Was immer mal wieder als Diskussionsstandpunkt kommt

In einigen Diskussionen tauchten ein paar Figuren auf, auf die ich kurz einmal, auch um sie für mich zusammenfassen, eingehen will:

1. „Ich habe keine Meinung, aber alles was nicht sozial begründet ist, ist falsch“

Eine Figur, die man recht häufig in Debatten über Geschlechterunterschiede trifft, ist die in der Überschrift genannte: Jemand, der zunächst alle biologischen Begründungen für unwissenschaftlich erklärt und dann auf Nachfrage keine eigene Meinung nennen kann, auch in den anderen Auffassungen nicht firm ist und sich mit den dabei auftauchenden Fragen bisher kaum beschäftigt hat.

Meist wird dann entweder recht generell auf bestimmte Richtungen verwiesen („Das ist doch alles schon im Feminismus besprochen“), aber es kann recht wenig konkretes gesagt werden. Natürlich ist es zulässig, auch dann Fehler in einer Meinung aufzuzeigen, wenn man selbst keine Gegentheorie hat. Allerdings ist es häufig eben auch nur ein verstecken der eigenen Meinung, eben wenn man im Gegenzug alles als sozial begründet ansieht, dafür aber keine Argumente vorbringt, weil man eben angibt keine Meinung zu dem Thema zu haben

2. „Niemand im Feminismus leugnet, dass Biologie einen Einfluss hat“

Auch das Argument wird mir gerne entgegengehalten, meist mit dem Zusatz „sie sehen eben nur einen geringeren Anteil Biologie als du“. Das ist aber falsch, soweit der Gleichheits- oder Genderfemininismus betroffen ist. Denn dieser geht eben davon aus, dass alles Kultur ist und der Mensch quasi ein Blank Slate, welches durch Kultur ausgestaltet wird. Einige Philosophinnen aus dem Bereich stellen zwar darauf ab, dass an den unterschiedlichen Körpern unterschiedliche Normen festmachen, aber die Ausgestaltung dieser Normen ist eben auch reine Kultur und das Anknüpfen an den Körper auch. Der Gleichheitsfeminismus heißt eben so, weil er davon ausgeht, dass Männer und Frauen gleich sind. (vgl den Artikel zu Judith Butler oder Beauvoir sowie zu hegemonialer Männlichkeit)

3. „Ich gehe ebenfalls davon aus, dass es eine Mischung aus Biologie und Gesellschaft ist, aber so vermischt, dass man es nicht auseinanderhalten kann und es unmöglich abzugrenzen ist, damit kann ich es eigentlich auch so behandeln, als wäre alles Kultur, weil ja in jeden biologischen Vorgang auch Kultur mit hineinspielt“

Diese Meinung schiebt eigentlich nur die biologische Komponente als Strohmann vor, um sie danach gleich wieder vollständig auszublenden. Sie versteckt sich hinter der Angabe, dass eben alles zu durchmischt sei.

Dem ist soweit zuzustimmen, dass bei einer Einzelperson sicherlich nicht zu ermitteln ist, welcher Anteil ihres Verhaltens Kultur und welcher Anteil ihres Verhaltens Biologie ist. Das bedeutet aber nicht, dass man nicht entsprechende Feststellungen bezüglich Gruppen und damit auch Geschlechtern machen kann. Biologische Tendenzen sind über die Geschlechter gut feststellbar und lassen sich biologischen Vorgängen zuordnen, etwa der Wirkung von pränatalen und postnatalen Hormonen. Hieraus ergeben sich Unterschiede, die in ihrer Wirkung auch kulturellen Einflüssen unterliegen, aber eben dennoch auch Aussagen über die Biologie erlauben. Es wird insbesondere übersehen, dass durch verschiedene versuche Kultur durchaus zu einem Teil ausgeblendet werden kann. Sich einfach auf eine Vermischung zu berufen und dann die biologischen Komponenten auszublenden ist da sehr einfach gedacht.

Natürlich, um das gleich selbst zu sagen, gibt es auch sehr ernsthafte und kritische  Einwände und Diskussionen um das Thema.

8 Gedanken zu “Was immer mal wieder als Diskussionsstandpunkt kommt

  1. das, was du hier betreibst, ist lediglich das reziprok des genderfeminismus. du hast auch nur eine „meinung“ ohne belastbare belege.

    • deine „auffassung“ ist ebenso wie die von butler & co. reine kaffeesatzleserei – oder nenn es idiologie – und hat mit forschungsergebnissen so wenig zu tun, wie die bäckerblume mit journalismus.

      • @ Hottehü

        Christian hat immerhin einen Kaffeesatz vorzuweisen, in dem man lesen kann, Butler nicht mal das.

        Higher superstition – oder auf Deutsch: hochstapelndes : Geschwätz.

  2. Ja natürlich, die Massen von Belegen für die Wirtksamkeit der Biologie auch beim Menschen einfach für irrelevant zu erklären, traut sich kaum jemand. Dann sagt man halt, man wisse um die Wichtigkeit der Biologie, argumentiert aber ansonsten, als wenn sie nicht existieren würde. Und wenn man darauf hingewiesen wird, entgegnet man: das könne man ohnehin nicht klären.

    Wäre witzig, wenn´s nicht so traurig wäre.

  3. „1. “Ich habe keine Meinung, aber alles was nicht sozial begründet ist, ist falsch” …

    Meist wird dann entweder recht generell auf bestimmte Richtungen verwiesen (“Das ist doch alles schon im Feminismus besprochen”), aber es kann recht wenig konkretes gesagt werden.“

    Das ist in der Tat eine häufig anzutreffende Figur – der Hinweis, es gebe diese oder jene „wissenschaftliche/feministische/etc. Debatte“, ohne Quellen und oft noch nicht mal Inhalte, nicht mal eine Behauptung anzuführen. „Post-Ideologie/-Demokratie/-Feminismus…“ was auch immer begnügt sich gerne mit dem Hinweis, diese oder jene Diskurse würden geführt. Seltsam.

    Abgesehen davon, selbst wenn man Biologie ablehnt (ich interessiere mich z.B. eher wenig dafür, weil es m.E. in vielen Fragen schlicht unerheblich ist, ob dieses oder jenes Phänomen gesellschaftlich oder in der Menschennatur begründet ist), bleibt immer noch zweifelhaft, ob Soziales sich so konstituiert und reproduziert, wie es sich die Gender Studies vorstellen, und ob da nicht eher ein materialistischer Ansatz als ein quasi-idealistischer (wenn du das generische Maskulinum verwendest, reproduzierst du die Unterdrückung des Weiblichen…) zutrifft.

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