Maskulistische Gegenmythen: „Fast die Hälfte aller jungen Männer berichtet von ungewolltem Sex“

Eine Schlagzeile, die mich stark an (radikal-)feministische Schlagzeilen erinnerte war neulich bei Genderama zu lesen:

USA: Fast die Hälfte aller jungen Männer berichtet von ungewolltem Sex

Das ist ja sogar noch mehr als „jede sechste Frau“ und was ist letztendlich „ungewollter Sex“ anderes als eine Vergewaltigung?

Das machte mich neugierig auf die Studie:

Sexual coercion is a pervasive problem but rarely examined in men. This study examined sexual coercion and psychosocial correlates among 284 diverse adolescent and emerging adult males in high school and college. Over 4 in 10 participants (43%) experienced sexual coercion: more specifically, the participants reported: verbal coercion (31%, n = 86), seduction coercion (26%, n = 73), physical coercion (18% n = 52), and substance coercion (7%, n = 19). Rates were comparable across high school and college students. Racial differences were found such that Asian participants reported significantly lower rates of sexual coercion than Black, White, and Latino participants. Ninety-five percent of the respondents reported women as the perpetrators; participants also described internal obligation, seductive, and peer pressure tactics in descriptions of coercion experiences. Sexual coercion tactic (i.e., verbal, substance, seduction, physical) and resulting sexual activity (i.e., fondling/attempted intercourse, completed intercourse) were associated with psychosocial outcomes. Specifically, sexual coercion that resulted in sexual intercourse was associated with greater sexual risk-taking and alcohol use. Verbal and substance coercion were associated with psychological distress, and substance coercion was also associated with sexual risk-taking. Considerations for future research and practice implications are discussed.

Quelle: Sexual Coercion Context and Psychosocial Correlates Among Diverse Males.

„Coercion“ ist ersteinmal Zwang, es geht also um einen gewissen Zwang auf die Männer, Sex zu haben.

Zunächst erst einmal fällt auf, dass zwischen 43% und „Fast die Hälfte“ aus meiner Sicht schon noch ein Unterschied besteht. Dann listet die Studie folgendes auf:

  • verbaler Zwang 31%
  • Zwang durch Verführung (26%)
  • körperlicher Zwang (18%)
  • Zwang durch Zuführung von Substanzen (7%)

Solche Angaben machen mich bei einer Studie zu diesem Thema ja schon sehr mißtrauisch. Verbaler Zwang und Zwang durch Verführung sind sehr vage Punkte, eine Verführung ist üblicherweise eben gerade kein Zwang. Und auch die Substanzen sind in vergleichbaren Studien häufig schlicht Alkohol.

Hier aus der Studie direkt eine nähere Aufschlüsselung mit Beispielen:

Sexueller Zwang gegen Männer

Sexueller Zwang gegen Männer

A. Was genau wird unter sexuellem Zwang erfasst

1. Verbaler Zwang

Als Beispiel ist dort aufgeführt, dass ein Mädchen Oralsex wollte und er dies nicht machen wollte. Sie bettelte. Er wollte aber nicht. Das ist aus meiner Sicht kein ungewollter Sex. Betteln mag nicht sehr schick sein und auch einen gewissen Druck ausüben, so etwas aber bereits zu kriminalisieren indem man von ungewollten Sex spricht geht dann doch zu weit

2. Manipulation

Als Beispiel ist eine Freundin angeführt, die bei schlechter Laune ihrerseits Druck auf ihn ausübt Sex mit ihm zu haben. Auch hier kommt es natürlich auf die Art des Drucks an. Aber viele Männer würden das andererseits wohl für eine durchaus nicht so schlimme Art der Stress- oder Kummerbewältigung halten. Aus dem Beispiel heraus ist schlecht zu sagen, ob es beanstandenswert ist, Wenn es auch hier zB nur „Verbaler Zwang“ ist, dann gilt aus meiner Sicht das oben gesagte

3. Physischer Zwang

Das Beispiel ist, dass ein Junge in ein Badezimmer gestoßen wird und sie ihn dort küsst, bis er sie stoppt und er mitteilt, dass er sie nicht „auf diese Weise mag“. Auch hier der Hinweis, dass es nicht um „ungewollten Sex“ geht, sondern es eine Stufe vorher stehen bleibt. Ein ungewolltes Küssen kann natürlich sehr unangenehm sein, auch hier wird es aber doch meist eher ein Mißverständnis sein als das, was man klassisch mit dem Begriff physischer Zwang verbindet. Ein Schubsen kann spielerischer Natur oder bedrohlich sein. Meist wird es wohl eher das erstere sein.

4. Substanzenmißbrauch

Das Beispiel ist, das sie ihn abfüllt, der Rest des Abends für ihn im Nebel versinkt und er dann neben ihr aufwacht. Aus meiner Sicht jetzt nicht so unüblich, dass viel Alkohol zu Sex führt. Richtigen Druck sehe ich da insoweit nicht, gerade wenn sie mitgetrunken hat. Man muss nicht jeden betrunkenen Sex zu einem ungewollten Sexerlebnis machen und in die Nähe einer Vergewaltigung rücken. Es kann sein, dass es hier so wahr. Man bräuchte aus meiner Sicht aber mehr Details.

5. Sexuelle Verführung

Das Beispiel ist, dass sie fragte, ob sie reinkommen und sein Telefon benutzen kann, weil sie ihr Mobiltelefon verloren hat. Er verliert erst das Bewußtsein/tritt weg/schläft ein („passed out“), sie versucht ihn wohl dann zu wecken und durch einen Striptease ihrerseits und ein anschließendes Ausziehen seinerseits für sich zu interessieren, er verliert aber wieder das Bewußtsein/tritt weg/schläft ein.

Auch hier kann es natürlich eine Grenzüberschreitung sein, aber es klingt eher nach Alkohol, ihr Versuch doch noch Sex möglich zu machen und einer zu starken Betrunkenheit seinerseits (auch hier: Kein Sex). Es hängt wohl stark davon ab, wie hinüber er war und meiner Meinung nach auch von ihrer Alkoholisierung. Grundsätzlich werden wohl die meisten Männer nichts dagegen haben, wenn eine Frau strippt. Hier wäre die Frage, ob er schlicht zu müde war oder sie aus anderen Gründen davon ausgehen musste, dass sie ihn belästigt

6. Sex mit Minderjährigen (Statutory Rape)

Das Beispiel ist eine 18jährige, die mit einem 12jährigen schläft, weil man ihm gesagt hat, dass er so zu einem „großen Jungen“ wird. Sicher, dass ist zurecht angeführt. Wäre auch in Deutschland eine strafbare Handlung.

7. Peer Pressure

„Freunde haben Druck auf mich ausgeübt, Sex zu haben“. Die meisten Jungs kennen sicherlich diesen Druck, allerdings wollen sie den Sex ja selbst, es ist ihnen peinlich, dass sie ihn noch nicht hatten. Auch hier insoweit wenig Informationen zum Fall. Warum wollte er den Sex nicht? Wie haben sie ihn unter Druck gesetzt?

8. Selbsterzeugter Druck

Das Beispiel ist „Einmal, als ich schon mehrer Tage sehr viel Sex hatte, hatte ich keine Lust mehr, sie wollte aber, also habe ich es gemacht, um sie nicht zu enttäuschen“. Wirklich? Sexueller Druck, der unter der Schlagzeile „Fast die Hälfte aller jungen Männer berichten von ungewollten Sex“ verarbeitet wird bei etwas so banalen wie Sex zum Gefallen der Frau, mit der man eh schon Sex hat? Würde das in einer Statistik über sexuellen Zwang gegenüber Frauen auftauchen, dann hätte die gesammelte antifeministische Bewegung eine Feldtag und es wäre ihnen zurecht ein inneres Schützenfest die Zahlen auseinander zu nehmen. Das muss dann aber auch umgekehrt gelten.

B. Wertung

Es ist ja sattsam bekannt und ständige Rede, dass man bei jeder Studie dieser Art zunächst schauen muss, was eigentlich genau unter „Zwang“, „sexueller Gewalt“ oder Vergewaltigung erfasst ist. Dieses Kriterium sollte man auch bei einer Studie, deren Ergebnis einem ideologisch gefällt, stets anwenden. Aus meiner Sicht ergibt sich dann recht schnell, dass jedenfalls die hier gewählte Überschrift vollkommen falsch ist und die Zahlen auch im übrigen sehr angreifbar sind

Wer den Feminismus für schlechte Studien kritisiert, indem mit zu weichen Begriffen gearbeitet wird, der muss sich eben die Mühe machen, in solchen Studien, gerade wenn sie im Volltext vorliegen, einmal nachzuschauen, wenn er sich nicht angreifbar machen will.

C. Weiteres zu den Zahlen

Die Aufschlüsselung nach Arten des Zwanges ist in der Studie auch noch einmal in eine Tabelle gebracht:

Sexueller Zwang gegen Männer 2

Sexueller Zwang gegen Männer 2

 

Da sieht man, dass sich die 43% aus alles Bereichen, also sowohl verbaler Zwang als auch Verführung als auch zuviel Alkohol zusammen. „Physical Force“ macht einen relativ kleinen Teil aus (wobei ja auch hier aus meiner Sicht mit einem härter klingen Begriff gearbeitet wird als es „ins Bad schubsen“ rechtfertigt), der größte Teil ist verbaler Druck und Verführung. Nur in 21% der Fälle führte dies zu Sex, in weiteren 3% wurde es versucht.

Mit der obigen Tabelle kann ich die untere Tabelle allerdings nicht so richtig in Einklang bringen. Da scheint verschiedenes zusammengefasst worden zu sein.

Wem bei „jede dritte Frau wird Opfer von Gewalt“ das Schubsen nicht gefiel, der sollte es auch hier kritisieren.

Das Paradigma des Radikalfeminismus

Leser Leszek fasst zusammen, was er das „Paradigma des Radikalfeminismus“ nennt und erläutert, wie sich der Feminismus seiner Meinung nach entwickeln muss, damit er wieder eine gesunde Entwicklung nimmt:

Ich bin definitiv kein Antifeminist, ich bin Anti-Radikalfeminist – d.h. ich lehne das von mir so bezeichnete “Paradigma des Radical Feminism” ab, dessen Einfluss auf die akademischen Diskurse und die Politik sowie diejenigen Strömungen des Feminismus, die direkt oder indirekt daran anknüpfen.

Als “Paradigma des Radical Feminism” verstehe ich (kurz formuliert) eine radikalfeministische Auffassung, die Männer und Frauen als “verfeindete Klassen” konzeptualisiert, von denen die eine (Männer) als “allgemein privegiert”, “Tätergeschlecht” oder “Unterdrücker” konstruiert wird, die andere (Frauen) als “allgemein diskriminiert” und “Opfergeschlecht”.

Diesem “Paradigma des Radical Feminism” sind m.E. vor allem drei einflussreiche Strömungen des Feminismus zuzuordnen:

  1. der klassische Radikalfeminismus (z.B. Dworkin, MacKinnon, Firestone, Daly)
  2. der (vulgär)-poststrukturalistische Feminismus (Gender/Queer/Intersektionaler Feminismus), der zur Zeit den klassischen Radikalfeminismus als feministische Hauptströmung zunehmend ablöst
  3. der radikale Matriarchats/esoterische/spirituelle/Öko-Feminismus, als differenzfeministische Variante des radikalen Feminismus, (ist allerdings weniger einflussreich als die beiden zuvor genannten).

Diese Varianten des Feminismus müssen m.E. aus den akademischen und medialen Diskursen verdrängt werden, denn sie sind von ihren theoretischen Grundlagen her mit der Anerkennung männlicher Benachteiligungen und sozialer Problemlagen unvereinbar und behindern daher eine geschlechtsübergreifende Perspektive auf geschlechtsbezogene Probleme, wofür ich den Begriff “integraler Antisexismus” verwende.

Feminismuskritik als Ideologiekritik in meinem Sinne zielt daher primär auf fundierte kritische Analyse dieser drei Hauptströmungen des radikalen Feminismus und ihres Einflusses auf die akademischen und medialen Diskurse und die Politik (Stichwort: Staatsfeminismus), d.h. also auf eine Kritik autoritärer und sexistischer Strömungen und Positionen im Feminismus (aus integral-antisexistischer und antiautoritärer Perspektive) um diese diskursiv aus dem Feld zu schlagen, der Realität männlicher Benachteiligungen und sozialer Problemlagen zur Anerkennung zu verhelfen

http://www.vaetersorgen.de/Maennerbewegung.html

http://manndat.de/ueber-manndat/was-wir-wollen

und einem neuen geschlechtsübergreifenden Paradigma zum Durchbruch und zur kulturellen Hegemonie zu verhelfen, dass die Probleme aller Geschlechter (Frauen, Männer, Intersexuelle, Transsexuelle, Transgender) wissenschaftlich, theoretisch und politisch berücksicht.

Die Hauptströmungen der ersten Welle der Frauenbewegung (traditioneller liberaler, marxistischer und anarchistischer Feminismus) kannten das “Paradigma des Radical Feminism” überwiegend nicht und sind daher von ihren theoretischen Grundlagen m.E. potentiell leicht mit männerrechtlichen Anliegen in Einklang zu bringen.

Nachdem sich der Radikalfeminismus mit der zweiten Welle des Feminismus als neue Leitideologie herausbildete, wurden der traditionelle liberale und sozialistische Feminismus leider zunehmend an den Rand gedrängt oder übernahmen z.T. leider selbst Aspekte des “Paradigmas des Radical Feminism”.

Insofern es heutzutage noch Varianten des liberalen und sozialistischen Feminismus gibt, die authentisch an die theoretischen Grundlagen der klassischen liberalen oder sozialistischen Frauenbewegung der ersten Welle des Feminismus anknüpfen (ist heutzutage leider eher selten) und nicht vom “Paradigma des Radical Feminism” beeinflusst sind, werden diese von mir grundsätzlich bejaht, d.h. ich habe gegen ECHTEN liberalen und ECHTEN sozialistischen/marxistischen/anarchistischen Feminismus grundsätzlich nichts einzuwenden – allerdings müssten sich auch diese einem neuen geschlechtsübergreifenden Paradigma öffnen und ihm nicht im Weg stehen.

Dagegen kritisiere ich solche (scheinbaren) Varianten des liberalen und sozialistischen Feminismus, bei denen es sich in Wirklichkeit nur um Radikalfeminismus im liberalen oder sozialistischen Gewand handelt.
Es gibt – das sei kurz erwähnt – aber heutzutage auch Varianten des liberalen und sozialistischen Feminismus, die irgendwo zwischen diesen beiden Extremen liegen und von mir dann entsprechend differenziert beurteilt und kritisiert werden.

Dann gibt es heutzutage auch noch einen eher untheoretischen, mehr lebenspragmatisch orientierten “Alltagsfeminismus”, der von manchen Feministinnen vertreten wird. An den meisten Varianten eines solchen “Alltagsfeminismus”, die mir bisher begegnet sind, habe ich nicht viel auszusetzen, (es sei denn, dass irgendwelche radikalfeministische Aspekte und Konzepte unkritisch übernommen worden sind, was manchmal vorkommen kann).

Ich greife noch mal diesen Ansatz heraus:

Als “Paradigma des Radical Feminism” verstehe ich (kurz formuliert) eine radikalfeministische Auffassung, die Männer und Frauen als “verfeindete Klassen” konzeptualisiert, von denen die eine (Männer) als “allgemein privegiert”, “Tätergeschlecht” oder “Unterdrücker” konstruiert wird, die andere (Frauen) als “allgemein diskriminiert” und “Opfergeschlecht”.

Dazu passt gut, was Grit Vandermassen als wesentliches Element der wichtigen feministischen Strömmungen benennt:

“Sie beginnen regelmäßig damit, dass Frauen (und gelegentlich Männer) die Quellen der Unterdückung in ihrem Leben und versuchen, sich von diesen zu befreien”.

Strömungen, die das nicht zum Ziel haben, bestehen kaum im wesentlichen Umfang. Sie nennen sich dann auch nicht „evolutionärer Feminismus“, sondern eben einfach „evolutionäre Psychologie“ oder „allgemeine Geschlechterforschung“, sind also relativ neutral gehalten.

Andres als Leszek glaube ich auch nicht, dass man mit einem „nichtvugären“ oststrukturalistische Feminismus weiter kommt, ebenso wenig wie mit einem sozialistischen/marxistischen/anarchistischen Feminismus, auch hier sind die Grundlagen wenig geeignet ein tragfähiges Fundament für eine Gesellschaftstheorie oder das Verhältnis von Mann und Frau zu bauen.

Wenn man wirklich den Gegensatz „Täter – Opfer“ aufgeben würde, dann wäre aber in der Tat viel erreicht – sowohl im Feminismus als auch im Maskulismus, wo man den Mann auch zu häufig als Opfer der Frau sieht.

Der interessanteste Ansatz für beide Richtungen ist aus meiner Sicht die Spieltheorie. Sie wurde entwickelt, um Entscheidungen von Personen nachzuvollziehen und deren Entscheidungswege aufzuschlüsseln. Würde diese in die Geschlechterdebatte einziehen, dann würde es denke ich der beste Weg sein, um tatsächlich Probleme zu lösen. Hier könnte man dann überprüfen, ob die Geschlechter ein Nullsummenspiel oder ein kooperatives Spiel spielen, oder andere Varianten. Man könnte sich auch die Probleme aus der evolutionären Spieltheorie bewußt machen. Man könnte sich überlegen, ob Frauen und Männer gleiche Payoffs haben. Es würden denke ich viele ideologische Probleme leichter zu erfassen sein.

Dessen ungeachtet stimme ich Leszek zu, dass das von ihm beschriebene Paradigma und die von ihm genannten radikalen Strömungen wenig Raum für sinnvolle Debatten lassen und sich gegen diese zurecht ein Anit(radikal)feminismus richtet.

Frauen vertrauen, die die Pille nehmen

Über eine Diskussion bei Erzählmirnix zur Pille danach gabe es auch verschiedene anderen Artikel zu Verhütungsmethoden und zur Pille für den Mann zB bei Tom174 und bei Zulang

Dabei finde ich insbesondere interessant, dass die meisten Männer ihrer Partnerin vertrauen, wenn sie sagt, dass sie die Pille nimmt, wohingegen in Diskussionen über die Pille für den Mann auch immer wieder auftaucht, dass Frauen mißtrauisch wären, ob er sie auch wirklich nimmt.

Das verwundert auf den ersten Blick, wenn man bedenkt, dass Frauen immerhin selbst bei einer ungewollten Schwangerschaft noch tatsächliche Handlungsoptionen haben, etwa die Pille danach als auch eine Abtreibung, während Männer ihr Vertrauen insoweit in die Hände der Frau legen und für den Fall, dass diese das Kind bekommt, nicht viel machen können, außer Unterhalt zu zahlen.

Der Grund ist aus meiner Sicht aber relativ simpel die direktere Betroffenheit der Frau, die zum einen eine Schwangerschaft einplanen und zum anderen auch Stillen und Betreuung des Kindes einplanen müssen wird. Für den Fall einer Abtreibung müssen sowohl die medizinischen als auch die moralischen Folgen eingeplant werden und eine aktive Entscheidung getroffen werden.

Dagegen ist eine Geldzahlung schlicht abstrakter.

Sicher spielt in die Entscheidung auch hinein, dass dem Mann keine so effektive Ersatzmethode zur Verfügung steht wie die Pille. Er müsste ansonsten auf Kondome ausweichen, was aber aus vielen Gründen einen Komfortverlust mit sich bringen kann.

Vielleicht ist es auch einfach der Umstand, dass der Mann eher darauf vertraut, dass die Frau ein starkes Eigeninteresse hat und diese Absprachen üblicherweise bei funktionierender Beziehung getroffen werden. Hier besteht wenig Anlass dem Partner in solchen Fragen nicht zu trauen.

Leistungen des Feminismus: War Feminismus die Ursache oder nur die Folge?

In Kai’s Text findet sich neben den Fragen noch eine andere interessante Stelle:

Feminismus hat auch Errungenschaften gebracht, die wir Männer so schnell nie hingekriegt hätten. Ein Beispiel? Vaterschaftsurlaub – der für mich schönste Urlaub meines Lebens! Hätte es den Feminismus nicht gegeben, der Rollenbilder in Frage stellt, dann würden wir heute noch als Männer direkt nach der Geburt der Kinder wieder Arbeiten gehen. Einen Tag Urlaub um bei der Geburt dabei zu sein und dann Schwupp, zurück an die Drehbank oder den Schreibtisch. Unsere männlichen Parlamentsheinies hätten hier niemals ein Bedürfnis gesehen, wie auch, definieren doch gerade sie sich als Powermänner, die immer im Parlament oder am Schreitisch sitzen. Somit hat er auch Gruppen wie Manndat und Agens geschaffen, die sich z. B. Fragen zur Männergesundheit stellen, wenn auch erst in Opposition zum Frauengesundheitsbericht. Fairerweise muss man sagen, der Feminismus hat Dinge sowohl zum positiven, wie auch zum negativen verändert und oftmals auch bestehende Sichtweisen zementiert.

Da würde mich insbesondere eine historische Einordnung zum Feminismus interessieren, aber auch eure Meinung dazu.

Nick schrieb an anderer Stelle zu einem ähnlichen Thema:

Liest man feministische Autorinnen aus der Zeit, so gewinnt man eher den Eindruck, es wäre überwiegend um den männlichen Sexdämon gegangen. Dabei insbesonde um dessen schöcklichen Pornografiekonsum, was quasi schon eine Vergewaltigung darstellte. Das war jedenfalls definitiv der überwältigend oft dokumentierte Fokus des damaligen Feminismus.

(Erst 1977 wurde das Gesetz geändert, das einer Frau verbot, ohne Erlaubnis ihres Mannes arbeiten zu gehen – vielen ist echt nicht klar, was damals so alles als “normal” galt!)

Das wird zwar immer wieder kolportiert, aber in der Rechtsgeschichte findet sich dafür leider keine Grundlage.

Gem. BGB von 1896 konnte der Ehemann eine Aufhebung des Arbeitsvertrages seiner Ehefrau beim Vormundschaftsgericht beantragen. Allerdings musste er dazu triftige Gründe benennen, die vom Gericht geprüft werden mussten – man hat schon 1896 die Ehefrau nicht der Willkür des Ehemannes ausliefern wollen.

In der Verfassung der Bundesrepublik von 1949 wurde die Gleichberechtigung von Männern und Frauen festgeschrieben. Dem Gesetzgeber wurde dabei ins Pflichtenheft geschrieben, bis zum 31.3.1959 das gesamte Gesetzeswerk entsprechend zu entrümpeln (Art. 117 GG). Die regierende CDU (die damals als Frauenpartei galt) lies diese Frist tatenlos verstreichen, somit waren alle entsprechenden Gesetze ab diesem Stichtag ungültig.

Es hätte also gar kein Vormundschaftsgericht den Arbeitsvertrag einer Ehefrau kündigen dürfen. Zumindest in anderen Angelegenheiten haben die Gerichte auch entsprechend entschieden, und ich warte immer noch auf die Bennennung eines einzigen Falles nach dem 31.3.1953, bei dem der Arbeitsvertrag einer Ehefrau durch ein Vormundschaftsgericht gekündigt wurde.

Was zutreffend ist, ist dass das Gesetzliche Leitbild der Hausfrauenehe 1977 abgeschafft wurde. Diesem Leitbild zufolge war die Frau für den Haushalt zuständig und hatte ein Recht auf Berufstätigkeit nur soweit diese Pflichten nicht beeinträchtigt wurden. Deshalb durfte aber der Ehemann der Ehefrau die Berufstätigkeit noch lange nicht verbieten, er konnte allenfalls bei Gericht eine Scheidung begehren. Auch hier musste ein Richter der Ansicht des Ehemannes folgen, um eine Scheidung zu bewirken.

Dieses Leitbild wurde sogleich mit der sozialliberalen Koalition 1969 in Angriff genommen, es zog sich nur deshalb bis 1977 hin weil Frauenverbände mauerten (da konnte doch der Ehemann sich einfach eine Jüngere nehmen – so war das auch wieder nicht gemeint, mit dem Zerrütungsprinzip)

Nun tut Feminismus – an vorderster Front Alice Schwarzer – so, als hätte der Anfang/Mitte der 1970er erstarkte Feminismus das “gemacht”. Dabei hat er offenkundig mehr blockiert als gemacht.

Das sieht man auch daran, dass die hier als so bedeutend wahrgenommenen jugendlich-radikalen Neo- bzw. “Netzfeministinnen” sich kaum mehr klassischen “Frauenfragen” widmen, sondern Themen wie Rassismus, Critical Whiteness etc.

Die heutigen Netzfeministinnen haben zumindest einen ungebrochenen Fokus auf “rape culture”, und diesen Fokus haben sie wohl ganz klar direkt von Susan Brownmiller geerbt.

Ich sehe im Westen nichts wirklich Neues.

Des weiteren hatte Nick in einem Kommentar geschrieben:

Es ist halt die Frage, was man alles unter Feminismus subsummieren möchte. Waren unsere Freunde von der Spezialdemokratie vor 1970 feministisch? Mit einer gewissen Berechigung lässt sich das bejahen, allerdings wäre dabei der Begriff anachronistisch – man müsste eher von einer langen frauenrechtlichen Tradition sprechen.

Jedenfalls kann man wohl mit Fug und Recht davon sprechen, dass fast sämtliche Schritte zur rechtlichen Gleichberechtigung in Deutschland auf das Konto der Sozialdemokratie gingen, und zwar vor 1970. Lange bevor irgendwelche Pauerwummen in Latzhosen im Straßenbild sichtabar waren, lange bevor man von einer feminisischen Bewegung sprecen kann.

Auch das “Katholische Mädchen vom Lande” war in den 1960ern ein Dauerthema, es muss heute keine Frau Alice Schwarzer dankbar dafür sein, dass sie studieren darf bzw. durfte. (wo sollten denn sonst plötzlich all die studierenden Feministinnen in den 1970ern her gekommen sein?)

Ein weiteres, wesentliches Feld war das Ende der konservativen Rückbesinnung der 1950er, was sich ebenfalls über die ganzen 1960er hinzog. In sehr vielen Dingen. (Genauer betrachtet gab es schon in den 1950ern eine durchaus präsente Gegenbewegung, und zwar von Männern gegen die Ochsentour “Familienernährer”)

Ende der 1960er gab es endgültig kein Halten mehr. Der (insbesondere: Sexual-) Konsevativismus der 1950er brach vollends zusammen, gerade im Mainstream. Die ’68er neigen generell dazu, dies auf ihr persönliches Wirken zurückzuführen, beim Einrennen offener Tore fühlten diese Bürgerskinder sich als geschichtsmächtige Tabubrecher. Sie begehrten eher gegen ihre überdurchschnittlich konservativen eigenen Eltern als gegen “die Gesellschaft” auf. Klar, dass sich auch Alice Schwarzer et al gerne an diese Selbstmythifizierung dranhängen.

Auf ökonomischer Ebene vollzog sich ein Strukturwandel, hin zur Konsumgüterindustrie und zum tertiären Sekor. Es entstanden immer mehr Jobs, die für Frauen geeignet waren. Auch dies war schon länger am Kochen.

Zusammenfassend lässt sich wohl festsellen, dass die wesentlichsten Punkte:

– Abschaffung der Hausfrauenhehe als gesetzliches Leitbild, als fast letzte noch vorandene gesetzliche Ungleichbehandlung zum Nachteil von Frauen (1969 in Angriff genommen, von Frauenverbänden bis 1977 blockiert)

– Zusammenbruch der konservativen Sexualmoral

– massenhafte Bildungspatizipation von Frauen

– erhöhte Arbeitmarktpartizipation von Frauen

– kultureller Wandel der Weiblichkeitsideale

– kultureller Wandel der Vorstellungen von den Geschlechterrollen in Liebesbeziehungen

..wohl ganz klar _nicht_ von einer nennenswerten feministischen Bewegung initiiert wurden. Sie waren ausnahmlos faktisch schon tief im Mainstream verwurzelt, als die ersten Feministinnen ihre Genossen vom SDS mit Eiern bewarfen. Selbstverständlich gab es damals noch sehr viele Geschlechterkonservative, allerdings wurde die Graswurzelarbeit überwiegend in den 1960ern geleistet – ich würde behaupten, von mehr Männern als von Frauen.

Folgerichtig waren die Hauptthemen des Feminismus der 1970er und 1980er auch nicht die klassischern frauenrechtlichen Themen. Vielmehr arbeitete man sich zuvörderst an dem Sexdämon Mann ab.

Der in den 1970ern aufgekommene Radikalfeminismus hatte seine Berechtigung – aber für was bloß? Na gut, die Reform des §218 kann er sich teilweise auf die Fahnen schreiben, allerdings erscheint es wohl sehr fragwürdig dass man so ewas aus den Nichts innerhalb kürzester Zeit erreicht.

Danach wäre der Feminismus eher eine Folge der bereits eingetretenen Entwicklung und weniger deren Ursache gewesen.

Dazu passend auch noch ein weiterer Kommentar, der die auch häufig diskutierte Frage betrifft, inwieweit Frauen eine Erlaubnis ihres Ehemannes brauchen, um arbeiten zu dürfen:

Die Frage kommt häufiger auf, jetzt hatte Kommentator Homo oeconomicus dazu einen interessanten Kommentar geschrieben:

Obige Aussage ist gängiger Bestandteil feministischer Legendenbildung.

Ich habe vor 1977 geheiratet und meine Frau brauchte keinerlei Erlaubnis meinerseits für ihre damalige Berufstätigkeit.

Vielmehr ging es bis 1958 in der gesetzlichen Regelung um die Vereinbarkeit der Berufstätigkeit der Frau mit ihren Pflichten ” in Ehe und Familie “.

Dies betraf insbesondere die Versorgung der Kinder. Gab es diesbezüglich Konflikte, so konnte der der Ehemann theoretisch über einen von ihm beantragten Entscheid des Vormundschaftsgerichtes eine Berechtigung zur Kündigung des Berufsverhältnisses der Ehefrau erwirken.

Diese Regelung war aber schon in der damaligen Zeit offenbar rechtlich umstritten und wurde in den juristischen Kommentaren dieser Zeit so auch diskutiert ( § 1358 BGB ).

Der bis 1977 gültige § 1356 BGB regelte die Problematik ähnlich, auch hier wurde nicht ein Einverständnis des Ehemannes zur Berufstätigkeit der Ehefrau verlangt.

Der aktuelle Fassung des § 1356 BGB verlangt übrigens nach wie vor von den Ehegatten ” bei der Wahl und Ausübung der Berufstätigkeit……auf die Belange des anderen Ehegatten und der Familie Rücksicht zu nehmen “.

Feministen erzählen heute gerne Geschichten ( HerStory ) über
” damals “, als es den Frauen angeblich ” verboten war, ohne Erlaubnis ihres Mannes arbeiten zu gehen ”

Legendenbildung, die bei ihnen offenbar als ” normal ” gilt !

Am 20. März hat sich @Nick dann im gleichen Strang wie folgt zum Thema geäussert :

>>(Erst 1977 wurde das Gesetz geändert, das einer Frau verbot, ohne Erlaubnis ihres Mannes arbeiten zu gehen – vielen ist echt nicht klar, was damals so alles als “normal” galt!)>>

Das wird zwar immer wieder kolportiert, aber in der Rechtsgeschichte findet sich dafür leider keine Grundlage.

Gem. BGB von 1896 konnte der Ehemann eine Aufhebung des Arbeitsvertrages seiner Ehefrau beim Vormundschaftsgericht beantragen. Allerdings musste er dazu triftige Gründe benennen, die vom Gericht geprüft werden mussten – man hat schon 1896 die Ehefrau nicht der Willkür des Ehemannes ausliefern wollen.

In der Verfassung der Bundesrepublik von 1949 wurde die Gleichberechtigung von Männern und Frauen festgeschrieben. Dem Gesetzgeber wurde dabei ins Pflichtenheft geschrieben, bis zum 31.3.1959 das gesamte Gesetzeswerk entsprechend zu entrümpeln (Art. 117 GG). Die regierende CDU (die damals als Frauenpartei galt) lies diese Frist tatenlos verstreichen, somit waren alle entsprechenden Gesetze ab diesem Stichtag ungültig.

Es hätte also gar kein Vormundschaftsgericht den Arbeitsvertrag einer Ehefrau kündigen dürfen. Zumindest in anderen Angelegenheiten haben die Gerichte auch entsprechend entschieden, und ich warte immer noch auf die Bennennung eines einzigen Falles nach dem 31.3.1953, bei dem der Arbeitsvertrag einer Ehefrau durch ein Vormundschaftsgericht gekündigt wurde.

Was zutreffend ist, ist dass das Gesetzliche Leitbild der Hausfrauenehe 1977 abgeschafft wurde. Diesem Leitbild zufolge war die Frau für den Haushalt zuständig und hatte ein Recht auf Berufstätigkeit nur soweit diese Pflichten nicht beeinträchtigt wurden. Deshalb durfte aber der Ehemann der Ehefrau die Berufstätigkeit noch lange nicht verbieten, er konnte allenfalls bei Gericht eine Scheidung begehren. Auch hier musste ein Richter der Ansicht des Ehemannes folgen, um eine Scheidung zu bewirken.

Dieses Leitbild wurde sogleich mit der sozialliberalen Koalition 1969 in Angriff genommen, es zog sich nur deshalb bis 1977 hin weil Frauenverbände mauerten (da konnte doch der Ehemann sich einfach eine Jüngere nehmen – so war das auch wieder nicht gemeint, mit dem Zerrütungsprinzip)

Nun tut Feminismus – an vorderster Front Alice Schwarzer – so, als hätte der Anfang/Mitte der 1970er erstarkte Feminismus das “gemacht”. Dabei hat er offenkundig mehr blockiert als gemacht.

 

Kais Blogstöckchen: Sag, wie hältst du es mit dem Feminismus?

Kai hat sich ein paar Fragen ausgedacht, die das Verhältnis zum Feminismus betreffen

Also los:

1. Welche große Errungenschaft der letzten Welle des Feminismus empfindest Du als wichtig?

Ich wollte ja schon länger mal einen Artikel zu „feministischen Wellen“ schreiben, weil ich da selbst nicht sicher bin, welche Forderungen da genau wie diesen Wellen zuzuordnen sind. Sind wir noch in der dritten Welle? Oder gibt es schon eine vierte, die interesektionalistisch ist und Frauenrechte quasi nur noch als Randthema hat? Ich bin  da ehrlich gesagt etwas unsicher.

Ich bin auch etwas unsicher, welche Errungenschaften man tatsächlich dem Feminismus anrechnen kann und welche einfach gesellschaftliche Entwicklungen sind.

Grundsätzlich bin ich aber ein Freund emanzipierter Frauen, bin für eine Auflockerung von Geschlechterrollen und dafür, dass beide Geschlechter nicht essentialistisch denken.
Eine Frau, die sich zu oft darauf beruft, dass sie etwas nicht kann, weil sie eine Frau ist stört mich. Nochmehr stört mich das bei einem Mann, der das ernst meint (Aus Spass
sage ich das durchaus auch ganz gerne, der Unterschied wird aber dann deutlich, es ist eher ein aufziehen).
Eine Kollegin erzählte mir, dass es in ihrer damaligen Schulzeit einmal so gewesen wäre, dass alle Jungs ihrer Klasse Freikarten für ein Fußballspiel bekommen hätten.
Daraufhin hätten sie sich beschwert, dass es ja wohl nicht anginge, dass die nur die Jungs bekommen hätten und die Mädchen nichts. Woraufhin auch die Mädchen Karten bekommen  hätten. Jetzt hätten sie das Problem gehabt, dass sie das Fußballspiel nicht interessiert hat, aber sie aus Prinzip hin mussten. Ich finde das richtig und bin froh, dass so  etwas heute nicht mehr passiert.

Ich bin auch froh, dass die meisten jüngeren Leute eine gewisse „Awareness“ haben und sich durchaus als emanzipiert wahrnehmen. Alles, was der  Feminismus in Richtung Gleichberechtigung und Auflösung zu essentialistischer Betrachtungen gemacht hat, finde ich gut

 

„Welche als überzogen?“

Überzogen finde ich so ziemlich alles, was mit den Privilegientheorien, der Deutungshoheit und der Verteufelung von Männern zu tun hat. Die Vorstellung, dass man Geschlecht
quasi ausblenden und beliebig machen können soll, ist schlichtweg nicht realistisch und schlägt über IDPOL und die daraus folgende Spirale hin zu einem „Nicht gut genug“
Feminismus schlicht in eine totalitäre und wissenschaftsfeindliche Ideologie um

2. Welche feministische Forderung (z. B. einer politischen Partei) der letzten 10 Jahre hättest Du auch noch aus heutiger Sicht voll und ganz unterstützen können?

Welche gab es denn da in den letzten Jahren? Alles zur Quote finde ich nicht sehr überzeugend muss ich sagen. Eigentlich fallen mir wenig explizit feministische Aktionen ein.
Innerhalb dieser Zeit hat die Emanzipation denke ich auf alle Fälle zugenommen. Ob dazu aber gerade der Feminismus beigetragen hat und dies in einem positiven Sinne? Ich stehe
etwas auf dem Schlauch.Es wird sicherlich Aktionen gegeben haben, die ich gut heißen kann. Um so feministischer die Gruppe allerdings, die eine Forderung für Frauen
formuliert, um so eher spricht die Wahrscheinlichkeit dafür, dass die zu dogmatisch im Sinne einer Privilegientheorie formuliert ist.

3. Welche aktuellen feministischen Forderungen findest Du richtig?“

Gleichstellung der Homosexuellen, wenn man das unter Feminismus und nicht Humanismus verbuchen will. Den Gedanken, dass man aufklären muss, dass es auch Lebensformen und  Geschlechteridentitäten neben dem, was man als normal wahrnimmt, gibt und ein werben für diesbezüglicher Toleranz. In der Umsetzung des Feminismus allerdings kann ich mich  damit nicht anfreunden. Allerdings habe ich da auch den reichlich überzogenen Genderfeminismus a la Piratenparteifeministinnen vor Augen.

Gibt es etwas das der Feminismus Deiner Meinung nach noch für Frauen fordern sollte/könnte und was natürlich für Dich gerechtfertigt ist?

Ja, einiges. Die meisten Genderfeministinnen würden es aber nicht als feministische Forderungen wahrnehmen. Ich würde für Frauen fordern, dass ihnen deutlich gemacht wird,  dass sie keine Opfer sind, dass sie nicht 23% weniger verdienen, dass sie weit weniger diskriminiert sind als es ihnen vorgemacht wird.

4. Mit welcher bekannten Feministin glaubst Du, könntest Du ein Bier trinken gehen und Dich mit ihr zivilisiert über Männerpolitik zu unterhalten?

Das ist natürlich eine Frage, wie man bekannt definiert.

Ich glaube, ich könnte mit Alice Schwarzer ein Bier trinken, sie wirkt in Talkshows ja durchaus locker und ihre Zusammenarbeit mit der Bild spricht auch dafür, dass sie im Alter in vielen Punkten nicht so dogmatisch ist, wie früher. Würde ich interessant finden, wie sie da bestimmte  Themen aufnimmt, aber sie hat ihre Millionen, sie ist berühmt, ich traue ihr zu, dass sie abseits der Kamera ein Gespräch führen kann. Ein klassischer Beauvoir-Feminismus hat  ja auch durchaus Ansatzpunkte für eine Männerpolitik („Kinder haben das Pech, dass sie von Frauen erzogen werden“), jedenfalls mehr als der radikale Genderfeminismus, indem  eine Diskriminierung von Männern bereits per se nicht möglich ist.

Ansonsten gibt es ja nicht mehr viele bekannte Feministinnen.

Mit Zana Ramadani könnte ich auch problemlos ein Bier trinken, wenn sie inzwischen nicht radikaler geworden ist. Ich traue ihr zu, dass sie eine Gegenmeinung akzeptiert und als  Herausforderung behandeln kann, sie schien Humor zu haben, aber so gut kenne ich sie auch nicht, da ich sie nur einmal getroffen habe.

Mit welcher Feministin könntest Du das garantiert nicht? Ein Beispiel reicht, gerne aber auch mehr.“

Mit Lantzschi, Wizorek und Co. wäre es denke ich schwieriger. Sie wären denke ich dogmatischer und gerade der Genderfeminismus ist ja schnell beleidigt.

5. Gibt es feministische Gruppe die Du, evtl. auch nur in Teilen, unterstützen könntest?“

Alles im Equityfeminismus, aber der zählt ja nicht. Ansonsten gibt es aus meiner Sicht keinen gemäßigten Feminismus, wohl aber Gruppen emanzipierter Frauen. Dazu muss man in der Regel nur in die Wirtschaft gehen. Vielleicht Gruppen, die sich für Frauen in der dritten Welt einsetzen oder in sehr konservativen Ländern. Wenn eine Gruppe zB Bildung für Mädchen gegenüber der Einstellung, dass sie diese nicht brauchen, weil sie in die Küche gehören und Kinder bekommen sollen, unterstützt, dann würde ich das  unterstützenswert finden

6. Was ist Deiner Meinung nach der größte Fehler des Feminismus gewesen?

Die Abwendung von der Wissenschaft und der Aufbau als Ideologie. Daraus folgen die meisten Fehler des Feminismus.

7. Welche Änderungen im Feminismus würdest Du vornehmen, damit er für Dich „akzeptabler“ erscheint?“

Er müßte sich einer Diskussion öffnen und neuere Forschung aufnehmen. Ich vermute, dass man dann die gängigen Feindbilder nicht mehr aufrecht erhalten könnte. Rape Culture, Privilegientheorie, das Patriarchat, dass müsste man aufgeben.

Interessant wäre ein Wandel, der Männer und Frauen weniger im Gegensatz, also Täter – Opfer oder ein anderes Nullsummenspiel, sieht, sondern eher berücksichtigt, welche kooperativen Ansätze die Geschlechter eigentlich verfolgen könnten und wie man die modellieren müsste damit es für beide klappt.

Mitgemacht haben bisher (wird fortlaufend ergänzt):

Ich denke die üblichen Verdächtigen werden sich sowieso melden, ich bin gespannt, was dabei rauskommt.
Es würde mich aber freuen, wenn Achdomina so wieder aus dem Winterschlaf erwacht, Martins Ansicht würde mich interessieren, ein (zu)langer Text wäre schön oder einer von LoMi wäre schön (bereits ergänzt) und wenn weitere Autoren bei Geschlechterallerlei den Stock auch aufnehmen würde ich mich auch freuen

Aufbrechen von Geschlechterrollen: Freiheit vs. Zwang in andere Richtung

Der Kommentator „Rotterdam“ hat einen interessanten Kommentar auf Geschlechterallerlei eingestellt, der dort inzwischen auch als eigener Artikel erschienen ist:

„Unter Feministen neuerer Schule – auch unter denen moderater Ausprägung – scheint es Konsens zu sein, dass die vornehmste Aufgabe der Bewegung derzeit darin besteht, Geschlechterklischees und Rollenstereotype aufzubrechen und somit allen Menschen zu einem freieren, weniger beengten, selbstbestimmteren Leben zu verhelfen.

Das ist ein hehres Ziel. Zumindest wäre es das, beschränkten sich die Bemühungen darauf, das Angebot an validen Rollenbildern zu erweitern und dem Individuum so mehr Auswahlmöglichkeiten bereit zu stellen.“

Das ist in der Tat das Label unter dem vieles im Feminismus läuft: Wir machen die Welt besser für alle, indem wir Geschlechterrollen aufbrechen und alle freier leben können. Das erscheint auch etwas, mit dem man sich gut arrangieren kann: Weniger Zwang ist ja etwas, mit dem man sich unschwer anfreunden kann

„Nun scheint sich innerhalb feministischer Zirkel aber darüber hinaus eine Ansicht durchgesetzt zu haben, die tradierte Rollenbilder als defizitär betrachtet und die damit einhergehenden Perspektiven auf Mann und Frau als schädlich betrachtet – und zwar sowohl für die Entwicklung der Gesellschaft insgesamt, als auch für die persönliche Entwicklung ihrer Mitglieder. Folgerichtig müssten diese Stereotype nun also geächtet und soweit wie möglich aus dem öffentlichen Raum gedrängt werden, auf dass der neue Mensche von ihnen befreit werden möge.“

Das ist so ziemlich auch das, was ich am Feminismus kritisiere. Es wird nicht nur allgemein mehr Freiheit verlangt, sondern diese als nur erreichbar dargestellt, wenn man damit tradiertes Rollenverhalten abwertet und ächtet.

„Eine freie Entscheidung wird den Menschen dabei nicht mehr zugebilligt. Wer klassische Rollenmodelle für seinen Lebensentwurf präferiert, der ist dieser Ansicht nach entweder gehirngewaschen (das Stockholm-Syndrom des Hausmütterchens) oder Teil der Unterdrückungsstruktur (der ewiggestrige Macho, der seine Privilegien nicht aufgeben will). Eine freie Entscheidung ist nur dann eine solche, wenn für diejenige Entscheidungsmöglichkeit optiert wird, die der Feminist präferiert.“

Da sind wir dann mitten drin im sog. Unmündigkeitsfeminismus. Das Stockholmsyndrom ist da ein passender Vergleich, da ja über verinnerlichten Sexismus argumentiert wird, der einen den Feind lieben lässt. Auf wen das nicht zutrifft, der muss eben Unterdrücker sein, denn Geschlechterrollen zu leben bedeutet sie zu reproduzieren, bedeutet Frauen und andere Minderheiten zu unterdrücken.

„Damit werden alte Zwänge aber schlicht durch neue ersetzt. Den alten Geschlechterstereotypen werden neue Rollenzwänge entgegengesetzt, die mitunter aber gar nicht mit den Präferenzen vieler Menschen vereinbar sind. Denn wie es der Autor dieses Artikels so schön ausgedrückt hat, existieren viele (nicht alle!) Geschlechterstereotype, weil sie der “gegenwärtigen überwiegenden Realität [entsprechen]“.“

In einer Theorie, die auf das Standard social Science Modell abstellt ist der Gedanke, dass Geschlechterstereotype eine Grundlage haben, bereits undenkbar und kann gerade im Feminismus nur unter der Frage von Machtinteressen behandelt werden. Da dort hauptsächlich auf die Spitze geschaut wird („Apex Fallacy„) und Ausgleichsleistungen ausgeblendet werden muss ein Festhalten oder bestärken eine Unterdrückung sein.

„Damit aber ist klar, dass das moralisch fragwürdige Projekt der Umerziehung der Menschen hin zu einem genehmeren Rollenverständnis von vornherein zum Scheitern verurteiltist.

Da geschlechterstereotypes Verhalten zu einem nicht zu vernachlässigenden Teil seinen Ursprung in biologischen Dispositionen hat, wird sich dieses innerhalb unserer Lebenszeit schlicht nicht ausmerzen lassen, selbst wenn man es wollte.“

Ja, die Geschlechterunterschiede sind nicht rein zufällig, wie sie sind. Sie ergeben sich aus biologischen Dispositionen und häufig auch darauf aufbauenden spieltheoretisch erklärbaren Handlungsstrategien: Wenn zB Männer auch nur etwas lieber arbeiten gehen, statt die Betreuung der Kinderin Vollzeit zu übernehmen und dies bei Frauen andersherum ist, dann ergeben sich in den meisten Familien fast zwangsläufig „klassische Reproduktionen der Geschlechterrollen“.

„Zu beachten ist dabei allerdings, dass die Gendertheoretiker insofern recht haben, als dass der Unterschied zwischen Mann und Frau nicht essentialistisch gelesen werden darf und die Unterschiede in vielerlei Hinsicht fließend sind. Die Verschiedenheit von Mann und Frau äußert sich oft lediglich in statistischen Häufungen, die Rückschlüsse auf das jeweilige Individuum in vielen Fällen unzulässig machen. Dass es mehr Mädchen gibt als Jungen, die gern mit Puppen spielen, bedeutet nicht, dass es keine Mädchen gäbe, die ungern mit Puppen spielen oder dass es keine Jungen mit Vorliebe für Puppen gäbe. Menschen, deren Verhalten derart vom Gängigen und Üblichen abweicht, sind deswegen keineswegs defizitär, unnatürlich oder weniger werthaft als Menschen, deren Verhalten eher der Norm entspricht. Das klar zu machen ist durchaus wichtig.“

Auch insoweit volle Zustimmung. Wobei auch der Genderfeminismus seine essentialistischen Zuweisungen hat: Männer haben eben per „gelesenen Geschlecht“ Privilegien, die sie auch nicht loswerden, eine Erbschuld die essentialistisch an ihnen als Teil einer Gruppe festgemacht wird.

„In einer freien Gesellschaft sollte ein Rollenmodell stets nur ein Angebot sein und Konformitätszwang weitgehend ausbleiben. Umso schlimmer ist es, wenn nun vorgeblich tolerante Menschen ein Verhalten gegenüber Menschen mit klassischen Rollenpräferenzen an den Tag legen, wie sie es gegenüber Menschen mit unüblichen Präferenzen kritisieren.“

Ja, und das mit teilweise absurden Forderungen wie einem Kussverbot oder einem Abwerten von Allys zu geradezu minderwärtigen sklavenhaften Zuarbeitern ohne Recht auf eigene Meinung.

„Bleiben die Geschlechterstereotype. Wenn sich also das Wesen des Menschen nicht ohne weiteres ändern lässt, und sich eine Mehrheit der Menschen stets eher “rollentypisch” verhalten wird, sollten wir dann nicht wenigstens versuchen, den Leidensdruck der Menschen zu mindern, die dieser Norm nicht entsprechen?

Meiner Meinung nach lautet die Antwort: Ja, aber. Denn Menschen, die in irgendeiner Hinsicht aus der Norm fallen, werden sich auch in der tolerantesten aller Gesellschaften immer zu Anpassungsleistungen gezwungen sehen. Und zwar deshalb, weil Menschen mit vergleichsweise seltenen Eigenschaften stets aus dem Erwartungsrahmen fallen werden, den ein jeder Mensch benutzt um seine Umwelt möglichst effizient zu ordnen.“

Eine wichtige Einschätzung, die ich hier auch so schon einmal in ähnlicher Weise getroffen habe: Es ist die Denkweise unseres Gehirns erst einmal von dem Häufigen auszugehen, wenn es sehr häufig ist. So ordnen wir in vielen Punkten unser Verhalten und vereinfachen uns Entscheidungen. Sich davon frei zu machen, erscheint mir unglaublich schwierig und gelingt auch Feministinnen nicht.

„Reiche ich einem Menschen ein Messer, werde ich ihm den Griff auf eine solche Art hinhalten, dass er mit der Rechten leicht zugreifen kann – und dass, obwohl er unter Umständen Linkshänder ist.

Berichtet mir ein Mann von seiner Beziehung, werde ich zunächst einmal davon ausgehen, dass es sich dabei um eine Frau handelt.

Bekomme ich Besuch, werde ich diesem Alkohol anbieten – obwohl ich es mit einem Abstinenzler zu tun haben könnte.

Das tue ich nicht, weil ich Linkshändern, Homosexuellen oder Abstinenzlern Böses will. Und es bedeutet nicht, dass ich diese Eigenschaften abwerte oder Normalität (im Sinne von Häufigkeit) mit Werthaftigkeit verwechsle. Ich tue es, weil ich in der Mehrzahl der Fälle damit richtig liege.“

Normalitäten sind eben nicht per se darauf ausgerichtet, dass man den anderen Raum wegnimmt. Es ist schlicht eine Strukturierung der Realität, ohne die wir immer eine unüberschaubare Menge von Handlungsoptionen bedenken müssten. Unser Gehirn ist aus meiner Sicht gerade dazu geschaffen, solche Normalitäten zu nutzen und dadurch die Realität besser erfassen zu können.

Gehe ich mit einer solchen Annahme einmal fehl, entschuldige ich mich natürlich und korrigiere meinen Fehler. Von dieser Erwartung aber ganz abzulassen, würde mir ein sehr wirkungsvolles Instrument der Alltagsbewältigung rauben, von dem ich ungern ablassen würde.

Auch das ist etwas, was im Feminismus zu kurz kommt: Man kann, wenn man erkennt, dass der andere nicht der Normalität entspricht sein Verhalten eben entsprechend umstellen und dem anderen dadurch „Raum geben“. Natürlich kann es dabei unangenehm sein, wenn zB der Homosexuelle sich nicht traut zu seiner Homosexualität zu stehen, weil er nicht weiß, wie der andere reagiert. Aber angesichts der sehr geringen Anzahl an Homosexuellen lässt es sich kaum vermeiden, dass dieser Weg der effektivste ist. Im Gegenteil: Der Versuch immer neutral zu bleiben und alle Möglichkeiten offen zu halten wird wohl eher als anstrengend bemüht wahrgenommen werden. Ich hatte ja auch schon darauf hingewiesen, dass sich diese Vermutung eben auch anders herum auswirken kann: Bei einem Mann mit einem sehr weiblichen Auftreten (also einem „Klischeeschwulen“) wird die Vermutung aus den gleichen Gründen dahingehen, dass er Homosexuell ist, obwohl dies keineswegs der Fall sein muss.

Menschen, so denke ich, werden sich nur unter extremen Bedingungen dazu bringen lassen, von der Benutzung dieser höchst sinnvollen Heuristiken abzusehen.

Warum also versuchen, sie dazu zu bringen? Hier könnte man sich nun der alten Binsenweisheit bedienen, dass obsolet gewordene soziale Bewegungen stets nach neuen Betätigungsfeldern suchen, um sich ihrer Existenzberechtigung zu versichern. Das gilt insbesondere dann, wenn diese Bewegungen bereits soweit geronnen sind, dass sie sich in der bürokratischen Infrastruktur eines Gemeinwesens festgesetzt haben.

Ein Problem, das sich schlicht nich lösen lässt, ist dabei der Hauptgewinn eines jeden Kämpfers für die vermeintliche Gerechtigkeit, dessen Ansehen oder dessen Existenz auf dem fortwährenden Kampf gegen das Böse beruht.

Denn wenn der Patient partout nicht genesen will, dann braucht es eben immer mehr von der immer gleichen Medizin. Und das bedeutet vor allem eines: Mehr Geld, mehr Posten, mehr Aufmerksamkeit, mehr Prestige.

Es gibt in dieser ganzen Geschichte also durchaus jemanden, der nicht von seinen Privilegien lassen will. Es sind nicht die Anhänger des klassischen Rollenbildes

Das ist ein interessanter Hinweis: Der Kampf gegen Normativitäten, die sich aus Häufungen ergeben, ist in der Tat nicht zu gewinnen und damit ewig während. Es kann dem Leben einen Sinn geben, der nie endet. Und in dem man immer, wenn auch nur vermeintlich, gebraucht wird.

Mutterschaft und Kindererziehung als Kostenfaktor im Arbeitsmarkt

In einem Spiegelartikel heißt es

Bei Beförderungen kommen immer noch eher junge Männer zum Zuge als Frauen, insbesondere Mütter werden ungern eingestellt. „Das ist das große Feld der Ungleichbehandlung, das es noch gibt“, sagt Marcus Bodem, Arbeitsrechtler bei Ecovis in Berlin. „Mütter und ältere Mitarbeiter sind nach wie vor im Nachteil.“

Eine erste Einsicht, die man meiner Meinung nach haben müsste, um sich dem Problem zu nähren, ist, dass Frauen, die nach der Wahrscheinlichkeit bald schwanger werden und Mütter in der Tat mit wesentlich höherer Wahrscheinlichkeit tatsächlich einen Nachteil in der Wahl als Angestellter oder für eine Beförderung darstellen.

Ein Umstand verschwindet nicht aus einer Entscheidungsmatrix, wenn man ihn verbietet. Denn die Kosten bestehen nach wie vor fort. Die dann zu treffende logische Entscheidung muss dann einfach bestimmte weitergehende Faktoren berücksichtigen:

Auf der einen Seite stehen

  • Kosten der Entscheidung für eine Angestellte durch Erziehungszeiten etc x die Wahrscheinlichkeit mit der diese Kosten sich verwirklichen: Also etwa die potentiell kürzeren Arbeitszeiten, die geringere Flexibilität bei Überstunden und die Wahrscheinlichkeit eines längeren Aussetzens oder des Wunsches in Teilzeit zu arbeiten x die Wahrscheinlichkeit, dass Frauen diese Kosten verursachen

Auf der anderen Seite stehen

  • Schadensersatzforderungen
  • schlechter Ruf als unmodern
  • Entgehen potentieller Talente

Eine Umgehung lohnt sich wenn:

  • Wenn „Kosten der Entscheidung für einen Angestellten durch Erziehungszeiten etc x die Wahrscheinlichkeit mit der diese Kosten sich verwirklichen“ geringer sind als die Kosten einer Angestellten, dies ist dann der Fall, wenn diese Kosten dort mit einer geringeren Wahrscheinlichkeit (auch innerhalb der Höhe) anfallen
  • die Schadensersatzforderungen x die Wahrscheinlichkeit, dass diese verwirklicht werden nicht höher sind als dieser Ausfall + die Kosten in Bezug auf den Ruf gering sind + genug männliche Talente vorhanden sind

Die Wahrscheinlichkeit, dass Schadensersatzforderungen geltend gemacht werden können, kann man beispielsweise erhöhen, wenn man die Entscheidung entsprechend begründet und Eigenschaften selektiv gewichtet. Also beispielsweise in dem man bei einem Merkmal, dass eine Person, die man will, besonders gut abschneiden lässt, höher ansetzt.

Faktoren, mit denen man die Rechnung beeinflussen kann, sind daher:

  • Höhere Schadensersatzforderungen
  • Erhöhung der Klagebereitschaft durch Vereinfachungen bei der Durchsetzung
  • Verringerung der Kosten: Beispielsweise indem man Erziehungszeiten herabsetzt oder einer vertraglichen Regelung zugänglich macht (was gegebenenfalls dann wieder Frauen zusätzlich abschreckt)
  • gesellschaftliche Umlegung bestimmter Kosten (wird ab einer gewissen Managementstufe uninteressant)

Eine genaue Berechnung, welche Kosten durch Aussetzen entstehen, wäre interessant, aber politisch wohl höchst inkorrekt. Sie würde aber helfen, die Lage tatsächlich einzuordnen.

Kooperation bei Männern und Frauen hier anhand von Zusammenarbeit bei Publikationen

Eine interessante Studie, die auch schon in verschiedenen anderen Blogs besprochen wurde, beschäftigt sich mit der Kooperation bei Männern und Frauen und deren Zusammenhang mit dem Status:

Unrelated human males regularly interact in groups [1], which can include higher and lower ranked individuals. In contrast, from early childhood through adulthood, females often reduce group size in order to interact with only one individual of equal rank [1,2,3,4,5]. In many species, when either sex maintains a group structure, unrelated individuals must cooperate with those differing in rank [6]. Given that human males interact more than females in groups, we hypothesized that dyadic cooperation between individuals of differing rank should occur more frequently between human males than females. We examined this hypothesis in academic psychology. Numbers of co-authored peer-reviewed publications were used as an objective measure of cooperation, and professorial status as a measure of rank. We compiled all publications co-authored by full professors with same-sex departmental colleagues over four years in 50 North American universities, and calculated the likelihood of co-authorship in relation to the number of available professors in the same department (Supplemental information). Among those of equal status (full professors) there was no gender difference for likelihood of co-authorship: women and men were equally likely to co-author publications with another full professor of the same gender. In contrast, male full professors were more likely than female full professors to co-author publications with a same-gender assistant professor. This is consistent with a tendency for men to cooperate more than women with same-sex individuals of differing rank.

Quelle: Rank influences human sex differences in dyadic cooperation

Ich habe leider keinen Volltext gefunden, insofern muss ich auf Besprechungen der Studie auf anderen Seiten zurückgreifen.

Es erscheint mir aber ein interessantes Ergebnis zu sein: Männer arbeiten eher auch mit anderen Männern zusammen, die einen niedrigeren Rang als sie haben. Das könnte interessante Rückschlüsse darauf zulassen, wie Männer und Frauen Netzwerke aufbauen.

Zur Fragestellung, die untersucht werden sollte:

“The question we wanted to examine was: Do men or women cooperate differently with members of their own sex?” Wrangham said. “The conventional wisdom is that women cooperate more easily, but when you look at how armies or sports teams function, there is evidence that men are better at cooperating in some ways.”

Das sind ja durchaus interessante Fragen, da das Klischee in der Tat vorgibt, dass Frauen kooperationsbereiter sind, auch wenn es ansonsten viele Beispiele für eine sehr gute männliche Kooperation gibt, wie etwa das Militär und Sportteams.

Benenson and Wrangham settled on co-authored academic papers as an objective measure of cooperation, and began by identifying 50 institutions from across the United States and Canada with at least two male and female full professors and two male and female assistant professors in their psychology departments. Researchers then identified all articles written by senior faculty from 2008 to 2012, and recorded how often within the same department senior faculty worked with other senior faculty of the same sex, and how often senior faculty worked with junior faculty of the same sex.

Es geht also lediglich darum, inwieweit die Professoren (m/w) jeweils mit „rangniedrigeren“ Mitarbeitern des gleichen Geschlechts zusammen gearbeitet haben. Das könnte für die Frage interessant sein, inwieweit Frauen Frauen fördern bzw. inwieweit sie dies in einem geringeren Umfang taten als Männer Männer förderten.

“When I studied young children, I noticed that boys were typically interacting in groups, and girls tended to focus on one-on-one relationships,” said Benenson, who discusses these findings in her new book, “Warriors and Worriers.”

“There is even evidence that these differences exist in 6-month-olds — but you can see it with the naked eye by about 5 or 6 years old, where boys form these large, loose groups, and girls tend to pair off into more intense, close friendships.

Zu den Gruppendynamiken aus evolutionärer Sicht bei Männern hatte ich hier auch schon mal unter Bezugnahme auf David Geary etwas geschrieben. Zu den verschiedenen Arten bei Jungs und Mädchen Hierarchien und Rangausbildungen zu betreiben hatte ich hier etwas. Das Männer eher als Frauen relativ lose Gruppen bilden würde ich auch so sehen, wobei es auch nicht so direkt ist, auch Frauen haben ja ihre Freundinnengruppen. Sie haben aber vielleicht andere Gliederungen in dieser.

in fact, Benenson said, women are often thought of as being more egalitarian than men. “But there’s a flip side no one thinks about, which is: What happens when they’re with someone who isn’t the same rank?”

While the study offers evidence that women, in some situations, may not collaborate as often as men, Wrangham made it a point to emphasize the host of unanswered questions behind those differences.

Ein großer Schwachpunkt der Studie (es sei denn das liegt daran, dass ich die Vollversion nicht kenne) erscheint mir, dass Frauen ja immer noch kooperativer sein könnten, sich aber eben häufiger Männer suchen als Frauen.

Es könnten auch viele andere Faktoren hineinspielen: Vielleicht werden die Juniorprofessorinnen  lieber von den männlichen Professoren gefördert oder erhoffen sich da eine bessere Betreuung oder die Juniorprofessoren (m) überzeugen die Professorinnen mehr. Für einen umfassenden Vergleich müsste man die gesamte Kooperationshistorie auswerten, auch die, in der Partner des anderen Geschlechts zusammenarbeiten. Dann müsste man die verfügbaren Personen wohl auch noch nach Leistung bewerten um zu schauen, ob nicht einfach unabhängig vom Geschlecht Zusammenarbeiten nach Geschlecht erfolgen. Dann wäre auch noch die Frage interessant, wie viele Juniorprofessoren (m/w) des jeweiligen Geschlechts vorhanden waren. (auch interessant wäre eine Bewertung des „Partnerwerts“ der Juniorprofessoren und Professoren (jeweils m/w) und die Frage inwieweit diese bei gemischtgeschlechtlichen Projekten eine Rolle spielt). Es ist allerdings interessant, dass sich diese Lücke gerade bei der Frage zeigt, ob man mit niederrangigeren zusammenarbeitet. Hier wäre in der Tat aktive Frauenförderung für die Professorinnen möglich. Dieser Aspekt scheint für diese aber nicht im Vordergrund zu stehen

“There is cross-cultural evidence for this phenomenon, you see it in early development, and in one of our closest relatives,” said Wrangham. “That pushes us into thinking that there is a strong biological influence here, but we would never suggest this is impervious to environmental and cultural influences as well.

“Nevertheless these are the kinds of fascinating questions about fundamental sex differences in social relationships that would be tremendously important to recognize if you want to change the way in which women’s access to higher ranks happens,” he added. “What we need to know, now that we have recognized these patterns, is what can we do to ameliorate them?”

Insgesamt finde ich es eine interessante Frage und ich könnte mir gut vorstellen, dass es da Prinzipien gibt, die man sehr gut biologischen Einflüssen zuordnen kann, allerdings ist dafür wohl noch einiges an Forschung notwendig, die auch die anderen möglichen Einflüsse berücksichtigt.