Von Mackern und dem Recht auf Widerstand und Gegengewalt

Ein neuer Shitstorm auf Twitter dreht sich um einen Tweet von Tofutastisch:

 

Tofutastisch hatte ein T-Shirt gebastelt, mit dem sie wirkungsvoll das Patriarchat bekämpfen kann, indem sie dort den Kampfspruch „Macker gibt’s in jeder Stadt, bildet Banden, macht sie platt“ zusammen mit einem Bild eines mit Stöcken/Keulen bewaffneten wohl feministischen Mobs verewigt hatte.

Das Bild sollte mit dem Tweet angezeigt werden.

Zuerst wurde es wohlwollend in ihrem feminstischen Umfeld wahrgenommen und favorisiert, dann fiel es auch Leuten außerhalb ihrer radikalfeministischen Bubble auf und erregte unverständlicherweise Unmut.

Neben sachlicher Kritik haben sich natürlich auch einige Leute vollkommen überzogen dagegen gewandt, einige Auszüge härterer Reaktionen hat Tofutastisch in in ihrem Blog Aplusranting zu einem Blogeintrag verarbeitet.

Aus Solidarität wurde anscheinend auch in den radikalfeministischen Kreisen sogleich ein Hashtag #mackergohome verwendet, in dem Schätze wie diese auftauschen:

https://twitter.com/baum_glueck/status/451861414580617217

https://twitter.com/baum_glueck/status/451855697240920064

https://twitter.com/Tofutastisch/status/451855537203060736

 

Also teilweise alte radikale Demosprüche umgedichtet. Ein Unrechtsbewußtsein hat man dabei nicht. Man kämpft ja schließlich für das Gute (das nimmt sich teilweise natürlich auf der Gegenseite auch nichts, auch dort wird durchaus übertrieben).

In der Darstellung in einem weiteren Blogartikel klingt das dann so:

Doch Gewalt erzeugt Gegengewalt. Vor ein paar Tagen twitterte @Tofutastisch ein Bild von ihrem selbstgemachten T-Shirt mit dem Spruch „Macker gibt‘s in jeder Stadt – bildet Banden, macht sie platt.“ Und über sie brach ein Shitstorm herein. (Der genaue Hergang ist hier nachzulesen) Ist also einmal nicht die Frau die bedrohte, sondern es wird von ihr eine mögliche Gewaltausübung an Männern* auch nur in den Raum gestellt, ist die Kacke am Dampfen: Wie kann sie sich anmaßen, Gewalt an Privilegierten verüben zu wollen! Diese Furie!

Der relativ naheliegende Gedanke, dass die Leute es generell nicht gut finden, wenn man generell Gewaltausübungen in den Raum stellt und das Gegengewalt nicht einfach so immer gerechtfertigt ist, schon gar nicht gegen so etwas abstraktes wie „Macker“, dass scheint nicht in den Sinn zu kommen.

Überhaupt stellt sich ja die Frage, was überhaupt ein Macker ist. Ich nehme mal an, ein man, der sich typisch männlich verhält und entsprechend auftritt. Was ja auch eine hübsche Abwertung ist. Aber gut: Männliches Auftreten ist ja auch das Übel dieser Welt im Feminismus.

Die Rechtfertigung geht weiter:

Was von den Shitstormern aber als erstgemeinter Aufruf zur Hatz auf Männer* interpretiert wird (ja, auch Vergleiche zum Holocaust wurden gezogen), ist nur ein „Zurückschlagen“ mit dem Mittel der Ironie bzw. der Umkehrung – ein Akt der Selbstermächtigung, denn schließlich will eins sich auch mal zur Wehr setzen und angestaute Aggressionen abbauen. Die Ironie des T-Shirt-Spruchs zeigt sich bereits durch die Wortwahl: Die Rede war explizit nicht von Männern*, sondern eben von Mackern – also einem bestimmten Typ Mann mit entsprechender Attitüde. Es wird also zum Gegenschlag gegen diejenigen aufgerufen, die beständig – verbal oder auch physisch – Gewalt gegen Frauen ausüben. Durch die strukturelle Ungleichheit ist das aber keine wirklich ernstzunehmende Drohung, denn wer würde sich denn nun wirklich einen Frauenschlägertrupp vorstellen, der marodierend durch die Straßen zieht und Macker vor sich hertreibt?

„Nehmt uns doch nicht ernst, wir sind ja eh machtlos, nur Frauen, wir können unsere Gewaltandrohungen gar nicht umsetzen“. Eigentlich lustig, gerade von radikalen Feministinnen. Wobei sie ja recht hat: Ich bezweifele auch, dass wir radikalfeministische Mobs sehen werden. Aber das ändert ja nichts daran, dass hier geistige Brandstiftung betrieben wird und radikalisiert und abgewertet wird.

Auch lustig, weil meines Wissens nach auch noch keine Feministin bisher von maskulistischen Banden zusammengeschlagen oder vergewaltigt worden ist, dennoch aber genau damit ja die „Gegengewalt“ begründet wird.

Andererseits ist in dieser Ideologie die Gewalt gegen Frauen ja alltäglich, jede 3./6. Frau wird geschlagen oder/und vergewaltigt und Männer halten dieses System am Laufen, weil sie Frauen hassen und kleinkriegen wollen.

An diesem Beispiel wird deutlich, wie hegemoniale Männlichkeit funktioniert: WHMs geben mit ihrer Deutungshoheit vor, was als Gewaltandrohung gilt und was nicht. Zu beachten ist hierbei, dass diese optionale Androhung von Gewalt nicht nur Frauen trifft, sondern auch unterschiedliche Konzepte von Männlichkeit existieren, die in einer Hierarchie zueinander stehen: Als un-männlich geltende Männer (z.B. Schwule oder Feministen) stören die Geschlechterdichotomie, da sie angeblich effeminiert bzw. weibisch sind oder gar unter der Fuchtel von Frauen stehen.

Eigentlich gibt hier schon der reine Menschenverstand an, dass die obigen Sachen Gewaltandrohungen sind. Das wird aber schnell mal in ein System eingeordnet, in der jede Gegenäußerung schlicht ein Mundtot machen ist, eine hegemoniale Männlichkeit, mit der andere Ausgegrenzt werden, um unmännliche Männer und Frauen abzuwerten. Das vielleicht auch „un-männliche Männer“ und Schwule diese Aufrufe nicht gut finden oder „Mackerhaft“ auftreten können scheint ihnen gar nicht in den Sinn zu kommen. Wäre Brian Kinney ein Macker?

Kritik ist jedenfalls in dieser Ideologie nur ein Machtinstrument, sie hingegen kämpfen gegen Macker, also die Macht, die alles unterdrückt. Innerhalb dieses Kampfes ist dann alles erlaubt.

Weil man eben auf der guten Seite ist.