Gedankenwerk stellt in einem Kommentar den Unterschied aus seiner Sicht zwischen einer Feministin und einer emanzipierten Frau dar.
Ich würde emanzipierte Frauen nicht mit Feministinnen gleichsetzen.
An emanzipierten Frauen stören sich die wenigsten Männer, wenn emanzipiert vorwiegend heißt, (wirtschaftlich) unabhängig.
Emanzipiert ist ja genau das Gegenteil von “die Schuld bei andern suchen”.
Emanzipiert heißt für mich, selber sein Leben steuern und Verantwortung zu übernehmen. Es schließt nicht aus, sich auf andere (freiwillig) einzulassen und (freiwillig) Verpflichtungen *einzugehen* (nicht verpflichtet zu werden), für andere da zu sein.
Welche Verhaltensweisen haben Feministinnen, die sie “unattraktiv” machen?
Das Feindbild im Männlichen suchen und aufgrund der Geschlechterunterscheidung zu erhöhen oder zu erniedrigen. Aber gleichzeitig Geschlechterunterschiede mit ihren *positiven* Punkten einebnen zu wollen (gilt eigentl. ausschließlich für Sexualität).
Bei allem eine Benachteiligungsrechnung machen, die zudem jedem Realmaß entbehrt.
Das stimmt so natürlich nur für einen Teil des Feminismus, der allerdings aus meiner Sicht genau der Feminismus ist, der die negative Aufladung des Begriffes verursacht hat.
Ich meine auch, dass die allermeisten Männer kein Problem mit Gleichberechtigung und Emanzipation haben, mit Feminismus aber ein „Darüber hinaus“ und eine Männerfeindlichkeit verbinden.
Dazu trägt eben bei, dass die Frauen, die man als Feministinnen in der Presse wahrnimmt, durchaus nicht selten eine gewisse Männerfeindlichkeit verkörpern, etwa Deutschlands Vorzeigefeministin Alice Schwarzer.
Innerhalb der männlichen Bevölkerung läuft die Einteilung vielleicht eher.
Unselbständige Frau – emanzipierte Frau (Normalfall) – Feministin/Emanze
Während die Selbstwahrnehmung „feministisch orientierter Frauen“ eher ist.
Unselbständige Frau – emanzipierte Frau/Feministin
Die Wahrnehmung ist hier auch weniger Schwarz – Weiß. Die meisten Frauen haben keine Kenntnis tatsächlich feministischer Ideen und kennen allenfalls ein paar Schlagwörter, die eher in Verbindung mit einem Equityfeminismus, also einem auf Gleichberechtigung ausgerichteten Feminismus stehen. In anderen Bereichen sind sie aber für klassische Rollenverteilungen oder stehen dazu, selbst Geschlechterrollen hochzuhalten, beispielsweise indem sie sich selbst sehr weiblich geben und auf „echte Männer“ stehen.
Die Abgrenzung zwischen emanzipierten Frauen und feministischen Frauen scheint mir jedenfalls in beiden Lagern anders zu verlaufen. Ausserhalb des Feminismus wird die Selbstbezeichnung als Feministin aber eher negativ gesehen.
Ergänzend kann man vielleicht sagen, dass Feminismus und emanzipiert sein durchaus in einer verbindung stehen, dass aber das, was man heute als emanzipiert ansieht eher historisch mit dem Feminismus in Verbindung gebracht wird und nicht mehr mit aktuellen Forderungen des Feminismus.
Demgegenüber betonen Feministinnen gerne, wenn eine Diskriminierung wahrgenommen wird, dass man „den Feminismus nach wie vor braucht“ oder gar, dass er „wichtiger als je zuvor ist“.
auch hier werden aber viele Frauen eher sagen, dass man sich natürlich nach wie vor gegen Sexismus wehren muss, aber dennoch Thesen aus dem Genderfeminismus oder dem gynozentrischen Feminismus ablehnen, wenn man sie ihnen erklärt.
Mache ich teilweise sogar ganz gerne. Wenn eine Frau, die eigentlich keine Feministische Theorie kennt, sich auf so etwas beruft, dann kann es ganz lustig sein, einmal eine Phallokratie oder Rape Culture zu erklären, worauf dann meistens so etwas kommt wie „die spinnen doch komplett“.
Dem kann ich nur zustimmen, wobei einige deiner Leser wohl auch eher die Wahrnehmung „feministisch orientierter Frauen” haben 🙂
Unselbständige Frau – emanzipierte Frau/Feministin
@Holly Wood
Ja, leider ist das so. Es gibt – gerade auch in der Männerbewegung – natürlich auch Männer, die jedes Anzeichen von Emanzipation als Feindbild dem Feminismus zuordnen. Genauso wie im Gegenzug einige Feministinnen gibt, die jedes Anzeichen von Festhalten an klassischer Männlichkeit als Feindbild sehen
Anmerkung Admin: Der Kommentar erschien eigentlich im „About“, dort möchte ich aber keine großen Diskussionen, ich habe ihn daher in diesen Artikel verschoben und hoffe, dass das für dich, Lola, okay ist.
Die Texte hier sind unsäglich vereinfachend und unkritisch. Zum Beispiel Behauptungen, Feministinnen würden Evolutionsbiologie ablehnen usw.
Vor allem diese pseudo-biologistischen Rechtfertigungen entbehren jeglicher Schlüssigkeit- ja, die Frau kann stillen, das heißt aber nicht, dass ein Mann nicht fürsorglich sein kann. Oder: Männer müssten ihren Samen “versprühen” – warum widerspricht denn kein Mann der These, dass er sich angeblich physiologisch, psychologisch und moralisch auf der evolutionären Ebene eines Gänseblümchens befinden soll?
Wenn wir rein biologisch determiniert wären, wie ließe sich dann die Vielzahl unterschiedlicher kultureller Praktiken und Unterschiede im Verhalten der Geschlechter in diversen Kulturkreisen erklären?
Und dann der Theoriebaukasten aus der kulturwissenschaftlichen Mottenkiste: Von Luhmann über Chomsky wird hier ja alles vergewaltigt, das nicht bei drei auf den Bäumen ist. Ich weiß schon, damit soll intellektuelle Kapazität bewiesen werden. Ist aber doch eher eklektizistischer, pseudowissenschaftlicher Mangeldiskurs.
@lola
Ich freue mich immer über Kritik.
Vielleicht kannst du mir ja mal einen Text zeigen, bei dem Feminstinnen aus dem Genderbereich etwas über die Evolutionsbiologie schreiben.
„ja, die Frau kann stillen, das heißt aber nicht, dass ein Mann nicht fürsorglich sein kann.“
Natürlich heißt es das nicht. Schreibe ich ja auch nirgends
“ Oder: Männer müssten ihren Samen “versprühen” – warum widerspricht denn kein Mann der These, dass er sich angeblich physiologisch, psychologisch und moralisch auf der evolutionären Ebene eines Gänseblümchens befinden soll?“
Gänseblümchen müssen ihren Samen versprühen? Ich sage im übrigen nicht, dass Männer ihren Samen versprühen müssen. Sondern das eine möglichst umfangreiche Fortpflanzung mit vielen Frauen aufgrund der geringeren Mindestkosten der Fortpflanzung für Männer eher selektiv Vorteilhaft war als für Frauen. Das macht Männern nicht zu stumpfen Maschinen, es führt aber zu einer anderen evolutionären Entwicklung des Mannes
„Wenn wir rein biologisch determiniert wären, wie ließe sich dann die Vielzahl unterschiedlicher kultureller Praktiken und Unterschiede im Verhalten der Geschlechter in diversen Kulturkreisen erklären?“
Indem wir eben nicht biologisch determiniert sind, aber bestimmte Vorgaben haben, unsere Wünsche und Triebe uns ein bestimmtes Verhalten als logisch und wünschenswert erscheinen lassen. Ziele und Wünsche kann man verschieden umsetzen und verschiedene Kulturen können andere Wege wählen, je nach dem welche Interessengruppe sich dort stärker durchsetzt.
„Und dann der Theoriebaukasten aus der kulturwissenschaftlichen Mottenkiste: Von Luhmann über Chomsky wird hier ja alles vergewaltigt, das nicht bei drei auf den Bäumen ist.“
Wie wäre es denn richtig und was sind die Fehler, die bei der Auslegung gemacht werden?
“ Ich weiß schon, damit soll intellektuelle Kapazität bewiesen werden. Ist aber doch eher eklektizistischer, pseudowissenschaftlicher Mangeldiskurs.“
Welche Theorien vertrittst du denn? Und welche Argumente sprechen für sie
ich möchte aber doch in Frage stellen, dass wir in Hinblick auf männliche und weibliche Sexualität bzw. Fortpflanzung nur evolutionäre Vor- und Nachteile betrachten können. Denn viele kulturelle Praktiken haben sich weit von evolutionär-sinnvollen Handlungen entfernt.
Ein Beispiel hierbei wäre das Inzesttabu, das Freud ja ausführlich in „Totem und Tabu“ beschreibt. Viele archaische Kulturen weisen/wiesen sehr weitgehende Tabus und Verbote im Bezug auf Sexualkontakte auf, die biologisch (also im Sinne von Verhütung kranken Nachwuchses) nicht zu rechtfertigen sind. Das zeigt, dass es eine Dimension von religiöser und kultureller Ordnung gibt, die Menschen verfolgen, obwohl sie bisweilen zum Beispiel dem biologischen Überleben des Stammes schaden kann.
Was ich sagen will: Ich wäre sehr sehr vorsichtig mit der Rechtfertigung verschiedener Verhaltensmuster bei Mann oder Frau mit Biologie/Steinzeitverhalten. Denn das führt uns ja im Hier und Jetzt nicht weiter. Damit sprechen wir uns letztlich auch jeglichen freien Willen im Hinblick auf unser Handeln ab (noch so eine große philospohische Debatte :), sondern machen uns zu Opfern von Genen und scheinbar unauslöschlichen Rollenzuschreibungen.
Wir sind keine Jäger und Sammler mehr. Unser Gehirn hat seit dieser Zeit eine unglaubliche Anpassungsleistung an eine ganz andere Form von Natur und Umwelt durchgemacht (während du das liest, leistet dein Gehirn unglaubliches, denn Lesen ist ein hochkomplexer Vorgang, den Steinzeitmenschen nicht meistern konnten und mussten.
Unserer Gesellschaft nützt ein solcher Diskurs nicht, weil er Scheinwahrheiten über Mann und Frau auf alle Zeiten festschreiben will. Das dient eher der Rechtfertigung gegenwärtiger Verhaltensmuster als ihrer Erklärung.
@lola
„ich möchte aber doch in Frage stellen, dass wir in Hinblick auf männliche und weibliche Sexualität bzw. Fortpflanzung nur evolutionäre Vor- und Nachteile betrachten können.“
Hast du dich schon einmal mit den Theorien beschäftigt? Es ist zum Beispiel recht interessant, was sexuelle Selektion so alles bewirken kann und wie sie sich auf die Geschlechter auswirkt. Ein weiterer Punkt ist, dass Evolution langsam wirkt und ein evolutionärer Druck vorhanden sein muss, der eine Selektion bewirkt. Wann hatten wir denn diese großen Änderungen im Geschlechterverhältnis, die dies bewirkt haben sollen?
Die Steinzeit ist übrigens noch gar nicht so lange her. Auch das berücksichtigen viele nicht. Und sie hat verdammt lange gedauert.
„Denn viele kulturelle Praktiken haben sich weit von evolutionär-sinnvollen Handlungen entfernt.“
Das macht ja nichts. Nehmen wir die Möglichkeit, sich Silikon-Brüste machen zu lassen. Eine kulturelle Praktik, die zweifellos nicht während der Steinzeit bestand. Was wird mit ihr erreicht? Größere, symmetrische Brüste. Warum das evolutionär interessant ist, habe ich hier dargestellt (in dem Geoffrey Miller Zitat)
Viele Praktiken, die du wahrscheinlich nicht als evolutionär geprägt verstehst, kann man als intrasexuelle Konkurrenz auf neuen modernen Niveau verstehen, etwa Karriere oder das dickere Auto etc.
„Ein Beispiel hierbei wäre das Inzesttabu, das Freud ja ausführlich in “Totem und Tabu” beschreibt. Viele archaische Kulturen weisen/wiesen sehr weitgehende Tabus und Verbote im Bezug auf Sexualkontakte auf, die biologisch (also im Sinne von Verhütung kranken Nachwuchses) nicht zu rechtfertigen sind.“
Ja, das Inzesttabu ist kulturell ausgebaut worden, meist eher in Folge von erbrechtlichen Überlegungen, ich meine Pinker hat dazu etwas geschrieben. Dennoch hat das Inzesttabu einen höchst biologischen Kern, der über Gerüche in den ersten Lebensjahren gesteuert wird. Der fällt nicht weg, weswegen die allermeisten Menschen gar nicht auf die Idee kommen würden, mit ihrem Bruder oder ihrer Schwester zu schlafen, wenn sie mit ihnen zusammen aufgewachsen sind, auch wenn das Inzesttabu fallen würde.
Freuds Geschichten dazu finde ich übrigens sehr an den Haaren herbeigezogen. Sie sind aus meiner Sicht blosse Just-so-Geschichten, für die es keinerlei Bestätigungen, aber sehr viel entgegenstehendes gibt, eben die Prägung über Geruch.
„Das zeigt, dass es eine Dimension von religiöser und kultureller Ordnung gibt, die Menschen verfolgen, obwohl sie bisweilen zum Beispiel dem biologischen Überleben des Stammes schaden kann.“
Warum sollten sie auch das Überleben des Stammes im Sinn haben? Das wäre ja Gruppenselektion, die in der Evolutionsbiologie eher auf breite Ablehnung stößt.
„Was ich sagen will: Ich wäre sehr sehr vorsichtig mit der Rechtfertigung verschiedener Verhaltensmuster bei Mann oder Frau mit Biologie/Steinzeitverhalten.“
Und das vollkommen zu recht. Man sollte nichts damit rechtfertigen, dass wäre erst einmal ein naturalistischer Fehlschluss. Aber erklären kann man vieles, gerade im Schnitt. Aber auch das sollte man natürlich jeweils kritisch hinterfragen. Ebenso sollte man aber nicht vorschnell auf eine kulturelle Erklärung schließen. Das macht es nämlich nicht besser, gerade wenn man danach Änderungen oder Umstellungen dieses Kulturen oder des Verhaltens fordert und sich damit verbundene Schwierigkeiten nicht bewusst macht.
„Denn das führt uns ja im Hier und Jetzt nicht weiter.“
Was uns weiter führt, ist zu ermitteln, ist wissenschaftliche Forschung bezüglich unserer Hintergründe, kulturell oder biologisch, ergebnisoffen und kritisch durchzuführen. Nicht weiter hilft es uns, ein Ziel erreichen zu wollen ohne uns abzusichern, dass man es erreichen kann
„Damit sprechen wir uns letztlich auch jeglichen freien Willen im Hinblick auf unser Handeln ab“
Wenn man es übertreibt sicherlich. Aber uns freien Willen zuzusprechen, macht uns nicht freier.
„(noch so eine große philospohische Debatte)“
Wenn dich interessiert, was wir dazu schon hatten:
https://allesevolution.wordpress.com/2011/02/10/der-mensch-und-freier-wille/
https://allesevolution.wordpress.com/2012/05/08/freier-wille/
„sondern machen uns zu Opfern von Genen und scheinbar unauslöschlichen Rollenzuschreibungen.“
Nein, entweder wir sind Opfer unserer Gene oder wir sind es nicht. Allerdings geht es hier auch gar nicht darum, dass wir determiniert sind. Wir können natürlich frei entscheiden, aber viele unser Entscheidungsgrundlagen sind uns vorgeben. Ein Homosexueller wird eben Männer attraktiv finden und ein Heterosexueller eben Frauen. Er kann sich nicht umentscheiden.
Und Rollenzuschreibungen an Einzelpersonen werden nach einem modernen biologischen Verständnis auch gar nicht mehr vorgenommen. Es wird eben kein biologischer Essentialismus mehr vertreten, sondern es wird davon ausgegangen, dass die Fertigkeiten und Vorlieben von Männern und Frauen verschieden ausgeprägt sind, es sind Normalverteilungen mit überlappenden Trägern und verschobenen Mittelwerten. Es gibt also auch in diesem Modell sehr weibliche Männer, nur weniger als weibliche Frauen (vom Verhalten her9
„Wir sind keine Jäger und Sammler mehr.“
Aber unser Gehirn ist noch dafür konzipiert. Das sieht man daran, dass die Gehirne überall auf der Welt recht gleich sind. Hätten sie sich innerhalb der letzen 40.000 Jahre wesentlich geändert, dann müsste das auf jedem Kontinent einzeln passiert sein (out of africa Theorie)
„Unser Gehirn hat seit dieser Zeit eine unglaubliche Anpassungsleistung an eine ganz andere Form von Natur und Umwelt durchgemacht“
Das ist eben die Frage. Es scheint eher als würde sich jeder Mensch entsprechend neu anpassen. Im Übrigen musste sich unsere Kultur eben auch an unser Gehirn anpassen. Wir haben viele Sachen so ausgestaltet, dass sie diesen VOrgaben entsprechen, auch wenn wir sie moderner gemacht haben
„während du das liest, leistet dein Gehirn unglaubliches, denn Lesen ist ein hochkomplexer Vorgang, den Steinzeitmenschen nicht meistern konnten und mussten.“
Richtig. Aber was sagt das letztendlich aus? Natürlich konnte unser Gehirn zeichen deuten und gesten verstehen
„Unserer Gesellschaft nützt ein solcher Diskurs nicht, weil er Scheinwahrheiten über Mann und Frau auf alle Zeiten festschreiben will. Das dient eher der Rechtfertigung gegenwärtiger Verhaltensmuster als ihrer Erklärung.“
Ich denke du hast eine falsche Vorstellung davon, was eigentlich innerhalb dieses Diskurses vertreten wird. Welche Scheinwahrheiten meinst du denn zum Beispiel und ws spricht dafür, dass man diese ändern kann, sie rein kulturell sind?
@ Lola
*Was ich sagen will: Ich wäre sehr sehr vorsichtig mit der Rechtfertigung verschiedener Verhaltensmuster bei Mann oder Frau mit Biologie/Steinzeitverhalten.*
Es geht nicht um Rechtfertigung, sondern um Beschreibung des Ist und den Versuch, die Frage zu klären, warum die Dinge meist so und nicht häufiger ganz anders sind.
*Damit sprechen wir uns letztlich auch jeglichen freien Willen im Hinblick auf unser Handeln ab (noch so eine große philospohische Debatte , sondern machen uns zu Opfern von Genen und scheinbar unauslöschlichen Rollenzuschreibungen.*
Menschliche Instinkte disponieren menschliches Verhalten nur noch, determinieren es nicht mehr.
Ja, das ist die zentrale Frage: Inwieweit ist der Mensch frei, zu wollen, was er will. Das er frei ist, zu tun, was er will, bestreitet hier niemand (offensichtliche Beschränkungen seines freien Willens durch äußere Notwendigkeiten/politischer Zwang etc. außen vor).
Warum jedoch handeln Menschen nach verschiedenen Mustern, die universal vorherrschend sind, z.B. vor allem Frauen zuständig für Kleinkinderbetreuung, vor allem Männer zuständig für Ressourcenbeschaffung/Verteidigung/Statuserwerb?
Und scheinen dabei einem inhärenten Drang zu folgen, der nicht bei allen gleich stark und gleich gerichtet vorhanden ist, aber doch bei den meisten, so dass diese Muster entstehen, fast wie von selbst.
Und warum sind sie so schwer änderbar?
*Unserer Gesellschaft nützt ein solcher Diskurs nicht, weil er Scheinwahrheiten über Mann und Frau auf alle Zeiten festschreiben will. Das dient eher der Rechtfertigung gegenwärtiger Verhaltensmuster als ihrer Erklärung.*
Und wieder: Es geht nicht um Rechtfertigung oder Nützlickeit, sondern um die Annäherung an die Wahrheit, um die möglichst realistische, illusionslose Erfassung dessen, was ist.
Das Unnützliche (was ist denn überhaupt „nützlich“? Vielleicht halte ich ganz anderes für nützlich als Du?), das dem eigenen Wunschdenken Widersprechende kann trotzdem wahr sein.
Auch wenn ich die Welt ändern will, muss ich darum wissen, damit ich mir keine Illusionen mache über den Schwere-/Leichtigkeitsgrad ihrer Verändrbarkeit, damit ich nicht auf Methoden setze, die per se wirkunslos sind und am Ende dort Schuldige suche, die verketzere, bestrafe, ausrotte, wo per se keine zu finden, keine namhaft zu machen sind.
Denn viele kulturelle Praktiken haben sich weit von evolutionär-sinnvollen Handlungen entfernt.
Richtig, häufig ist dies aber auch nur scheinbar der Fall. Dieser Frage geht man in der Soziobiologie nach, oder auch auf diesem Blog. Ebenso gibt es viele Handlungen die nicht kulturell-sinnvoll erscheinen, oder sich nicht aus der Lerngeschichte eines Menschen erklären lassen. Sprechen wir deshalb Sozialwissenschaften und Kultur jede Bedeutung ab, oder suchen wir nicht lieber weiter interdisziplinär und undogmatisch nach Antworten, um Verhalten beschreiben, erklären und womöglich beeinflussen zu können?
Biologische Antworten waren schon immer sinnvoll und können auch emanzipatorisch verstanden werden. Bei dem Menschenbild und den Werten das einer Kultur zugrunde liegt, muss die Natur des Menschen berücksichtig werden, sonst geht diese Kultur zugrunde.
Ein einfaches Beispiel wären sex-repressive Gesellschaften, die den Trieb verkennen.
Auch zum Inzesttabu gibt es biologische Ansätze die über Freuds unwissenschaftliche Erklärungen hinausgehen.
Ob etwas Scheinwahrheit ist oder nicht, lässt sich nur in wissenschaftlichen Diskursen klären, die keine Erklärungsmöglichkeit aus ideologischen Gründen ausschließen, etwa weil sie als „rückwärtsgewandt“ gilt.
@ Lola
Zum Inzesttabu und seiner möglicherweise natürlichen „Abstützung“, s. Westermarck-Effekt:
http://en.wikipedia.org/wiki/Westermarck_effect
Kinder, die die ersten 6 Jahre zusammen aufgezogen werden, finden sich unterdurchschnittlich häufig als Sexpartner wieder, später, als Erwachsene.
Empirische Evidenz dafür aus der Untersuchung der Heiratsmuster in israelischen Kibbuzsiedlungen (Kinder aus derselben, zusammen aufgezogenen Kindergruppe – sozialistische Kollektiverziehung außerhalb der Kernfamilie, die also keine Geschwister sind, nur in einem Nahverhältnis gemeinsam aufwuchsen, heiraten fast nie untereinander.
In Taiwan adoptieren Familien Kinder, die später die eigenen, leiblichen Kinder heiraten sollen, mit denen sie aufwuchsen. Diese Ehen sind unterdurchschnittlich fruchtbar und scheitern überdurchschnittlich oft (überdurchschnittlich häufig Untreue der Partner und offenbar geringeres sexuelles Interesse an dem allzu bekannten Menschen).
@Lola
Ich würde Dir hier unbedingt zustimmen, dass es hier ab und an ein bisschen unterkomplex zugeht. Aber ich denke, wenn Du schon Luhmann ansprichst, könnten wir doch auch gleich mit Luhmann diesen Sachverhalt aufklären:
Nach Luhmann gewährleisten Soziale Systeme den Zusammenhalt, die Integratioin der Gesellschaft, Integration wird im selbstreferentiellen (also aus sich heraus funktionierenden und auf sich bezogen) Systemmodell von Luhmann durch stetige soziale Differenzierung erreicht, mit der Komplexität reduziert und dadurch Integration möglich wird. „Reduktion von Komplexität“ ist somit der Schlüsselbegriff der Luhmannschen Systemtheorie. Systeme dienen der Reduktion von Komplexität und zwar durch Stabilisierung einer Innen/Aussen-Differenz (Luhmann, 1971, S. 11), das heisst, sie werden im Verhältnis zur Umwelt handlungsfähig! 😀
Systeme dienen der Reduktion von Komplexität und zwar durch Stabilisierung einer Innen/Aussen-Differenz
Verstehe.
Deshalb also der häufig anzutreffende, unterkomplexe Begriff von „Biologismus“ – und vor allem: die reduzierende Projektion von Essentialismus auf „Biologismus“ – in gewissen, sich als progressiv und gebildet distinguierenden Bildungs- und Beamtenbürgerkreisen 😀
@ Nick
Es geht ja noch weiter:
* das heisst, sie werden im Verhältnis zur Umwelt handlungsfähig! *
D.h. die progressive In-Group wirft uns armen Katholiken Sexismus vor.
Als ob der nicht zu unserer Kultur gehörte.
Aber plötzlich sind sie gegen Diversität.
@Lola:
warum widerspricht denn kein Mann der These, dass er sich angeblich physiologisch, psychologisch und moralisch auf der evolutionären Ebene eines Gänseblümchens befinden soll?
Weil wir genug damit zu tun haben, der historisch daraus hervorgegangenen These zu widersprechen, derzufolge wir angeblich unser ganzes Sein um das angebliche Bedürfnis der (sexuellen!) Unterdrückung von Frauen herum aufbauen sollen.
Der cultural feminism wurde ab mitte der 1970er hegemonial, und prägt bis heute sehr vieles von dem, was sich feministisch nennt.
Unbeschadet des vordergründigen Postulates von Gleichheit: Das biologistische Muster wurde schlicht durch das kulturalistische Muster „Patriarchat“ substituiert. Weil Kultur, im Gegensatz zu Hormonen, keine Häufungen kennt, sondern durchgängig und unentrinnbar alle Menschen prägt, ist dieses Muster weitaus essentialistischer.
Der ganze feministische Diskurs um „Männergewalt“ und „Ptriarchat“ beruht auf diesem krudem, entmenschlichenden Essentialismus.
Biologische Erklärungen für das höhere (physische!) Gewaltpotential von Männern sind mir wesentlich sympathischer, insbesondere weil sie, im Gegensatz zu feministisch-kulturalitischen „Erklärungen“, Männlichkeit nicht dämonisieren, und Weiblichkeit nicht sakralisieren.
Dass dieses Gewaltpotential nicht deterministisch ist, ist trivial, sonst gäbe es keine Zivilisation. Dieses Gewaltpotential lässt sich sehr gut kulturell entschärfen und kanaliseren, was wohl auch schon in Jäger- und Sammlergesellschaften ausgiebig praktiziert wurde.
Du erlegst einen Strohmann.
(weibliches Gewaltpotential gibt es natürlich auch, und zwar nicht knapp. Es zeigt sich z.B. darin, dass eine große Mehrheit der Denunzianten im Nationalsozialismus weiblich war.
Eine Welt ohne Männer ist also keineswegs friedlicher)
@Christian
Nur nochmal, um es deutlicher zu machen:
Für mich widerspricht sich „unselbstständige Frau“ und „Feministin“ nicht unbedingt. Es sind für mich keine Gegensätze.
Man kann auch ohne Probleme unselbstständig sein und glühende Feministin.
Ein Kleinkind hat, obwohl sehr unselbstständig, einen großen Einfluss auf das Verhalten seiner Eltern und wird auch vorwiegend so agieren, dass seine Umwelt sich ihm anpasst, Forderungen stellen, weinen und klagen, schimpfen und schmollen, wenn etwas nicht so läuft, wie es sich das gewünscht hat etc. Es strebt also nach Macht und nach Anpassung der anderen an seine Bedürfnisse.
Für ein Kleinkind ist das in Ordnung. Seine Fähigkeiten sind noch nicht ausgereift, um sich in der Welt zu behaupten, deswegen verdient es, ob seiner Schwäche, Rücksicht und angemessene Unterstützung.
Erwachsene dagegen sollten in der Lage sein, Entscheidungen zu treffen, zu handeln, auch damit Leben können, mal Fehler zu machen, mit Konsequenzen ihrer Entscheidungen leben können.
Das ist dann emanzipiert. Ich mache mich und mein Verhalten nur in soweit abhängig von anderen, wie ich es zulasse (wobei auch Fehler dabei passieren können).
Deswegen kann auch eine Hausfrau, die sich bewusst dafür zu entscheidet Hausfrau zu sein, durchaus emanzipiert sein und sich mit ihrem Partner einigen.
Jemand allerdings, der nur den Partner dafür verantwortlich macht, ist nicht emanzipiert. Denn es ist sehr selten, dass nur eine Möglichkeit existiert.
Manchmal gibt es zwar nur die Wahl des geringsten Übels, aber die Wahl ist dann die eigene.
Müßige Diskussion solange jeder unter „emanzipiert“ und „feministisch“ etwas anderes versteht.
Mir hat mal eine Arbeitskollegin stolz erklärt, natürlich sei sie Feministin. Man hat die blöd geglotzt als ich ihr geantwortet habe: „Schön, und was heißt das jetzt?“
Selbstredend konnte sie es nicht erklären. Sie hat erwartet, dass ich als „moderner“ (schwuler) Mann selbstredend wüsste, was sie unter Feminismus versteht.
Aber woher soll ich das wissen?
Sie hat blöd geglotzt, einfach nur, weil du bei dem Distinktionsritual („wir beide sind ganz toll progressiv, du als Schwuer und ich als Feministin!“) nicht mitgespielt hast.
Du bist ihr in den Rücken gefallen, indem du in Frage gestellt hast, dass man sich mit dem bloßen Bekenntnis als Feministin „vom blöden und ungebildeten Mainstream“ sozial abgrenzen kann.
@ Christian
* Ausserhalb des Feminismus wird die Selbstbezeichnung als Feministin aber eher negativ gesehen.*
Habe ich eigentlich schon erkennen lassen, wie ich FeministInnen sehe?
Nein?
Noch nicht?
Jedenfalls noch nicht in diesem Strang.
Also: egomanische, wunschendenkende, Sündenbocke suchende (und immer nur einen findendene, nämlich DEN MANN), infantile, verantwortungsverschiebende PauernarzisstInnen.
Gut, um nicht allzu unterkomplex zu erscheinen, möchte ich, Leszek zuliebe, ein wenig differenzieren: Es mag, vielleicht, möglicherweise, die eine oder andere „Blaue Mauritius“ unter ihnen geben, auf die meine Charakterisierung nicht vollumfänglich zutrifft.
Aber die sind zahlen-und einflussmäßig vernachlässigbar.
ich finde die beschreibung von Alexander Roslin für Feminismus schon für zutreffend.
allerdings sehe ich den ausdruck emanzipiert wirklich als das freimachen von zwängen und diese zwänge sehe ich mehr in form vom feminismus. überall wird ein weltbild geformt/gefordert das wiedereinmal frauen vorschreibt was richtig und falsch zu sein hat. unterstützt wird das dann mit finnanziellen repressionen der einen oder anderen art (kita/betreuungsgeld ist da ein aspekt von).
unmittelbare auswirkung sind dann halt das frauen sich dem allgemeinen gewünschten bild unterordnen und sich gegen nachwuchs entscheiden.
nur zur errinnerrung und weil mir das selber nicht bewusst war.
„Vor 20 Jahren hatte der erste gesamtdeutsche Bundestag eine Fristenlösung mit Beratungspflicht beschlossen, um Frauen in Schwangerschaftskonflikten zu helfen und zugleich die Zahl der Abtreibungen zu senken….“
http://www.idea.de/detail/gesellschaft/detail/abreibungsgesetze-sind-gescheitert.html
„überall wird ein weltbild geformt/gefordert das wiedereinmal frauen vorschreibt was richtig und falsch zu sein hat.“
Merkwürdig diese Abneigung dagegen bei jemanden, der selbst ein solches Weltbild hat – bloß halt mit anderer Prioritätensetzung.
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