Falschbeschuldigungsangst und Vergewaltigungsangst im radikalen Maskulismus bzw Feminismus

In einer Diskussion zu einem Artikel ging es darum, dass die Frau ja nun behaupten könne, dass man sie vergewaltigt habe und man deswegen mit einem Bein im Gefängnis stehe. Dazu schrieb ich:

Lügen könnte sie bei jedem Sachverhalt. Insofern gäbe es keinen sicheren Sex. Die Angst vor einer Falschanzeige wird aber aus meiner Sicht in Teilen der Männerbewegung genauso instrumentalisiert wie die Angst vor einer Vergewaltigung im radikalen Feminismus

Damit meinte ich nicht, dass Falschbeschuldigung keine reale Gefahr sein kann oder das diese für den Mann, wenn sie denn stattfindet, nicht extrem gefährlich werden kann und sein Leben ruinieren kann. Ich meinte damit, dass bei jeder Schilderung von Sex eine Falschbeschuldigungsmöglichkeit in den Raum geworfen wird und damit der Eindruck erweckt wird, dass sich diese Gefahr häufig realisiert.

Das ist aber nicht der Fall und bisher ist mir auch keine Statistik bekannt, die etwas anderes darlegt. Die allermeisten Männer werden in ihrem Leben nie wegen Falschbeschuldigung angezeigt werden, ebenso wie die allerwenigsten Frauen in ihrem Leben vergewaltigt werden. Das bedeutet nicht, dass nicht jeder einzelne Fall beider Taten schrecklich ist, es bedeutet aber auch, dass man keine unrealistische Schreckenskampagne damit fahren muss.

Beide Vorwürfe, nämlich „er kann dich jederzeit vergewaltigen“ und „sie kann dich jederzeit der Vergewaltigung beschuldigen“, sind geeignet dazu, dass Verhältnis der Geschlechter im sexuellen Bereich mit starken Mißtrauen zu belasten. Mißtrauen, dass in den allermeisten Fällen vollkommen unnötig ist. Die allermeisten Männer wollen nicht vergewaltigen. Die allermeisten Frauen wollen weder ein erfundenes Vergewaltigungsopfer sein noch einen Mann falsch beschuldigen.

Die Männerbewegung sollte sich aus meiner Sicht – bei aller Aufmerksamkeit, die das Thema Falschbeschuldigung verdient hat – davor hüten, ebenfalls mit unrealistischen Zahlen a la „jede sechste Frau wurde vergewaltigt“ zu arbeiten. Wer meint, dass die Falschbeschuldigung so viel häufiger ist („jeder sechste Mann musste sich schon mal gegen eine fälschliche Strafanzeige gegen Falschbeschuldigung wehren), der kann gerne Zahlen in den Kommentaren posten.

Natürlich KANN eine Falschbeschuldigung theoretisch jederzeit erfolgen. Natürlich KANN man sich nie sicher sein. Aber in beiden Fällen sind die Wahrscheinlichkeiten eben gering. Und auch eine Vergewaltigung KANN theoretisch bei jedem Sex erfolgen und eine Frau KANN sich nie sicher sein, dass nichts passiert.

Deswegen muss man aber nicht den Eindruck erwecken, dass jeder Mann bei jedem Sex mit einem Bein im Gefängnis steht. Es wird den tatsächlichen Zahlenverhältnissen nicht gerecht.

„Wir schlafen heute nicht miteinander“

„Wir schlafen heute nicht miteinander“ sagt sie bereits beim Kochen. „Wäre ja auch schade um das gute Essen“, sage ich.

Wir knutschen rum, die Hände wandern etwas, es war meine Junggesellenzeit und die muss man ja – gerade wenn man Pickup relativ neu entdeckt hat – auch etwas ausleben. Dann verlegen wir das ganze ins Schlafzimmer.

„Wir schlafen heute aber nicht miteinander, nicht am ersten Abend, so eine bin ich nicht“ sagt sie und sinkt mit mir zusammen aufs Bett. „Hätte ich auch nie vermutet“ sage ich.  Die Bluse ist noch kein Problem, beim BH stoße ich auf ersten Widerstand.

„Wir schlafen heute nicht miteinander“ sagt sie. „Okay“ sage ich und mache weiter, vergrabe meinen Kopf zwischen ihren Brüsten, küsse sie, sie atmet schwerer. Ich ziehe ihren BH etwas runter, widme mich ihren Nippeln, sie ist sichtbar erregt und geht mir an die Hose. Da ihr Brüste nun eh schon halb offen liegen, versuche ich mich erneut an ihrem BH-Verschluss.

„Hey, ich hatte gesagt, dass wir nicht miteinander schlafen“sagt sie. Ich grinse und sage „Was hat dein BH damit zu tun?“ Erstaunlicherweise überzeugt sie diese Logik. Wir machen weiter rum, sind schließlich beide nackt.

„Wir schlafen heute nicht miteinander!“ Sagt sie erneut. Ich nicke und widme mich ihrer Seite, die ganz besonders empfindlich bei ihr ist, eine erogene Zone bei vielen Frauen. Sie genießt erneut und ich arbeite mich in ihren Schritt herab.

„Wir schlafen heute nicht miteinander“ keucht es oben.  „Natürlich nicht“ antworte ich etwas gedämpft. Ich bringe sie kurz bis vor dem Orgasmus, lasse dann nach. Sie beschwert sich etwas, ich komme aber trotzdem nach oben, bis ich quasi schon in der richtigen Stellung liege. Küsse sie etwas, deute an, dass ich jetzt auch eindringen könnte.

„Nein, wir schlafen heute nicht miteinander“.  grinst sie frech „du bekommst mich nicht so einfach. Sie rutscht etwas nach oben. Also drehe ich mich mit ihr rum, so dass sie oben liegt. Sie schaut mich etwas erstaunt an. „Dann bist du jetzt dran“ sage ich grinsendund drücke ihr spielerisch-machohaft etwas auf den Kopf, als sie zögert.

„Wir schlafen aber heute nicht miteinander“ schickt sie mir noch im hinuntergehen nach oben. Dann macht sie vieles richtig, ich würde es ihr gar nicht so übel nehmen, wenn wir nicht miteinander schlafen. Aber sie hat sich gemerkt, dass ich sie vorhin nicht kommen ließ und bricht ebenfalls ab. „Das hast du jetzt davon“ grinst sie. Wir machen weiter rum und ich höre ihren Satz noch ein paar Mal. Sie mag, wenn man immer wieder etwas neues versucht, findet es schön, wenn der Mann um sie kämpft. Es herauszuzögern macht ihr Spaß. Nach ihr kann es wohl noch eine Weile so weitergehen. Schließlich kommt es wieder.

„Hey, wir schlafen heute nicht miteinander, so einfach bekommst du mich nicht“ Sie dreht sich etwas weg, grinst mich über ihre Schulter herausfordernd an. Da die bisherige Taktik nicht funktionierte, wechsele ich. „Gut“ sage ich und drehe mich von der Seite auf den Rücken. Sie ist erstaunt. Sie rückt etwas näher heran, drückt ihre Kehrseite gegen meine Seite, küsst mich über ihre Schulter hinweg. Ich lege meine Hand auf ihre Seite, streichele etwas dort entlang

„Wenn du mich da berührst, dann vergesse ich mich, haucht sie“ Ich streichele noch mal ihre Seite hoch. „Oh“ stöhnt sie, „ja, wenn du da weiter machst, dann kann ich nicht mehr an mich halten“ Ich küsse mich ihre Seite runter.  Sie wirft sich fast auf mich.

Wir schlafen miteinander.

Ein paar Wochen später treffe ich mich mit ihr, sie lästert etwas über eine Bekannte, die einen neuen Freund hat „… und sie hat gleich mit ihm geschlafen. Also ich würde ja nicht in der ersten Nacht mit ihm schlafen“. „Ja, sage ich, ich erinnere mich“ und grinse sie frech an.  Sie schlägt mich spielerisch-empört auf den Arm. „Das war ja auch etwas ganz anderes“

Selbermach Samstag LII

Welche Themen interessieren euch, welche Studien fandet ihr besonders interessant in der Woche, welche Neuigkeiten gibt es, die interessant für eine Diskussion wären und was beschäftigt euch gerade?

Welche interessanten Artikel gibt es auf euren Blogs oder auf den Blogs anderer? Welches Thema sollte noch im Blog diskutiert werden?

„Der Feminismus belegt, dass das Patriarchat tot ist“

Cathy Young schreibt in einem Artikel etwas zum gegenwärtigen Zustand des Feminismus und  inwiefern dieser belegt, dass das Patriarchat tot ist:

Sie weißt zutreffend darauf hin, dass viele viele Doppelstandards für beide Geschlechter bestehen:

Gender-based biases are not a one-way street. If women are still stigmatized more for sleeping around, men are stigmatized more for not having enough sex — even by some feminists whose choice insult for sexist men is to imply sexual deprivation. Women may experience more disapproval for delegating child care; men, for failing to be providers. We can endlessly debate whether these norms are rooted in nature or culture and whether they are valuable or harmful (or some mix of both). The fact remains that such double standards are not only perpetuated by men and women alike but, in this day and age, at least as likely to be favorable to women as to men.

Hier ihre Darstellung für Beeinträchtigungen von  Männern.

It’s really not that hard to find instances in which men are judged more harshly than women. Last May, after Arizona woman Jodi Arias was convicted in the brutal murder of her ex-boyfriend, jurors deadlocked on the death sentence because some saw mitigation in her alleged mental and verbal abuse by her victim — despite evidence that Arias was a habitual stalker. Around the same time, when novelist James Lasdun published a book about his nightmarish experience of being cyber-stalked by a former creative writing student whose romantic overtures he had rejected, a review in The New Yorker chided him for failing to admit his attraction to the woman and his role in leading her on. Reverse the genders in either case, and there would be howls of outrage about “victim-blaming.” (Both incidents are also reminders that women aren’t the only victims of abuse and violence from the opposite sex.)

Und schließlich stellt sie darauf ab, dass die Beeinträchtigungen, die teilweise vom Feminismus vorgetragen werden, eher unbedeutende Kleinigkeiten sind, die teilweise genauso von Frauen getragen werden:

Ultimately, the examples of patriarchy at work offered in responses to Rosin prove her point. They consist of complex issues oversimplified into a war on women (such as proposed abortion limits, which women in some cases support more than men); outlandish exaggerations (women can’t walk down the street without getting groped or catcalled); culturally marginal irrelevancies (some ultraconservative Catholic group advising against college education for women); or grievances so petty that it’s hard to tell if they’re satirical or serious. A list of “39 Things We’ll Miss About Patriarchy, Which Is Dead” on New York magazine’s website included “vibrators shaped like cupcakes,” public restroom lines, and men hogging space on public transit. And several writers mentioned “Titstare” — an incident both trivial and revealing of strong societal disapproval of even mild sexism.

Sie tritt dann für einen Feminismus (viele würden wohl eher einen Humanismus sagen) ein, der für beide Geschlechter da ist:

More broadly, I am convinced that if feminism is to have a positive future, it must reinvent itself as a gender equity movement advocating for both sexes and against all sexism. Focusing solely on female disadvantage was perfectly understandable when, whatever paternalistic benefits women might have enjoyed and whatever burdens men might have suffered, women were the ones lacking the basic rights of adult citizens. But today, there is simply no moral or rational justification for any fair-minded feminist to ignore (for instance) the more lenient treatment of female offenders in the justice system or the anti-father biases in family courts. The concept of feminism as equality of the sexes is increasingly on a collision course with feminism as a movement championing women.

Und über den heutigen Feminismus hat sie wenig gutes zu sagen:

In its present form — as a secular cult that should call itself the Sisters of Perpetual Grievance — feminism is far more a part of the problem than part of the solution. It clings to women’s wrongs and turns women’s rights into narcissistic entitlement. It is far too easily prone to bashing men while painting women as insultingly helpless and downplaying their human capacity for cruelty. (The notion that abuse and dominance would not exist without patriarchy is not only naively utopian but utterly sexist.) It is also deeply irrelevant to most women, only 5 percent of whom consider themselves “strong feminists,” even though 82 percent believe that men and women should be social, political, and economic equals.

Der Feminismus als Teil des Problems, der Frauenrechte zu einem narzisstischen Anwartschaftsrecht für Frauen macht und sich in Männer-Bashing verliert, während er Frauen als hilflos und unschuldig präsentiert. Dazu der direkte Vorhalt in einer sexistischen Utopie zu leben, wenn man meint, dass mit der Auflösung des Patriarchats alle Probleme verschwinden. Dazu der Vorhalt, dass der Feminismus für die meisten Frauen schlicht nicht relevant ist, auch wenn diese Gleichberechtigung wollen.

 

http://realclearpolitics.com/articles/2013/09/23/yes_patriarchy_is_dead_the_feminists_prove_it_120031.html#ixzz2fmfvNjuN

Rollenkonformes Verhalten klappt im Genderfeminismus nur mit beständiger Rechtfertigung

In Diskussionen mit (Gender-)Feministen kommt häufiger vor, dass es im Feminismus gar keinen Zwang gibt, sondern man einzig und allein die Abschaffung jeden Zwanges will. Insofern sei im Feminismus jeder frei, sich so zu verhalten, wie er das wolle.

Mein Gegenargument ist meist, dass der Feminismus ja die Rollen abschaffen will und nach den dortigen Theorien daher rollenkonformes Verhalten weniger Raum einnehmen muss, man also dieses Verhalten ächten muss. Der Feminismus geht ja gerade davon aus, dass bestimmte Verhaltensweisen nur Ausdruck einer bestimmten Rollenvorgabe sind und daher überwundenen werden müssen. Wer sich rollenkonform verhält, der muss sich also rechtfertigen. Er kann nicht einfach darauf abstellen, dass ihm das Verhalten gefällt, er muss deutlich machen, dass es ihm gefällt, obwohl er damit den Rollenvorgaben der Gesellschaft entspricht, sich dem voll bewusst ist und dennoch handelt.

Ein guter Beispieltext dazu findet sich in dem Text „Ich stricke aber“ auf „Der k_eine Unterschied“.

Da ist zunächst das Reframen des rollenkonformen Verhaltens als eigentlich heroischer Kampf um die Anerkennung klassisch weiblicher Arbeiten und als Verkennung der eigentlich damit verbundenen Befreiung:

Es scheint außerdem so, als wären gerade in Handarbeitsforen besonders viele Frauen unterwegs, die sich nur über ihre Kinder/Ehemänner definieren. Kinderlosigkeit ist eher unsichtbar, im Gegenzug werden heteronormative Familienmodelle als gegeben vorausgesetzt. Kleidungsstücke für Kinder werden als “Mädchenmütze” bezeichnet und Stoffe mit Flugzeugen und Rennautos sind “für Jungs”. Nicht zuletzt stört uns die Abwertung der eigenen Handarbeit als unwichtiges kleines Hobby, dessen Ergebnis wahlweise verschenkt oder für den Materialpreis oder weniger verkauft wird. Als Rechtfertigung für zu niedrige Preise kommen dabei gerne Aussagen wie “Ich habe ja Freude daran” oder “Ich mache das ja beim Fernsehen”. Als ob Freude an der Arbeit oder die Tatsache, dass man nicht alle Kapazitäten dafür braucht, die Arbeit selbst schlechter oder wertloser macht. Wir hoffen doch, es gibt noch andere Leute, die Spaß bei ihrem täglichen Job haben und trotzdem Gehalt bekommen – was wäre das sonst für eine traurige Welt?

Es ist also etwas etwas, was man umdeuten kann, bei dem man Raum einnehmen kann, indem man die bisherige Struktur der Handelnden aufbricht, das Stricken quasi reclaimt, für den Feminismus und den „traditionell“ Strickenden insofern Raum nimmt. Und natürlich ist es nichts, was einfach so geschieht, sondern eine wichtige Arbeit. Eine die klein gemacht wird (durch das Patriarchat und weil es Frauen machen) und deren wahren Wert es zu etwas ganz anderen macht.

Dasnn wird deutlich gemacht, dass man natürlich auch in diesem Bereich nicht einfach nur strikt, sondern gegen das Patriarchat und Unterdrückung arbeitet. Man besetzt quasi einen bisher privaten Bereich politisch:

Kritik scheint in der Handarbeitsszene generell eher unerwünscht zu sein. Kommentare unter Blogposts sind meistens positiv und wertschätzend. Das ist irgendwo auch schön und entspannend und einige andere Blogszenen könnten sich hier teilweise eine Scheibe von abschneiden. Statt immer nur zu kommentieren, wenn im Artikel etwas nicht der eigenen Meinung entspricht, falsch ist oder ergänzt werden muss, wäre mehr Lob durchaus wünschenswert. Zustimmung zu Blogartikeln im politischen Kontext wird ja oft einfach durch Schweigen ausgedrückt, was schade ist. Andersrum wäre es uns aber wichtig, wenn in der Handarbeitsszene mehr kritisiert und weniger nach dem Mund geredet wird. Es gibt an einigen Stellen immer Verbesserungsvorschläge und die dürfen auch gemacht werden. Zum Beispiel auch zur Preispolitik einiger Shopinhaber_innen, rassistischen Bezeichnungen und der unerwünschten Reproduktion von Geschlechterstereotypen.

Man strikt also nicht einfach nur, man trägt auch hier zur Gesellschaftskritik bei, etwa bei den zu teuren Wollpreisen, dem Rassismus und natürlich auch der Reproduktion von Geschlechterstereotypen innerhalb der Strickerszene, wie eben strickende Frauen , indem man als Feministin strikt.

Aber man strickt natürlich nicht einfach nur:

Was bedeutet das alles letztlich für uns? Menschen wie wir, die sich politisch äussern und weiterbilden, ziehen sich aus den üblichen Handarbeitskreisen zurück. Wir haben das Bedürfnis, uns abzugrenzen und zu rechtfertigen dafür, dass wir stricken oder spinnen. Für uns als Feministinnen ist Handarbeit auch immer politisch. Es kostet uns vielfach immer noch Überwindung, aber wir setzen uns bewusst in der Öffentlichkeit oder gar auf politischen Veranstaltungen hin und stricken oder spinnen. Wir wollen zeigen, dass das keine Widersprüche sind und dass “trutschige Hausfrauenarbeit” Handwerk ist. Andersrum lassen auch wir uns an manchen Tagen von den vorherrschenden Geschlechterbildern einschränken und bringen nicht die Kraft auf, mit Stereotypen zu brechen. Das sind die Tage, an denen wir in der Bahn lieber das Sachbuch als das Strickzeug auspacken, damit wir nicht wieder erklären müssen: “Ich stricke, aber…”

Ein schöner Absatz! Es kostet sie Überwindung zu stricken, weil es eben Geschlechterstereotypen bestätigt. Und diese Überwindung kostet es eben, weil andere Aktivistinnen das dann hinterfragen, weil es ein Geschlechterstereotyp ist. Und dann muss man denen erklären, dass man das auch als Widerstand dagegen macht, dass einem Geschlechterstereotype verbieten bestimmte Handlungen durchzuführen, weil sie stereotyp sind und man sie nicht bestätigen will. Die Einschränkung durch die Geschlechterrollen ist hier also nur indirekt. Den die eigentliche Einschränkung ist ja, dass man sie nicht durchführen kann, weil man eigentlich im Widerstand gegen die Geschlechterollen lebt und ihnen keinen Raum geben darf. Natürlich liest man dann lieber ein Sachbuch. Das durchbricht immerhin Geschlechterrollenklischees von der Kitschromane lesenden Frau.

Hier wird deutlich, wie man im Feminismus geschlechterrollenkonform leben darf: Man muss es eben beständig erklären. Man muss es als Befreiungskampf darstellen oder als Anerkennungskampf, der deutlich machen soll, dass diese von Frauen betriebenen Arbeiten hartes Handwerk sind und nicht belanglos.

Einfach so rollenkonform leben bleibt aber schlecht. Eine Stütze einer fehlerhaften Gesellschaft. Vielleicht in einer freien, utopischeren, feministischeren Gesellschaft möglich, die keine Rollen irgendwelcher Art mehr kennt.

Bis dahin hat man gegen die Geschlechternormen zu kämpfen. Und zwar auch im Stricken. Oder man strickt eben nicht.

Die emotionale Seite und die rationale Seite: Die Metapher vom Elefanten und seinem Reiter

Ich habe gerade „The Righteous Mind“ von Jonathan Haidt gelesen:

The Righteous Mind: Why Good People Are Divided by Politics and Religion

The Righteous Mind: Why Good People Are Divided by Politics and Religion

Dort geht es unter anderem darum, ob unser logisches Denken oder unser unterbewußtes, emotionales, instinktives Denken unser Handeln beherrscht. Dazu wird die Metapher des Elefanten und seines Reiters bedient:

Der Elefant ist das unterbewußte, emotionale, instinktive Denken, der Reiter das logische Denken. Nun besteht die Möglichkeit, dass der Reiter nur auf dem großen und schweren Elefanten sitzt und all seine Bemühungen, den Elefanten in einer andere Richtung zu bewegen, egal sind, wenn der Elefant nicht in diese Richtung will oder aber der Elefant kann den Vorgaben seines Reiters willig folgen.

In dem Buch kommt Haidt zu dem Schluß, dass der Reiter einen geringen Einfluss hat, der Elefant gibt den Weg vor. Der Reiter muss sich bestimmte Schwankungen des Elefanten zu Nutze machen und ihn dann, wenn er gerade in eine bestimmte Richtung schwankt, in diese lenken. Häufig bleibe dem Reiter aber sogar nichts anderes übrig als hinterher eine Begründung dafür zu suchen, warum er ebenfalls genau in diese Richtung wollte (sprich: unser Gehirn rationalisiert nachträglich bestimmte emotionale Entscheidungen als vernünftig).

Hier eine Zusammenfassung aus einem anderen Buch, dass dies bespricht:

“The conventional wisdom in psychology, in fact, is that the brain has two independent systems at work at all times. First, there’s what we call the emotional side. It’s the part of you that is instinctive, that feels pain and pleasure. Second, there’s the rational side, also known as the reflective or conscious system. It’s the part of you that deliberates and analyzes and looks into the future.” (…) “Plato said that in our heads we have a rational charioteer who has to rein in an unruly horse that „barely yields to horsewhip and goad combined.“ Freud wrote about the selfish id and the conscientious superego (and also about the ego, which mediates between them). More recently behavior economists dubbed the two systems, the Planner and the Doer.”(…) “But to us, the duo’s tension is captured best by an analogy used by University of Virginia psychologist, Jonathan Haidt in his wonderful book The Happiness Hypothesis. Haidt says that our emotional side is the Elephant and our rational side is the rider. Perched atop the Elephant, the Rider holds the reins and seems to be the leader. But the Rider’s control is precarious because the Rider is so small relative to the Elephant. Anytime the six-ton Elephant and the Rider disagree about which direction to go, the Rider is going to lose. He’s completely overmatched.”(…) “Most of us are all too familiar with situations in which our Elephant overpowers our Rider. You’ve experienced this if you’ve ever slept in, overeaten, dialed up your ex at midnight, procrastinated, tried to quit smoking and failed, skipped the gym, gotten angry and said something you regretted, abandoned your Spanish or piano lessons, refused to speak up in a meeting because you were scared, and so on.”(…) “Changes often fail because the Rider simply can’t keep the Elephant on the road long enough to reach the destination. The Elephant’s hunger for instant gratification is the opposite of the Rider’s strength, which is the ability to think long-term, to plan, to think beyond the moment (all those things that your pet can’t do. (…)To make progress toward a goal, whether it’s noble or crass, requires the energy and drive of the Elephant. And this strength is the mirror image of the Rider’s great weakness: spinning his wheels. The Rider tends to overanalyze and over think things. … A reluctant Elephant and a wheel-spinning Rider can both ensure nothing changes. But when Elephants and Riders move together, change can come easily.”

Ein wesentliches Element wäre demnach auch, dass es sehr schwer ist, beständig gegen den Elefanten zu arbeiten und ihm etwas abzuzwingen. Einfacher gelingt es, wenn man den Elefanten dazu bringt, ebenfalls in diese Richtung laufen zu wollen. Etwa in dem man seine rationalen Ziele mit seinen emotionalen Wünschen in Einklang bringt.

Mitunter sei aber der Reiter eher der „Pressesprecher“ oder „Anwalt“ des Elefanten, der seine Ziele bestmöglich verkaufen muss, der also die Rationalität nur nutzt um den vorgegebenen Kurs als gut darzustellen, egal ob er nüchtern betrachtet rational ist. Wenn wir ein Handeln emotional gut finden, dann fragen wir nach dieser Auffassung nur, ob etwas zwingend dagegen spricht, wenn wir eine Meinung für falsch halten fragen wir aber was überhaupt dafür spricht und verlangen eine tatsächliche Begründung, genau aus dieser „Pressesprecher“-Mentalität heraus. Weswegen es auch so schwer sei, sich bei vollkommen entgegenstehenden Meinungen einigen zu können.

Übertragen auf die Diskussionen hier würde also ein reiner „nurture“_Befürworter hauptsächlich die Punkte sehen, die für eine soziale Beeinflussung sprechen und andere Punkte hinterfragen und ein reiner Nature- Befürworter würde die biologischen Zusammenhänge sehen und bei anderen Punkten skeptisch sein.

Haidt noch einmal dazu:

“When I say that human nature is selfish, I mean that our minds contain a variety of mental mechanisms that make us adept at promoting our own interests, in competition with our peers. When I say that human nature is also groupish, I mean that our minds contain a variety of mental mechanisms that make us adept at promoting our group’s interests, in competition with other groups. We are not saints, but we are sometimes good team players.” This is what people who had studied morality had not realized, “that we evolved not just so I can treat you well or compete with you, but at the same time we can compete with them.”

What comes out of The Righteous Mind is initially pessimistic but ultimately optimistic. At first, Haidt reminds us that we are all trapped in a moral matrix where we our “elephants” only look for what confirms its moral intuitions while our “riders” play the role of the lawyer; we team up with people who share similar matrices and become close-minded; and we forget that morality is diverse.

Die umgekehrte Versorgerrolle und die Liebe

Sie hat irgendwie nie Geld. Dabei hat sie einen guten Job. Sie ist sparsam, wenn sie weggeht, dann trinkt sie ein Bier, an dem hält sie sich dann den Abend über fest. Aber trotzdem reicht es anscheinend nicht wirklich. Zum Monatsende leiht sie sich schon einmal was von Freundinnen.

Ihr Freund ist Student. Im zwölften oder dreizehnten Semester. Architektur oder so. Er studiert es so halb, irgendwie besucht er immer mal wieder Vorlesungen oder schreibt mal eine Klausur mit. Aber voran kommt er nicht wirklich. Sie hält ihn über Wasser, er hat noch irgendwelche Schulden ab zu tragen und sie gibt ihm was dazu, wenn seine Aushilfsjobs als Keller nicht genug abwerfen. Den Haushalt versorgt eh sie.

„Sie liebt ihn eben“ sagt Südländerin. Sie kann ja auch nicht einfach mit ihm Schluss machen, nur weil er länger studiert. Andere Angebote hätte sie bestimmt. Sie ist eine hübsche Frau. Südländerin meint neidisch seufzend, dass sie den perfekten Hintern hat, schlank, aber rund wie eine Kugel. Ich will ihr da nicht widersprechen. Und ein nettes Gesicht hat sie auch noch. Aber momentan interessiert sie kein anderer. Sie sind ja auch schon viele Jahre zusammen, dass will sie nicht aufgeben.

Er hat immerhin wohl eine beachtliche Scheißegal-Haltung. 

Jetzt soll sie ihm eine First gesetzt haben. Wenn er in drei Semestern nicht fertig ist oder man zumindest sieht, dass er sich sehr deutlich bemüht, dann wird es ihr zuviel. Sie wird ja auch nicht jünger und kann auch nicht ewig warten, mit Familie und Kindern. Das alte Zeitproblem.

So langsam fängt sie wohl an sich zu entlieben. Es wird eben immer schwerer eine positive Zukunftsvision aufzubauen. Er lebt in der Gegenwart und hält das hier und jetzt für wesentlicher. Die Zukunft ist noch weit weg, Aus ihrer Sicht ist seine fehlende Bereitschaft für die Zukunft zu planen etwas, was die Gegenwart belastet. Die Zukunft wird immer mehr zu einem drängenden Problem.

So bewegen sich die beiden auseinander. Mal sehen ob sie die drei Semester durchhalten.

Wie man bei allgemeinen, freien, geheimen Wahlen die Stimmen von Frauen im Patriarchat wirkungslos macht

Die Bundestagswahl 2013 hat als stärkste Partei die Union ergeben. Wie haben da eigentlich die Frauen gewählt:

Geschlecht

Frauen wählten vor allem die Union (44 Prozent), dann folgte die SPD (25 Prozent). Ähnlich sah es bei den Männern aus: 39 Prozent Union, 26 Prozent SPD.

 

Eine weitere Aufschlüsselung findet sich hier in dieser Grafik:

frauen-bundestagswahl 2013

Frauen Bundestagswahl 2013

Man sieht also: Die Frauen haben sogar noch etwas mehr CDU/CSU gewählt als die Männer. Sie scheinen also durchaus ihr Wahlrecht in einer Weise ausgeübt zu haben, die sich auch im Ergebnis wiederspiegelt.

Natürlich könnte man hier einfügen, dass das eben das brutale von Rollen ist: Frauen wählen nicht, was sie eigentlich wollen oder wollen sollten, sondern was sie glauben wählen zu müssen. Und damit wählen sie dann eben aufgrund ihrer Lebenssituation das, was ihnen im Patriarchat einen Vorteil bringt, wie gefangene, die wählen, ob sie trockenes Brot oder verschimmeltes Brot essen wollen.

Aber natürlich standen hier Parteien zur Verfügung, die recht nachhaltig feministische Programmpunkte im Programm hatten, von der SPD („die männliche Gesellschaft überwinden“) bis hin zu den Grünen mit ihrer 50% Frauenquote für eigentlich alles. Trotzdem wählen sie eben die CDU.

Ich bin gespannt, ob es hierzu feministische Beiträge geben wird – entweder spricht man dort Frauen dann die Fähigkeit ab, rational zu wählen oder man müsste ihnen zugestehen, dass sie anscheinend andere Vorstellungen von einer gerechten Gesellschaft haben.

Ich hatte dazu schon einmal etwas in einem anderen Artikel geschrieben:

Wie kann sich Frauenunterdrückung und Patriarchat in einer Demokratie mit freien, allgemeinen und geheimen Wahlrecht halten, wenn der Anteil der weiblichen Wählerschaft über 50% liegt, wie in Deutschland?”

Mögliche Antworten:

  • Die Frauen haben ihre Rolle schon zu sehr verinnerlicht und wählen patriarchatskonform, auch wenn sie keiner überwacht. Das sagt aber auch einiges über Frauen aus, was aus Sicht der feministischen Theorie sicherlich nicht gewünscht ist
  • Frauen haben es sich im Patriarchat eingerichtet (wahlweise: es gibt kein Patriarchat). Die Lebensweise bietet ihnen Vorteile, die herrschende Arbeitsteilung wird nicht als Unterdrückung wahlweise der einzelnen Frau oder der Frauen an sich empfunden (“Frauen sollten mehr in Spitzenpositionen kommen, aber für mich selbst finde ich einen Mann als Hauptverdiener und ich arbeitete Halbtags und versorge die Kinder und den Haushalt gut”)
  • Frauen würden gerne andere Politik wählen, haben aber die Option nicht, da das Patriarchat Frauenpolitik und Frauenparteien behindert. Allerdings tritt die Frauenpartei zu Wahlen an und die Wahlfinanzierung würde es auch Frauen ermöglichen, sich entsprechend zusammen zu schließen. Oder sie könnten zumindest einheitlich “Die Grünen” wählen, die ja eine Frauenparität im Programm haben.
  • Die Fraueninteressen sind zu unterschiedlich für eine Bündelung. Das Argument lässt außer Betracht, dass dies bei Männern nicht anders ist. Wenn Frauen die Machtverhältnisse umkehren würden müsste ein Weg möglich sein, der von einer Mehrzahl der Wählerinnen begrüßt wird.

Eine stimmige Antwort hierauf habe ich noch nicht gelesen. Wenn jemand einen feministischen Artikel kennt, der das erklärt, dann bitte in den Kommentaren verlinken

Beste Freundinnen – Frauenfreundschaften

Ein Artikel in der Süddeutschen behandelt Frauenfreundschaften und ihre Eigenarten:

. Mädchen sind eher auf wenige, dafür enge Kontakte mit Gleichaltrigen aus, Jungen fügen sich lieber in eine größere Gruppe ein. Dafür sind die Freunde eines kleinen Jungen häufiger untereinander befreundet, als es in vergleichbaren Mädchengruppen der Fall ist. Im Gegensatz zu Jungen neigten zehnjährige Mädchen in Experimenten der Psychologin Joyce Benenson vom Emmanuel College in Boston dazu, Aufgaben lieber zu zweit als in einer größeren Gruppe zu lösen. Sehen Mädchen die Exklusivität ihrer Freundschaft aber in Gefahr, werden sie schnell eifersüchtig, sagt Benenson.

Eifersucht, Exklusivität – bringt man beides nicht eher mit einer Partnerschaft zusammen als mit zwei befreundeten Mädels? „Es gibt große Überschneidungen zwischen einer Partnerschaft und einer engen Freundschaft in Bezug auf das, was sich Mädchen von diesen beiden Arten von Beziehungen erhoffen“, bestätigt Benenson: „Loyalität, Exklusivität, Intimität.“

Danach würden Frauen ihre Freundschaften also eher auf einen sehr direkten, exklusiven Kontakt aufbauen, während Männer sich breiter aufstellen, eher in Gruppen befreundet sind, dafür aber weniger eng. Dass passt ganz gut zu den Gruppenbildungstheorien bei den Männern nach Geary, dort ist man eben auf eine Zusammenarbeit angewiesen und befindet sich gleichzeitig in einer gewissen Konkurrenzsituation.

Interessant wäre es, warum bei Frauen der Trend zu einer höheren Exklusivität vorhanden sind – ich könnte mir vorstellen, dass eine festere Zusammenarbeit insoweit auch ein Schutz vor Ausnutzen ist und mehr Vertrauen generiert, was beispielsweise bei einer Kinderbetreuung besonders wichtig wäre. Insoweit könnte ein solcher Zusammenhalt eben auch die klassische Reziprozität verbessern:

„In sozialen Netzwerken ist es von großer Bedeutung, soziale Akzeptanz darzustellen und dadurch an Image zu gewinnen“, sagt die Medienwissenschaftlerin Ulla Autenrieth von der Uni Basel. Freundschaft wird so zum Wettbewerb, zu einer Inszenierung, deren Misslingen einer Katastrophe gleichkäme. Um Chancen auf einen Sieg zu haben, braucht es ein wohlwollendes Publikum, das jedes neue Profilfoto innerhalb von Minuten lobend kommentiert, das eigene Gästebuch mit langen Liebesbeteuerungen füllt und an der virtuellen Pinnwand in Erinnerungen an all die gemeinsam erlebten Zeiten schwelgt.

Eine mitunter tagesfüllende Beschäftigung, für die sich niemand besser eignet als die beste Freundin. „Bei ihr kann man sich darauf verlassen, dass sie mithilft, den eigenen Status zu verbessern“, sagt Autenrieth. Schließlich macht man es umgekehrt genauso – und auf diese Gegenseitigkeit kommt es an.

Was heute Facebook ist, dass wären früher dann eben Klatsch und Tratsch gewesen oder andere Aktionen, die den jeweiligen Status verbessern. Auch hier käme es eher auf Vertrauen an, denn Gerüchte sind schwer zu kontrollieren. Hier wären gegenseitige Geheimnisse dann gleichzeitig Costly Signals der eigenen Verbundenheit, weil sie eben auch benutzt werden können, den anderen zu verletzten.

Die beste Freundin wird zur Ersatzfamilie erklärt, ohne die das eigene Leben sinnlos wäre: „Ich liebe dich so sehr, dass das Wort Freundin gar nicht mehr reicht“ und „Ohne dich kein mich“ nennt Voigt als Beispiele. Garniert werden diese Sätze mit Herzzeichen (<3) und einer eigenwilligen Schreibweise, bei der Vokale wie i, e, a immer mehr in die Länge gezogen werden: „Hab dich gaaaanz doll liiiieeeeeb <33333“. „Online gibt es eine sehr starke Theatralisierung von Freundschaft“, sagt Autenrieth. „Weil man nichts über Gestik und Mimik ausdrücken kann, muss man alles über Sprache regeln. Das führt zu einer Spirale der Emotionalität.“

Kennt wohl jeder mit einer gewissen Anzahl weiblicher Freunde bei Facebook.

Auffällig häufig thematisieren sie in ihren Online-Postings die Angst vor dem Bruch mit der besten Freundin. Spricht daraus schon die Ahnung, dass die ersehnte Ewigkeit schnell enden könnte? Immerhin haben zahlreiche Studien ergeben, dass enge Freundschaften zwischen Mädchen kürzer halten als zwischen Jungen.

Wer keine anderen Freundinnen neben sich duldet, muss damit rechnen, selbst den Status der „best friend forever“ und damit die gesamte Freundschaft zu verlieren, sobald eine neue allerbeste Freundin auftaucht. Dabei setzt Mädchen der Gedanke an das Ende ihrer engsten Freundschaft weit mehr zu als Jungen. Andererseits erzählten sie der Psychologin Benenson in Interviews häufig, schon einmal etwas getan zu haben, was ihrer engen Freundschaft geschadet hat.

So zeigt sich die Kehrseite des Privilegs, eine allerbeste Freundin fürs Leben zu haben. Dieses Leben kann zur Hölle werden, wenn nicht mehr innigste Verbundenheit, sondern die sprichwörtliche Stutenbissigkeit das Verhältnis beherrscht. Wer erlebt hat, wie übel und unter welch lautem Geschrei sich weibliche Pferde gegenseitig zurichten können, der weiß: Da geht es um alles, mindestens aber um das Ansehen in der Gruppe. Ruhe kehrt erst ein, wenn die Geprügelte still in einer Ecke bleibt.

Was sehr intensiv geführt wird, kann eben auch schneller kaputt gehen, wenn einer der beiden das Gefühl hat, dass er mehr investiert oder der andere nicht genug zurückgibt. Und es wird auch deutlich, dass hier eine gewisse Konkurrenz herrscht, um die besten besten Freundinnen, um Exklusivität, darum der höherwertige Bezug für den anderen zu sein.

Zu den Ursachen noch einmal:

Warum ist deren Beziehung zur besten Freundin so fragil? „Mädchen machen sich mehr Gedanken über die Qualität ihrer engen Freundschaft und darüber, was die anderen über sie denken“, schreiben die amerikanischen Psychologinnen Amanda Rose und Karen Rudolph. Diese Gedanken münden in hohe Ansprüche an die beste Freundin. Sie soll – unter anderem – zuhören, Probleme verstehen und lösen helfen, ohne Abstriche loyal sein und praktische Lebenshilfe geben. Wird ein Mädchen den zahlreichen Erwartungen nicht gerecht, wird aus der allerbesten Freundin schnell die ärgste Feindin.

Hier werden Konflikte eben häufig auf einer sehr emotionalen Ebene ausgetragen, wo sie bei Männern vielleicht eher auf einer Sachebene ausgetragen werden. Wer etwas anders sieht, der ist nicht mehr ohne Abstriche loyal, der schränkt die Fähigkeit als beste Freundin ein.

Bei den Jungs soll es dann wie folgt aussehen:

Verglichen damit wirken enge Freundschaften unter männlichen Teenagern wie ein Kinderspiel. Jungs bestätigen sich ihrer Freundschaften eher beim Fußballspielen. Von einem engen Freund erwarten sie nicht primär seelische Unterstützung, sondern dass er die Bälle der gegnerischen Mannschaft hält. Viel Persönliches muss er nicht von sich preisgeben, um ein guter Kumpel zu werden.

Dort soll es also eher um die Erfüllung einer funktionaleren Funktion gehen als darum, seelische Unterstützung zu geben. Wobei das natürlich auch bei Männern eine Rolle spielt. Ich würde aber zustimmen, dass man häufig nicht so viel Persönliches preisgeben muss. Beste Freundinnen wissen meist sehr viel voneinander, alle Sorgen und Nöte, die Penisgröße der Freunde, was er dann und dann gesagt hat und wie man das auslegen könnte oder was er ihr letzten Geburtstag geschenkt hat und welchen anderen Jungen sie noch toll findet. Dieses Wissen (in der für Jungs angepassten Form) ist bei Jungs meist geringer ausgeprägt.

Zu evolutionären Erklärungen findet sich auch noch was in dem Artikel:

Evolutionär gesehen, hätten Frauen wenig Vorteile von einem weniger komplizierten Verständnis von Freundschaft, argumentieren viele Forscher. Von gleichgeschlechtlichen Verbündeten profitierten Frauen nur in wenigen Fällen – nämlich dann, wenn die andere sehr angesehen ist und etwas von ihrem Glanz auf ihre Umgebung abstrahlt. Ansonsten aber stellten andere Frauen vor allem eine latente Bedrohung dar, könnten sie doch knapp bemessene Ressourcen wie Platz, Nahrung und natürlich Männer für sich beanspruchen. Da erscheint es nur sinnvoll, genau zu schauen, wem man eine enge Freundschaft anbietet – und damit nicht allzu leichtfertig umzugehen.

Männer hingegen tun dieser Argumentationslinie zufolge gut daran, jeden um sich zu scharen, der mit ihnen die Keule schwingen kann – egal, ob es gegen den Säbelzahntiger, eine benachbarte Sippe oder den Gegner beim nächsten Fußballturnier geht. Ein großer Freundeskreis bedeutet zwar auch für Männer mehr Konkurrenz, fördert aber auch die Schlagkraft. Wenn dabei keine Zeit für tiefsinnige Zweiergespräche über die Ungerechtigkeit der Welt bleibt, ist das eben der notwendige Preis.

Dass sich für Männer größere Gruppen mehr lohnten kann ich mir auch gut vorstellen – im Krieg mit steinzeitlichen Waffen ist Gruppengröße ein sehr wichtiger Faktor und die Anzahl der Unterstützer kann über Leben und Tod entscheiden. Bei Frauen ist dieser Vorteil geringer – die Frauengruppe bietet allerdings auch dort Schutz und kann den sozialen Einfluss erweitern.

Interessant auch die beste Freundin im Verhältnis zum Freund:

Was aber, wenn auch zwischen besten Freundinnen diese Zeit nicht mehr bleibt, weil eine von beiden einen Mann kennengelernt hat? Solange die Sache noch nicht ernst ist, muss die beste Freundin wenig befürchten. Schließlich wird sie gebraucht, um ausgiebig über den potenziellen Partner zu reden. In dieser Zeit können die Freundinnen ihre Beziehung sogar als noch inniger empfinden, hat eine Befragung von knapp 450 Amerikanerinnen zwischen 15 und 19 Jahren ergeben. Wird aus dem Flirt jedoch Ernst, kühlt das Interesse an der besten Freundin meist merklich ab.

Noch schneller geht das, wenn sich die Dinge entwickeln wie in Funny van Dannens Lied: „Und nichts könnte uns trennen / gar nichts auf der Welt“, singt er am Schluss, „bis uns eines Tages / derselbe Mann gefällt.“

Hier kann häufig auch schon ein Zeitdefizit auftreten, weil die Zeit mit dem Mann eben von der Zeit mit der Freundin abzuziehen ist. Das ermöglicht wieder anderen Frauen, den Platz als beste Freundin einzunehmen.