Das Familienrecht bietet gerade für die Männerbewegung noch einiges an Material, mit dem sich auseinandergesetzt werden sollte. Einige Artikel aus dem Bereich hatte ich ja schon:
- Ansprüche bei Scheidung bzw. Beendigung der Ehe
- Betreuungsunterhalt: von 15 auf 3 Jahre in ca. 2 Jahren
- Kinderunterhalt nach Einkommen / Stellung des Vaters
- Ein Beispiel für Unterhalt bei hohem Einkommen
- Nachehelicher Unterhalt und Erhaltung der ehelichen Lebensverhältnisse
- Was man so an Kindesunterhalt zahlt
- Familiengerichte, Sorgerecht und männliche Diskriminierung
- Zerüttungsprinzip und Verschuldensprinzip
Jetzt soll es um die die Erwerbsobliegenheiten im Trennungsjahr gehen, also die Pflicht desjenigen Ehegatten, der evtl Anspruch auf Trennungsunterhalt hätte selbst einer Erwerbstätigkeit nachzugehen und so seinen eigenen Unterhalt sicherzustellen.
Damit eine Ehe geschieden werden kann müssen die Eheleute -sofern nicht besondere Gründe für eine Härtefallscheidung vorliegen – zumindest ein Jahr lang getrennt leben.
Innerhalb dieses Trennungsjahres geht die Rechtsprechung davon aus, dass der Ehegatte, der bisher in der Ehe keiner Berufstätigkeit nachgegangen ist – das wird häufiger die Frau sein – dann, wenn sie bisher keiner Berufstätigkeit nachgegangen ist, auch keine Berufstätigkeit aufnehmen muss bzw. ihre Berufstätigkeit innerhalb dieser Zeit auch nicht ausweiten muss.
Das bedeutet also, dass eine bis dahin nicht berufstätige Frau (oder eben auch der Mann) nach der Trennung ein Jahr lang weiter auf diese Weise leben kann und dementsprechend Unterhalt erhalten kann, ohne sich ein fiktives Einkommen anrechnen lassen zu müssen.
Das gilt im Endeffekt auch dann, wenn man sich zB aufgrund älter werdender Kinder darüber gestritten hat, dass auch sie nunmehr arbeiten soll und dies zum scheitern der Ehe führt oder wenn sie bereits in einer neuen Beziehung lebt.
Hier beispielhaft einmal aus einem Urteil des OLG Düsseldorf (FamRZ 2010, 1082):
Mit zutreffender Begründung hat das Amtsgericht der Klägerin erst ab April 2008 ein fiktives Einkommen von 400 € angerechnet. Denn die Klägerin trifft nach einem Jahr der Trennung vom Beklagten eine aus der Eigenverantwortung erwachsenden Verpflichtung, ebenfalls zum Familienunterhalt beizutragen. Unter Berücksichtigung der Ausgestaltung des Familienlebens und der finanziellen Verhältnisse der Eheleute erachtet es der Senat als angemessen, dass die Klägerin von April bis Dezember 2008 verpflichtet ist, eine geringfügige Beschäftigung auf 400-€-Basis auszuüben.
Nach § 1361 Abs. 2 BGB kann der bei der Trennung nicht erwerbstätige Ehegatte nur darauf verwiesen werden, seinen Unterhalt durch eine Erwerbstätigkeit ganz oder teilweise selbst zu verdienen, wenn dies von ihm nach seinen persönlichen Verhältnissen, insbesondere wegen einer früheren Erwerbstätigkeit unter der Berücksichtigung der Dauer der Ehe und nach den wirtschaftlichen Verhältnissen der Ehegatten erwartet werden kann. Erforderlich ist dazu eine Zumutbarkeitsabwägung aller maßgeblichen persönlichen und wirtschaftlichen Umstände des Einzelfalls. Für die Auslegung und Konkretisierung der persönlichen Verhältnisse nach § 1361 Abs. 2 BGB sind die §§ 1569 ff. BGB ergänzend heranzuziehen, denn im Zweifel dürfen Ehegatten nach der Trennung nicht schlechter gestellt werden als nach der Scheidung. Andererseits hat die gesteigerte Verantwortung der Ehegatten während des Bestehens der Ehe zur Folge, dass der nicht erwerbstätige Ehegatte gem. § 1361 Abs. 2 BGB nur unter wesentlichen engeren Voraussetzungen darauf verwiesen werden kann, seinen Unterhalt durch eigene Erwerbstätigkeit (ganz oder teilweise) selbst zu verdienen, als dies gem. § 1574 BGB nach der Scheidung der Fall ist (Wendl/ Pauling, Das Unterhaltsrecht in der familienrechtlichen Praxis, 7. Aufl., § 4 Rn. 16 ff.). Vor diesem Hintergrund ist § 1361 Abs. 2 BGB auch als Schutzvorschrift für die Hausfrau zu verstehen vor einer vorzeitigen ausgedehnten Erwerbstätigkeit. Ihr Status soll in der vereinbarten Haushaltsführungsehe zumindest für eine angemessene Zeit des Überlegungen, ob die Eheleute sich wieder versöhnen, nicht angetastet werden, um nicht Scheidungsfolgen vorwegzunehmen und damit die Trennung noch weiter zu vertiefen.
Daher kann man in der Regel vor Ablauf des Trennungsjahres vom haushaltsführenden Ehegatten noch keine Aufnahme einer Erwerbstätigkeit erwarten können (Wendl/ Pauling, a.a.O. Rn. 18; BGH FamRZ 1990, 283, 286; Palandt, BGB, 65. Auflage, § 1361 Rn. 13). Vor dem Hintergrund, dass die Parteien vereinbart hatten, dass die Klägerin während der intakten Ehe nicht arbeitet, auch nach dem das gemeinsame Kind bereits die Grundschule besuchte, ist es nicht zu beanstanden, wenn sie entsprechend den Ausführungen des Amtsgerichts erst ab April 2008 die Verpflichtung zur Aufnahme einer geringfügigen Erwerbstätigkeit trifft.
Eine Vertiefung der Trennung soll also verhindert werden und erst einmal alles beim alten bleiben. Aus meiner Sicht eine in heutiger Zeit nur schwer nachvollziehbare Rechtsprechung. Schließlich kann eine Ehe auch dann fortgesetzt werden, wenn sie sich einen Job besorgt. Vielleicht bringt gerade das die Ehe auch wieder zusammen. In der Berufstätigkeit der Frau eine Erschwerung der Versöhnung zu sehen und deswegen den Mann mehr zahlen zu lassen erscheint mir jedenfalls ungerecht
(Man könnte diese Rechtsprechung auch als benevolent sexism deuten, indem ihr erlaubt wird Unterhalt zu kassieren wird sie quasi in der Unselbständigkeit gehalten, einen feministischen Artikel dazu wird man aber wahrscheinlich nicht finden).
Sicher wird man demjenigen, der nicht gearbeitet hat eine Übergangszeit zugestehen und sicherlich wären auch Kinderbetreuung etc zu berücksichtigen. Aber einfach pauschal darauf abzustellen, dass im Trennungsjahr keine Erwerbsobliegenheit besteht ist etwas einfach.