„Ich bin so, also wird er/sie auch so sein“

Virtual-CD schreibt in einem Kommentar:

Mit einem ganz groben Pinsel gemalt: Männer werden geil durch das Begehren, Freuen durch das begehrt werden (vorausgesetzt, der “Richtige” begehrt).

Ich selber weiß das erst seit ca. 10 Jahren. Und da hatte ich dann schon 1/4 Jahrhundert aktives Sexualleben (inkl. einer gescheiterten Ehe) hinter mir. Bevor ich dies verstand.

Ich machte den Fehler, im Grundsatz von mir auf andere zu schließen. Ich wusste: Sexuell triggert es mich, wenn ich eine Frau begehre. Also wird es der Frau auch so gehen. Und dann wundert man sich so manchmal …

Das ist der spiegelbildlich derselbe Fehler den manche Frauen machen, die denken, durch hohen beruflichen Status attraktiv für Männer zu sein. WEIL sie selber bei sich merken, dass sie auf statushohe Männchen irgendwie abfahren.

Also: Dieser Unterschied scheint mir sehr, sehr wesentlich zu sein. Aber laut sagen darf man das in Anwesenheit von Frauen nicht. (Es ist nur wichtig, es trotzdem zu wissen).

Mir geht es dabei weniger um das konkrete Beispiel als vielmehr darum, dass das denke ich eine sehr große Quelle für Streitigkeiten und Mißverständnisse ist.

Dabei meine ich zwei klassische Fehlschlüsse:

  1. Ich als Mann/Frau bin so, also sind alle Frauen/Männer so oder könnten so sein
  2. Ich bin so, also wird das andere Geschlecht so sein

Die Beispiele sind Legion.

Das erste Beispiel kommt denke ich häufig in der Geschlechterdebatte vor:

a)

Männlichere Frauen neigen vielleicht eher dem Gleichheitsfeminismus zu, weil sie selbst tatsächlich gleich sind und die Rollen als Unterdrückung empfinden. Weiblichere Männer erkennen in „klassischer Männlichkeit“ vielleicht eher eine Einschränkung und wollen sie daher eher abschaffen. Weiblichere Frauen und männlichere Männer hingegen meinen vielleicht, dass sich andere zu sehr anstellen und lieber ihre „Männlichkeit“ oder „Weiblichkeit“ bewußt leben sollten und deren Vorzüge entdecken sollten. Geht man hingegen davon aus, dass die Einordnungen von Männlichkeit und Weiblichkeit eben nur jeweilige Häufungen sind, dann kommt es wesentlich stärker auf das Individuum an und um so mehr man von dem Schnitt abweicht um so weniger kann man verallgemeinern.

Andere Beispiele sind etwas auch „Frauen/Männer mögen dies und das nicht“. Gerade beim sexuellen kann man schnell zu einem Fehlschluss kommen, weil man ja so viele Leute des eigenen Geschlechts als hetreosexuelle Person nicht beim Sex beobachten kann, man sieht eben nur sich selbst. Beispielsweise sagte mal eine Frau, dass Frauen Orgsamen überhaupt nicht vortäuschen könnten, weil man dabei ja immer vollkommen unwilkürliche Zuckungen hätte, die dann fehlen. Als sie das erste Mal kam konnte ich mir denken, warum sie das vertrat. Eine andere meinte tatsächlich, dass es übertrieben wird, dass Frauen so viel Vorspiel etc bräuchten, Frauen würden schließlich verdammt schnell feucht werden und dann auf 180 sein. Was bei ihr auch der Fall war.

b)

Der andere Fall ist eben der, dass man seine eigene Denkweise auf das andere Geschlecht überträgt. Etwa indem man annimmt, dass Sex für Frauen das gleiche ist wie für Männer und sich darüber aufregt, dass sie weniger Sex will als sie. Oder das viele Frauen einfach nur über Probleme reden wollen und nicht unbedingt eine Lösung erwarten. Oder das Frauen Sachen direkt ansprechen, etwa dass sie bei einer Fahrt sagen, wenn sie auf Toilette müssen und nicht fragen, ob man Hunger hat.