Die Mädchenmannschaft klagt über die Behandlung von Frauen im Sport. Frauen mit einem hohen Testosteronspiegel wären ausgeschlossen:
So deutete es sich vor zwei Jahren bereits an: Bei diesen Olympischen Spielen dürfen nicht alle Frauen teilnehmen. Ausgeschlossen werden Frauen mit hohem Testosteronlevel – und das nicht bei nachgewiesenem Doping sondern bei natürlich erhöhtem Testosteronspiegel. An dieser Entscheidung ist soviel falsch, dass es schwer ist, mit einer Kritik anzufangen.
Wann genau der Testosteronspiegel bei einer Frau „zu hoch“ ist, ist umstritten. Bei allen Menschen schwankt er abhängig von Tageszeit, Alter, sozialem Status und körperlicher Fitness. Darüber hinaus ist auch der oft angeprangerte Vorteil für Frauen nicht zwingend der Fall. So ist lange bekannt, dass es auch Frauen gibt, deren Körper Testosteron nicht verarbeiten kann. Unter Athletinnen sind sie sogar überrepräsentiert.
Trotzdem wird immer wieder angeführt, mehr Testosteron gäbe einen unfairen Vorteil. Dieser geschlechtlich-konnotierte Vorteil ist allerdings der einzige, der jetzt zu Konsequenzen führt. Alle anderen Mutationen und Variationen der Natur werden hingenommen oder sogar gefeiert. Die englische Ausgabe der Wikipedia widmet den körperlichen Besonderheiten von Michael Phelps einen extra Absatz. Männer mit biologischem Vorteil: hui. Frauen mit biologischem Vorteil: Freaks, verkleidete Männer, pfui.
Es ist schade, dass dort nicht einmal versucht wird, diese Wertung nachzuvollziehen und die dortigen Argumente kritisch zu hinterfragen, sondern diese insgesamt abgelehnt werden, weil Frau eben sein soll, wer sich selbst als Frau sieht.
Das Argument für eine solche Abgrenzung ist ja nicht, das man – wie die Mädchenmannschaft meint – Frauen besonders einschränken will oder bei ihnen aus politischen Gründen eine engere Kategorie schafft, sondern dass man den Athletinnen ermöglichen will, auf eine faire Weise miteinander zu konkurrien. Denn Testosteron hat eine Wirkung im Sport und diese ist unabhängig davon, ob man sich als Frau definiert.
Deutlicher wird dies vielleicht an einem Vergleich der Gewichtsklassen. Wenn es eine offene Klasse und eine Klasse bis 60 kg gibt, dann dürfen eben in der Klasse bis 60 kg nur diejenigen antreten, die maximal 60 Kilogramm wiegen. Meint zB ein Kampfsportler, dass er trotz seines Gewichts auch in der offenen Klasse starten kann, dann wird er dort zwar mit hoher Wahrscheinlichkeit verlieren, aber das ist dann sein Problem. Wenn jemand, der 120 Kilogramm aber sagen würde, dass er Gewichtsprobleme für eine Plagen der Menschheit hält und sich selbst als schlank und leicht und daher als 60 Kilomenschen definieren würde, dann würde man dort anführen, dass er in dieser Kategorie dennoch nicht starten könne.
Dies erreicht im Bereich der Intersexualität allerdings eine politische Bedeutung, weil man dazu erst einmal definieren muss, was eigentlich eine Frau ist und hier in Grabenkämpfe gerät. Jemand mit einem weiblichen Phänotyp, aber innenliegenden Hoden, die ihn mit einem mehr an Testosteron versorgen, in der „Sonderkategorie“ starten zu lassen, ist da eher unfair den anderen Frauen gegenüber. Denn diese haben eben keine innenliegenden Hoden, die ihnen helfen.
Die Wirkung von Testosteron im Sport war bereits wiederholt Thema:
Die Mädchenmannschaft stellt noch darauf ab, dass das Testosteron vielleicht gar nicht wirksam ist:
Darüber hinaus ist auch der oft angeprangerte Vorteil für Frauen nicht zwingend der Fall. So ist lange bekannt, dass es auch Frauen gibt, deren Körper Testosteron nicht verarbeiten kann. Unter Athletinnen sind sie sogar überrepräsentiert.
Wenn sie kein Testosteron erkennen könnten, dann wären sie im Sport nicht so weit gekommen. Aber dazu müßte man sich im Mädchenblog einmal mit der Wirkung von Testosteron auseinandersetzen. Die Stärke der Rezeptoren ist allerdings auch nur sehr schwer zu messen. Mir ist jedenfalls keine diesbezügliche Möglichkeit, die nicht einfach auf die direkten Folgen, die an der Wirkung des Testosterons sichtbar sind, abstellt.
Auch bei verminderter Stärke der Rezeptoren kann im übrigen ein höherer Testosteronspiegel immer noch einen Vorteil bedeuten, eben dann wenn der erhöhte Testosteronspiegel durch verminderte Rezeptoren nicht vollständig ausgeglichen wird. Quellen dafür, dass die Athletinnen trotz ihres Testosteronüberschusses einen „Testosteronnachteil“ haben, weil dieser nicht erkannt wird, nennt die Mädchenmannschaft auch nicht.
Zu dem bekanntesten Fall, Caster Semenya hatte ich hier auch schon zwei Artikel:
Die Lösung der Mädchenmannschaft:
Auf Geschlechtstests zu verzichten wäre da ein deutliches Zeichen, die Selbstidentifikation von Frauen zu respektieren und nicht durch unnötige Tests ihre Privatsphäre und körperliche Integrität zu gefährden. So bleibt es bei Erfolgen an der Oberfläche, während darunter weiter Sexismus waltet.
Die Selbstidentifikation. Sie hat eben den Nachteil, dass dann einige Frauen quasi Doping betreiben dürfen, eben wenn sie einen weiblichen Phänotyp haben, aber so etwas wie innen liegende Hoden.
Die Mädchenmannschaft vertritt hier in gewisser Weise eine Form des Essentialismus: Wer Frau ist, ist Frau und wer meint Frau zu sein, der wird schon genug weibliche Essenz haben, um eben eine Frau zu sein. Und alle Frauen sind eben gleich und damit ist es auch fair. Aber es gibt eben schleichende Übergänge zwischen Mann und Frau und diese müssen im Sport hin zu den Frauen abgegrenzt werden, weil dies die Gruppe ist, die aufgrund verminderter Leistungsfähigkeit einen besonderen Status hat, der durch eine Nichtabgrenzung unterlaufen werden würde.
Es geht eben an dem eigentlich Ziel vorbei, wenn man sich in einer extra ausgewiesenen Schutzkategorie (und nichts anderes ist die Einteilung in Männer- und Frauenkategorien aufgrund der Leistungssteigernden Wirkung von Testosteron in den allermeisten Fällen) darüber beschwert, dass dieser Schutz aufrecht erhalten wird und dazu Kriterien gebildet werden, die sich an der Schutzkategorie (leistungssteigenderes Testosteron) und nicht dem reinen Phänotyp oder noch schlimmer der “selbsteinschätzung” ausrichtet (vollkommene Unterlaufung des Schutzzwecks).
P.S.: Da die Diskussion eigentlich bereits gestern in den Kommentaren eines anderen Artikels gelaufen ist, ich den Artikel aber bereits fast fertig hatte, stelle ich ihn zusätzlich rein.