Homosexualität als Komplizen männlicher Herrschaftsstrukturen

Leser Leszek zitiert eine interessante Passage zu feministischen Strömungen, die Homosexualität als Bestätigung männlicher Herrschaftsstrukturen sieht:

 

(…) so definiert doch eine wesentliche Strömung des Lesbischen Feminismus schwule Männer als Komplizen männlicher Herrschaftsstrukturen und betrachtet sie konsequenterweise als weniger geeignete Verbündete von Lesben als heterosexuelle Frauen. Sheila Jeffreys z.B. betont die Solidarität zwischen Frauen und Lesben – eine Solidarität, die ihr zufolge für den gesamten Feminismus selbstverständlich sein sollte – , während sie gleichzeitig ein vergleichbares Bündnis zwischen Lesben und Schwulen verneint. Indem sie geschlechtliche Identitätskategorien höher bewertet als sexuelle, stellt Jeffreys “das ganze System männlicher Vorherrschaft” in den Vordergrund. Damit kann sie das weitgreifende und vom Geschlechterstandpunkt geprägte Argument begründen, dass alle Männer, einschließlich schwuler, Frauen unterdrücken. (Jeffreys 1994b, 460) Darüber hinaus macht sie schwule Männer als diejenigen aus, die eine besonders wichtige Funktion an dieser allgemeinen Unterdrückung haben: “Durch ihre Beteiligung in den Medien und in der Modeindustrie spielen Schwule eine einflussreiche Rolle bei der Definition dessen, was in einer Kultur männlicher Vorherrschaft als weiblich gilt.” (ebd.., 461) Die Darstellung von Schwulen als Verkörperung patriarchaler Werte hat eine bedauerliche homophobe Geschichte innerhalb der feministischen Theorie. Außer im bereits diskutierten Aufsatz von Rich taucht diese Idee auch in den Schriften von Irigaray (1981, 107-11) und Frye (1983) auf (…).
Jeffreys stimmt dem Argument von Marilyn Frye zu, wenn es, ähnlich formuliert, behauptet: “Schwule verhalten sich konformistisch zur männlichen Vorherrschaft, weil sie sich entscheiden, diejenigen zu lieben, die in diesem politischen System jeder lieben soll, nämlich Männer.” (…) (Jeffreys1994 b, 468)
(…)
“Ein Blick auf einige der Prinzipien und Werte der männerdominierten Gesellschaft und Kultur legt unmittelbar nahe, dass homosexuelle Bürgerrechtsbewegung und schwule Kultur, wie diese sich in ihren öffentlichen Äußerungen darstellt, in wesentlichen Punkten eher im Einklang als im Widerspruch zur männlichen Herrschaft stehen. Diese ist jedoch feindlich gegenüber Frauen wie der Frauenliebe, der sich Lesben verschrieben haben.” (ebd., 130)
Zu diesen “Prinzipien und Werten”, die laut Frye heterosexuelle und homosexuelle Männer mit den Banden unerschütterlicher Männlichkeit verknüpft, gehören der Kampf für männliche Bürgerrechte, Homo-Erotik, Frauenhass und männliche Zwangsheterosexualität. Schärfer als Rich und Jeffreys betont Frye diese vermeintliche Nähe zwischen phallokratischer Kultur und der Homo-Befreiungsbewegung. Doch sie schließt daraus sogar, dass Schwule, weit entfernt davon, bloß heterosexuellen Männern ähnlich zu sein, “im allgemeinen in allen wichtigen Punkten nur noch loyaler zu Männlichkeit und männlicher Herrschaft stehen, als andere Männer”. (ebd., 132)
Frye argumentiert weder als erste noch als letzte lesbische Feministin, die Männerbündelei, die den heterosexuellen Austausch ermöglicht, unterscheide sich eher graduell als im Wesen vom Männerbund, der Homosexualität unterstützt.
(…)
Nachdem sie (…) behauptet hat, dass sich heterosexuelle und schwule Kulturen in ihrer Liebe zu Männern und ihrem Hass auf Frauen einig sind, macht Frye das Prinzip hinter der männlichen Zwangsheterosexualität ausfindig: “Es ist sehr wichtig für die Aufrechterhaltung männlicher Herrschaft, dass Männer Frauen ficken und zwar oft. Es ist also erforderlich, es ist zwingend. Es bedeutet Pflichterfüllung und ist auch Ausdruck von Solidarität.” (ebd., 140)
Der Diskurs der Homo-Befreiung steht zu dieser Anforderung anscheinend im Gegensatz oder trägt sie zumindest nicht mit. Frye erkennt zwar an, dass Schwule im allgemeinen nicht daran interessiert sind, in diesem Sinne “ihre Pflicht zu erfüllen”, hält jedoch dagegen, dass der Grund dafür ein überentwickelter Frauenhass ist: “In vielen Fällen sind (Schwule) nur deshalb abgeneigt, ihre Pflicht zu erfüllen, weil sie ihre Lektion in Frauenhass nur zu gut gelernt haben. Sie weigern sich, diesen Teil des Mannseins auszuspielen, weil der geforderte Frauenhass, eine Form und Intensität angenommen hat, die andere Erfordernisse der Männlichkeit überwiegen.” (ebd.)
(…)
Ihr Beharren darauf, dass Geschlecht die wesentliche Unterdrückungskategorie ist, stellt die Projekte des Lesbischen Feminismus und die Schwulenbefreiungsbewegung als unvereinbar dar: “Ich sehe überhaupt keine natürliche Affinität zwischen Lesbischem Feminismus und der Schwulen-Befreiungsbewegung, ihre Politik steht in den meisten Fällen vielmehr im direkten Gegensatz.” Diese Annahme löste eine langwierige Debatte aus. Obwohl sie keine notwendige Voraussetzung des Lesbischen Feminismus ist, beeinflusst sie doch weiterhin die Auseinandersetzung um die Darstellung sexueller Identitäten.

Aus: Annamarie Jagose – Queer Theory. Eine Einführung, S. 69 – 72

Inzwischen wohl eher eine Randmeinung im Feminismus, bei dem Homosexualität in den poststrukturalistischen interesektionalen Ausrichtungen als Nachteil, Heterosexualität hingegen als Privileg gesehen wird, wobei der als männlich gelesene Homosexuelle aufgrund seines Geschlechts durchaus Privilegien als Mann hat.

92 Gedanken zu “Homosexualität als Komplizen männlicher Herrschaftsstrukturen

  1. @ Christian

    * “Es ist sehr wichtig für die Aufrechterhaltung männlicher Herrschaft, dass Männer Frauen ficken und zwar oft. Es ist also erforderlich, es ist zwingend. Es bedeutet Pflichterfüllung und ist auch Ausdruck von Solidarität.”*

    Fein beobachtet von Frau (Männer-)Frye.

    • „… Es bedeutet Pflichterfüllung …“

      Das kann ich mir sogar vorstellen, wenn ich mir meinen armen Nachbarn anschaue, den mit der sehr dicken Frau …

      Oder dies hier (wobei ich ja an eine Zeitungsente glaube);

      *10.000 Euro spricht ein französisches Gericht einer Frau zu, die mit ihrem Ehemann jahrelang keinen Sex hatte. Der Mann argumentiert erfolglos mit langen Arbeitszeiten.*

      http://www.welt.de/vermischtes/kurioses/article13742160/Kein-Sex-in-der-Ehe-Frau-erhaelt-Schadensersatz.html#disqus_thread

    • Im Kult der „heiligen Mumu“ ist nun mal kein Platz für Priviliegienschwänze, ganz gleich, ob die nun hetero oder homo sind. Die stören doch bloss die Vaginamonologe!

      Nachdem sie (…) behauptet hat, dass sich heterosexuelle und schwule Kulturen in ihrer Liebe zu Männern und ihrem Hass auf Frauen einig sind, macht Frye das Prinzip hinter der männlichen Zwangsheterosexualität ausfindig: “Es ist sehr wichtig für die Aufrechterhaltung männlicher Herrschaft, dass Männer Frauen ficken und zwar oft. Es ist also erforderlich, es ist zwingend. Es bedeutet Pflichterfüllung und ist auch Ausdruck von Solidarität.

      Muss ein solcher Schwachsinn einer therapebedürftigen männerhassenden Lesbe wirklich ernsthaft diskutiert werden?

  2. Ein weiteres Beispiel für Homophobie im Feminismus ist die radikalfeministische Redstockings-Gruppe:

    Wikipedia Redstockings:

    http://en.wikipedia.org/wiki/Redstockings

    Redstockings were also opposed to male homosexuality, which they saw as a deeply misogynist rejection of women. Redstockings’ line on gay men and lesbians is often criticized as homophobic.[7]

    Siehe hierzu auch bei Adrian:

    Gay West – Homophober Feminismus:

    http://gaywest.wordpress.com/2013/06/29/homophober-feminismus/

    Homophobe Tendenzen in Bezug auf schwule Männer finden sich außerdem bei dem Feministen Klaus Theweleit:

    http://schwule-nazis.de/index.php?option=com_content&view=article&id=9&Itemid=12

  3. “Durch ihre Beteiligung in den Medien und in der Modeindustrie spielen Schwule eine einflussreiche Rolle bei der Definition dessen, was in einer Kultur männlicher Vorherrschaft als weiblich gilt.”

    UHHH ja, wir wissen ja, welcher Gruppe sonst noch so die Beherrschung und der Missbrauch der Medien vorgeworfen wird, nicht wahr? 😉

    Abgesehen davon könnte uns nichts besseres passieren, wenn der Feminismus nun auch die Schwulen ins Visier nimmt und zu Dämonen erklärt. Nur zu, isoliert Euch!

    Wie aktuell ist das?

  4. Also das war mal ein Lacher zum Morgen. Eine derartige Dichte an inneren Widersprüchen sieht man selbst bei feministischer Theorie nicht alle Tage.

    Nur mal so die Best-Offs: Männliche Zwangsheterosexualität ist ein Prinzip und ein Wert homosexueller Männer – Köstlich!
    Wenn ich das richtig verstanden habe: Schwule Männer sind deswegen schwul, weil sie Frauen zu sehr hassen, um sie zu ficken. Damit unterdrücken sie sie dann noch stärker, als diejenigen Männer, die Frauen unterdrücken, indem sie sie ficken.

    Und, dass Männer Frauen ficken, ist unabdingbar für die Aufrechterhaltung männlicher Herrschaft. Achso. Ich dachte immer, das wäre unabdingbar für die Aufrechterhaltung der menschlichen Rasse. Aber so ist das halt. Wahrscheinlich ist das sogar das gleiche. Oder das Gegenteil. Oder beides zusammen.

    Ich breche ab. Das ist so abstrus, ich vermute mal, die glauben auch ans fliegende Spaghetti-Monster. Also: wirklich.

    • Die meinens aber tatsächlich ernst und möchten das in Gesezze gieden und institutionalisiert umsetzen.

      Und eir sollen bei Strafe und Umerziehung daran glauben. Per Zwang. Ansonsten sind wir Oppressoren, Nazis … etc.

  5. Ich habe noch von keinen Schwulen gelesen oder gehört, der Frauen hasst. Von männerhassenden Lesben erfahre ich aber regelmäßig. Die frauenhassenden Schwulen gibt es wohl auch, aber deren Anteil würde ich als deutlich geringer einschätzen.

    Das ist irgendwie ähnlich wie mit den sogenannten Männernetzwerken. Gibt es Vereine in denen nur Männer karrieremäßig von Männer gefördert werden und die nach außen auch so auftreten? Ich kenne keinen, hab auch noch nie von einen Nachweis gelesen der auf mehr als Korrelation fußt. Ich kann mich da aber auch irren…

    So, nun werden aber aufgrund dieser feministischen Mythe Frauennetzwerke aufgebaut in den ausschließlich Frauen von Frauen gefördert werden. Das was Männer unbewiesen vorgeworfen wird, wird nun von Frauen tatsächlich umgesetzt und ist dann auch noch gut. Es gilt mal wieder wenn zwei das gleiche machen, ist es immer noch nicht dasselbe.

    Wie Wolle bei einem seiner letzten Post geschrieben hat:

    They Call You a Misogynist Because They Hate Men.

    Ich denke deren Problem ist, dass sie von sich auf andere schließen.

    • Okay, hab doch was gefunden:

      „als schwuler Mann bin ich auf einer seltsamen Position gegenüber Frauen. Ohne es zu wollen, denke ich in sexistischen und damit diskriminierenden und damit misogynistischen Kategorien. Queere akademische Ausbildung hin oder her – das ist kein Freifahrtsschein.“

      http://www.muschimieze.com/2014/04/20/fehler-im-quellcode-schwuler-misogynismus/

      Hab etwas Probleme den Text zusammenzufassen (da fehlt mir die Queer akademische Ausbildung zu ;-)) finde aber, dass der Verfasser zu leichtfertig von Hass spricht oder Hass als antrieb deutet.

      In meinen Augen sind Sexismus und Hass etwas anderes. Aber heutzutage ist es ja auch schon eine sexuelle Belästigung, von einem Typen angesprochen zu werden, auf den man nicht steht 😉 Wie kann man nur??!!!

      Wildes definieren…

    • „Ich habe noch von keinen Schwulen gelesen oder gehört, der Frauen hasst.“

      Diese privaten (Nicht-) Erlebnisse sind statistisch leider bedeutungslos 😉

      Abgesehen davon spielt die Definition von Haß eine große Rolle. Ein Blick in gängige Eheratgeber klärt einen darüber auf, daß Frauen dazu neigen, fehlenden Ausdruck an Zuneigung oder gar Gesprächsverweigerung als Abneigung zu interpretieren, da ist es nur ein kleiner Schritt bis zur Unterstellung von Haß, wenn sowas notorisch auftritt. Wie Adrian ja regelmäßig berichtet, ist es ihm systembedingt nicht möglich, besondere Zuneigung Frauen gegenüber zu entwickeln. Ergo wird er wahrscheinlich von 10% seiner weiblichen Umgebung als Frauenhasser eingestuft, und solche Frauen schreiben dann solche Bücher.
      Die restlichen 90% der Frauen fassen sich darüber aber vermutlich genauso an den Kopf wie unsereins.

      • „Diese privaten (Nicht-) Erlebnisse sind statistisch leider bedeutungslos“

        Ach nee?! Wenn jmd. irgendeine Studie dazu hat (warum auch immer man sowas untersuchen sollte), werden ich meine persönlische Einsätzung überdenken.

  6. Interessanter Fall von Abwägung: was wiegt bei dieser Feministin schwerer, die Toleranz gegenüber Schwulen oder der Hass gegen Männer?

    Das interessanteste an diesen Zitaten: _überzeugen_ wollen sie Niemanden. Man sieht es – Argumente gibt es da gar nicht erst. Es werden einfach wie wild Thesen aufgestellt, selbstverständlich ohne Belege oder gar schlüssige Beweise.
    An einer Debatte oder einem wie auch immer gearteten Erkenntnisgewinn sind diese Menschen gar nicht interessiert.

  7. „Homosexualität als Komplizen männlicher Herrschaftsstrukturen“

    Lesben sind doch auch homosexuell. Oder unterstützen die mit ihrer Homosexualität das Patriachat etwa auch, weil sie ja Frauen ficken?

  8. Für Frauen ist die alltägliche Bevorzugung und Verhätschelung so gewöhnlich geworden, dass sie es bereits als frauenfeindlich auslegen, wenn man sie nicht auf Händen trägt, nicht beachtet, und sich spöttisch oder polemisch über sie äußert, wenn man sie also so behandelt, wie Frauen Männer täglich behandeln.
    Man schaue sich als Beispiel mal meine Kommentare hier auf diesem Blog an. Wenn das nicht frauenfeindlich ist, was dann? Und ficken tu ich Frauen auch nicht, ja ich wage sogar zu behaupten, dass mir das nicht gefällt! Kann es eine schlimmere Form der Verachtung gegenüber Frauen geben?

    Dass schwule Männer Frauen hassen, weil sie sie eben nicht ficken, diese These ist übrigens durchaus nicht neu:
    http://gaywest.wordpress.com/2009/09/19/schwuler-sexismus-vom-ubel-an-frauen-keinerlei-interesse-zu-haben/

    Das hier ist auch schön:
    “Ein Blick auf einige der Prinzipien und Werte der männerdominierten Gesellschaft und Kultur legt unmittelbar nahe, dass homosexuelle Bürgerrechtsbewegung und schwule Kultur, wie diese sich in ihren öffentlichen Äußerungen darstellt, in wesentlichen Punkten eher im Einklang als im Widerspruch zur männlichen Herrschaft stehen. Diese ist jedoch feindlich gegenüber Frauen wie der Frauenliebe, der sich Lesben verschrieben haben.”

    Die Tatsache, dass es in „patriarchalen Gesellschaften“ aber die Männerliebe ist, die sich immer wieder rechtfertigen muss, in der Schwule häufiger angebpöbelt und diskriminiert werden als Lesben; die Tatsache dass männliche und nicht weibliche Homosexualität stärker verfolgt wurde und wird, spielt natürlich keine Rolle, bzw. ist ebenfalls ein Ausdruck weiblicher Unterdrückung. Frauenliebe wird deshalb nicht verfolgt, weil Frauen ignoriert werden. Und Ignoranz ist die schlimmere Form der Unterdrückung:
    http://gaywest.wordpress.com/2007/06/06/penisneid-pervers/

    Wie bereits geschrieben: Ein Bündnis Männerrechtsbewegung und Schwulenbewegung würde den Feminismus in die Knie zwingen und in die totale Isolation treiben. An der Schwulenverfogung und -diskriminierung ließe sich im Übrigen auch sehr schön die These des Patriarchats ad absurdum führen.

    • Also ich wäre für ein derartiges Bündnis sofort zu haben. Überhaupt finde ich, dass man an der Varianz von homosexuellen und heterosexuellen Männern wunderbar so manchen Scheiß auflösen kann, den sich Feministinnen so ausgedacht haben.
      Beispielsweise habe ich irgendwo mal gelesen, dass es zwischen homosexuellen Männern und Frauen einen Gender Pay Gap gibt – zu Ungunsten der Männer! – was ja verdeutlicht, dass das System nicht Männer bevorzugt, sondern Menschen, die auf Frauen stehen, mithin bei Frauen (statusmäßig) Eindruck schinden wollen bzw. dass diese mehr Motivation haben, innerhalb des Systems aufzusteigen. hast du zufällig Zahlen dazu?

    • @adrian

      “ An der Schwulenverfogung und -diskriminierung ließe sich im Übrigen auch sehr schön die These des Patriarchats ad absurdum führen.“

      Das Patriarchat braucht eben die Heterosexualität:
      http://www.univie.ac.at/igl.geschichte/Maennergeschichte/rezensionen/connell_01.htm

      Connell unterstreicht in seinem Buch, dass Männlichkeiten nur innerhalb eines komplexen Geschlechterverhältnisses existieren und historisch und kulturell unterschiedlich sein können. Im Laufe seines Buches kommt Connell weiters zu dem Schluss, dass Homoerotik im Laufe der Zeit aus dem Männlichkeitskonzept ausgegliedert wurde und einer abweichenden, abgewerteten Gruppe zugeordnet wurde, dem Typus des „Homosexuellen“. Auf der anderen Seite sei ein Typus des „Heterosexuellen“ jedoch nicht konstruiert worden. Heterosexualität wurde aber nach Connell zu einem notwendigen Bestandteil von Männlichkeit. Er weist dabei auch darauf hin, dass die hegemoniale Männlichkeit Homosexualität unabhängig davon ausschließt, wie sich homosexuelle Männer selbst wahrnehmen. Homosexualität zählt Connell im aktuellen Kontext also zu den sogenannten untergeordneten Männlichkeiten. Seiner Meinung nach stellt die homosexuelle Männlichkeit die größte Opposition gegenüber der hegemonialen Männlichkeit dar. Diese Aussage trifft sicherlich auf die Schwulenbewegung der 70er und 80er des letzten Jahrhunderts zu, die unter anderem mittels ihres „Fummels“ die herrschende Geschlechterordnung angriff. Ob sie aber auch noch auf die heutige Zeit zutrifft, ist fraglich.

      • „Das Patriarchat braucht eben die Heterosexualität:“

        Ja, das ist die feministische Interpretation. Aber warum soll es patriarchalisch sein, dass Männer gesellschaftlich dazu angehalten werden, mit dem als „minderwertig“ deklarierten Mensch Frau zu verkehren?

      • @Adrian

        Auch interessant zur Frage zur „verweiblichung“ Homosexueller, die sich penetrieren lassen, und Männlichkeit:

        https://allesevolution.wordpress.com/2011/03/16/geschlechtsidentitat-bei-transsexuellen-und-transvestiten-aus-einer-feministischen-diplomarbeit/

        Der Penis „definiert sowohl das Geschlecht für andere als auch die eigene Begehrensposition, von der aus andere vergeschlechtlicht werden“ (Lindemann 1993a, S. 213), was zur Folge hat, dass Nick in seiner submissiven Position als Frau von einem begehrenden Mann respektive seinem erregten Penis auch als Frau vergeschlechtlicht wird. (…)Dennoch geht es auch in diesem Falle darum, die heterosexuelle Relation von Weiblichkeit und Männlichkeit herzustellen. Engel konstatiert in Bezug auf Teresa de Lauretis: „Maskulinität beinhaltet das Versprechen, den Status eines sexuellen Subjekts zu erlangen“ (Engel 2002, 184). Diese Formel – umgekehrt angewendet – bedeutet, dass sich eine Frau durch die Aneignung einer aktiven Position als maskulin inszeniert, was, entsprechend der heterosexuellen Matrix, Nick wiederum verweiblicht.(…) Auch hier spielt die phallozentrische Dominanz des Penis bzw. einer nachempfundene Phalloplastik die entscheidende Rolle, die den Phallusträger zum männlich-aktiven, die Phallusempfängerin jedoch zum weiblich-passiven Part macht.”

    • @Adrian
      Sehr schön, dieser Siepe-Verriss ;-).

      Wäre er in der Lage, logisch zu denken, würde er auf folgendes Problem stoßen, auf das du ja hinweist:

      >Denn jedes Mal, wenn man sich entscheidet, Person A als Freund zu haben, benachteiligt man ja automatisch Person B, C, D usw. Und wenn Person B, C, D usw. auch noch weiblich sein sollte, ja dann ist das Übel so richtig am Kochen.

      Eben. Ob ihm klar ist, dass bei seiner Pseudo-Denke die letzte Ursache der Diskriminierung – Individualtität ist? Und dass er dann genau diese attackieren abschaffen muss, um seine Flauschel-Welt zu erreichen? Vermutlich nicht.
      Man könnte dieses Pseudo-Denkens also als Individualitäts-feindlich bezeichnen. Oder, um das Jammer-Sprech zu bemühen: Von einem Hass auf Individualtität sprechen ;-).

      • @ Seitenblick

        Mist, jetzt habe ich einen langen Kommentar über Individuation, das Herausragen-Wollen als eher männliche Tugend (antigleichstellerisch par excellence, „antisozialistisch“, also eine Untugend in misandrischer Interpretation) und den Phallus in den Orkus befördert, weil sich eine Spinne (Weberknecht) von meiner Schreibtischlampe abseilte und auf der Tastatur landete.

        Ich habe natülich reflexartig draufgehauen – et voilà – nichts mehr von meinem Kommentar übrig.

        Das Matriarchat (Spinne) hat mich sabotiert und Tippse wartet mit dem Essen.

        Deshalb nur, als Warnung vor der bösen Macht des Phallus, ein Link zu dem schönen Begriff des Phallogozentrismus, der Euch klar machen sollte, wie umfassend Frauen in unserer Kultur durch den Phallus unterdrückt werden (und durch Logik und all den anderen „Männerkram“, der frei fluktuierendes Wunschdenken behindert), ein Begriff, den der formidable Herr Derrida, der, der den Marxismus radikalisieren wollte, um ihn erneut als Gespenst auf Reisen zu schicken, erfunden hat, ein Begriff, der von zahlreichen dekonstruktivistischen Feminist.I.nnen (das Binnen-.I. ist phallogozentrisch, haben die Depp.I.nnen noch nicht bemerkt – tja, niemand entgeht dem Patr.I.archat).dankbarst aufgegriffen wurden.

        http://en.wikipedia.org/wiki/Phallogocentrism

        Essen ist fertig – ich werde von meinem Hasen unterdrückt.

        Kann es für einen schwanztragenden Löwen etwas Demütigenderes geben?!

        • @ Leszek

          Zitat, Derrida:

          *The ‘New International’ is an untimely link, without status … without coordination, without party, without country, without national community, without co-citizenship, without common belonging to a class. The name of New International is given here to what calls to the friendship of an alliance without institution among those who … continue to be inspired by at least one of the spirits of Marx or of Marxism. It is a call for them to ally themselves, in a new, concrete and real way, even if this alliance no longer takes the form of a party or a workers’ international, in the critique of the state of international law, the concepts of State and nation, and so forth: in order to renew this critique, and especially to radicalise it.*

          Quelle:

          http://en.wikipedia.org/wiki/Specters_of_Marx

        • Gemeint ist natürlich die Marxsche Kritik an Staat, Nation, Recht und so weiter, die hier, nach dem Zusammenbruch der Parteidiktaturen und demzufolge Diskreditierung des klassischen, klassenkämpferischen Marxismus nun kulturmarxistisch umorientiert und radikalisierend erneut fruchtbar gemacht werden soll.

        • @Alexander
          >über Individuation, das Herausragen-Wollen als eher männliche Tugend

          Das mit der „eher männlichen Tugend“ brauchst du hier gar nicht.
          Geh ruhig eine Ebene tiefer, bleib bei der Subjektivitätstheorie.
          Ob die für Individualität notwendige Unterscheidungstätigkeit quantitativ ausgeprägter ist oder nicht, ist gar nicht entscheidend.
          Es geht darum, dass sie generell zur Individuation dazugehört. Und dass diese Wünsche nach der völlig diskriminierungsfreien Welt, und zwar selbst in formaler Hinsicht der Preferenz, auf Angst vor der Individuation hinauslaufen.

          Ich sehe darin einen wichtigen Baustein zu einem Denken, das früher oder später ins Totalitäre umschlägt. Nicht umsonst arbeitet sich jedes totalitäre System am Auslöschen individueller Kennzeichen ab – äußerlich, was Kleidung und Aussehen angeht; in der Sprache, in den erlaubten Gedanken etc.

          Individuation ist für manche ausgesprochen angstauslösend und bedrohend, und derartige Emotionen können zu einem override, einer Überbrückung kognitiv-logischer Funktionen führen. Weshalb die Betreffenden gar nicht mehr bemerken, welche Konsequenzen sich ergeben und dass sie sich in immer mehr Widersprüchen verfangen.

        • @ Roslin

          „Radikalisieren“ meint in diesem Zusammenhang natürlich dem Problem der sozialen Ungerechtigkeit im Zusammenhang mit den genannten Institutionen theoretisch an die Wurzel zu gehen, im Sinne von
          „radikal“ (v. lat.: radix ‚Wurzel‘, ‚Ursprung‘).

          „Kulturmarxisten“ sind nach deiner von US-amerikanischen konservativen/rechten Verschwörungsideologen übernommenen Definition Anhänger des Freudo -Marxismus in der Tradition der Kritischen Theorie oder Wilhelm Reichs und angeblich insbesondere Anhänger der Theorien von Herbert Marcuse. Derrida entstammt eindeutig nicht dieser Tradition – kann nach deiner eigenen gegebenen Definition also kein „Kulturmarxist“ sein.

        • @ seitenblick

          *Es geht darum, dass sie generell zur Individuation dazugehört. Und dass diese Wünsche nach der völlig diskriminierungsfreien Welt, und zwar selbst in formaler Hinsicht der Preferenz, auf Angst vor der Individuation hinauslaufen.*

          Es ist mir insofern wichtig, als dass Frauen im Schnitt mehr „Herdentiere“ sind als Männer (abhängiger vom Urteil der Umwelt, besorgter, „zu passen“, weniger häufig eigensinnig EIGENE Wege beschreitend – und wenn man den Pfad erst gegen Widerstände frei schlagen muss, dann findet man erst recht sehr wenige Frauen).

          Das ergibt sich aus der sexuellen Selektion in meinen Augen: eine Frau kann gelassener auf ihrem hoffentlich wohlgeformten Hintern hocken und doch sicherer sein als ein Mann, dass ein paarungswilliger Partner vorbeittrabt und sie „belästigt“ (stärkerer Trieb der Männer – schwächerer der Frauen, im Schnitt).

          So lohnt es sich für Frauen, auf „sicher“ zu spielen – sie werden trotzdem gewählt, zumal wenn sie SCHÖN SIND (physisch).

          Männer, die die selbe Strategie verfolgen, bleiben eher partnerlos (geringerer Sexualtrieb der Frauen > sie suchen SELBST nicht so eifrig-drängend, weil nicht so triebig).

          Außerdem reagieren sie weniger heftig auf KÖRPERLICHE Schönheit > ein Mann muss leisten, tun, machen, um aufzufallen, muss sich durch LEISTUNG schön machen.

          Oder er endet häufiger als Sackgasse der Zivilisation.

          Männer müssen herausragen, nicht nur im Schlafzimmer Leistung zeigen (er muss in der Regel stehen, wenn die Beziehung klappen soll), sondern auch schon vorher.

          Und nun?

          Wer mehr leistet, tut, macht, wer vorangeht, der dominiert > Frauen werden „unterdrückt“, weil sie das Geschlecht sind, dass außerhalb von Familie/Kinderaufzucht weniger tut, macht, weniger aggressiv ist, weniger aktiv.

          Insofern ist Kultur tatsächlich phallogozentrisch.

          • @Alexander
            >Es ist mir insofern wichtig, als dass Frauen im Schnitt mehr “Herdentiere” sind als Männer

            Vielleicht ist das so, vielleicht nicht. Aber indem du auf die quantitative Ebene abhebst, verlierst du genau den Punkt aus den Augen, dass Adrian diesen Hinweis ja dem Herrn (!) Siepe ins Poesiealbum schrieb. Die Angst vor der eigenen Preferenz als angeblich böse Diskriminierungstat, eben weil damit zugleich ausgewählt und abgelehnt wird, ist ja offenbar nicht nur ein weibliches Problem. Ob nun bei der einen Gruppe im Schnitt etwas mehr oder nicht, ist mir in anthropologischer Perspektive relativ egal.

            „Im Schnitt mehr“ heißt ja zugleich, dass das Individuationsproblem prinzipiell genau so Frauen betrifft. Weil es eben erst mal ein allgemein menschliches Problem ist.

            Mir ist diese Tatsache deshalb wichtiger als eine quantitative Aufschlüsselung, weil ich in der Reinstallierung des Begriffs der Menschenrechte und -pflichten die schärfste Waffe gegenüber den Partikularinteressen sehe.
            Bsw. lässt sich m.E. die Frage der Jungenbeschneidung nur dadurch eindeutig klären, dass man auf das _Menschen_recht auf körperliche Unversehrtheit pocht. Und jeden attackiert, der seine Position gar nicht (mehr) unter dem Rückgriff auf allgemeine Rechte und Pflichten eines jeden Menschen begründet.

        • @ Leszek

          Warum stellt sich denn dann Derrida selbst in eine marxistische Tradtitionslinie?

          Versteht er sich selbst nicht oder Dich nicht?

        • @ Roslin

          „Warum stellt sich denn dann Derrida selbst in eine marxistische Tradtitionslinie?
          Versteht er sich selbst nicht oder Dich nicht?“

          Ob er sich selbst vollständig versteht, weiß ich nicht.
          Ich vermute aber, dass kein anderer ihn vollständig versteht. 🙂

          Es geht Derrida in der genannten Schrift „Marx Gespenster“ nicht in erster Linie um Marx und den Marxismus, sondern um die „Geister des Marxismus“ und bezogen auf ihn selbst um einen bestimmten „Geist des Marxismus“, denn derer gibt es nach Derrida mehrere.

          Derrida:

          „Aber an einem gewissen Punkt schulden das Versprechen und die Entscheidung, das heißt die Verantwortlichkeit, ihre Möglichkeit der Prüfung der Unentscheidbarkeit, die immer ihre Bedingung bleiben wird. Und die hohen Einsätze, die wir mit wenigen Worten genannt haben, liefen auf die Frage hinaus, was man mit Marx und nach Marx unter der Wirklichkeit, der Wirkung der Wirkungsmächtigkeit der Arbeit versteht, der lebendigen Arbeit in ihrem unterstellten Gegensatz zur gespenstischen Logik, die die Effekte der Virtualität, des Simulakrums, der „Trauerarbeit“, des Phantoms, des Wiedergängers, usw. gleichermaßen regiert. Und die der Gerechtigkeit, die ihnen geschuldet ist. Um es in zwei worten zu sagen: Das dekonstruktive Denken der Spur, der Iterabilität, der prothetischen Synthese, der Supplementarität usw. führt über diese Opposition, führt über die Ontologie hinaus, die sie voraussetzt. Es schreibt die Möglichkeit des Zurückverwiesenseins auf den Anderen oder das Andere ein, also die Möglichkeit der radikalen Alterität und Heterogenität, der differance, der Technizität und der Idealität im Ereignis der Präsenz selbst, in der Präsenz der Gegenwart, die es a priori von sich selbst trennt, um sie möglich zu machen (also unmöglich in ihrer Identität oder in ihrer Gleichzeitigkeit mit sich selbst). Auf diese Weise beraubt sich das dekonstruktive Denken nicht der Mittel, die Effekte des Phantoms, des Simulakrums, des „synthetischen Bildes“ in Rechnung zu stellen oder davon Rechenschaft abzulegen, dass heißt, um im marxistischen Code zu sprechen, die Effekte von Ideologemen, und sei es auch in den neuen Formen, die die moderne Technik hervorgenracht haben wird. Das ist der Grund, warum eine solche Dekonstruktion nie marxistisch gewesen ist, ebenso wenig wie nicht-marxistisch, obwohl sie einem gewissen Geist des Marxismus, treu geblieben ist, wenigstens einem – denn man kann nicht oft genug wiederholen, dass es mehr als einen davon gibt und dass sie heterogen sind.“

          Und diesen „Geist des Marxismus“, der hier gemeint ist, scheint Derrida in der Nähe seines eigenen zentralen Wertesystems zu verorten.
          So postuliert Derrida in dem Buch für bestimmte Begriffe und Konzepte die Vorstellung einer „Nicht-Dekonstruierbarkeit“:

          „Und was ebenso irreduzibel auf jede Dekonstruktion, ebenso undekonstruierbar bleibt, wie die Möglichkeit der Dekonstruktion selbst, das ist vielleicht eine bestimmte Erfahrung der emanzipatorischen Verheißung, (….), einer Idee der Gerechtigkeit – die wir immer noch vom Recht und selbst von den Menschenrechten unterscheiden – und einer Idee der Demokratie – die wir von ihrem aktuellen Begriff (…) unterscheiden.“

          Nicht dekonstruierbar sind nach Derrida also:

          – die Möglichkeit der Dekonstruktion selbst,
          – die Erfahrung einer emanzipatorischen Verheißung, (was wohl die Hoffnung auf eine bessere Gesellschaft im Angesicht ungerechter gesellschaftlicher Zustände meint),
          – eine Idee der Gerechtigkeit,
          – eine Idee der Demokratie.

          In diesem sehr vagen Sinne scheint Derrida den von ihm präferierten „Geist des Marxismus“ in dem Buch als Symbol für seine eigenen „nicht-dekonstruierbaren“ Grundwerte zu verwenden.

          Mit dem, was man gewöhnlich unter marxistischer Philosophie versteht, hat das allerdings nichts mehr zu tun.

        • Diese runde geht einstimmig nach punkten an …….. @roslin!!!

          @lezsek, deine kompetenz stelle ich nicht in frage, aber empfinde es ermuedent seitenweise derrida im original lesen zu muessen.

        • @ Albert

          Hier wird´s etwas verständlicher.

          In einen Interview erklärt Derrida kurz, was er unter der „Neuen Internationalen“ versteht, zu der in dem Buch „Marx Gespenster“ aufruft.

          Frage: In „Marx Gespenster“ sprechen Sie von der „Neuen Internationale“.

          Derrida: Ich denke an eine oft schweigsame, aber immer effektiver werdende weltweite Solidarität. Sie definiert sich nicht mehr als Organisation der Sozialistischen Internationale, auch wenn ich den alten Namen der Internationale beibehalte, um an den Revolutions- und Gerechtigkeitsgeist zu erinnern, der die Arbeiter und Unterdrückten jenseits der nationalen Grenzen einmal zusammengebracht hat. Dise Internationale sieht sich nicht in den Grenzen der Staatlichkeit oder in den internationalen Institutionen, die ja selbst durch unterschiedliche staatliche Mächte bestimmt sind. Eher steht sie den Nicht-regierungsorganisationen und einigen humanitär genannten Projekten nahe. Aber zugleich überschreitet sie diese auch. Sie ruft nämlich zu einem tiefgreifenden Wandel des internationalen Rechts und seiner Anwendung auf. Diese Internationale kreist um die Figur des Leidens und des Mitleidens an den zehn Wunden der Weltordnung (….) die ich in meinem Buch „Marx Gespenster“ aufzähle. Sie klagt das an, worüber die offizielle politische Rhetorik wie auch die engagierten Intellektuellen , auch die anerkannten Helden der Menschenrechte, so wenig reden.“

          (aus: absolurte Jaques Derrida, S. 9 )

          Der Begriff „Neue Internationale“ ist also auch wieder ein Symbol. Es geht nicht um eine internationale sozialistische Organisation, sondern um ein loses Netzwerk von Organisationen und Personen, die sich im Sinne einer weltweiten Solidarität für Menschenrechte engagieren.

        • Danke, @lezsek. Es gibt nun augenscheinlich zwei nicht ganz stimmige derrida zitate, wobei man festhalten muss, dass roslins zitat, da ja explizit bezug genommen wird auf radikalisierung, wohl schwerer wiegt, denn es heisst explizit:

          *in order to renew this critique, and especially to radicalise it.*

        • Derrida führt es noch weiter aus.

          Frage: Ob sie uns ein Beispiel geben könnten:

          Derrida: Mit einigen Makrostatistiken, an denen man sich so einfach ablenkt, möchte ich auf die Millionen Kinder hinweisen, die jedes Jahr an Wassermangel sterben. (…) Ich möchte auf die 23 Millionern Aids-Kranken hinweisen, von denen 90 % in Afrika leben, obwohl das Aids-Forschungsbudget ihnen nur 5 Prozent seiner Ressourcen zubilligt und die Tritherapie außerhalb des kleinen westlichen Milieus unzugänglich bleibt. Ich denke an die selektiven Mädchenmorde in Indien und die Kinder, die zudem unter abscheulichen Bedingungen – in so vielen Ländern arbeiten. Ich denke an die Tatsache, dass es, so glaube ich, eine Milliarde Analphabeten und 140 Millionen Kinder gibt, die keine Möglichkeit zum Schulbesuch haben. Ich denke, an die Todesstrafe und die Umstände ihrer Anwendung in den USA, der einzigen westlichen Demokratie, in diesem Fall. Die Vereinigten Staaten erkennen auch die Konvention der Kinderrechte nicht an, sie warten, bis die Beschuldigten volljährig sind, um die Strafen zu vollziehen, die gegen sie als Minderjährige verhängt wurden. Und so weiter.
          Ich zitierte diese Zahlen, die in offiziellen Berichten publiziert wurden, aus dem Gedächtnis, um Ihnen einen Eindruck von der Größe der Probleme zu geben, die eine internationale Solidarität verlangen. Diese Herausforderung nimmt kein Staat, keine Partei, keine Gewerkschaft, keine Bürgerinitiative wirklich an.
          Es gehören zu dieser Internationale alle, die leiden, und all jene die empfänglich sind für die Dimension dieser Dringlichkeiten. Und es gehören dazu all jene dazu, die die feste Absicht haben, alles zu tun, damit sich die Politik, das Recht und die Ethik diesen Dringlichkeiten zuwenden. Unabhängig von bürgerlichen oder sonstigen nationalen Zugehörigkeiten.

          (aus: absolurte Jaques Derrida, S. 9 f.)

          Das Interview ist übrigens aus dem Jahre 1998.
          Man muss dazu wissen, dass Derrida selbst menschenrechtlich engagiert war.

          Und das hier meint er mit „Radikalisierung“:

          „alles zu tun, damit sich die Politik, das Recht und die Ethik diesen Dringlichkeiten zuwenden.“

          Den Problemen an die Wurzel gehen.

          “radikal” (v. lat.: radix ‚Wurzel‘, ‚Ursprung‘).

        • Auch interessant.

          Derrida definiert politisch links sein an einer Stelle des Interviews recht ähnlich wie ich das tue (Wertepräferenz für Gerechtigkeit).

          Derrida: Ich würde gerne mit einem minimalen Grundssatz beginnen: Auf der Linken findet sich der Wunsch, die Zukunft zu bejahen, zu verändern. Und zwar zu verändern im Sinne der größten möglichen Gerechtigkeit. Ich würde nicht sagen, jede Rechte sei unsensibel gegenüber dem Wandel und der Gerechtigkeit. Das wäre ungerecht. Aber die Rechte macht daraus nie das erste Ziel oder das Axiom ihrer Handlungen.

          • @leszek

            Auf der Linken findet sich der Wunsch, die Zukunft zu bejahen, zu verändern. Und zwar zu verändern im Sinne der größten möglichen Gerechtigkeit. Ich würde nicht sagen, jede Rechte sei unsensibel gegenüber dem Wandel und der Gerechtigkeit. Das wäre ungerecht. Aber die Rechte macht daraus nie das erste Ziel oder das Axiom ihrer Handlungen.

            Die bürgerliche Seite würde dagegen anführen, dass die Linke leider nur schaut, wo sie hin will, nicht aber, ob man dort tatsächlich hinkommen kann.

            Ich finde diese Einteilung daher gar nicht so unpassend:

            https://allesevolution.wordpress.com/2012/04/07/biologische-grundlagen-der-politischen-einstellung/

            In the Tragic Vision, humans are inherently limited in knowledge, wisdom, and virtue, and all social arrangements must acknowledge those limits. “Mortal things suit mortals best,” wrote Pindar; “from the crooked timber of humanity no truly straight thing can be made,” wrote Kant. The Tragic Vision is associated with Hobbes, Burke, Smith, Alexander Hamilton, James Madison, the jurist Oliver Wendell Holmes Jr., the economists Friedrich Hayek and Milton Friedman, the philosophers Isaiah Berlin and Karl Popper, and the legal scholar Richard Posner.

            In the Utopian Vision, psychological limitations are artifacts that come from our social arrangements, and we should not allow them to restrict our gaze from what is possible in a better world. Its creed might be “Some people see things as they are and ask ‘why?’; I dream things that never were and ask ‘why not?’” The quotation is often attributed to the icon of 1960s liberalism, Robert F. Kennedy, but it was originally penned by the Fabian socialist George {288} Bernard Shaw (who also wrote, “There is nothing that can be changed more completely than human nature when the job is taken in hand early enough”).10 The Utopian Vision is also associated with Rousseau, Godwin, Condorcet, Thomas Paine, the jurist Earl Warren, the economist John Kenneth Galbraith, and to a lesser extent the political philosopher Ronald Dworkin.

        • Derrida ist ein Wirrkopf der nicht einmal einen zusammenhängenden Gedanken verfassen könnte, wenn sein Leben davon abhinge.

          Ihn ideengeschichtlich zu kategorisieren halte ich von daher für ein sinnloses Unterfangen.

        • Als Feminist hat Derrida sich übrigens nicht verstanden.

          “Weil er das Weibliche – ebenso wie das Männliche – überschreiten will, lehnt Derrida den Feminismus ab. Die Frauenbewegung ist für ihn nicht nur überflüssig, weil dekonstruktive Philosophen wie Nietzsche und Derrida selbst bereits “weiblich” geworden sind bzw. die “weibliche Operation” innerhalb des Denkens vollzogen haben. Der Feminismus ist sogar selbst “männlich”, denn er unterstützt das System des “Phallogozentrismus”.

          (aus: Lena Lindhoff – Einführung in die feministische Literaturtheorie, S. 101)

          Hört sich fast so an, als sei er der Auffassung gewesen, dass der Feminismus dazu neige traditionelle Geschlechterrollen eher zu bewahren als abzubauen. Womit er in Bezug auf den radikalen Feminismus ja z.T. auch Recht hätte.

        • @lezsek, ich habe die texte nochmals gelesen. Die von dir genannte linke maxime „ungerechtigkeit zu beseitigen“, wuerde wohl auch unser forenkatholik roslin unterstuetzen und insgesamt wenig widerstand hervorrufen. Aber wie christian richtig bemerkt, ueberzeugt die von den linken propagierte politische umsetzung viele menschen nicht, denn es ist in der ein oder anderen form, ebenso wie beim feminismus lediglich gleichmacherei. Insoweit finde ich kulturmarximus eine recht treffende beschreibung, der politischen intention selbst wenn es dir nicht gefaellt und sich keine linker damit identifiziert.

          Derridas zitat hinsichtlich der gewuenschten radikalisierung, ist wohl doch eher auf eine radikalisierung der kritik, als der radikalisierung der politischen mittel bezogen. An roslins punktsieg aendert dies nichts, denn es handelte sich um eine tatsachenentscheidung 😉

        • „Und zwar zu verändern im Sinne der größten möglichen Gerechtigkeit.“

          Für Linke bedeutet Gerechtigkeit in der Praxis Gleicheit, und genau an dieser Stelle findet sich der fundamentale Unterschied zwischen rechts und links. Linke wollen vor allem Gleichheit, während Rechte Ungleichheit befürworten oder zumindest nicht ablehnen. Gerechtigkeit ist Ansichtssache.

        • @Leszek

          „“Weil er das Weibliche – ebenso wie das Männliche – überschreiten will, lehnt Derrida den Feminismus ab. Die Frauenbewegung ist für ihn nicht nur überflüssig, weil dekonstruktive Philosophen wie Nietzsche und Derrida selbst bereits “weiblich” geworden sind bzw. die “weibliche Operation” innerhalb des Denkens vollzogen haben.“

          Klingt abenteuerlich für mich, wg.:

        • @jcdenton, mir ist der gedanke neu. Haette man ihn kennen sollen oder gar muessen?

          Kann man deiner meinung nach zugespitzt sagen, dass es linken wie rechten um gerechtigkeit und wohlstand geht, die linken dies durch gleichheit erzwingen wollen und die rechten auf die freiheit des einzelnen setzen? Was ist die strategie der rechten?

        • „die linken dies durch gleichheit erzwingen wollen und die rechten auf die freiheit des einzelnen setzen? Was ist die strategie der rechten?“

          Ich habe noch nie eine Rechten getroffen, der auf die Freiheit des Einzelnen setzt. Täte er das, wäre er nicht rechts, sondern liberal.

        • JC Denton

          *Für Linke bedeutet Gerechtigkeit in der Praxis Gleicheit, und genau an dieser Stelle findet sich der fundamentale Unterschied zwischen rechts und links. Linke wollen vor allem Gleichheit, während Rechte Ungleichheit befürworten oder zumindest nicht ablehnen. Gerechtigkeit ist Ansichtssache.*

          Das sehe ich ähnlich.

          Allerdings befürworte ich Ungleichheit nicht, sondern nehme sie in Kauf. Sie ist eine unabwendbare Folge der natürlichen Ungleichheit von Menschen (als Individuen wie als Gruppen). Sie ergibt sich somit aus Freiheit und Gleichberechtigung zwangsläufig.

          Linke sehen in meinen Augen Gleichheit als zu überwertig an, sind allzu schnell bereit, der Gleichheit alles unterzuordnen, auch wenn es Freiheit und Gleichberechtigung kostet.

          Außerdem haben sie ein viel zu optimistisches Menschenbild, sind unheilbare Rousseauiander, entgegen aller Empirie.

          Wer gleichstellen will, MUSS Freiheit und Gleichberechtigung beschränken, MUSS.

          Dazu bedarf es eines Macht-und Kontrollapparates, der zum Missbrauch geradezu einlädt und die widrigsten Menschentypen werden sich als erste aufgerufen fühlen, in diesem Apparat zu „dienen“ (also zu herrschen und sich zu bereichern).

          Die Erfahrung aus allen Revolutionen zeigt das.

          Andererseits darf Ungleichheit nicht zu groß werden („Die Dosis macht das Gift!“).

          Denn wer Ungleichheit in’s Krauf schießen lässt, wird u.a. Revolutionen ernten.

          Zu große Ungleichheit erzeugt ein Übermaß an Neid, Haß, Elend, führt zu einem vermeidbaren Übermaß an Kriminalität und letzten Endes zu bürgerkriegsähnlichen Zuständen, in denen sich die, die es sich leisten können – die sehr Reichen, die unvermeidbar immer auch die sehr Mächtigen sein werden – zurückziehen in bewachte „Festungssiedlungen“ und der normale Rest der Gesellschaft in Angst und Schrecken vor ausufernder Kriminalität und/oder Absturz in’s Elend lebt.

          Der demokratische Sozialstaat, der sich selbst bei seinen Ausgleichsbemühungen BESCHRÄNKT (auch hier: Die Dosis macht das Gift) ist der besterreichbare Ausgleich zwischen den widerstreitenden Idealen (Freiheit-Gleichheit-Brüderlichkeit).

          Allerdings müssen zu seinem dauerhaften Erhalt Voraussetzungen erfüllt werden, die wir immer weniger erfüllen, z.B. die Vermeidung von Dysgenie, z.B. die Vermeidung einer allzu nivellierenden Ausgleichspolitik, die die Motivation, sich selbst so weit als möglich zu helfen, killt, z.B. die Beschränkung eines zu starken Einflusses der sehr Reichen auf die Politik (große Vermögen gehen IMMER mit sehr viel Macht einher – der Mensch ist immer auch unheilbar korrupt), d.h. im Letzten eine Beschränkung dieser Vermögensanhäufung selbst, wohl am ehesten durch drastische Erbschaftssteuern erreichbar, die aber wiederum auch nicht zu drastisch sein dürfen.

          Brüderlichkeit wird am Ehesten in extendierten Familien organisierbar sein, also in Völkern/Nationalstaaten, die eine gewisse kulturelle und biologische Ähnlichkeit bewahren, die nicht zu divers werden.
          .

          Auch hier gälte es, das rechte Maß durch Versuch und Irrtum im Rahmen einer fluiden, d.h. anpassungsfähigen Politik zu finden, etwa in der Beschränkung von Einwanderung und der sorgfältigen Auswahl derer, denen man Zuwanderung erlaubt.

          All das setzt wiederum ein hoch verständiges, hoch aufgeklärtes, sehr intelligentes Wahlvolk voraus, u.a. fähig zur Vorausplanung, zum Vorausdenken, zur Impulskontrolle.

          Ob all das leistbar ist – ich zweifle immer mehr daran und fürchte nichts Gutes für die Zukunft.

        • „Kann man deiner meinung nach zugespitzt sagen, dass es linken wie rechten um gerechtigkeit und wohlstand geht, die linken dies durch gleichheit erzwingen wollen und die rechten auf die freiheit des einzelnen setzen?“

          Kann man meiner Ansicht nach nicht sagen.

          In meinem Modell haben Linke eine Wertepräferenz für Gerechtigkeit, Konservative eine Wertepräferenz für Sicherheit und Liberale eine Wertepräferenz für Freiheit.

          Natürlich kann es auf der Ebene von Unterströmungen und Individuen alle möglichen Mischformen geben.

        • @ Leszek

          Ich halte dein Modell für sehr ansprechend. Was würde es bedeuteten, wendete man es auf die verschiedenen Erscheinungsformen des Maskulismus an? Was macht einen linken, einen liberalen und einen konservativen Maskulismus aus?

        • „Ich habe noch nie eine Rechten getroffen, der auf die Freiheit des Einzelnen setzt. Täte er das, wäre er nicht rechts, sondern liberal.“

          Es gibt natürlich auch rechtsliberale. Unter diesen scheint es meiner Einschätzung nach eine große Affinität zum Libertarianismus zu geben.

        • @ Neuer Peter

          „Was würde es bedeuteten, wendete man es auf die verschiedenen Erscheinungsformen des Maskulismus an? Was macht einen linken, einen liberalen und einen konservativen Maskulismus aus?“

          Das lässt sich im Zusammenhang mit der Männerrechtsbewegung nicht so eindeutig bestimmen, weil natürlich auch Personen mit liberaler und konservativer Wertepräferenz aus einer primär Gerechtigkeits-orientierten Motivation handeln, wenn sie sich ungerecht behandelt fühlen.

          Wenn eine Person mit konservativer oder liberaler Wertepräferenz selbst oder eine ihr nahestehende Person Opfer männlicher Diskriminierung wird

          http://www.vaetersorgen.de/Maennerbewegung.html

          http://manndat.de/ueber-manndat/was-wir-wollen

          dann kann auch bei Individuen mit ansonsten primär liberaler oder konservativer Wertepräferenz Gerechtigkeit der entscheidende Antrieb dafür sein, damit zu beginnen sich für die Männerrechtsbewegung und ihre Anliege zu interessieren.

          Davon abgesehen, scheinen durchschnittliche Unterschiede zwischen den drei Gruppen speziell beim Thema Feminismuskritik vielleicht leichter herauszuarbeiten zu sein.

          – Der liberale Maskulist sieht im radikalen Feminismus und seinem Einfluss auf Medien und Politik eine potentielle Bedrohung für individuelle Freiheit im persönlichen, politischen oder ökonomischen Bereich, z.B. durch Quoten, Gesetzesverschärfungen, Einschränkungen der Meinungsfreiheit, Propagierung neuer Rollenvorgaben etc.
          Der „Staatsfeminismus“ begünstigt in den Augen des liberalen Maskulisten die Ausdehnung der Staatsgewalt in Bereiche, die diesen nichts angehen und die der selbstbestimmten Wahl und Aushandlung der Bürger unterliegen sollten. Mit einem authentisch liberalen Feminismus, (z.B. Equity-Feminismus, Individual-Feminismus, französischer liberaler Feminismus im Sinne Elisabeth Badinters) hat der liberale Maskulist keine Probleme.

          – Der linke Maskulist kritisiert radikale Strömungen und Positionen des Feminismus primär deshalb, weil und insofern sie einen Beitrag zu männlichen Diskriminierungen leisten, den Eingang männerrechtlicher Anliegen in den Mainstream blockieren und so zu Ausgrenzung und Ungerechtigkeit in Bezug auf berechtigte Anliegen von Jungen und Männern beitragen.
          Dem linken Maskulisten geht es dabei um gleiche Rechte und gleiche Pflichten, weil nur dies gerecht ist.
          Gegen feministische Auffassungen und Positionen, die mit dem Grundsatz „gleiche Rechten und gleiche Pflichten“ im Einklang sind, hat der linke Maskulist nichts einzuwenden.

          – Der konservative Maskulist tendiert eher dazu im vorherrschenden Feminismus eine Bedrohung für Werte, Normen und Institutionen zu sehen, die ihm Halt, Sicherheit und Orientierung vermitteln, z.B. Geschlechterrollen, Familienstabilität, Religion etc.
          Der Einfluss des vorherrschenden Feminismus auf Medien und Politik wird tendenziell als Angriff auf klassisch konservative Sicherheitswerte interpretiert, (z.T. werden böse Absichten dabei unterstellt).
          Handelt es sich um einen gemäßigten Konservativen, ist er jedoch kein Gegner der Gleichberechtigung oder der persönlichen Freiheit und könnte potentiell mit einem gemäßigten Feminismus leben, bei dem er den Eindruck hat, dass dieser ihn so leben lässt, wie er will.

          Dabei sei noch einmal in Erinnerung gerufen, dass auf Ebene des Individuums alle möglichen Mischformen zwischen den drei Wertepräferenzen auftreten können.

          Die verschiedenen Formen der Political Correctness (linke, rechte und liberale Political Correctness) sind übrigens stets auf die Wertepräferenzen ihrer jeweiligen Bezugsgruppen abgestimmt. Der politische Gegner wird als extremer und böswilliger Angreifer der jeweiligen Grundwerte dargestellt.

        • Mal wieder ein ganz hervorragender Beitrag. Danke!

          Mir ist nur auf recht vage Weise klar, was du mit „rechter PC“ meinst. Ich nehme an, du beziehst dich auf rechte Rhetorik, die das „Gutmenschentum“ ablehnt und linke Positionen durch Assoziation mit totalitär-sozialistischen Systemen in Verruf zu bringen sucht.

          Der große Unterschied wäre dabei mMn, dass die linke zumindest in Deutschland die Diskurshoheit inne hat und die rechte eher Nischen besetzt.

          Was liberale PC sein soll ist mir hingegen vollkommen schleierhaft.

        • @ albert

          “ mir ist der gedanke neu. Haette man ihn kennen sollen oder gar muessen?“

          Man hätte ihn kennen sollen, falls man sich schon einmal mit dem Thema beschäftigt hat.

          „Kann man deiner meinung nach zugespitzt sagen, dass es linken wie rechten um gerechtigkeit und wohlstand geht, die linken dies durch gleichheit erzwingen wollen und die rechten auf die freiheit des einzelnen setzen? Was ist die strategie der rechten?“

          Nein, das würde ich so nicht sagen. Vor allem nicht, dass die Rechten auf die Freiheit des Einzelnen setzen, dafür sind Familie, Volk, Vaterland, Kirche usw. viel zu wichtig. Ausnahmen sind natürlich möglich (siehe Kommentar von Neuer Peter). Ich weiß nicht, was die „Strategie der Rechten“ sein soll.

          @ Leszek

          „Und das ist gut so.“

          Danke, dass du meine Ansicht bestätigst. Das Buch von Wilkinson und Pickett ist übrigens ein gutes Beispiel, wie unkritisch die sich sonst so kritisch gebenden Linken sind, wenn deren Vorurteile bestätigt werden. Die methodischen Mängel des Werkes sind nämlich recht offensichtlich.

          Zu begrüßen ist dagegen, wenn Singer und Whittle die Linke sanft an den Stand des biologisch-psychologischen Wissens heranführen. Als nächstes müsste ihnen noch jemand erklären, dass die ökonomische Theorie von Marx Unsinn ist und welche Vorteile die Marktwirtschaft gegenüber einer Zentralverwaltungswirtschaft hat.
          Dein Präferenzmodell würde ich noch präzisieren: Linke sind für Gleichheit, Liberale für Eigentum, Konservative für Tradition bzw. traditionelle Autorität.
          Was die Einschätzung der PC angeht, möchte ich mich Neuer Peter anschließen.

        • Ich denke nicht, dass man sagen kann, dass Liberale die Wertepräferenz „Eigentum“ haben. Das ist vielleicht beim Wirtschaftsflügel der FDP und bei einigen deutschen Libertariern der Fall (eigentümlich frei wäre hier ein Beispiel), aber garantiert nicht bei linksliberalen.

        • @ JC Denton

          „Danke, dass du meine Ansicht bestätigst. Das Buch von Wilkinson und Pickett ist übrigens ein gutes Beispiel, wie unkritisch die sich sonst so kritisch gebenden Linken sind, wenn deren Vorurteile bestätigt werden. Die methodischen Mängel des Werkes sind nämlich recht offensichtlich.“

          Dass das Buch vielen Neoliberalen und Rechten nicht gefällt, ist mir durchaus bewusst. Daher habe ich weiter oben ja auch einen Link, in dem die Autoren Richard Wilkinson und Kate Pickett ausführlich auf ihre Kritiker eingehen, dazu gepostet.

          Auch die 4. Auflage ihres Buches enthält ein Kapitel, in dem ausführlich auf Kritik eingegangen wird: Richard Wilkinson & Kate Pickettt – Gleichheit ist Glück. Warum gerechte Gesellschaften für alle besser sind, 4. Auflage 2012, 17. Kapitel, Postskript: Debatten um „Gleichheit ist Glück“, S. 305 – 335.

          Ebenfalls interessante Forschungsbefunde zum Thema des Zusammenhangs von Gleichheit und Glück, die in die gleiche Richtung weisen, enthält übrigens das Buch des Wissenschaftsjournalisten Stefan Klein „Die Glücksformel“: Stefan Klein – Die Glücksformel. Oder wie die guten Gefühle entstehen, 10. Auflage, Teil 4. Eine glückliche Gesellschaft, S. 259 – 280.

          „Zu begrüßen ist dagegen, wenn Singer und Whittle die Linke sanft an den Stand des biologisch-psychologischen Wissens heranführen.“

          Das tun Peter Singer, Patrick Michael Whittle (und Griet Vandermassen) allerdings bei ausdrücklicher Beibehaltung der linken Wertepräferenz für Gerechtigkeit und nur weil sie glauben, dass das Ziel einer – soweit wie möglich – egalitären und kooperativen Gesellschaft auf Grundlage der Einbeziehung evolutionärer Forschungsergebnisse und Theorien über die Natur des Menschen effektiver angestrebt werden kann.

          „Als nächstes müsste ihnen noch jemand erklären, dass die ökonomische Theorie von Marx Unsinn ist und welche Vorteile die Marktwirtschaft gegenüber einer Zentralverwaltungswirtschaft hat.“

          Nicht alle Linken sind Anhänger von Marx, ob eine Zentralverwaltungswirtschaft weniger effektiv ist, ist für die Beurteilung der marxschen ökonomischen wie philosophischen Theorien weitgehend irrelevant, zudem streben freiheitliche Sozialisten der verschiedensten Richtungen ohnehin keine Zentralverwaltungswirtschaft an, sondern eine dezentrale Selbstverwaltungswirtschaft (eventuell auch mit marktwirtschaftlichen Sektoren).

          „Dein Präferenzmodell würde ich noch präzisieren: Linke sind für Gleichheit, Liberale für Eigentum, Konservative für Tradition bzw. traditionelle Autorität.“

          Das scheint mir in meinem Modell bereits impliziert zu sein.
          Linke sind für mehr Gleichheit, weil sie Ungleichheit als ungerecht ansehen.
          Nicht bei allen Liberalen, aber bei Rechtsliberalen, gibt es eine Betonung des Eigentums als kontextspezifische Artikulation ihrer Wertepräferenz für individuelle Freiheit.
          Konservative tendieren dazu Tradition bzw. traditionelle Autorität positiv zu beurteilen, weil dies ihrer Wertepräferenz für Sicherheit entgegenkommt, sie suchen Halt, Sicherheit und Orientierung in der jeweiligen Tradition.

          „Was die Einschätzung der PC angeht, möchte ich mich Neuer Peter anschließen.“

          Dazu später etwas.

        • @ Neuer Peter

          Ich spreche von einer linken, einer konservativen/rechten und einer liberalen Variante der Political Correctness, wenn es um eine Analyse und Kritik der entsprechenden Selbstaufwertungs- und Gegnerdämonisierungsstrategien, Propagandalügen und moralisierenden Manipulations- und Disziplinierungsstrategien geht, mit deren Hilfe jeweils ideologische Hegemonie angestrebt wird.

          Die Mechanismen sind dabei gleich, unterschiedlich sind die Inhalte, weil eine jeweils andere Wertepräferenz bei Linken, Konservativen/Rechten oder Liberalen angesprochen werden soll.

          An der Dämonisierung von Männerrechtlern läst sich die linke Variante der Political Correctness besonders anschaulich analysieren. Sie funktioniert meist über undifferenzierte, unzulässig verallgemeinerte und entgrenzte Vorwürfe, die darauf abzielen zu unterstellen, dass es Männerrechtlern in Wahrheit darum ginge, Diskriminierung, Ausgrenzung und Ungerechtigkeit aufrechtzuerhalten, anzustreben und zu legitimieren. Darum sind alle Männerechtler dann sexistisch, rassistisch, klassistisch, homophob, rechts etc..

          Durch diese Konstruktion von Männerrechtlern als Personen, denen es nicht um den Abbau, sondern um die Aufrechterhaltung oder Herstellung von Diskriminierung ginge, versuchen politisch korrekte antimaskulistische Agitatoren die Wertepräferenz von Linken (Wertepräferenz für Gerechtigkeit) gezielt anzusprechen, um dadurch den Eingang männerrechtlicher Anliegen in die Linke zu blockieren.

          Daher wird eine Darstellung von Männerrechtlern konstruiert, die für die Wertepräferenz von Linken besonders abstoßend erscheint, sozusagen als Gegenpol zum Wert der Gerechtigkeit.
          (Es versteht sich von selbst, dass dieses Vorgehen durch den radikalen und rechten Rand der Männerbewegung erheblich erleichtert wird, denn diese geben sich ja alle Mühe, diesem negativen Bild tatsächlich zu entsprechen.)

          Unter die konservative/rechte Variante der Political Correctness subsumiere ich u.a. den Anti-Gutmensch-Diskurs, den „Der Nationalsozialismus war links“-Diskurs, den Anti-Kulturmarxismus-Diskurs und vieles mehr.

          Konservative/rechte Political Correctness zielt u.a. darauf ab, die Wertepräferenz für Sicherheit bei ihrer entsprechenden Zielgruppe zu aktivieren und zur Mobilisierung zu nutzen, die politischen Gegner werden daher gerne als Zerstörer der Bezugspunkte konservativer Sicherheitsbedürfnisse konstruiert, denen es um die Zerstörung von Ehe, Familie, Religion, traditioneller Kultur etc. ginge.

          Nehmen wir ein typisches Beispiel für konservative/rechte Political Correctness:

          “Wenn Linke sich für das Recht auf Ehe und Adoption für Homosexuelle einsetzen, dann versuchen sie so zu erscheinen, als wenn es in ihnen um Gerechtigkeit für Homosexuelle ginge – aber das ist nur Schein und Oberfläche. In Wahrheit steht dahinter ein perfider Plan um Ehe und Familie zu zerstören.”

          Nach diesem Muster ist Political Correctness von rechts stets aufgebaut.

          Natürlich gibt es in der realen Linken weit und breit keine Debatten darüber oder Bestrebungen danach, durch die Förderung von Gleichberechtigung für Homosexuelle „die Familie zu zerstören“, in der realen Linken wirst du niemandem begegnen, der so denkt. Vielmehr entspricht das Engagement gegen die Diskriminierung von Homosexuellen und für die Gleichberechtigung von Homosexuellen im Ehe- und Adoptionsrecht der linken Wertepräferenz für Gerechtigkeit.
          Es handelt sich hierbei um eine reine und hundertprozentige konservative/rechte Propagandalüge.

          Diese konservative/rechte Propagandalüge hat die Funktion durch Ansprechen der konservativen Wertepräferenz für Sicherheit, in diesem Fall mit Bezugspunkt Familie, den politischen Gegner als bewussten und böswilligen Zerstörer zu konstruieren, um so bei der eigenen Basis gegen ihn agitieren und mobilisieren zu können.

          Das ist Political Correctness von rechts und nach diesem Schema läuft sie ab.

          Mit der Analyse der liberalen Variante der Political Correctness habe ich mich noch nicht so ausgiebig beschäftigt. Zumindest in ihrer rechtsliberalen Version scheint sie oft über Vorwürfe der „Planwirtschaft“, des „Sozialismus“ und des „Totalitarismus“ zu funktionieren.

        • @ Leszek

          „Dass das Buch vielen Neoliberalen und Rechten nicht gefällt, ist mir durchaus bewusst. “

          Es gefällt auch ein paar Linken nicht, weil das Buch nun mal Mängel aufweist, die seinen wissenschaftlichen Wert erheblich mindern. Kann man hier nachlesen (S.187 ff.):

          Klicke, um auf SpiritLevelDelusion_Chapter10.pdf zuzugreifen

          „Daher habe ich weiter oben ja auch einen Link, in dem die Autoren Richard Wilkinson und Kate Pickett ausführlich auf ihre Kritiker eingehen, dazu gepostet.“

          Dann poste ich mal eine Reaktion darauf:
          http://spiritleveldelusion.blogspot.de/2010/04/20-questions-for-richard-wilkinson-kate.html

          „… und nur weil sie glauben, dass das Ziel einer – soweit wie möglich – egalitären und kooperativen Gesellschaft auf Grundlage der Einbeziehung evolutionärer Forschungsergebnisse und Theorien über die Natur des Menschen effektiver angestrebt werden kann.“

          Also stellen sie die Forschungsergebnisse unter den Vorbehalt politischer Nützlichkeit. Was passiert dann mit wissenschaftlichen Erkenntnissen, die nicht erwünscht sind, weil sie dem Ziel entgegen stehen oder sonstwie nicht ins Weltbild passen?

          „Nicht alle Linken sind Anhänger von Marx“

          In der Tat, doch gibt es genug Linke, die marxistischen Theorien anhängen, ohne sich selbst als Marxisten zu bezeichnen. Du selbst gehörst ja nach eigener Auskunft auch in diese Kategorie.

          „freiheitliche Sozialisten“
          sind die Ausnahme, genau wie freiheitliche Rechte.

        • @ Denton

          *“freiheitliche Sozialisten”
          sind die Ausnahme, genau wie freiheitliche Rechte.*

          Zumal für jeden Sozialisten der Punkt kommt, an dem er sich entscheiden muss, ober er der Freiheit oder dem Sozialismus den Vorzug gibt.

          Gilt analog für jeden Rechten.

          Eine 100 %-ige Vereinmütigung einer Gesellschaft ist unmöglich ohne Gewalt und Unterdrückung.

          Nur einige wenige Nichtsozialisten in einer als sozialistisch gedachten Gesellschaft z.B. machen den ganzen schönen Sozialismus kaputt, müssen entweder ausgewiesen, eingesperrt oder sozial ausgegrenzt werden.

          Oder umgebracht.

          Auch das gilt analog für Rechte.

          Über ein mehr oder weniger chaotisches Kuddelmuddel werden freiheitliche Gesellschaften nie hinauskommen.

          Weshalb Sozialismus als gesellschaftsweiter Zustand unerreichbar ist und freiheitlicher Sozialismus ein Widerspruch in sich.

          So sinnig wie lebendiger Tod.

        • @ Leszek, Roslin

          Keine Ahnung, ob ihr das hier schon besprochen habt, aber ich bin vor ein paar Tagen im Buchladen über dieses Buch gestolpert:

          http://www.junius-verlag.de/buecher/feministische-theorien

          Dort wird auch über marxistische Einflüsse gesprochen und über den Paradigmenwechsel im Feminismus nach dem Zusammenbruch des real existierenden Sozialismus. Es schien mir Roslins Position leicht zu stärken. Ich hab leider nur darin herumgeblättert, kann also nicht besonders viel zum Inhalt sagen.

        • @ Neuer Peter

          Ich besitze das genannte Buch, (allerdings die Auflage von 2001).
          Ich wüsste allerdings nicht, wo da etwas drinstünde, was Roslins Position entgegenkommt.
          Allerdings schadet es nicht das Buch gelesen zu haben, wenn man zeitgenössische feministische Theorie verstehen (oder auch kritisieren) will will und in diesem Sinne kann ich das Buch empfehlen.

        • @ Roslin

          „Nur einige wenige Nichtsozialisten in einer als sozialistisch gedachten Gesellschaft z.B. machen den ganzen schönen Sozialismus kaputt, müssen entweder ausgewiesen, eingesperrt oder sozial ausgegrenzt werden.“

          Was für ein Blödsinn.
          Eine von der Mehrheit getragene freiheitlich-sozialistische Gesellschaftsordnung wird eine Rechtsordnung besitzen, die deren elementare Grundwerte und Strukturen gegen Angriffe von Minderheiten verteidigt – genau wie jede andere Gesellschaftsordnung auch.

          Personen mit anderer Meinung wird es immer geben. In einer freiheitlich-sozialistischen Gesellschaft werden Andersdenkende damit leben müssen, in einer Gesellschaftsordnung zu leben, in der die Mehrheit anderer Meinung ist.

        • @ Leszek

          *Eine von der Mehrheit getragene freiheitlich-sozialistische Gesellschaftsordnung wird eine Rechtsordnung besitzen, die deren elementare Grundwerte und Strukturen gegen Angriffe von Minderheiten verteidigt – genau wie jede andere Gesellschaftsordnung auch.*

          Angriffe von Minderheiten?

          Wenn die Minderheit der besonders hoch Motivierten und Begabten auf eigene Rechnung arbeiten will und nicht im Kollektiv, weil sie dann mehr verdient, FÜR SICH, ist dann dieser Egoismus erlaubt?

          Wenn nein, wo bleibt da die Freiheit?

          Wenn ja, wird es Reichere und Ärmere geben, sehr rasch.

          Wird es Mächtigere und Ohnmächtigere geben.

          Wenn ich diesen Egoismus nicht zulasse, wie will ich verhindern, dass die an ihem Egoismus gehinderten Begabten auswandern, sich im Nachbardorf/Nachbarland niederlassen und dort den Erfolg haben, den der Sozialismus ihnen zu haben verweigert?

          Was, wenn eine Gesellschaft, die diesen Egoismus auszuleben erlaubt, insgesamt erfolgreicher/wohlhabender/attraktiver ist als die sozialistische?

          Steht diese dann nicht vor der Frage, sehr rasch, eine Mauer zu bauen?

          Denn ihre Insassen sehen den höheren Erfolg der anderen Geselslchaft im Nachbardorf/Nachbarstaat und werden abwandern.

          Wie gehabt.

          Aus Matriarchaten wandern die Menschen ab in Patriarchate.

          Aus sozialistischen Gesellschaften in kapitalistische.

          Was hindert Dich, Leszek, mit dem Aufbau Deiner sozialistischen anarchosyndikalistischen Landkommune zu beginnen, von mir aus auch Handwerkerkommune, was auch immer, um etwas vorzuweisen zu haben, jenseits von Geschwätz?

        • @ JC Denton

          „Also stellen sie die Forschungsergebnisse unter den Vorbehalt politischer Nützlichkeit.“

          Nein, sie sehen sie als wichtige Ausgangsvoraussetzungen, anhand derer das Anstreben linker politischer Ziele optimiert werden kann und die potentiellen Kosten zur Erreichung eines jeweiligen Ziels besser beurteilt werden können.

          Berücksichtigt man z.B., dass Menschen evolutionär-psychologische Dispositionen zum Anstreben von Gleichheit besitzen,

          aber ebenfalls evolutionär-psychologische Dispositionen zur Bildung von Hierarchien, dann wird man effektiver versuchen können, eine Gesellschaft so einzurichten, dass sie den egalitären und kooperativen evolutionär-psychologischen Dispositionen optimal entspricht, dass gleichzeitig nicht-erwünschte Formen von Hierarchien behindert werden (z.B. durch basisdemokratische Kontrolle) und darüber hinaus Statusstreben im Idealfall in Kanäle gelenkt wird, die gesellschaftlich konstruktiv, zumindest aber nicht schädlich sind.

          Wie Peter Singer es z.B. formulierte:

          „Eine darwinsche (evolutionär-informierte) Linke würde (…)
          Strukturen fördern, welche eher Kooperation als Konkurrenz begünstigen und versuchen Konkurrenz in gesellschaftlich wünschenswerte Bahnen zu kanalisieren; (…)“

          (Peter Singer, A Darwinian Left, S. 61)

          Und hier nochmal Richard Wilkinsons & Kate Pickettts Entgegnungen an die Kritiker ihres Buches:

          Klicke, um auf Kate-Pickett-and-Richard-Wilkinson-Responses-to-All-Critics.pdf zuzugreifen

          „In der Tat, doch gibt es genug Linke, die marxistischen Theorien anhängen, ohne sich selbst als Marxisten zu bezeichnen. Du selbst gehörst ja nach eigener Auskunft auch in diese Kategorie.“

          In Bezug auf Karl Marx Kapitalismuskritik ja, in philosophischer und politischer Hinsicht knüpfe ich überwiegend jedoch nicht an Marx an.

          “freiheitliche Sozialisten”
          sind die Ausnahme, genau wie freiheitliche Rechte.“

          Die autoritären marxistisch-leninistischen Strömungen gibt es zwar noch, sie sind aber auch in großen Teilen der zeitgenössischen Linken stark diskreditiert, es gibt heutzutage nicht wenige freiheitlich und demokratisch gesinnte Marxisten.
          Für freiheitliche Sozialisten bestehen in der gegenwärtigen Situation innerhalb der Linken m.E. durchaus gute Chancen zu mehr Einfluss zu gelangen.

        • @ JC Denton

          Ich habe die Links mit Kritiken zu Wilkinsons und Picketts Buch jetzt mal überflogen.
          Es scheinen auch bedenkenswerte Kritikpunkte dabei zu sein.
          Wenn ich mal mehr Zeit habe, werde ich es mir genauer anschauen und die jeweiligen Positionen systematisch vergleichen.

        • @ Leszek

          „… und darüber hinaus Statusstreben im Idealfall in Kanäle gelenkt wird, die gesellschaftlich konstruktiv, zumindest aber nicht schädlich sind. “

          Jetzt müssen sie nur noch einsehen, dass Gleichheitsstreben ebenfalls gesellschaftlich schädlich sein kann. Dass Menschen auch Hierarchietiere sind, haben sie ja schon verstanden. Weiter so!

          „Wie Peter Singer es z.B. formulierte:
          “Eine darwinsche (evolutionär-informierte) Linke würde (…)
          Strukturen fördern, welche eher Kooperation als Konkurrenz begünstigen und versuchen Konkurrenz in gesellschaftlich wünschenswerte Bahnen zu kanalisieren; (…)”
          (Peter Singer, A Darwinian Left, S. 61)“

          Schön zu sehen, dass sich Singer für die Marktwirtschaft ausspricht, die Linken sollten auf ihn hören. Übrigens: In der Marktwirtschaft ist das Gegenteil von Konkurrenz nicht Kooperation, sonden Monopol.

          „In Bezug auf Karl Marx Kapitalismuskritik ja, in philosophischer und politischer Hinsicht knüpfe ich überwiegend jedoch nicht an Marx an. “

          Die marxistische Kapitalismuskritik ist Unsinn, genau so wie die Psychoanalyse. Damit will ich allerdings nicht sagen, dass alles, was Marx und Freud so geschrieben haben, falsch ist. Aber vieles ist einfach falsch.

    • „Für Frauen ist die alltägliche Bevorzugung und Verhätschelung so gewöhnlich geworden, dass sie es bereits als frauenfeindlich auslegen, wenn man sie nicht auf Händen trägt, nicht beachtet, und sich spöttisch oder polemisch über sie äußert, wenn man sie also so behandelt, wie Frauen Männer täglich behandeln.“

      Typisch, dass du wieder so einen Müll von dir gibst.

      Und genauso typisch ist es, dass Christian es wieder ignoriert.

      • @stephi

        „Typisch, dass du wieder so einen Müll von dir gibst.“

        Kritisiere es doch einfach inhaltlich

        „Und genauso typisch ist es, dass Christian es wieder ignoriert.“

        Den Punkt hatten wir doch schon häufig. Ich antworte auf viele Kommentare hier nicht. Aus Schweigen lässt sich aber recht wenig herleiten.

        • @Christian

          „Den Punkt hatten wir doch schon häufig. Ich antworte auf viele Kommentare hier nicht. Aus Schweigen lässt sich aber recht wenig herleiten.“

          Du reagierst wohl eher nicht auf die Kommentare derer Leute, mit denen du es dir nicht verscherzen willst.

          Aber wenn eine Feministin über die mangelnde Empathiefähigkeit der Männer bezüglich Menstruationsbeschwerden tweetet, was nicht auf deine Zustimmung trifft, dann ist das für dich sogar ein kritischer Beitrag in deinem Blog wert.

          • @stephi

            „Du reagierst wohl eher nicht auf die Kommentare derer Leute, mit denen du es dir nicht verscherzen willst.“

            Ach, ich denke Adrian kann mit Kritik umgehen. Wenn ich mir Diskussionen mit ihm anschaue, dann denke ich auch, dass er eher etwas übertreibend und provokativ schreibt, tatsächlich aber mit Frauen gut zurecht komme.
            Ich finde es nach wie vor ein gutes Konzept, wenn diejenigen, die es anders sehen, da einfach selbst was zu schreiben. Das hätte eine sehr konstruktive Diskussion über weibliche Attribute werden können (vielleicht ist sie das geworden, ich habe die letzten 50 Kommentare noch nicht gelesen). Wenn du sie passend benannt hättest, dann hätte Adrian dir wahrscheinlich sogar zugestimmt.

            „Aber wenn eine Feministin über die mangelnde Empathiefähigkeit der Männer bezüglich Menstruationsbeschwerden tweetet, was nicht auf deine Zustimmung trifft, dann ist das für dich sogar ein kritischer Beitrag in deinem Blog wert.“

            „Aber wenn eine Feministin über die mangelnde Empathiefähigkeit der Männer bezüglich Menstruationsbeschwerden tweetet, was nicht auf deine Zustimmung trifft, dann ist das für dich sogar ein kritischer Beitrag in deinem Blog wert.“

            Was ist jetzt genau dein Vorwurf? Das ich nicht kritisch genug gegenüber dem Maskulismus bin?
            ich denke ich habe genug Artikel, die sich gegen Frauenabwertung aussprechen
            Ein paar findest du zB hier:
            https://allesevolution.wordpress.com/tag/radikaler-maskulismus-ist-gruselig/

            Ich bin insofern viel, viel Kritischer als du gegenüber dem Feminismus oder noch mehr gegenüber anderen Feministinnen. Dabei rechne ich es dir ja schon hoch an, dass du noch eine der wenigen bist, die sich – wenn meine Erinnerung mich nicht trügt – bei Onyx gegen die Rape Culture ausgesprochen hast.

      • „Für Frauen ist die alltägliche Bevorzugung und Verhätschelung so gewöhnlich geworden, dass sie es bereits als frauenfeindlich auslegen, wenn man sie nicht auf Händen trägt, nicht beachtet, und sich spöttisch oder polemisch über sie äußert, wenn man sie also so behandelt, wie Frauen Männer täglich behandeln“

        Solche Exemplare durfte ich auch schon kennen lernen. Ich erlaube mir jetzt mal keine Vermutung darüber, wie häufig ein solches Verhalten ist. Ich lehne mich mal ganz weit aus dem Fenster und behaupte, dass es weder bei allen Frauen vorkommt, noch bei keiner.

        Wie es zumindest einer Frau ging, als ihr mit abnehmender Schönheit die Vorzugsbehandlung abhanden kam, kann man hier nachlesen:

        http://www.perlentaucher.de/buch/bascha-mika/mutprobe.html

      • @Stephi: „dass du wieder so einen Müll von dir gibst.“

        Naja, aus meiner Sicht würde ich es als künstlerische Zuspitzung ansehen, die nicht 100% wörtlich zu nehmen ist, ein paar Körner Wahrheit sind ja drin (manche Frauen sind so, auch aus meiner Wahrnehmung, Du natürlich nicht 😉 ).

        ABER! Ich zitiere: „Gender Mainstreaming bedeutet, bei allen gesellschaftlichen Vorhaben die unterschiedlichen Lebenssituationen und Interessen von Frauen und Männern von vornherein und regelmäßig zu berücksichtigen, da es keine geschlechtsneutrale Wirklichkeit gibt.“

        Man beachte den letzten Satz, den ich für plausibel halte: Die Wirklicheitswahrnehmung von Homos und Heteros ist ebenfalls verschieden, das hat ja die Blogdiskussion von vor 4 Monaten deutlich gezeigt. Wenn nun die grundsätzliche Haltung von Heteros, Frauen für sehr begehrenswert zu halten und zu hofieren, wegfällt, dann ist Adrians Wirklicheitswahrnehmung ziemlich plausibel, denn die Hetero-Frauen haben sich natürlich an das Verhalten der Männer angepaßt. Das sind sowie Benehmenskonventionen, die auf Gegenseitigkeit beruhen.

      • „Typisch, dass du wieder so einen Müll von dir gibst.“

        Warum bezeichnest Du die Wahrheit als Müll? Es stimmt doch was Adrian sagt. Würden Frauen genauso behandelt wie Männer, wäre aber was los!

        Allein die Vorstellung wir hätten einen Bundesminister der sich als Männerminister bezeichnen würde …

        • @Adrian
          Bei mir haste den auch bereits verspielt.

          „Man schaue sich als Beispiel mal meine Kommentare hier auf diesem Blog an. Wenn das nicht frauenfeindlich ist, was dann?“

          Kommt immer auf Thema und Tagesform an bei Dir. Ich würd ja sagen, Du bist biegsam wie Bambus, würde ich Dir damit nach asiatischer Weisheit nicht wieder ein Kompliment machen 😉

          „Und ficken tu ich Frauen auch nicht, ja ich wage sogar zu behaupten, dass mir das nicht gefällt!“

          Es gefällt Dir nur zuzusehen. Aber Du würdest keinen Finger krumm machen, Dir müssten die Täubchen schon von allein in den Schoß fliegen.

          „Kann es eine schlimmere Form der Verachtung gegenüber Frauen geben?“

          Aber sicher doch.

          • @ sheera
            „Bei mir haste den auch bereits verspielt.“

            Ich bin untröstlich.

            „Es gefällt Dir nur zuzusehen.“

            Aber nur, wenn der Mann hübsch ist.

            „Aber sicher doch.“

            Eben. Meine „Frauenverachtung“ ist völlig harmlos. Sie bedeutet nichts und hat keinerlei Konsequenzen.

        • Andererseits wäre es leicht, mich zu erziehen. Ich weiß, dass ich gelegentlich über die Stränge schlage und polemischer bin, als ich es eigentlich meine. Nur dazu bräuchte ich halt mal ein veritables Contra.

        • Wie gesagt, Adrian: du reagierst äußerst verschnupft auf Homophobie. Sieht man an deiner Reaktion auf Kirk und deinen Beiträgen im eigenen Blog. Das ist auch völlig verständlich. Und gerade deswegen müsste es dir einleuchten, wenn Frauen auf dein Gemotze allergisch reagieren. Meinst du, dass man (deiner/eurer Meinung nach) Privilegierte nicht diskriminieren kann?
          Versuche es doch mal damit: „Was du nicht willst dass man dir tu‘, das füg‘ auch keinem and’ren zu.“

  9. Die Lesbe Frye sollte sich vielleicht erst mal mit dem sexuellen Mißbrauch in ihrer Kindheit auseinandersetzen. Dann klappt’s auch wieder mit der Heterosexualität und die klinische Paranoia verringert sich fortwährend.

    Wirklich traurig ist eigentlich nur, wie wenig offensiven Widerspruch solch ein feministischer Schwachsinn erhält.

    • Was wollen die denn? Doch nicht etwas motzen?

      DAS kommt nunmal bei Genderforschung heraus. DAS sind doch noch die harmlosen Spinnereien.

      Für DAS ist Geld da, zB für Strassenlickerei sollen die Autofahrer eben mal eine Sonderzahlung leisten …

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