Einsetzen für nichtkonforme Männerrollen

Margret meint, dass sich Männerrechtler nicht für „nichtkonforme Männerrollen“ einsetzen. Sie schreibt:

Betrachtet man sich die aktuelle Männrechtsbewegung, fällt immer wieder eines auf: Es gibt kaum Unterstützung oder Rückhalt für nicht-konforme Männer. Seien es Hausmänner; schwule Männer; Männer, die für die Familie Arbeitszeit reduzieren; alleinerziehende Männer; Männer, die lange Elternzeit nehmen; Männer, die “weibliche” Berufe ergreifen oder ergreifen möchten; Männer und Jungen, die gerne Rosa oder “weibliche” Kleidung tragen oder ansonsten als “weiblich” definiertes Verhalten zeigen oder zeigen möchten;  Männer, die einen Angehörigen pflegen; männliche Transvestiten oder gar Sub-Männer.

Mit anderen Worten: Männer und Jungen, die die traditionelle Rolle von Männlichkeit eben nicht (vollständig) ausfüllen oder ausfüllen möchten.

Ganz im Gegenteil sogar: Statt auf Unterstützung und Rückhalt, wird eher auf Antifeminismus und Traditionalismus gesetzt, während sich nicht-konforme Männer eher im Feminismus zu Hause fühlen, weil sie dort vielfach den Rückhalt bekommen, den ihnen die Männerrechtsbewegung verwehrt.

Und auch “ganz simple” Dinge wie die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf werden von anderen gesellschaftlichen Gruppierungen, darunter feministischen vorangetrieben und eben gerade nicht von maskulistischen.

Die Aufbrechung traditioneller Vorstellungen von Männlichkeit ist insofern nur bei sehr wenigen Maskulisten Thema.

Das scheint mir ihren Hauptvorwurf zu erfassen, den sie leider einfach mal so in den Raum stellt, aber nicht weiter belegt. Sie hätte auf meinem Blog einiges dazu gefunden, wenn sie sich nur ein wenig Mühe gemacht hätte. Ich will hier zunächst einmal meinen Ansatz erläutern:

  • Ich gehe von einer starken Disposition durch Biologie bezüglich der Geschlechterrollen und ihrer Abweichungen aus. Insofern folgt für mich bereits daraus, dass es kein „Richtig“ geben kann, sondern Menschen sich auf einem breiten Spektrum bewegen, welches verschiedene Formen von Männlichkeit und Weiblichkeit, von Homo- oder Heterosexualität umfassen kann. Hinzu kommt, dass Menschen mit anderen Menschen interagieren und sich daraus auch andere für diese Kombination vorteilhafte Verhaltensweisen ergeben können – wenn sich ein sehr „weiblicher“ Mann mit einer sehr „männlichen“ Frau zusammentut, dann kann es eben leicht zu einer Umkehr der Rollen kommen, während ein sehr „weiblicher“ Mann, der sich mit einer sehr „weiblichen“ Frau zusammentut vielleicht dennoch eine traditionelle Rollenverteilung oder ein ganz anderes Modell wählt.
  • Gleichzeitig gehe ich davon aus, dass dieses Spektrum nicht schlicht über die Menschen gleichmäßig verteilt ist, sondern das es um die Geschlechterrollen herum Häufungen gibt, so dass die meisten Menschen eben „CIS“ sind, sich also Geschlechterrollenkonform zu ihrem körperlichen Geschlecht verhalten und damit auch kein Problem haben.
  • Desweiteren gehe ich davon aus, dass dieses Modell noch dadurch stabilisiert wird, dass wir auch biologisch geprägte Erwartungen an das andere Geschlecht haben und bestimmte rollenkonforme Verhalten anziehend finden. Ein weiblicherer Mann, der heterosexuell ist, kann dann evtl gut beraten sein, „männlicher“ aufzutreten, weil er damit evtl seine Chancen auf dem sexuellen Markt verbessert, ob ihm dies die Mühe wert ist, ist eine ganz andere Sache.
  • Aus all dem folgt, dass der erste Grundsatz ein „Sein lassen“ sein sollte. Wenn jemand auf eine bestimmte Weise ist, dann ist das eben zu akzeptieren, wenn gleich dieser dann auch bis zu einem gewissen Grad akzeptieren muss, dass ein solches Verhalten von anderen auf eine bestimmte Weise wahrgenommen wird.

Daraus folgt, dass ich natürlich auch jeden Mann und jeder Frau, die sich in den Geschlechterrollen nicht wohlfühlt oder statt mit dem anderen Geschlecht lieber mit dem eigenen schlafen möchte, unterstütze, so sein zu können, wie er will.

Gleichzeitig bedeutet das aber auch, dass ich auch die „Sein lasse“, die eben die üblicheren Geschlechterrollen unterstützen. Es besteht aus meiner Sicht erst einmal kein Recht meinerseits dazu, anderen vorzuschreiben, wie sie ihr Leben leben, solange sie es wiederum anderen nicht vorschreiben. Wenn also zwei Freikirchler ihr Leben für sich ultrakonservativ ausrichten wollen, so ist das ihr gutes Recht, welches aber dann meinen Widerstand hervorruft, wenn sie einen schwulen Sohn oder eine lesbische Tochter nicht ebenfalls „Sein lassen“.

Gleichzeitig kann ich mich natürlich auch deswegen gegen gesellschaftliche Regeln stellen, die etwa eine der Seiten zu sehr begünstigen und damit bestimmte Rollenausformungen fördern. Etwa wenn es um Regelungen zum Unterhalt geht, die einen Mann in der Versorgerrolle halten, auch wenn die Ehe nicht so gelebt worden ist oder diese über Gebühr absichern.

Auch kann man natürlich bei den kulturellen Ausgestaltungen der Rolle und deren kulturellen Absicherungen ansonsten ansetzen, indem man beispielsweise dagegen vorgeht, dass Männer und Frauen aufgrund dieser Vorstellungen anders behandelt werden, obwohl dafür kein sachlicher Grund vorliegt.

Beispielsweise gibt es sicherlich einen gewissen Drang Frauen und Kinder eher zu schützen als Männer und so zu handeln kann sogar sexuell anziehender machen. Aber dennoch ist es ein naturalistischer Fehlschluss, dass eine solche Wertung daher moralisch richtig ist.

Mich für Transsexuelle, Schwule, Nichtkonforme einsetzen ergibt sich aus der Haltung des „Sein lassen“. Daraus folgt auch, dass man dagegen vorgeht, wenn es hier Festlegungen geben soll, die das verhindern. Eine solche Haltung des „Sein lassens“ sollte man gesellschaftlich fördern, hier ist aus meiner Sicht Aufklärung darüber, dass wir in der Tat keine binären Geschlechterrollen haben sinnvoll, etwas, was ich mir beispielsweise durch eine Darstellung biologischer Theorien im Biologieunterricht gut vorstellen könnte. Deswegen muss ich aber nicht gleichzeitig so tun als wären „konforme Menschen“ schlecht oder würden nur Hass verbreiten. Es geht eher um die Förderung eines liberalen Klimas, wie es aus meiner Sicht durchaus auch in Deutschland besteht.

Das ist schade, weil Feminismus eben doch eine auf Frauen spezialisierte Bewegung ist, die “nicht-konforme” Männer zwar unterstützt, aber von ihrem Selbstverständnis her nicht ihr Hauptaugenmerk auf sie legt. Die Unterstützung nicht-konformer Männer, wäre eigentlich eine originäre Aufgabe des Maskulismus (gerne mit Unterstützung durch den Feminimus in diesem Sinne).

Es wäre interessant, was Margret hier eigentlich an Unterstützung erwartet. Sicherlich fühlen sich einige Minderheiten im Feminismus wohler, weil dieser die Zustände umgedreht hat: Die, die sonst als Abweichungen von der Norm wahrgenommen werden, sind nun diejenigen, die quasi die neue Norm bilden. Die anderen sind die, die ihre Privilegien hinterfragen und deren Verhalten als altmodisch und toxisch wahrgenommen wird. Diese Umkehr bewirkt sicherlich erst einmal eine tolerante Atmosphäre. Sie erscheint auch sicherlich für viele attraktiver als ein allgemeines „Sein lassen“. Aber da die Umkehr mit einer Schuldzuweisung verbunden ist erzeugt sie insoweit nur neue Gruppen, die dann gegeneinander stehen.

Das ist aber auch insofern sehr interessant, als sich der Feminimus bereits sehr früh und sehr vehement für das Aufbrechen der traditionellen weiblichen Rolle engagiert hat. Frauenrechtlerinnen haben sich immer dafür eingesetzt, dass Frauen ihre traditionelle Rolle hinter sich lassen können und ihnen die traditionelle männliche Rolle und all ihre Teilaspekte als Möglichkeit eröffnet wird. Aus diesem Grunde stehen Frauen heute eine größere Zahl an Möglichkeiten offen als Männern.

Das ist erst einmal eine sehr positive Darstellung des Feminismus. Tatsächlich hat Beauvoir in „Das andere Geschlecht“ darauf abgestellt, dass Frauen mehr wie Männer werden sollen und die weibliche Rolle sehr kritisch gesehen. Sie wollte eher, dass Frauen diese hinter sich lassen und forderte, dass diese aus der aus Unterdrückung geborenen Rolle ausbrechen. Gegenwärtige Feministinnen sind häufig genug auch keineswegs für einen „Choice Feminismus“ und sprechen dabei beim klassischen weiblichen Verhalten von internalisierter Frauenfeindlichkeit, lehnen vieles, was dort gemacht wird als benevolent Sexism ab und sind in der Lage wohl nahezu jedes Verhalten auf Basis ihrer Theorien abzulehnen oder gutzuheißen. Man weiß nur nicht, in welche Richtung das Pendel gerade ausschlägt. Es ist nicht so, dass der moderne Feminismus einfach Handlungsmöglichkeiten eröffnet, er beengt diese in vieler Hinsicht gleich wieder, zum einen für Frauen aber noch viel eher für Männer. Die Freiheit ist insoweit hier gleichzeitig stark eingeschränkt und es gibt gerade keinen Grundsatz des „Sein lassen“ sondern einen Grundsatz, nach dem das Private politisch ist und das Handeln diesem Grundsatz unterzuordnen ist.

Was vielen Maskulisten dabei offenbar gar nicht auffällt: Unbewusst stützen sie damit die von ihnen häufig so scharf kritisierte Privilegientheorie.

Denn wenn die gesellschaftliche Gruppe A zwar nach dem Aufbrechen ihrer Rolle und in Richtung der Rolle von Gruppe B strebt, Gruppe B ihrerseits in ihrer Mehrheit aber offenbar keinerlei Interesse am Aufbrechen ihrer Rolle zeigt und von der Rolle der Gruppe A nichts wissen möchte, dann bedeutet das: Die gesellschaftliche Rolle von Gruppe B scheint die erstrebenswertere zu sein, die von Gruppe A dagegen die deutlich unattraktivere.

Das scheint mir eine ziemliche Scheinlogik zu sein. Denn zum einen strebt die Gruppe A nicht in Richtung der Gruppe B, Frauen verhalten sich nach wie vor anderes als Männer (im Schnitt), auch wenn sich bestimmte Faktoren durchaus stark verschoben haben. Frauen mögen eher erwerbstätig sein als vor hundert Jahren, aber deswegen verhalten sie sich nicht wie Männer. Genauso haben sich bestimmte Faktoren bei den Männern natürlich bereits verschoben, ein Mann vor hundert Jahren hat wahrscheinlich seiner Frau das Kochen überlassen und wäre nicht auf die Idee gekommen, das Baby zu wickeln. Er ist nun nicht mehr bereit, sich sogleich an eine Frau zu binden und auf Sex bis nach der Ehe zu warten kommt für die allermeisten auch nicht mehr in Frage. Männer teilen weitaus weniger selbstverständlich mit einer Frau, mit der sie schlafen ihr Geld, sie binden sich später, sie sind nicht mehr bereit sich in gleicher Weise auf bestimmte Aspekte festnageln zu lassen, etwa das die Frau komplett vom Mann ausgehalten wird.

Aber selbst wenn man das ausblendet geht die Rechnung nicht auf. Wenn Gruppe A sich zu B bewegt, Gruppe B aber nicht zu A, dann kann das bedeuten, dass Gruppe B beispielsweise die Vorteile eines Wechsels nicht aktivieren könnte oder wenn dadurch zusätzliche Kosten entstehen, die die Gruppe A in dem Bereich nicht hat.

Einfaches Beispiel: Wenn Frauen zwar gerne zB berufstätig sind, aber einen Partner ablehnen, der nicht Hauptversorger sein will, dann kommt ein Ausbrechen der Männer für die meisten Männer nicht, weil sei dadurch unattraktiver werden. Sie müssen dazu aber nicht mehr Privilegien haben, es reicht, wenn sie schlicht Kosten in dem anderen Bereich haben, die Frauen nicht haben. Das Aufgeben der Berufstätigkeit bewirkt einen Verlust an Status und finanziellen Spielraum, den Frauen leicht kompensieren können, weil diese Eigenschaften in der Partnerwahl des Mannes eine geringere Rolle spielen. Männer können dies nicht.

Ich habe nur den Artikel bei Margret gelesen, nicht die dortigen Kommentare. Vielleicht haben andere bereits entsprechendes aufgeführt oder hatten auch interessante Gedanken dazu. Wer mag kann ja seine Gedanken auch hier noch einmal einstellen.