David zum Gender Gap

Leser David schrieb einen interessanten Kommentar zum alten Thema „Gender Pay Gap“ zu dem es hier schon einige Artikel gab:

David schrieb:

Ist zwar OT, aber da ich Zeit habe wollte ich ein paar Überlegungen zum Gender Pay Hoax schreiben, jetzt wo ich erst mitbekommen habe dass Entgeltangleichungs-Gesetze von der EU und auch von der SPD forciert werden.

Wenn mal wieder die berüchtigten 23% in den Raum geworfen werden, frage ich ja inzwischen immer, ob die Person denn irgend jemanden aus ihrem Umfeld kennt, oder selbst auch nur einen Pfennig weniger/mehr bekommt als gegengeschlechtliche Kollegen in selber Anstellung.

Als Einstieg in die Diskussion ist das verblüffend effektiv. Wenn man mal die Job-Bereiche aufzählt, in denen Diskriminierung unwahrscheinlich bis unmöglich ist, kommt man schnell zu dem Schluss dass die verbleibenden Branchen irrsinnig hohe Gaps haben müssen, um den Gap auf das Mittel von 23% zu heben.

Welche wären das eigentlich? Laut DIW sind die der Selbstdiskriminierung unverdächtigen Unternehmer_Innen mit 44% gut dabei. Interessant eigentlich, warum nur bekommen männliche Unternehmer so viel mehr Kohle? Menno.

Damit überschneiden dürften sich die 5% Topverdiener, hier sind wir bei 50%.

Auf stattliche 140% Gap bringen es übrigens Niedriglöhner (untere 5%).

Nicht nur ist allein schon an diesen Zahlen einfach ersichtlich, dass da höchstwahrscheinlich Ungelernte zusammengefasst werden, die in völlig unterschiedlichen Branchen arbeiten.

Als wesentlichen Aspekt möchte ich hier einmal Schwarzarbeit und Trinkgeld einbringen.

Während Schwarzarbeit natürlich auch im Handwerk weit verbreitet ist, gibt es sage und schreibe 4 Millionen schwarzer Putzjobs in Deutschland, als gängiger Lohn gelten hier 8-10 Euro netto!

Was ich so von studentischen Kellnerinnen an Zahlen zu abendlichen Trinkgeldern höre, lässt mir regelmäßig die Kinnlade runterklappen.

Kellnerinnen sind zu einem sehr guten Anteil Frauen, oft bekommen sie ein mickriges Festgehalt, haben aber dafür ein umso höheres Einkommen durch Trinkgelder, unversteuert versteht sich (und damit nicht erfasst von den Gap-Datenzauberern). Friseurinnen sind auch von meist nicht-versteuertem Trinkgeld abhängig, wenngleich diese leider immernoch kriminell unterbezahlt sind in Deutschland.

Mit der Steuermoral der halben Million Prostituierten fang ich besser nicht an.

Fun Fact: Männer zahlen dabei im Durchschnitt deutlich höhere Trinkgelder als Frauen, gerne natürlich aufsteigend mit Attraktivität.

Weiter interessant ist, dass der Gap sich mit dem Lohnsteuerbescheid sich sowieso zur Hälfte in Luft auflöst. Netto beträgt er nur die Hälfte, ganz versteh ich das auch nicht.

Der Witz schlechthin ist ja, Unterhaltszahlungen, die es ja in Deutschland nicht zu knapp gibt, dem dafür arbeitenden Geber anstatt der Nehmerin zuzurechnen, was den Gap gleich doppelt künstlich vergrößert.

Diese Dinge sind alle im – wenigstens zunehmend Einzug haltenden – “bereinigten” 8%-Gap wohl nicht drin. Der bereinigte Gap ist bei genauer Betrachtung ein ziemliches Blendwerk bzw. fauler Kompromiss, mit dem Argumente vermeintlich neutralisiert werden, der aber immer noch Forderungen auf wackliger Basis legitimiert.

Abgesehen davon dass es auch andere Zahlen von 2 oder 5 % gibt, festigt der “bereinigte” Gap die Grundannahme, dass alle nicht aufgeklärte Varianz ja eben doch im Ausschlussverfahren aufgeklärt ist – durch DISKRIMINISIERUNG (Zitat Ernie aus Stromberg) nämlich.

Dabei hat man einfach nur ein paar mehr Kovariaten (von unzählig möglichen) in ein Regressionsmodell geschmissen, während der Rest im Dunkeln bleibt.

Man sehe sich zum Beispiel mal die europäischen Gender Gaps im Vergleich an…und korreliere sie mit der eigenen Annahme über die gehaltsmindernden Vorurteile, denen Frauen dort ausgesetzt sind (Schweden, Deutschland, Österreich vs. Italien, Polen, Rumänien).

Eine Möglichkeit wird apodiktisch vollkommen ausgeschlossen: dass ein erreichtes Gehalt VERDIENT sein könnte, also dass Gehaltsunterschiede vielleicht auch Leistungsunterschiede anzeigen KÖNNTEN.

Das Argument, dass Männer im Schnitt womöglich (in den geGAPten Bereichen!) schlicht bessere Leistungen bringen, gesuchtere Fähigkeiten haben und daher schlicht gefragter und wertvoller sind – genauso wie das umgekehrt in Schule und Uni für Frauen gilt – erscheint geradezu zu absurd frauenfeindlich, um es anzubringen.

Das einzig halbwegs akzeptierte Argument ist das unterschiedliche Auftreten in Vertragsgesprächen, was natürlich auch schnell mal als indirekte Diskriminierung geframet wird.

Dabei gibt es nicht nur klare Hinweise darauf, dass Männern Beruf und Erfolg wichtiger, sie Gehalt gegenüber Nachteilen des Jobs (Entfernung, mieser Chef, Arbeitszeiten etc.) stärker priorisieren, sie auch als Chefs andere und anders geschätzte Qualitäten aufweisen. Sie sind auch seltener krank, machen mehr unbezahlte Überstunden, arbeiten häufiger am Wochenende, wechseln seltener den Arbeitsplatz etc. pp. Dennoch, völlig ausgeschlossen, dass zwei Menschen die auf gleicher Ebene angestellt sind, vielleicht auch unterschiedlich mehr erwirtschaften und damit verdienen in den Augen des Unternehmens.

Diese Studie zeigt übrigens den Effekt motivationaler Variablen auf den Gap:

http://jhr.uwpress.org/content/43/4/884.abstract

Die Studie aus dem Link ist dann diese:

Using two single-cohort longitudinal surveys, the NLS72 and the NELS88, I investigate the impact of four noncognitive traits—self-esteem, external locus of control, the importance of money/work and the importance of people/ family—on wages and on the gender wage gap among these young workers. I find that gender differences in these noncognitive factors, especially the importance of money/work, have a modest but significant role in accounting for the gender wage gap. Methodologically, this paper proposes a correction to the Oaxaca-Blinder-Ransom decomposition that results in a truly decomposable approach compatible with the simple pooled regression that includes a gender dummy.

Quelle: The Gender Wage Gap among Young Adults in the United States: The Importance of Money vs. People

Aus der Studie:

I do indeed find more important gender differences in the importance of money/work and the importance of people/family than in the other two, more commonly used, non-cognitive measures. For example, considering the components underlying the importance money/work, men tend to be more ambitious and value money more: the percentage of men who state that “The chance to be a leader” is very important in selecting a career and that “Having lots of money” is very important to them in their life exceeds that of women by close to 10 percentage points. In the NELS88, I find that there has been some gender convergence in work values. In particular, more women than men state that “Being successful in work” is very important to them in their life, but there remains some gender differences in the importance of money, so the importance of money/work composite still display a sizeable gender gap. Considering the components underlying the importance of people/family composite, the percentage of women in the NLS72 who state that “Opportunities to work with people rather than things” and that “Opportunities to be helpful to others or useful to society” is very important in selecting a career exceed that of men by more than 10 percentage points. By contrast with the previous composite, I do not find much gender convergence in the importance of people/family across the cohorts, but measurement issues may be at play. The impacts of the non-cognitive factors on wages in these single-cohort samples are of the expected signs. Locus of control and the importance of people/family have negative effects, but these are not always significant. Indeed, the positive factors dominate: self-esteem and the importance money/work have sizeable positive effects on wages

Also eigentlich recht klassisch wie es evolutionäre Modelle vorhersagen. Männer wollen Ressourcen und Status bzw. hohe Plätze in der Hierarchie, Frauen wollen eher einen Job, der ihnen etwas bedeutet und bei dem sie mit Leuten arbeiten.

The main finding of the paper is that non-cognitive factors account for a small but not trivial part, about 2 logpoints, of the gender wage gap among workersin their early thirties. This role compares to the one played by gender differences in labor market experience and job tenure in 1986 in this high school cohort. The importance of work/moneyis the non-cognitive factorthat plays the largest role, accounting for 1.7 log points, given both the larger gender differentials in this factor and the larger impact of this factor on wages. Even when workers in their mid- twentiesin 1979,this non-cognitive factor accounted for 1.2log points. This gives some support to the negotiating/bargainingdivide hypothesis (Babcock and Laschever (2003)) which argues that women have less a sense of entitlement to higher wages than men. It is however difficult to distinguish this hypothesis from the fact that women may have lower wage expectations because of their foreseen lower involvement in the labor market, lower productivity or negative feedback from the labor market.38 Among workers in the mid-twenties in 2000, non-cognitive factors play a more modest role, accounting for only close to 1 log points. In the NELS88, gender differences in the importance of money/work have shrunk by a third, so this is not too surprising. Women have closed the gender gap in educational attainment, and are beginning to close the gap in some non-cognitive factors such as the importance of money/work. The analysis of non-cognitive factors may thus come to play an increasingly crucial role towards our understanding of gender wage differentials

Hier zeigt sich, dass sich die Unterschiede auch auf den Gender Pay Gap auswirken. Wer mehr auf Geld und Arbeit abstellte, verdiente auch mehr