Das Gehalt als einziges Kriterium der Jobwahl im Feminismus

Wenn über den Gender Pay Gap gesprochen wird dann entsteht immer wieder der Eindruck, dass das einzige Kriterium der Jobwahl nur das Gehalt sein darf.

Es ist anscheinend nicht vorstellbar, dass auch andere Faktoren neben dem Gehalt, wie  beispielsweise  die Art der Arbeitsstelle, die Entfernung zur eigenen Wohnung, die Anfälligkeit für Überstunden, der allgemeine Stress sich auf die Wahl des Arbeitsplatzes auswirken.

Finde ich gerade deswegen interessant weil  Feminismus üblicherweise von Personen, die eher links sind, vertreten wird. Diese sollten sich eigentlich bewußt sein, das Geld nicht alles ist, dennoch kann sich anscheinend dort kaum eine Frau vorstellen, dass Frauen in diesem Bereich weniger auf Geld fixiert sind und dass das sogar ein mehr an Lebensqualität etc mit sich bringen muss.

Es kann viele Gründe geben, Geld nicht so hoch zu bewerten, etwa weil man mehr Freizeit haben möchte bzw. seine Zeit lieber bei der Familie etc verbringen möchte, weil man Spass an einem Job höher bewertet, weil man für einen besseren Job weiter fahren müsste und das auch weniger Flexibilität und mehr Zeit unterwegs bedeutet, weil mehr Verantwortung auch mehr Stress bedeutet oder kurz: Weil man Karriere gar nicht so wichtig findet.

Das Streben nach Karriere, Status, Geld, ich wäre mir recht sicher, dass viele Feministinnen das durchaus schon unter Patriarchat subsumiert haben, als „typische männliches Verhalten“, welches zu Krieg und Kapitalismus führt.

Bringt man dieses Argument, dann kommen üblicherweise die folgenden Einwendungen:

  • „Alles ist Erziehung, Frauen haben keinen eigenen Willen“: Männer und Frauen sind gleich, alle Unterschiede sind anerzogen und Frauen haben verinnerlicht, dass sie eben Geld nicht als so wichtig ansehen sollen
    Hier finde ich es immer erstaunlich, mit welcher Leichtigkeit zum einen Frauen der freie Wille abgesprochen wird, eine eigene Lebensplanung zu entwickeln und bestimmte, ja durchaus auch nachvollziehbare Entscheidungen zu treffen und gleichzeitig Männern anscheinend weiterhin die volle Agenda zugestanden wird, dies zu tun, auch wenn Karriere ja keineswegs immer ein Zuckerschlecken sein muss
  • „Frauen würden wollen, aber die Männer beuten sie aus“ :Frauen haben gar nicht die Möglichkeit, sich für „Geld“ zu entscheiden, weil die Männer ihnen die Zeit dazu nicht lassen, sondern sie in die kostenlose „Care Arbeit“ drängen. Frauen werden in die Abhängigkeit von Männern gedrängt
    Auch hier haben wir wieder ein Aberkennen eines eigenen Willens und gerade das Abhängigkeitsargument finde ich da alles andere als klar: Zum einen ist er gerade in einer Ehe genau so abhängig wie er: Lässt sie sich scheiden, dann muss er, wenn seine Frau wenig verdient hat, nahezu die Hälfte seiner Rentenanwartschaften an sie übertragen, das Vermögen wird so aufgeteilt, dass jeder innerhalb der Ehe gleich viel verdient hat und er hat die Gefahr mit erheblichen Unterhaltszahlungen belastet zu sein.
    Zudem gibt es genug Ehen in denen sie vollen Zugriff auf sein Gehaltskonto hat und hiervon einkauft etc.
    Ich führe dann gerne die Ehefrau des Ministerialrats an, die hauptsächlich Hausfrau war und in einer funktionierenden Ehe sehr gut gelebt hat und finanzielle Sorgen nicht kannte. Sie hat zwar keine eigene Rente, lebt aber später mit ihm von seiner sehr guten Pension. Im Feminismus ist sie unterdrückt, konnte keine Karriere machen, wurde ausgebeutet und befand sich in beständiger Abhängigkeit.
  • „Ich mach mir die Welt, widewide wie sie mir gefällt“: Ja, Frauen haben andere Vorlieben und sehen wenig Sinn in typischen Karriere kämpfen, aber es ist ungerecht, dass sie nicht trotzdem das Gleiche verdienen. Die Welt sollte so geändert werden, dass dieses Verhalten egal ist und auch Männer das nicht mehr müssen
    Hier überrascht mich immer die Lebensfremdheit dieser Ansichten. Ich frage mich dann immer, ob diese Leute dann auch, wenn sie einen Handwerker bestellen gerne etwas länger warten, weil der Handwerker nur weniger Stunden arbeitet um mehr Zeit mit der Familie zu haben oder ob sie dann seinen Kollegen vorziehen und dem lieber den Job geben, weil der am übernächsten Tag da ist. Oder ob sie bei einer Operation die Ärztin in Teilzeit und langen Aussetzen wegen Kindererziehung mit 100 Operationen oder den Arzt mit 400 Operationen, (aber der dritten Ehe, weil er immer so lange arbeitet), nehmen würden. Der Gedanke, dass das Gehalt überall gleich sein muss und die Konkurrenz ignoriert werden muss, ist so lebensfremd und so abseits des Marktgeschehens, dass er mich immer wieder erstaunt.

Welche Argumente habt ihr in entsprechenden Diskussionen gehört? Wie bewertet ihr sie?
Und welche Faktoren sind euch bei einem Job wichtig?