Bei der Mädchenmannschaft hat Lantzschi einen Artikel mit dem Titel „Du hast den Witz einfach nicht verstanden”. Es geht um diesen Werbespot
Falls jemand das Video nicht sehen kann:
Ein paar liegt im Bett, sie relativ sexy, sie murmelt leicht leidend „Ich kann nicht einschlafen“. Er beugt sich liebevoll wie zu einem Kuss zu ihr… um sie dann mit einem Headbutt in das Reich der Träume zu schicken. Message: Eine einfache Lösung, genau wie der Wechsel zu E wie einfach.
Der Humor soll hier – wie meist bei Humor – aus der Überraschung kommen und aus dem Gegensatz zu dem was man eigentlich erwartet. Statt Liebe gibt es Gewalt. Ein recht klassischer Ansatz, einen überraschenden Gegensatz zu konstruieren. Über diese Konstruktion als überraschender Gegensatz wird gerade deutlich, dass sie eben nicht normal ist – sonst wäre es nicht lustig.
Aber natürlich ist es sexistische Kackscheiße, denn Gewalt gegen Frauen kann nie lustig sein, sie beschönigt immer reale Gewalt, erzeugt sie, und ist damit sexistisch.
Lantzschi dazu:
Letztlich steckt immer der Wunsch dahinter nicht als schlechter Mensch zu gelten, der diskriminierende Inhalte lustig findet. Da die Sichtbarmachung von -Ismen in den meisten Fällen mit Tabus belegt wird, die zu durchbrechen angeblich den höchsten Frevel der Menschheit darstellt, werden Kritiker_innen mit allerlei rhetorischen Strategien beschäftigt gehalten, um ja nicht noch mehr Menschen vom diskriminierenden Inhalt des kritisierten Gegenstandes zu überzeugen. Eine Strategie neben Bildungsforderungen, Beschimpfungen und Alltagswissen ist die Degradierung der Kritiker_innen zu Menschen, die nicht mehr ganz bei Sinnen sind, mittels oben genannten Aussagen: Die Betroffenen haben einfach nicht verstanden, dass die sexistische Kackscheiße einfach nur witzig gemeint war.
Das ist in gewisser Weise lustig. Denn in der Tat wird hier die Gewalt gegen Frauen mit einem Tabu belegt, die Sichtbarmachung dieses Tabus gilt als hoher Frevel und es gibt allerlei rhetorische Strategien – Privilegien, heteronormative Matrix, hegemoniale Männlichkeit oder auch schlicht Rage und Snark – damit das nicht auffällt. Lantzsch Degradiert hier die Leute, die den Spott als nicht so schlimm ansehen zu hinterwäldlerischen Idioten, die einfach nicht erkennen, wie starkt der Sexismus ist. Die von dieser Kritik betroffenen haben einfach nur nicht verstanden, dass solche Werbung ein Kampfmittel der hegeominalen Männlichkeit ist.
Meine ich damit, dass man die Werbung gut finden muss? Nein, keineswegs. Natürlich kann man gegen jegliche Gewalt gegen Menschen sein und eine solche nicht lustig finden. Aber daraus gleich den Untergang des Abendlandes zu zimmern, eine Entschuldigung für häusliche Gewalt und was weiß ich noch alles, dass muss trotzdem nicht sein. Man kann sogar, wenn man den entsprechenden Humor hat, über den unerwarteten Sprung lachen und gleichzeitig etwas gegen häusliche Gewalt, welches Geschlecht sie auch immer erleidet, haben.
Die perfide Botschaft hinter Aussagen wie “Du hast den Witz nicht verstanden” ist: Ich nehme deine Kritik nicht zur Kenntnis (weil ich’s kann/weil ich nicht muss) und unterstelle dir, dass du eine Perspektive auf den Gegenstand legst, die nicht der objektiven/neutralen/realitätsnahen entspricht. Der Zynismus hinter der Aussage könnte deutlicher nicht sein, denn Betroffene von Sexismus und anderen -Ismen sind in einer Welt sozialisiert worden, die ihnen täglich zu verstehen gibt, dass Unterdrückung Normalität ist und daher Witze darüber oder über bestimmte Gruppen völlig akzeptiert sind. Sie haben gelernt ihre Umwelt immer durch zwei Brillen zu sehen: die eigene und die der Mehrheitsgesellschaft. Sie haben gelernt, dass die “Default-Brille” die der Mehrheitsgesellschaft ist.
Da sind wir wieder bei „Frauen sind von Gewalt betroffen, Männer hingegen privilegiert“. Diese „Default-Brille“ legt man sich nicht in der Mehrheitsgesellschaft zu, sondern im radikaleren Genderfeminismus. Denn hier ist eben alles Konstruktion von Macht. Auch diese Werbung. Und wenn man meint, dass sie nicht so schlimm ist, dann ist das schlimm, dann wertet man die Perspektive ab, denn kritische Perspektiven sind wichtig und die wichtigste ist die der Opfer, alles andere wäre Opferblaming.
Natürlich wertet man damit auch diejenigen ab, die eben nicht alles unter dem Machtaspekt sehen wollen, die nicht in jeder Grenzüberschreitung zu Lasten bestimmter Gruppen gleich eine Unterdrückung sehen.
Lantzschis Fazit:
Ergo ist “Gaslightening” keine Form der Argumentation, sondern eine Form der Degradierung des_der Gegenüber_s, der Versuch Unterdrückung wieder in die Unsichtbarkeit zu verbannen und Problemverlagerung auf Betroffene. “Du hast den Witz nicht verstanden” ist Gewalt, da die kritisierte Diskriminierung noch einmal auf die Betroffenen zurückfällt.
Richtig: Wer nicht meint, dass jede Darstellung, die ich als problematisch ansehe, eine Degradierung ist, der übt Gewalt aus. Wie kommt Lantzschi eigentlich darum herum, die Darstellung, dass man es eben auch anders, entspannter, sehen kann, ebenfalls zudegradieren und damit dann wieder Gewalt gegen diese Menschen auszuüben? Naja, sie haben eben die falsche Opfergruppe, Humorvoll wird durch Frauen (unterdrückte Frauen) selbstredend getoppt.
Daher dann auch Lantzschis Schluß, mit dem sie noch einmal die eigene moralische Überlegenheit feiert:
Allerdings wird mit “Du hast den Witz nicht verstanden” deutlich, dass es nicht die Betroffenen sind, deren Weltsicht eingeschränkt ist. Denn wir beide haben den Witz verstanden, ich bin nur schon einen Schritt weiter als du.
Natürlich ist sie weiter, ideologisch weiter. Daran kann kein Zweifel bestehen. Sie schränkt nur Weltsichten ein, die noch nicht so weit sind, will den anderen insofern bei ihrer Horizonterweiterung helfen. Weg von ihrem Sexismus, hin zur feministischen Ideologie.
Deutlich wird das auch noch mal bei „Gender Trouble?„, der auf Lantzschis Text Bezug nimmt:
Was all diesen Reaktionen gemein ist, ist dass sie grundsätzlich missverstehen, was es bedeutet, auf Sexismus hingewiesen zu werden. Es geht nämlich (meist) nicht darum, auf persönliche Fehler hinzuweisen oder einzelnen Schuld zuzuweisen, sondern es geht darum, die Strukturen aufzuzeigen, die Sexismus hervorbringen und zur Reflektion darüber anzuregen, wie mensch selbst in diese Strukturen verstrickt ist.
Dieser Werbespot ist eine Struktur, die Sexismus hervorbringt. Denn jede Gewaltdarstellung gegen Frauen erleichtert über die daraus resultierenden Normen weitere Gewalt gegen Frauen. Dass dabei in allen Medien weit weit weitaus mehr Gewalt gegen Männer gezeigt wird, das ist dann wahrscheinlich nur eine Ablenkung von der Frauengewalt, eine neue Struktur, die man aufzeigen kann.
Dort weiter:
Wenn A einen “Witz” über Vergewaltigungen macht, dann ist das verwerflich. Auch, weil dieser eine spezielle “Witz” Menschen verletzt, aber vor allem, weil er nur deshalb vermeintlich witzig ist, weil wir in einer rape culture leben. Wenn die männliche Verfügungsgewalt über weibliche Körper nicht so selbstverständlich wäre, wie sie das leider immer noch ist, würde der “Witz” völlig seine Funktion (Aufrechterhaltung der rape culture) verlieren und aufhören “witzig” zu sein.
Hier ist es noch klassischer. Der Witz über eine Vergewaltigung (zB dieser gerade ergoogelte: „Anruf bei der Polizei: „Hilfe, in unserem Nonnenkloster gab es eine Vergewaltigung!“ „Das ist ja schrecklich, wer wurde denn vergewaltigt?“ „Der Briefträger.“) dient dazu die Vergewaltigungskultur aufrechtzuhalten. Wer das nicht zugibt, der ist eben verblendet oder unterstützt die Vergewaltigungskultur. Wer zuviel Betonung dieser Verschwörungstheorien Theorien kritisiert, der nimmt die Vergewaltigungskultur und damit den Sexismus in Schutz.
Ich denke es ist dieser ideologische Ansatz, nachdem bestimmte Themen per se nicht witzig sein können, sondern immer Ausdruck von Unterdrückung sind, der dem Feminismus seinen Ruf eingetragen hat, humorlos zu sein. Den gerade über Unterdrückung oder Missstände oder schreckliche Ereignisse wurden schon immer Witze gemacht. Das wird hier verboten und das ohne jede Diskussionsmöglichkeit. Weil jeder Humor hier Unterdrückung ist, wird alles humorlos.
Interessant dazu auch der Soup „Sexistische Kackscheiße, indem eifrige Feministinnen jedes Bild, was einen Geschlechterzusammenhang hat und bei 9gag,com etc läuft einstellen.
Beispiele wären:
Das Gamer Girl
Eine kleine Abgrenzung des Begriffs „Gamer Girl“: Eben nicht das Mädel, was irgendwie mal einen Controller in der Hand hat und damit possiert, sondern eine Mädchen, dass sich richtig in Games reinsteigert. Ich vermute mal, dass hier insbesondere die Abwertung „Slut“ diesen Titel der „Sexistischen Kackscheiße“ eingebracht hat. Hier würde mich auch interessieren, ob das Bild von einer Frau oder einem Mann gemacht wurde, die damit etwas In- und Put-Grouping betreiben wollte. Die Posergirls ohne Substanz gegen die wahren Fans.
Das Ballspiel:
Was hieran eine sexistische Kackscheiße ist, erschließt sich mir nicht. Es sei denn vielleicht man sieht es als einen essentialistischen Vorschlag an, nachdem jeder Mann und jede Frau so handeln würden. . Mir scheint es aber eine durchaus präzise, wenn auch überspitzte Darstellung der Realtität im Schnitt zu sein. Frauen reagieren eben eher als Männer mit emotionaler Unterstützung (Tend and Befriend) und können es sich eher leisten, Gefühle zu zeigen, während Jungs im Rahmen des „Rough and Tummble„-Play das ganze in einen Wettbewerb einordnen und sich daher eher ein paar Sprüche drücken.