Inhaltlich geht es darum, dass es ja schön ist, dass die neuen „Schmerzensmänner“ ihre Gefühle entdecken, sie sollen aber doch bitte mit den diesbezüglichen Problemen den Feminismus in Ruhe lassen, denn Frauen haben es eh in allem, gerade aber im Gefühle zeigen und erst recht im Handlungen, die gar keine Gefühle zeigen sollen zeigen, viel schwerer als Männer, die ja, von Privilegien verwöhnt, gar nicht wissen können, was echte Diskriminierung ist und wie schwer es Frauen haben.
Aber zum Text selbst:
dieser Text richtet sich an alle, die male privilege besitzen. Ganz besonders an diejenigen unter euch, die sich offen oder heimlich als queer/feministisch, herrschaftskritisch und generell flauschig definieren.
An alle die „Male Privilege“ besitzen. Also eigentlich an alle Männer, wenn ich es richtig verstehe. Als Mann kann man den Privilegien ja eigentlich nicht entkommen, sie werden einem per Phänotyp automatisch zugewiesen.
Kann man sich seiner Privilegien nach diesen Theorien vollständig entziehen? Ich meine nicht, ich bin also – wenn auch nicht im besonderen, mangels Flauschigkeit mti dem Feminismus – angesprochen.
Offen oder heimliche Sympatisanten des Feminismus werden besonders angesprochen, sie scheinen nämlich besonders betroffen.
Ihr habt euch mit euren Geschlechterrollen auseinandergesetzt, habt gegrübelt und eure Identitäten hinterfragt, wart sauer und bestürzt und habt irgendwann beschlossen, das wollt ihr ändern. Ihr twittert antisexistische Parolen, bloggt gegen Diskriminierung und demonstriert gegen Lohnungleichheit. Und dann habt ihr eure Gefühle entdeckt. Diese Gefühle, die in der männlichen Öffentlichkeit keinen Platz haben sollen. Ihr habt angefangen, sie zuzulassen und vielleicht sogar, mit anderen über sie zu sprechen.
So weit so gut. Es ist naheliegend, dass jemand, der die männliche Rolle kritisiert bei Gefühlen landet, die er ja als Mann weit schwerer zeigen kann. Ebenso wie man annehmen darf, dass ein gewisser Teil sensiblerer Männer eher die Geschlechterrollen hinterfragt, weil sie sie schwerer finden.
Jetzt kommt das Problem
Oh Weh. Was könnte das Problem sein, wenn man sich mit seiner Geschlechterrolle auseinandersetzt und sich von der hegemonialen Männlichkeit, die ja gerade die Härte erfordert verabschiedet?
Frauen und weiblich diskriminierte Menschen haben auch viele Gefühle. Wenn sie weinen, wenden sich ihre Freund_innen selten peinlich berührt von ihnen ab. Sie dürfen Angst haben, Freudentränen vergießen und vor Wut kreischen. Auch in der Öffentlichkeit.
Frauen und weiblich definierte Personen? Sind damit dann die Interesexuellen Personen gemeint, die doch irgendwie weiblich sind? Und da dachte ich, mein feministischer Sprachkurs wäre schon einigermaßen fortgeschritten.
Wir halten jedenfalls fest: Frauen dürfen Gefühle zeigen, Männer nicht. Das klingt ja erst einmal nach einer Diskriminierung des Mannes. Wie wird es wohl weitergehen….
Aber das ist kein Vorteil, den sie euch gegenüber haben. Das ist kein Beweis dafür, dass unter dem Patriarchat alle irgendwie gleich viel leiden.
Natürlich nicht. Frauen haben keine Vorteile gegenüber Männern. Nie. Nie, nie nie. Ist im System gar nicht vorgesehen. Man darf vermuten, dass die weitere Argumentation in Richtung eines benevolenten Sexismus gehen wird.
Die öffentlichen weiblichen Gefühle kommen mit einer gesalzenen Rechnung: In allen öffentlichen Bereichen (Beruf/Job, politische Gruppen, Plena und was weiß ich wo noch) führt das Gefühlvollsein für Grrrls dazu, dass sie aufgrund ihres Geschlechts/Genders nicht oder noch weniger ernst genommen werden. Eine weinende Frau* ist empfindlich, eine wütende Frau* übertreibt maßlos, eine schreiende, brüllende Frau* ist hysterisch, eine lachende Frau* ist albern, eine lächelnde Frau* ist weich, … Ich hoffe, eure Fantasie und eure Beobachtungsgabe können die Beispiele weiterführen.
Sie werden nicht oder noch weniger ernst genommen. Interessant. Aber als wer? Als Männer generell? Oder nur als Frauen, die keine Gefühle zeigen?
Die wesentliche Abgrenzung, die leider nicht vorgenommen wird ist doch die:
Wer verliert mehr Ansehen: Ein Mann, der Gefühle zeigt oder eine Frau.
Und wenn man hier fair bleibt: Ein Mann, der die gleichen Gefühle wie eine Frau zeigt, verliert wesentlich mehr. Und das in allen Bereichen. Frauen hingegen verlieren lediglich in bestimmten Situationen dadurch, etwa wenn sie als Führungskräfte tätig sind und selbst dann wird man ihnen dies wesentlich eher verzeihen als einem Mann.
Gefühle haben alle Menschen. Gefühle zeigen ist gegendert.
Ja und Nein. Männer zeigen insgesamt in der Tat weniger Gefühle als Frauen. Die Wahrnehmung, dass dies so ist, ist kein simples Klischee, es ist ein Klischee, welches für den Schnitt (wenn auch natürlich nicht für die Einzelperson, zutrifft.
Eine Erklärung dürfte sein, dass Schwäche zeigen innerhalb der intrasexuellen Konkurrenz wesentlich gefährlicher war und eher bestraft wurde. Schwäche zeigen bei Frauen kann hingegen durchaus ein Signal gewesen sein, dass man Schutz braucht. Eine Frau, die Schutz braucht, Schutz zu bieten, kann wiederum Fortpflanzungsmöglichkeiten eröffnen, so dass sich hier ein ähnliches Bild zeigt, wie bei der Schlankheit. Wiederum kann eine gewisse Bedürftigkeit ein Kriterium sein, welches in Verbindung mit Partnerwahl steht.
Aber zurück zum Thema.
Wenn Gefühle zeigen gegendert ist, dann folgt daraus, dass Frauen, die Gefühle zeigen, weiblich wirken, Männer, die Gefühle zeigen aber unmännlich. Männer müßten demnach durch die Gesellschaft wesentlich mehr dazu angehalten werden, Gefühle (jedenfalls solche, die innerhalb der konkreten Situation gegendert sind, es gibt ja genug Gefühle, die durchaus männlich besetzt und vollkommen akzeptabel sind) zu unterdrücken und zu verheimlichen.
Die Schlußfolgerung in dem Artikel kommt aber von der anderen Seite. Sie geht davon aus, dass Frauen deswegen Gefühle unterdrücken müssen, weil ihnen bei der kleinsten Handlung, die mit Gefühlen versehen wird, abgesprochen wird, dass diese auf logischen Denken beruhen.
Ein argumentativ wasserdicht vorgetragenes Anliegen würde demnach auf die Gefühlsebene verdrängt werden um ihm somit der Wert abgesprochen werden.
Der Gedanke ist ja durchaus vorstellbar:
Sie sagt: „Du hast die Zahnpastatube von der Mitte her ausgedrückt!“
Er sagt: „Du hast deine Tage oder?“
oder „was ist dir denn für eine Laus über die Leber gelaufen?“
Als ob so etwas nicht auch bei Männern vorkommen würde:
Er: „Das Kleid steht dir gut“
Sie: „Ich habe Kopfschmerzen“
Oder:
Er: „.. und deswegen passt es nicht, dass deine Mutter zu Besuch kommt“
Sie: „warum hasst du meine Mutter?“
Oder ein weiteres vollkommen sachliches Beispiel:
Er: „pränatales und postnatales Testosteron bewirkt eine Verbesserung des räumlichen Denkens“
Sie: „Du willst Frauen unterdrücken, weil du sie hasst“
Oder der Klassiker:
Er: Ich will Frau X zur Abteilungsleiterin befördern
Alle anderen: Ah, du willst also mit ihr schlafen
Vielleicht begeht sie hier eher umgekehrten Sexismus:
Sie unterstellt, dass man einem Mann, der ähnlich wie sie argumentiert, Sachlichkeit unterstellen würde, obwohl man auch diesem, wenn er entsprechendes äußern würde, Unsachlichkeit vorwerfen würde.
Sie hat insofern das Privileg, dass sie Nichtübereinstimmung auf ihr Geschlecht beziehen kann und nicht auf die Wertigkeit ihrer Argumente. Ein klassisches Opferprivileg also.
Meiner Meinung nach werden Frauen Gefühle viel mehr vergeben, sie beeinträchtigen in vielen Fällen ihre Argumentation viel weniger als bei einem Mann. Denn bei einem Mann wirken gezeigte Gefühle viel stärker, weil er sie ja nicht äußern darf.
Ich vermute, dass ein Teil der Zuweisungen an sie gerade auch aus ihrer Einstellung kommen. Dafür sprechen auch ihre Gefühle, die sie unterdrücken muss:
Ich muss mich jedes Mal zensieren, wenn ich in einem öffentlichen Raum agieren und ernst genommen werden möchte. Ich atme tief durch, damit meine Stimme nicht zittert, weil ich in Wirklichkeit koche vor Wut. Ich schlucke meine Tränen runter, damit mein Anliegen angehört wird. Ich senke meine Stimme, damit ich nicht losbrülle und mit dem Fuß aufstampfe.
Könnte ich mir gut wie folgt vorstellen:
Sie: „Das ist alles Male Privlege“
Andere Menschen: „Entspann dich mal, sei nicht so emotional und hysterisch“
Sie: „Aber ich habe es doch alles argumentativ und sachlich vorgetragen, dass sagt ihr nur, weil ich eine Frau oder weiblich definierte Person bin“
Trotzdem ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass meine rational vorgetragen und argumentativ wasserdichten Anliegen, wenn sie meinem Gegenüber missfallen, als emotional / unseriös / hysterisch / übertrieben abgetan werden. Ich kann mich nicht dagegen entscheiden, als weiblich gelesen zu werden. Ich muss dafür arbeiten trotzdem so behandelt zu werden, wie es für euch aufgrund eures male privilege normal ist.
Also:
1. Männer dürfen keine Gefühle zeigen, Frauen schon –> unbeachtlich, dafür müssen Männer nicht arbeiten
2. Frauen werden Gefühle unterstellt, Männern nicht —> Diskriminierung, harte Arbeit
Ich halte Aussage 2 wie oben dargestellt, schon nicht für richtig. Erkenne aber auch nicht, warum das eine das andere aufwiegen und unbeachtlich machen soll.
Jetzt kommt ihr, frisch aus der Badewanne des Patriarchats, gecremt und gepudert, und wollt auch endlich mal traurig sein dürfen.
Das ist toll. Alle sollen so viel fühlen, wie sie nur können.
Aber.
Ist euch aufgefallen, dass ihr die einzigen seid, die ihre großen und kleinen Traurigkeiten ungefiltert und unendlich oft in die Feministeria ballern?
Ja, warum sollte jemand, der sich als Feminist ansieht und meint, dass dort eine gerechte Lösung für beide Geschlechter gefunden werden soll, wenn man sich nur hinreichend mit seinen Privilegien beschäftigt nur auf die Idee kommen, dass das den Feminismus irgendwie interessieren sollte?
Wieso seid ihr der Ansicht, einen Raum wie den queer/feministischen Netzkosmos mit euren Whiteboyproblems beschäftigen zu müssen? Habt ihr mal darüber nachgedacht, dass ihr mit euren vielen Tränen Ressourcen fresst, die andere sowieso schon weniger zur Verfügung haben als ihr, weil sie nicht mit dem goldenen Panzer des weißen Dudes gerüstet sind? Wieso paradiert ihr euer Privileg in unsere Gesichter?
Der Mann muss zwar
seine Privilegien hinterfragen und die hegemoniale Männlichkeit ablehnen, aber wenn das schwer ist, dann soll er das doch bitte selbst klären und dem Feminismus nicht wichtige Ressourcen klauen.
Weil es ja auch seine Schuld ist, schließlich hat sein Geschlecht, und damit er persönlich, die
Erbschuld des Patriarchats/der hegemonialen Männlichkeit/der Phallokratie in die welt gesetzt und diese Suppe ist daher auch von ihm selbst auszulöffeln.
Es ist eine Frechheit, da den Feminismus zu stören, der ja immerhin die fremden Brocken wegschaffen muss, die er selbst, in Gestalt der Gruppe Mann, der er angehört, den Frauen in den Weg schmeißt.
Ungefähr so als würde jemand, dem man gerade eine gewaltige Beule ins Auto gefahren hat, darum bitten, den richtigen Lackstift auszusuchen, damit man den dezenten Kratzer im eigenen Lack überdecken kann.
Denn alle Männer haben Privilegien, haben den Goldenen Panzer des weißen Dudes an und
ihre Probleme sind irrelevant gegen die Probleme aller Frauen.
Hier zeigt sich mal wieder der große Nachteil der Privilegientheorie: Nachteile hängen an der Gruppe, Einzelbetrachtungen sind nicht möglich. Ein Mitglied der Gruppe Mann wird nach den Vorteilen bewertet, die maximal bei seiner Gruppe anfallen können. Ein Mitglied der Gruppe Frau wird nach den Nachteilen bewertet, die maximal bei ihr als Gruppe anfallen können.
Es ist egal, in welcher Situation sich das Mitglied befindet. Der sensible Mann, nah am Wasser gebaut, der deswegen als Weichei abgestempelt wird und schon in der Schule von den Bullies verprügelt wurde, hat es per Gruppenzugehörigkeit einfacher als eine Frau, die in ihrem Job als Grundschullehrerin keine besonderen Probleme mit Gefühlen hat.
Der Mann ist allerdings, obwohl er derjenige ist, der verkloppt wird, schuld daran, dass die Frau theoretisch Probleme mit ihren Gefühlen haben könnte und ihr diese zugewiesen werden, er sollte sein Privileg nicht so in ihr Gesicht paradieren. Selbst wenn bestimmte Frauen die Schläger gut fanden, weil sie so männlich wirken und ihn immer verachteten: Er ist schuld
Mal sehen, wie das Problem von den Männern gelöst werden soll:
Wie ihr diese Widersprüche löst, ist nicht mein Problem. Es ist eure Pflicht, um mal einen eher archaischen Begriff zu benutzen.
Findet Lösungen, die euch und uns erlauben, weichherzige, gefühlvolle Menschen zu sein. Überlegt euch, wie ihr feministische Männer* sein könnt, ohne die Feminist_innen mit eurem Mannsein zu belasten.
Das ist das mindeste, was ihr tun könnt, wenn ihr von mir weiter als feministische Verbündete gesehen werden wollt.
Feministinnen nicht mit ihrem Mannsein belästigen. Hier im konkreten Fall: Nicht damit belästigen, dass sie verkennen, dass Frauen es noch viel schwerer haben. Einfach selbst damit fertig werden.
Die Feministin ist, wie
uns Lantzschi ja bereits lehrte perfekt. Sie ist für nichts verantwortlich und hat immer recht. Wer Forderungen an sie stellt, der ist bereits ein Schwein. Wenn sie etwas berücksichtigen will, dann brauchst sie keinen Mannsplainer, der ihr das erklärt und ihre eine männerzentrierte Sicht aufzudrängen ist eh ein Unding.
Nicht stören, sondern lieber leise an sich arbeiten. Das ist genau das, was Verbündete machen sollten.
Es ist erstaunlich, dass ihr gar nicht bewußt zu sein scheint, was das für ein hierarchisches, hegemoniales Konzept sie da vertritt. Aber Macht ausdrücken ist ja auch nichts schlechtes, wenn es die richtigen aus den richtigen Gründen zum Wohl der Menschheit machen.
Auch der Nachsatz ist mal wieder herrlich:
Bevor ihr eine Erwiderung in die Tasten haut, macht euch bewusst, dass ich mir die Mühe gemacht habe, euch den Sachverhalt zu erklären. Diesem Text gehen Gespräche mit Feminist_innen voraus, die sich stattdessen sicher lieber über was anderes als den ausgereiften Dude-ismus unterhalten hätten. Ressourcen und so.
Ich habe euch den Sachverhalt erklärt. Ich habe es mit Feministinnen besprochen. Die haben zugestimmt.
Da Feministinnen das epistemische Privileg haben ist damit die Sache durch. Widerspruch ist bereits unabhängig von seinem Inhalt unbeachtlich.
Männer in “feministischen und queer”-Kreisen “mitmachen zu lassen”, auch in Ausprägungen, die vielleicht manchmal zuviel Raum einnehmen, finde ich absolut notwendig. Männer sind wichtige Multiplikatoren der Idee “Feminismus”. Und wenn der Schmerzensmann weinen muss, dann muss er eben weinen. Was nimmt er mir dadurch weg? Raum, Ressourcen, Zeit für wichtigeres? Ich denke nicht. Emotionen sind das stärkste Mittel der Kommunikation.
So sehe ich lieber 10 Schmerzensmänner auf hohem Niveau wehklagen, als einen Mann, der sich der Debatte entzieht, weil sie ihm potentiell nahe gehen könnte oder zur Reflektion zwingt. Auf dem Weg zu einer Gesellschaft, in der Gefühle zeigen eben nicht mehr gegendert ist, muss es auch Männer geben, die öffentlich und laut maulen, motzen, weinen und schreien.
Der dortige Lösungsweg „Einfach ignorieren“ ist dann allerdings auch nicht ideal. Wie wäre es zumindest mal mit zuhören, über was eigentlich geklagt wird?
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