die gerechte Sache zu sein und es beschert einem eine Menge Punkt in dem Spiel um Virtue Signalling –

„Seht, wie ich den Feind getroffen habe! Seht, wie er mich angreift und ich nicht wanke! Seht, wie hartnäckig ich für unsere Sache kämpfe!“

Das sie eigentlich alles verschlechtern bleibt ihnen verborgen.

 

 

„Der Feminismus ist wie eine absurde Schlacht mit Ameisen“

Lucas Schoppe schreibt wie meist interessantes:

So aber sind Gender Studies in dieser Form eben kein Sozialkonstruktivismus, sondern eher ein Anti-Sozialkonstruktivismus. Sie befeuern die Illusion einer irgendwie echten, authentischen, reinen Wirklichkeit, die sich freilegen ließe, wenn die Konstruktionen der allumfassenden Herrschaftsordnung erst einmal hinreichend entlarvt und bewusst gemacht wären.

Das ist ja das fatale an „Dekonstruktion“ und „kritischer Theorie“, sie weigert sich, sich selbst auch kritisch zu betrachten und ist insofern nur darauf ausgerichtet, alles, was nicht ins eigene Weltbild passt, zu kritisieren, niemals aber die eigenen Ideologien.

Dass sich solch eine Reinheitssehnsucht in Reinigungsphatasien niederschlägt, ist ebenso verständlich wie die das irritierend gute Gewissen der Reinigungsunternehmer. (…)

Die vierte Welle, die der dritten gender-feministischen Welle heute folgt, ist noch besser für Reinigungsphantasien geeignet. Der intersektionale Feminismus kombiniert verschiedene Formen der Diskriminierung, hat sich neben dem Geschlechterverhältnis besonders auf rassische Zuschreibungen konzentriert und stellt regelmäßig fest, dass Menschen in einer Hinsicht privilegiert (Mann! Weiß! Hetero! Cis!), in anderer diskriminiert oder marginalisiert sein können.

Das füttert nicht nur die Illusion, soziale Herrschaft könne jederzeit anhand von Gruppenzugehörigkeiten analysiert und jeweils zweifelsfrei zugeordnet werden – es befeuert auch einen unendlichen Diskriminierungswettlauf. Ist eine lesbische weiße Cis-Frau oder ein heterosexueller schwarzer Trans-Mann eher durch Diskriminierungserfahrungen geprägt – also auch weniger durch den Anteil an Herrschaftsstrukturen verunreinigt?

Für eine linke Politik sind solche Reinheitssehnsüchte ganz besonders katastrophal. Da die Gesellschaft flächendeckend von „Herrschaftsstrukturen“ geprägt scheint, sind es zunehmend immer kleinere Gruppen, die noch ein positives Gegenbild entwerfen könnten. Die linken Kämpfe richten sich schließlich so engagiert gegen immer subtilere Unterdrückungsmechanismen, dass sie von außen betrachtet nicht einmal wie ein Kampf gegen Windmühlen, sondern wie eine absurde Schlacht mit Ameisen erscheinen müssen.

Das er sich in immer kleineren Scharmützeln um die noch bessere Sicht, die noch diskriminierungsfreiere Wirklichkeit verlieren muss, ist in der Tat Fluch und Segen der intersektíonalen Theorien:

Fluch, weil er eben zu Kriegen führt, bei denen das tatsächliche Ziel nicht mehr erreicht werden kann, bei dem sich der Kampf fast automatisch auch nach innen richten muss, bei der mehr Hass entsteht ohne das es produktiv wird.

Aber eben auch Segen, weil man immer ein Opfer hat, für das man sich einsetzen kann, immer signallisieren kann, wie viel einem der Kampf bedeutet und wie nachhaltig man ihn führt und in dem man Wetteifern kann und sich über andere erheben kann.

 

Wie können sich Männer überhaupt von „toxischer Männlichkeit“ distanzieren?

Schoppe kommentierte zum Fall Weinstein:

Tatsächlich könnten solche Typen wie Weinstein – einmal vorausgesetzt, die Vorwürfe bewahrheiten sich, was ja kaum jemand bezweifelt – nur dann wirkungsvoll eingehegt werden, wenn Menschen rundweg bei der Aufrechterhaltung ziviler Standards zusammenhalten würden. Frauen sind dabei auf die Kooperation von Männern angewiesen, aber Männer auch auf die Kooperation von Frauen: Wie sollten sich Männer denn wirkungsvoll von einem Typen wie Weinstein distanzieren können, wenn gleichzeitig von feministisch inspirierten Frauen beständig verkündet wird, in Weinsteins Verhalten würde sich lediglich die ganz allgemeine „toxische Männlichkeit“ ausdrücken.

Denn tatsächlich glaube ich, dass der Großteil der Männer ein Verhalten wie das von Weinstein scharf ablehnt. Feministinnen hingegen unterlaufen und negieren diese Ablehnung, wenn sie Weinstein lediglich als besondere Ausprägung eines typischen männlichen Verhaltens hinstellen.

In der Tat ist „Toxische Männlichkeit“ eher daraus ausgerichtet, dass man einen Sündenbock hat. Alles ist sexistisch und alles kann ein Ausdruck toxischer Männlichkeit sein, sogar das man sich gegen eine solche ausspricht, denn damit sahnt man nur Aufmerksamkeit ab, die eigentlich Frauen zusteht, die das schon immer gesagt haben.

In der feministischen Theorie gibt es kein „Genug“, kein „Jetzt wollen wir es mal nicht übertreiben“. Alles männliche Verhalten ist schlecht und führt zu Weinstein. Wer das Binnen-I nicht würdigt hat quasi selbst Frauen belästigt.

Wer tatsächlich Verbündete haben wollte, der müsste anders auftreten. Wer nur einen Sündenbock will, ein Feindbild, auf das er seine Sorgen und seine Wut projizieren kann, der macht hingegen alles richtig. Da ist es gut, wenn das Ideal nicht zu erreichen ist. Da ist es gut, wenn man immer mehr fordern kann.

Der moderne Feminismus braucht sein Feindbild dringender als Verbündete.

Warum zur Rettung der Rape Culture Theorie sexuelle Übergriffe, die nicht in die Theorie passen, klein geredet werden müssen

Es gab mal wieder einen interessanten Kommentar, der etwas mehr Platz verdient hat:

Lucas Schoppe schrieb:

Penny spielt ein unseriöses Spiel mit Wörtern, das heute für viele feministische Stellungnahmen so typisch ist: Sie wendet sich gegen etwas, was alle vernünftigen Menschen ablehnen (Faschismus, Vergewaltigungen, Menschenrechtsverletzungen) – und bezieht das dann völlig beliebig auf ihre politischen Gegner.

„Muslimen und Einwanderern muss es verwehrt bleiben, westliche Frauen zu missbrauchen, aber die Kehrseite davon ist, dass westliche Männer das straffrei tun dürfen“ Was schert mich die Realität, wenn ich mir meine Meinung schon so schön zurechtgelegt habe? „Westliche Männer“ kritisieren brutale muslimische Geschlechterbilder nur, damit ihnen Muslime nicht beim Vergewaltigen in die Quere kommen: Die Unterstellung hat nichts mit Realitäten zu tun, sondern erfüllt lediglich die Funktion, die eigenen Ressentiments ungestört erhalten zu können.

Wer die westliche Kultur rundweg als eine „Rape Culture“ hinstellt, hat eben ein Problem damit, wenn die massenhaften sexuellen Übergriffe auf Frauen in der Silvesternacht 2015 als erheblicher Bruch einer gewohnten Ordnung und zudem, von Frauen UND Männern, als Skandal und Verbrechen wahrgenommen werden.

Dieselbe Funktion erfüllten ja auch die haltlosen Vergleiche mit dem Oktoberfest durch Anna-Mareike Krause, Anne Wizorek und andere. Ganz dieselbe Unterstellung wie Penny in der taz hatte auch schon Stokowski zu Beginn des letzten Jahres im Spiegel lanciert. Es zeigt einfach nur: Diese Generation von Feministinnen hat keinen Funken Interesse, sich mit sozialen und politischen Realitäten auseinanderzusetzen, sondern ist ganz darauf fixiert, die eigenen Ressentiments zu schützen. Ganz gleich, was auch immer passiert.

In der Tat muss für sich die sich als Vergewaltigungsgegner darstellenden Feministinnen eine Situation, in der Leute und gerade nunmehr tatsächlich eine „Rape Culture“ annehmen, allerdings nicht eine, die ideologiekonform ist und sich auch gegen die falschen Verursacher wendet, als Bedrohung ihrer Theorie darstellen:

Nach ihre Darstellung ist die westliche Welt schon jetzt eine Rape Culture und das geradezu eines der bestimmenden Elemente, in denen die Gefahr nicht groß genug dargestellt werden kann und jede dritte Frau schon vergewaltigt bzw zumindest Opfer sexueller Gewalt war. Viele Frauen trauen sich der von den Feministen gemalten Welt vor Angst vor Übergriffen gar nicht mehr auf die Straße.

Wenn nunmehr ein neuer Umstand in die Gesellschaft kommt, hier: Flüchtlinge und die Vorfälle von Köln, dann bringt das eine gewisse Erklärungsnot: Warum wird so etwas wahrgenommen und führt zu Protesten, der tägliche Terror, der nach den feministischen Theorien aber Frauen gegenüber ausgeübt wird, wird mehr oder weniger Stil hingenommen?

Und natürlich muss ebenso das Narrativ gerettet werden, dass es vorher alles besser war. Man braucht also neue Zahlen, mit den richtigen Tätern, nämlich weißen Männern. In der Flüchtlingskrise geht den Feministinnen der „Bösewicht“ verloren und sie kämpfen mühsam darum, ihn wieder zu etablieren, indem sie neue Vorfälle erfinden müssen.

Und natürlich müssen sie eine weitere Verlagerung vornehmen: Es sind nicht die Frauen, die diese Rape Culture bemerken, die eigentlich viel schlimmere schon immer bestehende durch die weißen heterosexuellen Männer aber nicht.

Es sind die weißen Männer selbst, die die andere Rape Culture als Konkurrenz ansehen und deswegen bekämpfen. Das ganze als Machtkampf unter Männern um die „bessere Unterdrückung“ darzustellen erlaubt die Frauen aus der Gleichung zu nehmen, die als Unterdrückte eben nicht zu Wort kommen und denen insofern im Feminismus mal wieder die Stimme genommen wird.

Nur durch den Machtkampf weiße Männer gegen muslimische Männer bleibt die Theorie erhalten. Was die „ihr wollt ja nur selbst vergewaltigen“-Vorhalte erklärt.

„Neofaschismus ist im Kern ein Männlichkeitskult“ Eher ein Kult sehr klarer Zuordnungen zu Geschlechtern. Die Verherrlichung des opferbereiten soldatischen Mannes ergibt nur dann einen Sinn, wenn jederzeit klar ist, WOFÜR dieses Opfer gebracht wird: Für das Volk nämlich, das seinerseits im Kern durch die MUTTER repräsentiert wird.

Faschismus ist im Kern mindestens so sehr ein Mutterkult, wie er ein Männlichkeitskult ist. Daher gibt es denn ja auch deutliche Übergänge zwischen Feminismus und Faschismus, in Deutschland zum Beispiel von der bürgerlichen Frauenbewegung zum Nationalsozialismus. Der Mutterkult von bundesdeutschen Feministinnen wie Anita Heiliger wiederum befindet sich deutlich in der Tradition nationalsozialistischer Mutteridealisierungen.

(Dazu: https://man-tau.com/2016/12/07/die-unmodernen-wurzeln-einer-modernen-geschlechterpolitik/ )

Das heißt nun natürlich nicht, dass alle Feministinnen Nazis sind – aber dass Pennys Gegenüberstellung Faschismus vs. Feminismus haltlos ist.

Da sind wieder die Überschneidungen zwischen links und rechts nach der Hufeisentheorie. Rechts und links treffen sich, weil beide einen Kult um den Schutz der Frau errichten, der eine führt Gleichberechtigung und gegenwärtige aus der Benachteiligung resultierende  Schwäche als Grund an, der andere Differenz, die schutzbedürftig und wertvoll macht. Die Auswirkungen sind letztendlich die gleichen. Ich vermute, dass „Frauen beschützen“ eben etwas ist, was tief in uns verankert ist.

Wenn zudem andere Feministinnen darauf beharren, dass so tief unseriöse, ressentimentgeladene Positionen wie die Pennys nicht repräsentativ für DEN Feminismus sind – dann müssen sie sich halt stärker und kritischer damit auseinandersetzen, als sie es tun. Immerhin publiziert Penny in der taz, Stokowski im Spiegel, und Wizorek wird von Familienministerium protegiert. Das sind keine Randfiguren – im Gegenteil: Randfiguren sind im heutigen Feminismus die paar wenigen Feministinnen, die sich mit einem solchen Mist ab und zu auch mal kritisch beschäftigen.

Leider

 

 

Schoppe zu Beauvoir und Hausarbeit vs. Erwerbstätigkeit

Schoppe kommentierte interessantes unter einen Artikel zum Thema „Hausarbeit vs. Erwerbstätigkeit“ im Feminismus

Wir können sehr gut den *bürgerlichen Feminismus* an Hand der Erfahrungen identifizieren, die dieser NICHT gemacht hat.“ – „*Individualneid*, Neid auf die Herausbildung von *männlicher Autonomie*, ohne zu begreifen, was das eigentlich heißt.“ (Crumar)

Das passt exakt zu der Logik DES Schlüsseltextes der zweiten Welle, de Beauvoirs „Das andere Geschlecht“ – im Original ja eigentlich „Das ZWEITE Geschlecht“.

Vor dem Hintergrund des Existenzialismus hat der Begriff der Selbstverwirklichung eine etwas genauere Bedeutung als die esoterisch-gefühlige, die er längst umgangssprachlich angenommen hat. Da wir radikal in die Freiheit geworfen seien, hätten wir auch die Freiheit, uns selbst zu entwerfen, seien durch nichts dabei gebunden. Wir könnten diese Entwürfe aber nur VERWIRKLICHEN; wenn wir etwas tun, wenn wir handeln, arbeiten.

Die (männliche) Arbeit ist so also Bedingung für die Selbstverwirklichung – die Frau aber, die sich vom Mann abhängig macht, sei in diesem Sinne gar kein wirklicher Mensch, sondern gleichsam Anhängsel der Wirklichkeit des Mannes: das zweite Geschlecht eben, nicht nur das „andere“. Entsprechend radikal verachtungsvoll äußert sich de Beauvoir dann auch über bürgerliche Hausfrauen.

Natürlich hat die Tochter aus gutem Hause dabei selbst ein äußerst privilegiertes Bild von der (Erwerbs-)Arbeit, ohne dass sie sich dieser besonderen Perspektive bewusst wäre. Die radikalen Abhängigkeiten, die Quälereien, die massiven Einschränkungen der Freiheit, die Reduktion auf eine Funktion innerhalb eines Gesamtsystems: Diese Aspekte der Erwerbsarbeit sind grundsätzlich nicht entscheidend für den Gang ihrer Argumentation.

Sie berichtet von einer Befragung proletarischer Frauen, die doch tatsächlich in einer deutlich überwiegenden Mehrheit eine Präferenz hätten, die de Beauvoir eigentlich gar nicht ins Konzept passt: Wenn sie die Wahl hätten, würden sie als Hausfrauen zu Hause bleiben und nicht in der Fabrik arbeiten. Die Autorin erklärt sich das nicht etwa dadurch, dass die Frauen die Fabrikarbeit als quälend empfunden hätten – sondern dadurch, dass sie aufgrund der fehlenden männlichen Mithilfe im Haushalt eine doppelte Arbeit hätten. Hätten sie die nicht, würden sie gewiss für die Erwerbs- und gegen die Hausarbeit optieren.

Die guten Gründe der Frauen für eine Option GEGEN die Fabrikarbeit sind der Autorin überhaupt nicht präsent, oder nicht wichtig. In meinen Augen ist das allgemein übrigens ein wesentlicher Grund für die weitgehende Kommunikationsunfähigkeit (und -unwilligkeit) heutiger Feministinnen: Ihre Position baut grundsätzlich auf der Ausblendung großer, wesentlicher Teile der sozialen Wirklichkeit auf. In jeder offenen Diskussion wären sie in Gefahr, dass diese Aspekte in ihr Weltbild einbrechen.

So erklärt sich dann auch die Dauermoralisierung, der Moral-Priapismus, der politische Diskussionen heute oft so nervtötend macht: Die Unterdrückung einer wirklich offenen Diskussion lässt sich auf Dauer nur legitimieren, wenn die ausgegrenzten Positionen so scharf wie möglich diskreditiert werden.

Das der Feminismus große Teile der sozialen Wirklichkeit ausbremsen muss ist aus meiner Sicht richtig. Es ist schon erstaunlich, wenn eine eigentlich linke Philosophie nicht auf die Idee kommt, dass neben Geld eben auch andere Faktoren die Berufsentscheidung und die „Work-Life-Balance“ bestimmen kann und das es nicht Ziel des Einzelnen sein muss, dass er die Gruppe voranbringt, sondern viele ihr eigenes Leben mit gänzlich anderen Prioritäten voranbringen will.

Natürlich hat das die dritte Welle noch etwas unlogischer gemacht: Im Intersektionalen Feminismus kann man auch Hausfrau sein wollen, nur sollte man es nicht wollen oder muss es irgendwie umdeuten als Reclaimen von Weiblichkeit. Man muss auch nicht Karriere machen wollen, aber dennoch steht einem eine entsprechende Position zu, weil alles andere sexistisch wäre. Insofern wäre die Ausblendung der sozialen Wirklichkeit eher noch größer geworden.

Hat der Feminismus Angst vor gleichen Rechten UND Pflichten und deswegen ein so schlechtes Frauenbild?

Lucas Schoppe stellt die negative Sicht auf Frauen in dem gegenwärtigen Feminismus dar:

Skandalös ist aus dieser Sicht nicht die Fixierung auf Ängste und Schutzbedürftigkeiten – skandalös ist lediglich, dass der Schutz nicht total ist, dass der allgute Vater Staat noch Lücken in seinem schützenden Mantel toleriert.

Damit wird Frauen dann der verrückte Eindruck erweckt, sie könnten sich eine Erfahrung ersparen, die für Männer – zu deren Vorteil, übrigens – ganz selbstverständlich ist: Dass es keinen absoluten Schutz gibt, und dass Menschen daher auf sich selbst und aufeinander aufpassen müssen. (….)

Ähnlich die von Schwesig finanzierte Kampagne zur Hate Speech im Netz. In der Welt der Ministerin kommt der Hass von Männern, die Opfer sind Frauen – Frauen selbst sind hier zu Hass gar nicht fähig, schlimmstenfalls zu niedlichen kleinen Aggressiönchen. Ebenso in der häuslichen Gewalt: Was der Mann der Frau tut, ist schrecklich und gewalttätig, was aber die Frau dem Mann tun kann, ist allezeit nicht der Rede Wert.

Wer einen anderen Menschen als Erwachsenen ernst nimmt, weiß allerdings immer auch, dass dieser Mensch ihm potenziell Schaden zufügen kann. Wer das Menschen  nicht zutraut, nimmt sie als Erwachsene nicht ernst.

Die Ministerin entwirft eine Welt, die für Frauen allezeit bedrohlich ist und die ihnen keine Möglichkeit des Schutzes und der Gegenwehr lässt – als wären sie existenziell hilflose Wesen, ausgesetzt in einer feindseligen Welt wie Vögelchen, die zu früh aus dem Nest gefallen sind.

Auch eine berufliche Karriere lohnt sich hier natürlich nicht. Da die Ministerin mitsamt ihrer Partei ausdauernd verkündet, Frauen würden 23% weniger verdienen als Männer, müsste eigentlich jedem jungen Paar klar sein, wer im Zweifelsfall daheim bleibt: Wie verrückt wäre es, wenn es der Mann wäre, der doch in der rauen Wirtschaft dort draußen jederzeit um ein Viertel mehr verdient als die Frau.

Dass das Gerede vom Gender Pay Gap schon vielfach widerlegt worden ist, ändert nichts an seiner Langlebigkeit. Es bedient Bedürfnisse, schürt Ängste und Schutzansprüche – und kann daher lästige Quälgeister wie Tatsachen und sachliche Analysen recht leicht beiseite legen.

Welche Arbeitgeber würde, andererseits, auch gern Menschen einstellen, die davon überzeugt sind, die Erwartung eines realitätsgerechten Verhaltens sei ein übler Trick einer böswilligen Umwelt? (…)

Warum fällt linken Feministinnen nicht auf, dass solche Positionen geschlechterpolitisch frauenfeindlich sind und allgemein politisch reaktionär und autoritär?

Wie wäre es zur Abwechslung einmal mit einem feministischen Aufschrei?

Das ist eine alte Klage, die aber dadurch nicht falsch wird:

Wenn der Feminismus recht hat, dann sind Frauen schlicht unfähig und als Arbeitnehmer oder sonstige Führungspersonen nicht zu gebrauchen.

  • Sie sind die einzige Bevölkerungsgruppe, die es mit freien geheimen allgemeinen Wahlen und einer Mehrheit in der Bevölkerung nicht schafft, ihre Interessen durchzusetzen
  • Sie schaffen es nicht eine rein feministische Partei aufzustellen und sie in diesen Wahlen wählen zu lassen oder zumindest die Gelder der Wahlwerbung zu nutzen um Frauen zu sensibilisieren
  • Sie verkaufen sich beständig unter Wert ohne die sich daraus ergebenden Chancen zu nutzen, wie etwa ein Unternehmen mit den ganzen bei den Beförderungen übergangenen Frauen zu besetzen, ihnen nur etwas mehr zu zahlen und so am Markt konkurrenzlos zu sein, bis dann alle anderen auch Frauen einstellen
  • Ihre Belange werden von der gesamten Wirtschaft übergangen ohne das eine Frau dies ausnutzt und bei einem gewaltigen Markt die Produkte anzubieten, die Frauen tatsächlich wollen. Es würde bereits reichen, dass man Rosa Rasierer zum gleichen Preis verkauft wie „normale Rasierer“ um im Rennen zu sein, und so die „Pink Tax“ auszuschalten, aber Frauen nutzen diese Möglichkeit einfach nicht. Es gäbe noch viele weitere Möglichkeiten, bei denen man sich fragt, warum eine Feministin, die an ihre eigenen Theorien glaubt, sie nicht ergreift. Sie könnte, wenn ihre Theorien zutreffen, so schnell reich werden.
  • Sie wären je nach Theorie entweder bereits durch die Erziehung unfähig oder bräuchten nur daran erinnert zu werden, dass sie Frauen sind um sich jedem Mann aufgrund des Bias unterlegen zu fühlen.
  • Sie werden in jedem einzelnen Land dieser Welt unterdruckt und in jedem einzelnen Land gibt es auch eine Rape Culture zu Lasten von Frauen ohne das es je Frauen gelungen ist, diese Unterdrückung zu beenden.

Und in der Tat wäre der Feminismus eher ein Stabilisator der Unterdrückung:

  • Niemand macht Frauen effektiver deutlich, dass sie niemals soviel Geld wie ein Mann bekommen werden, dass überall nur Sexismus und Unterdrückung lauert, dass eben nirgendwo auf dieser Welt die Frau ein Bein auf den Boden bekommt, ja dass sogar in einem der sichersten Länder der Welt viele Frauen sich noch nicht einmal mehr auf die Straße trauen.
  • Es wäre in dieser sexistischen Welt, die der Feminismus malt in der Tat das Beste dem Mann das Geldverdienen zu überlassen und die Kinderbetreuung zu übernehmen, denn man verdient ja eh weniger, man wird nie befördert etc.

Lucas führt an:

Meine einzige Erklärung ist: Diese Akteurinnen haben Erfolg, weil sie viele Menschen ansprechen, Frauen UND Männer, die vor den Konsequenzen gleicher Rechte Angst haben. Die Angst vor einer Welt haben, in der Frauen prinzipiell dieselben Möglichkeiten haben wie Männer, Männer prinzipiell dieselben Möglichkeiten wie Frauen – und in der sie alle gemeinsam dieselbe Verantwortung tragen.

Sie sprechen Männer an, die den Glauben brauchen, sie hätten eine ganz besondere Macht und einzigartige Privilegien, nur weil sie Männer sind – auch und gerade dann, wenn sie abhängig sind von einem beschissenen Arbeitsplatz, ihre Kinder kaum noch sehen und ein paar Jahre eher sterben als ihre Frauen.

Sie sprechen Frauen an, die von der alten Forderung der sozialdemokratischen Frauenbewegung – „Gleiche Rechte, gleiche Pflichten“ – den Begriff Pflichten gestrichen haben, weil er ihnen irgendwie Angst machte und unbequem war, und die von gleichen Rechten auch nur dort etwas wissen wollen, wo Männer rechtliche Vorteile haben.

Es kann gut sein, dass das mit hineinspielt. Es ist aber auch einfach eine sehr dankbare Position, wenn alle anderen schuld sind und man plötzlich Ansprüche statt Pflichten hat, nach denen die etwas ändern müssen, damit es einem besser geht. Man kann dabei nicht scheitern, denn wenn es nicht klappt, dann muss man einfach nur fordern, dass der andere noch mehr macht. Es passt gut in die Figur der Unterverantwortlichkeit der Frau und die Hyperverantwortlichkeit des Mannes. Zudem erlaubt es einem, dass Thema rein emotional zu besetzen: „ich fühle mich unterdrückt, also werde ich unterdrückt, wen interessieren die Fragen, meine Gefühle müssen reichen, alles andere ist ein Angriff.“ Und es spricht sowohl den weißen Ritter an, der den Damen zur Rettung beisteht als auch denjenigen, der signalisieren möchte, dass er einer von den Guten ist.

Gäbe es ein Zentralkomitee des Patriarchats, das sich eines Tages mit der drängenden Frage beschäftigte, wie sich eigentlich selbstbewusste Frauen weiter in Abhängigkeiten halten lassen – dann wäre es, wenn es klug wäre, zu einem einfachen Schluss gekommen. Es hätte eine Politik entworfen, die Frauen wieder und wieder erklärt, dass sie beständig existenzielle Angst haben müssten, sei es in der Öffentlichkeit oder daheim – dass sie auch vor Gerichten keine Chance auf Hilfe hätten – dass sich ihre Erwerbsarbeit kaum lohne, weil sie ohnehin immer weniger verdienen würden als ihre Männer – und dass sie Schutz nur im Vertrauen auf mächtige väterliche Instanzen finden würden.

Wie unser Patriarchat aussehen könnte, wenn wir es gestalten könnten, wurde ja bereits in einer Patriarchatssitzung in diesem Blog diskutiert. Die meisten Männer wollen die unterdrückte Frau weit weniger als es der Feminismus glaubt. Aber wollte man Frauen Angst einjagen, der Feminismus wäre ein gutes Mittel dazu. Überall außerhalb des Feminismus sieht die Lage für die Frau besser aus. Nirgendwo hat das Patriarchat mehr Macht als in den Darstellungen des Feminismus. Und das bei gleichzeitiger Vertretung, dass die Darstellung komplett die Gesellschaft erzeugt: Was wäre da nahelegender als die Welt als Platz darzustellen, in denen Frauen keine Chance haben?

Diese Politik allerdings auch noch als „Feminismus“ zu bezeichnen, wäre ein ganz besonders gewagter Geistesblitz. Aber wenn er erfolgreich wäre, würden sich selbst Feministinnen nicht mehr gegen diese Politik wehren können, ohne Angst haben zu müssen, sogleich als antifeministisch dazustehen.

So würden dann vermutlich irgendwann die einzigen Menschen, die sich überhaupt noch trauen, feministisch zu argumentieren – ein paar Männerrechtler sein.

Ja, die Feministinnen, die tatsächlich dafür eintreten, dass Frauen nicht die unterdrückten und ausgebeuteten und chancenlosen Wesen sind, die nirgendwo eine Chance haben, sind alle aus Sicht der meisten Feministinnen Antifeminsten. Christina Hoff Sommers, Cathy Young und andere gelten dort als Persona non grata.

Wer auch immer die Lage der Frau besser schildert, der wird mit Argwohn betrachtet. Das Narrativ der Unterdrückung darf nicht angegriffen werden und Wege, wie Frauen als Gruppe ihre Lage verbessern können (weniger Literaturwissenschaften, mehr Naturwissenschaften; die Männerwahl auf Kompatibilität mit Karriere ausrichten/ alles in die Karriere stecken und Kinderbetreuung auf Dritte verlagern) gelten als Verrat und Victim Blaming.

Ironischerweise könnte man also zu der obigen Liste dessen, was Frauen nicht gebacken bekommen, auch eine Frauenbewegung hinzufügen, die Frauen sytematisch ausbremst und schlecht macht. Allerdings wohl auch nur, wenn man verkennt, dass auf diesem Weg einiges an Sonderbehandlung, getarnt als Gleichberechtigung, hängen bleibt.