Feminismus, überzogene Forderungen und virtue Signalling

Kürzlich hatte ich hier den Artikel von Nadine verlinkt, in dem sie relativ unsinnig Forderungen für lesbische Frauen als Arbeitnehmer stellt. Das ist aus meiner Sicht gar nicht selten, gerade aus dem SJW-Bereich werden gerne vollkommen unrealistische Forderungen gestellt, die letztendlich gar nicht umgesetzt werden können.

Ein Beispiel wären Forderungen wie die absolute Verhinderung aller Vergewaltigungen („Erst wenn keine Frau mehr vergewaltigt wird leben wir nicht mehr in einer Rape Culture“). Andere Beispiele findet man etwa in den Forderungen amerikanischer studentischer SJWs, beispielsweise auch von Black Lives Matter etc.

Ich hatte in der Diskussion zu dem Artikel nach einer Erklärung gesucht und das hier formuliert:

Es macht eben alles mehr Sinn, wenn man es nicht als Ausdruck echter Forderungen sieht, sondern nur als Klage, wie man die vielen Nachteile eigentlich zusätzlich entlohnen müsste und damit als Darstellung, wie ungerecht die Welt ist, weil sie es eben nicht kompensiert, sondern man es „einfach so“ zusätzlich schultern muss. Zum Teil wäre es damit schlicht auf die In-Group gerichtet und eine Anklage gegen die Out-Group.

Also etwa so wie diese Aufstellungen „wenn du die Tätigkeiten einer Mutter bezahlen müsstest, dann würde dich das 100.000 € kosten, weil du einen Chefkoch, einen Kinderbetreuer, einen Chauffeur, einen Sozialarbeiter, eine Putzfrau , eine Urlaubsplanerin etc gleichzeitig einstellen müsstest“, nur eben in negativ als „Wenn diese Welt gerecht wäre, dann müsste man uns für das was wir leiden (statt leisten) folgenden Ausgleich zahlen“

Etwas kürzer gefasst wäre es das Folgende:

SJW: *überzogene Forderung*

Rationaler Mensch: „Aber das ist doch auf dem Markt gar nicht erzielbar?“

SJW: „Aber das hätte ich verdient

Es geht also um emotionale Wertschätzung der zusätzlichen Arbeit und Lasten und deren bildhafte Darststellung.

Gleichzeitig dienen diese Forderungen dann eben auch dem Virtue Signalling und der Verbundenheit der Sache: Mit der geforderten Kompensation wird deutlich gemacht, wie stark beeinträchtigt man die jeweilige Gruppe ansieht. Wer eine marginale Kompensation fordert, der würde damit auch die Diskriminierung als marginal ansehen. Da sich Feministen/SJWs in einem Wettstreit befinden, wer die Unterdrückung bestimmter Gruppen noch hingebungsvoller als das absolut ungerechteste was jemals passiert ist, ansieht und sich für deren Beseitigung noch unbedingter einsetzt muss demnach auch stets eine unverhältnismäßig hohe Kompensation gefordert werden, damit der Vorwurf ausgeschaltet ist, dass man deren Beeinträchtigungen als zu leicht ansieht.

Ich hatte hier einmal einen Beitrag zitiert, in dem es darum ging, dass solche Forderungen wie „#Killallmen“ ja nicht so schlimm sind, weil sie ja nicht zur Umsetzung gedacht sind:

We were joking, sort of, but we were also very serious. A lot of feminists are very fond of individual men, but it’s hard to ignore that men as a group are responsible for an ongoing parade of offenses – indignities at best, violence at worst. And while recent circumstances have demanded that many of us take a break from banning men in order to ban white people instead (it’s an emergency), 2014 demonstrated that “ban men” could be a rallying cry, a banner under which we could mass and direct our frustrations.(…)

If women were mad, the women-haters were, if anything, madder. But as much as they might like to believe that “put men in a box and put the box in the ocean” is a threat, they never had anything to fear from misandrists. Women don’t have the power to send all men to an island, or launch them into the sun, or even forcibly oppress them into giving a tiny bit of unearned ground in the name of equality. We won’t beat men into unconsciousness and then say it’s their fault. We probably won’t even publish their information online. All we have is the power to say that we’re angry and fed up, and to nod in recognition at the others who feel the same. That’s what misandry is about: the power of recognizing shared anger. And that small amount of power was a bright spot in a cruel year.

Nimmt man den obigen Grundsatz, dann geht es eben darum, dass auch hier nur das Leid verdeutlicht werden soll, indem man vollkommen irrationale Gegenmaßnahmen anführt, die das Ausmaß der Schuld der Männer deutlich machen sollen. Die Gegenmaßnahme ist in der Hinsicht nur der Gradanzeiger des erlittenen Unrechts und lediglich als solche ernst gemeint.

Was einen wiederum dazu bringen würde, dass man Forderungen von SJWs niemals nachgeben sollte, weil sie per se überzogen sind. Man sollte sie insofern mit Aussagen nicht ernst nehmen, weil sie es nur als Umschreibung einer subjektiven Gefühlswelt ansehen, in der man sich dann eben auch in Hass reinsteigern darf um deutlich zu machen, dass man die Leiden der „unterdrückten Gruppe“ ernst nimmt.

Die Rationalität einer Forderung würde in dieser Hinsicht keine Rolle spielen, das ihre Umsetzung nicht sinnvoll ist auch nicht, der SJW dürfte auch gleichzeitig nicht von ihnen abgehen, da er damit ja anerkennen würde, dass die Position nicht so viel wert ist.

Insofern bliebe es bei einem „Nicht gut genug Aktivismus„, der damit zwangsläufig nicht erfüllt werden kann, weil er auf ein „Race to the bottom“ hinausläuft. Jede erfüllte Forderung muss zwangsläufig dazu führen, dass neue Forderungen erhoben werden.

Daraus entsteht auch ein Teil der Macht der SJWs: Leute halten sie für Rational und lassen sich von den Forderungen für eine „Gute Sache“, dem Abbau von Diskriminierungen blenden. Tatsächlich geht es aber nur um Virtue Signalling untereinander, der tatsächliche Abbau tatsächlicher Diskriminierungen tritt dahinter vollkommen zurück. Die absolute Position und die Möglichkeit andere zu beschämen, indem man es so darstellt als wollten dies Diskriminierungen aufrechterhalten, werden dabei als Werkzeug eingesetzt.

 

86 Gedanken zu “Feminismus, überzogene Forderungen und virtue Signalling

  1. Solche Strategie ist kontraproduktiv, weil jeder Mensch individuelle Probleme hat. Überzogene Forderungen sorgen nur dafür, dass die Gruppen, für die SJWs angeblich sprechen, nicht mehr ernst genommen werden.

      • Es ist vllt. nicht so schlecht, mit hohen Forderungen in die Verhandlungen zu gehen, um möglichst viel herauszukitzeln.

        Z.B.: Eine Frau, die die die Ausbildung und Berufserfahrung einer Chefköchin _und_ einer Sozialarbeiterin und einer Reisekauffrau hat, würde sicher 100.000 € verdienen. Wenn sie in jedem der drei Berufe Vollzeit arbeitet. Wogegen die beiden anderen Arbeitgeber etwas hätten. Und gegen die Nebentätgikeiten als Taxifahrerin und Babysitterin.

        Der eigentliche Vergleich wäre, was würde es ihn kosten, wenn er mit seinen Kindern essen geht, ab und zu eine Reise mit detaillierte Reiseplanung bucht, gelegentlich (wenn überhaupt) beim Sozialamt anruft und eventuell mal ein Taxi bestellt.

        • @mycroft

          Der eigentliche Vergleich ist: Wenn sie behauptet das Geld wert zu sein, könnte sie es dann am Markt erzielen?
          Und da wird eben schnell klar, dass das nicht der Fall ist.

          ich meine solche Angaben hier:
          http://www.miss.at/home/lifestyle/leben/4979578/Unglaublich_Dieser-Blogger-errechnet-wie-viel-er-seiner-Frau-als

          Etwa € 33.500,- kostet eine vollbeschäftigte Nanny umgerechnet im Jahr.

          € 4.700,- würde in etwa eine professionelle Reinigungskraft kosten.

          € 12.370,- zahlt man einem persönlichen Einkäufer.

          € 11.400,- würde ein Koch kosten, der jeden Tag für warme Mahlzeiten sorgt.

          € 3.560,- verrechnet eine Finanzplanerin für die Planung des Budgets, Überweisungen, etc.

          € 823,- würde Nelmes seiner Frau zahlen müssen, wenn sie ihn zu Business-Essen begleitet.

          € 1.180,- würde für die Reinigung der Wäsche veranschlagt werden.

          Das entspricht einem Jahresgehalt von über € 66.000,- im Jahr, das eine Hausfrau und Mutter verdienen würde, wenn sie ihre Tätigkeiten als professionelle Dienstleistungen verrechnen würde.

          „Mein Einkommen deckt bei Weitem nicht, was meine Frau für unsere Familie leistet. In diesem Sinne könnte ich sie mir als Arbeitskraft also gar nicht leisten. Ich habe total versagt, ihr die Anerkennung zu schenken, die sie verdient. Denn all die Dinge, die sie für mich und unsere Familie tut, tut sie nicht für einen Gehaltscheck. Auf eine seltsam Art und Weise versuche ich ihr nun so zu sagen, wie sehr ich meine Frau schätze, als Mutter und als diejenige, die immer für mich da ist und mir den Rücken frei hält.“

          oder :
          http://www.focus.de/finanzen/news/tid-9891/muttertag-was-eine-mutter-verdienen-sollte_aid_300297.html

          Der deutsche Hausfrauenbund (DHB) zum Beispiel hat errechnet, dass die durchschnittliche Zweifach-Mutter im Schnitt etwa 14 Stunden pro Tag im Einsatz ist. Selbst wenn ein beflissener Vater am Wochenende alle anfallenden Aufgaben erledigt, kommt sie bereits auf eine 70-Stunden-Woche und müsste – so der DHB ohne weitere Begründung – wenigstens 2510 Euro monatlich verdienen.

          Richtergehalt für Teilzeit-Mütter

          Noch höher fällt der Lohn aus, den eine Beratungsfirma in den USA errechnet hat. Die Mitarbeiter der auf Gehaltsvergleiche spezialisierten Internetseite Salary.com kamen bereits im Jahr 2006 auf gut 4600 Euro monatlich – und zwar als Zubrot für eine berufstätige Mutter, die ihre elterlichen Pflichten neben den normalen Bürozeiten absolviert.

          Inzwischen dürften die Summen durch die allgemeinen Lohnsteigerungen sogar noch deutlich höher liegen, da den Berechnungen die durchschnittlichen Einkommen von zehn Berufen zugrunde lagen, die den Aufgaben einer Hausfrau mit Kindern nahekommen – zum Beispiel Nachhilfelehrerin, Köchin, Chauffeurin, Psychologin und Unternehmenschefin.

          Dass das Haushaltsgeld der meisten erwerbslosen Mütter deutlich hinter diesen Summen zurückbleibt, ist aus Sicht der Betroffenen ausgesprochen ungerecht. Rechnet man den entgangenen Arbeitslohn allerdings gegen all die Subventionen auf, die der Staat für seine Mütter bereithält, erscheint das Ergebnis oft in einem anderen Licht.

        • @Christian @all

          Ich wiederhole mich, weil es mich so langsam aufregt.
          Eine Mutter ist per se für NICHTS von dem qualifiziert, was sie dann zu einer „Mutter“ macht; ebenso wenig wie der Vater.

          Wenn hier geschrieben wird:

          „Etwa € 33.500,- kostet eine vollbeschäftigte Nanny umgerechnet im Jahr.“, dann hat das den Pferdefuß, das NIEMAND eine Mutter als Nanny einstellen würde, nur weil sie Mutter ist.

          Dass eine „Nanny“ einen Marktwert, hat wenn sie ERWERBSARBEIT verrichtet, liegt an ihrer QUALIFIKATION, die sie erworben hat, um ihre Tätigkeit auf dem Arbeitsmarkt als bezahlte Arbeit anzubieten.
          OHNE Qualifikation wird auf dem Markt für NICHT QUALIFIZIERTE der Job nicht „Nanny“ heißen, sondern BABYSITTERIN. Niemand bezahlt einer Babysitterin das Gehalt einer qualifizierten Erzieherin, da jeder 14-jährige Teenager diese Tätigkeit verrichten kann.

          Das weiblich/feministische, narzisstische Phantasma, die generative Potenz einer Frau sei gleichbedeutend mit einer auf ihrer (!) Biologie beruhenden „Qualifikation“ wird ausgedrückt, wenn es um den eingebildeten Wert der Tätigkeiten geht.

          Berechnungen legten

          „die durchschnittlichen Einkommen von zehn Berufen zugrunde lagen, die den Aufgaben einer Hausfrau mit Kindern nahekommen – zum Beispiel Nachhilfelehrerin, Köchin, Chauffeurin, Psychologin und Unternehmenschefin.“

          Jedoch,

          – Lehrerin,
          – Köchin,
          – Chauffeurin,
          – Psychologin und
          – Unternehmenschefin

          wird man im „Normalfall“, indem man eine Ausbildung ergreift und /oder studiert und dann in seinem erlernten BERUF als Arbeitnehmerin qualifizierte Erwerbsarbeit verrichtet oder anschließend ein Unternehmen gründet und dieses leitet.

          Wie dumpfbackig die gesamte Argumentation ist kann schon daran erkannt werden, dass „Unternehmenschefin“ tatsächlich als „Beruf“ angeführt ist. Aber allein die vier aufgeführten Berufe erfordern zusammen Pi mal Daumen 12 Jahre Ausbildung bzw. Studium (zusätzlich zu einer Hochschulreife).

          Nichts von den TÄTIGKEITEN einer Mutter entspricht diesem Muster von Erwerbsarbeit, weil sie für KEINE dieser Tätigkeiten qualifiziert ist, sondern diese (im Schnitt) als eine DILETTANTIN verrichtet.
          Demzufolge ist auch keine dieser Tätigkeiten mit tatsächlich qualifizierter Erwerbsarbeit zu vergleichen und demzufolge auch nicht so viel wert.

          Der Ansatz des „comparable worth“ arbeitet mit dem sprachhypnotischen Muster, das Tätigkeit = Erwerbsarbeit.
          Er unterschlägt dabei, dass auf dem Arbeitsmarkt nicht eine Eignung für eine Tätigkeit nachgefragt wird, sondern die ATTESTIERTE FÄHIGKEIT diese Tätigkeit gemäß einer NACHGEFRAGTEN Funktion zu verrichten.

          Die Idee, dass man mit dem ANGEBOT „Mutter“ in der Lage ist, den Wert seiner Tätigkeiten beliebig selber festzusetzen, ist so grandios narzisstisch durchgeschallert, ich mache das an einem Beispiel klar:

          Stellenanzeige gewöhnlich „Unser Unternehmen sucht asap eine:

          – Lehrerin,
          – Köchin,
          – Chauffeurin,
          – Psychologin und
          – Unternehmenschefin

          für (Funktion eintragen) mit folgenden Fähigkeiten (aufgelistet).“

          Laut DHB:

          „Unser Unternehmen sucht asap eine:

          – Mutter,
          – Mutter,
          – Mutter,
          – Mutter und
          – Mutter

          für (Funktion eintragen) mit folgenden Fähigkeiten (Mutter).“

          In letzter Instanz bedeutet dieser gesammelte weiblich/feminitische Blödsinn in einem Satz:

          MEINE VAGINA IST MEIN JOB UND QUELLE MEINES EINKOMMENS!

          Mit Gruß und Brast
          crumar

        • „Ich wiederhole mich, weil es mich so langsam aufregt.“

          Ah, Du hast schon selber geantwortet. Ich hätte sonst auch auf Deine Mythos zerlegende Antwort von neulich verwiesen.

        • „Die Idee, dass man mit dem ANGEBOT „Mutter“ in der Lage ist, den Wert seiner Tätigkeiten beliebig selber festzusetzen, ist so grandios narzisstisch durchgeschallert, ich mache das an einem Beispiel klar:“

          Aber selbst wenn man das könnte, müsste immer noch der Anteil der täglichen Arbeit in Abzug gestellt werden, den die Superfrau für sich aufwendet.
          Es wird ja immer wieder gern dargestellt, dass sie all die aufgezählten Tätigkeiten zu 100% nur für ihren Mann macht und das dazu noch unentgeltlich.
          Es gibt sicher Frauen, die – alleni lebend – vermüllen und tatsächlich nichts im Haushalt erledigen. Aber die Mehrzahl der Frauen verwendet den Großteil der täglichen Hausarbeit darauf, z.B. den ganzen Tand zu putzen, den sie für ihr eigenes Seelenglück überall in der Wohnung dekorativ drapiert haben.

        • Das meinte ich doch: eine ausgebildete Köchin, die Vollzeit arbeitet, kriegt das Geld (hoffentlich), aber mit dem Geld wird auch ihre Ausbildung mitbezahlt. Eine Erzieherin unterscheidet sich von einem 14-jährigen Babysitter schon dadurch, dass sie eine ganze Kindergartengruppe betreuen kann. Und der 14-jährige hat keine Berufshaftungsversicherung, die die Erzieherin dem Kunden indirekt in Rechnung stellt.

          Dass jemand, der einen Beruf als ungelernte Hilfskraft übernimmt, nicht so viel verdienen sollte wie die Gelernten (oder studierten), sollte klar sein. Schon aus Respekt den Profis gegenüber.

          Und die Hausfrau kriegt ein Teil ihres Gehaltes in Form von Kost und Logis. UND sie müsste als Köchin, Erzieherin und Kinderpsychologin ihr Einkommen versteuern, d.h., man muss den Netto-Lohn zugrunde legen.

        • @Carnofis

          1. Haargenau so entsteht die LÜGE vom „gender time gap“ (meine Herv.) und von der unbezahlten Hausarbeit:

          „Aber selbst wenn man das könnte, müsste immer noch der Anteil der täglichen Arbeit in Abzug gestellt werden, den die Superfrau FÜR SICH aufwendet.
          Es wird ja immer wieder gern dargestellt, dass sie all die aufgezählten Tätigkeiten zu 100% nur für ihren Mann macht und das dazu noch unentgeltlich.“

          Ich zähle mal kurz Tätigkeiten auf:

          – waschen
          – putzen
          – einkaufen
          – kochen

          all das müsste sie für sich selbst tun, würde sie alleine leben.

          Dies muss natürlich von dem ABGEZOGEN werden, was sie als Tätigkeit verrichtet, wenn sie mit einem Mann zusammen wohnt oder mit ihm Kind/Kinder hat.
          Nur dieser Betrag ist MEHRARBEIT über das hinaus, was sie ohnehin tun müsste, um sich SELBST zu versorgen.
          So zu tun, als würde sie die gesamte Arbeitszeit *für andere* verrichten, sieht eine Frau NICHT als SELBSTÄNDIGES INDIVIDUUM.

          Dass der Feminismus genau diese Sichtweise kultiviert, zeigt ganz deutlich seine Abstammung aus einer bestimmten sozialen Schicht und macht ihn zum BÜRGERLICHEN Feminismus.

          2. Der Witz ist, es gibt ohnehin eine Geschlechterdifferenz in Sachen Aufwand für den Haushalt bei Singles nach Geschlecht.
          Frauen brauchen anscheinend für die identischen Tätigkeiten einfach länger als Männer.

          Dabei gilt zu berücksichtigen, dass in der Regel keine teilnehmende Beobachtung bei der Zeitangabe für einzelne Tätigkeiten stattfindet, sondern man verlässt sich auf die Selbstauskunft und da habe ich Zweifel anzumelden.

          Ziehen nun Mann und Frau zusammen, passiert etwas außergewöhnliches: Männer verausgaben die *gleiche* Zeit wie zuvor, während der Zeitaufwand der Frauen geradezu EXPLODIERT.
          Das ist aber nicht rational erklärbar.
          Die Fläche der Wohnung eines zusammen ziehenden Paares ist in der Regel KLEINER als die addierten qm beider Single-Wohnungen. Der Aufwand müsste also geringer sein als zuvor und nicht größer.

          Dann habe ich auch Zweifel hinsichtlich der Erfassung des zeitlichen Aufwands anzumelden.
          Ist bspw. „Wäsche waschen“ der Vorgang, der so lange dauert, bis die Waschmaschine ihr Programm beendet hat?
          Welchem Geschlecht wird das zugeordnet?
          Wer den „Start“-Knopf gedrückt hat?
          Ebenso verhält es sich mit der GeschirrspülerIN.

          Kurz: Bei Studien zum Zeitaufwand wird m.E. getrickst, gelogen und betrogen, dass sich die Balken biegen.

          Gruß crumar

        • @Crumar:
          „Eine Mutter ist per se für NICHTS von dem qualifiziert, was sie dann zu einer „Mutter“ macht; ebenso wenig wie der Vater.“

          Doch, sind sie, alle beide!
          Da muß ich Dir ausnahmsweise mal widersprechen ( und nur in diesem Punkt ).
          Mal davon ausgehend, daß beide in einer normalen Familie aufgewachsen und i.d.R. über 18 Jahre alt sind, haben sie, übrigens auch nach Ansicht der der BVerfG-Rechtsprechung und der höheren Rechte, die „Lizenz zum Kindergroßziehen“.
          Es gilt da ein „natürliches Laissez-faire“, daß voraussetzt, daß ein Kind zwar keineswegs einen Anspruch auf optimales Aufwachsen haben kann, daß aber im Umkehrschluss davon auszugehen ist, daß zwei normale Eltern es immerhin ausreichend „gut genug machen“, resp. ( und auch das sagt das BVerfG ), daß schon nix unangemessenes passieren wird.

          Und das deckt sich mit den Erkenntnissen der entsprechenden soziologischen, pädagogischen u.s.w. Forschung.

          Womit Du Recht hast, ist m.E. daß es Unfug ist, daraus zu schließen, daß sie dadurch ebenfalls die wirtschaftliche Tätigkeit als Chauffeur, Chefkoch, Nanny etc.pp. erfüllen könnten, oder sogar nach deren Tarifen bezahlt werden müßten.
          Das ergibt sich schon daraus logischerweise, daß es die „Jobs“ als Eltern schon lange vor der Erfindung der Lohnarbeit, ja sogar der Arbeit für andere überhaupt, gab.
          Es ist schlichtweg absurd, aus dem Erfüllen einer genetisch bedingten Konditionierung ( hier: die Reproduktion ) ein Lohn&Brot-Verhältnis konstruieren zu wollen.

          Das wäre ( kaum überspitzt ), wie wenn man einem AD(H)S-Patienten den großen Preis eines nationalen Marathon verleihen müßte, weil er vor Nervosität ( Ritalin alle, Schuld ist natürlich der männliche, weiße Apotheker ) in Rekordzeit 42 Km um seinen Esstisch getigert ist.
          ( Wäre doch mal ’ne hübsche intersektiererische Forderung, könnte man der Mädchenmannschaft, o. Antje Schrupp mal vorschlagen … 😉 )

        • „Doch, sind sie, alle beide!
          Da muß ich Dir ausnahmsweise mal widersprechen …“

          Ich denke, crumar meint mit „qualifiziert“ den Nachweis einer abgeschlossenen Berufsausbildung. Das ist auch die Grundlage für die aberwitzigen Berechnungen, mit denen die tollen Leistungen der Mütter bewertet werden.
          Insofern hat crumar vollkommen recht.

        • @Fiete @Carnofis

          Ich glaube, Fiete hat vom Standpunkt des BVerfG Recht, der natürlich die Hürden niedrig legen muss, denn sonst ließe sich „Kindeswohl“ nicht aus der Tatsache herleiten, dass zwei Geschlechter mit zwei kompatiblen Körperteilen existieren, die in der Regel nur die biologische Produktion von Kindern „gut genug machen“. 😉

          Natürlich könnten man einwenden, es existiert *ein* Geschlecht mit ebenfalls kompatiblen Körperteilen, bei der der sexuelle Akt nicht zur biologischen Produktion von Kindern führt.
          Aber wie ich bspw. Adrian – den alten Schlingel – kenne, wird er nicht aufhören das zu probieren!

          Anyway:

          „Es ist schlichtweg absurd, aus dem Erfüllen einer genetisch bedingten Konditionierung ( hier: die Reproduktion ) ein Lohn&Brot-Verhältnis konstruieren zu wollen.“

          Ein weiterer Unterschied zur Erwerbsarbeit ist die Möglichkeit, z.B. im Rahmen der Probezeit feststellen zu können, es liegt keine fachliche oder persönliche Eignung für den Job vor.
          Ganz zu schweigen von der Möglichkeit, aus außerordentlichen Gründen die Mitarbeiterin/Mutter zu kündigen.

          Es sagt eine Menge über das Bewusstsein dieser Frauen aus, dass sich diese Eignung selbstredend aus ihrer eigenen Biologie herleiten lässt.
          D.h. *natürlich* ist die gesamte Argumentation reiner Biologismus, die auf die exklusive generative Potenz von Frauen abzielt.
          Würde es tatsächlich „gender“ geben, ließe sich aus der bloßen Beteiligung des „anderen Geschlechts“ bei der Reproduktion die identischen „Kompetenzen“ ableiten.
          „Wegen meiner Spermienproduktion bin ich zum Vater geboren!“ ist aber kein gesellschaftlich anerkanntes Argument.

          Gruß crumar

        • @Christian @all

          – Hausfrauengehalt –

          1. Berechnung

          1.1 Auch für sich selbst.

          Die Frau tut das alles nicht nur für ihren Mann, sondern auch für sich.
          Sie kocht, putzt usw. auch für sich.
          Ebenso sind es auch ihre Kinder.

          Es dürften also nur die Hälfte berechnet werden.

          1.2 Keine Fachkraft. Keine berufliche Ausbildung.

          Die Frau ist in all den genannten Bereichen keine Fachkraft.
          Ebenso wurde sie nicht dafür ausgebildet. was für Gehälter entscheidend ist.

          Es dürften daher lediglich Gehälter von ungelernten Hilfskräften berechnet werden.

          1.3 Nicht Vollzeit.

          Die Frau arbeitet in all den Bereichen nicht in Vollzeit.

          Auch die „Kundenbetreuung“ ist kein Vollzeitjob.
          Kindergärtner betreuen in Vollzeit mehrere Kinder gleichzeitig.

          Die meißte Zeit des Tages verbringen Kinder mit schlafen:

          Je nach Tätigkeit dürfte man also nur Gehälter von Angestellten in Teilzeit, Minijobs, oder auf Stundenbasis berechnen.

          1.4 Gehälter richten sich nach finanziellen Möglichkeiten.

          Man könnte jetzt ausreichen, was nach Korrektur durch die Punkte 1.1 – 1.3 übrigbleibt.
          Macht aber wenig Sinn, den ein wesentlicher Punkt fehlt:

          Gehälter richten sich in erster Linie danach, was ein Unternehmen zu zahlen in der Lage ist.

          Das kleine Restaurant an der Ecke, kann seinem Koch nicht das Gehalt eines 5-Sterne-Hotels bezahlen.
          Dieser Koch wird deshalb weder diskriminiert, noch wird seine Arbeit von seinem Chef deswegen nicht gewertschätzt!

          2. Miete, Kleidung, Lebensmittel? Oder: Der Mann verdient das Geld nicht für sich.

          Das Gehalt des Mannes ist das Einkommen der Familie!
          Die Frau tut also nichts umsonst.

          Mann und Frau teilen sich die Aufgaben der Familie.
          Haushaltsführung ist eine Aufgabe – Geldverdienen ist eine Aufgabe.

          Die Verteilung richtig sich danach, was für die Familie am Sinnvollsten ist.

          3. Fragwürdige Zeiten. Oder: Was ist der Unterschied zwischen 2017 und 1917?

          Wenn Frauen heute mit einen Haushalt mit 2 Kindern, jeden Tag, 14 Stunden beschäftigt sind, wie haben Mütter das dann z.B. 1917 alles bewältigt?

          Ohne Waschmaschine – Waschzuber und Waschbrett waren angesagt.
          Ohne Auto. Zum Kaufladen und zum Markt mußte man noch Zufußgehen.
          Mit Holzböden, die noch auf Knien geschrubbt werden mußten.
          Ohne Spülmaschine, Elektroherd, Mikrowelle, Tiefkühltruhe, fließend heißes Wasser etc.
          Ohne Babytücher, Wegwerfwindeln, Fertigbrei usw.
          Ohne Kinderkrippe und Kindergarten.


          4. Und der Mann?

          4.1 Zusätzliches Gehalt
          dass die durchschnittliche Zweifach-Mutter im Schnitt etwa 14 Stunden pro Tag im Einsatz ist. Selbst wenn ein beflissener Vater am Wochenende alle anfallenden Aufgaben erledigt
          http://www.focus.de/finanzen/news/tid-9891/muttertag-was-eine-mutter-verdienen-sollte_aid_300297.html

          Wie sieht es denn dann mit dem Gehalt für den Mann aus?

          Frau: 70 Stunden – 71,43 % – 2.510 €
          Mann: 28 Stunden – 28,57 % – 1.004 €

          Plus Entgelt für die Tätigkeiten die der Mann im Haushalt tut.

          – auch er betreut die Kinder, wenn er zuhause ist. Liest ihnen evtl. Gute-Nacht-Geschichten vor etc.
          Wenn das Spielen mit den Kindern bei der Mutter als Arbeitszeit zählt. dann muß dies auch für den Vater gelten.
          – Renovierungs- und Reparaturarbeiten etc.

          4.2 Freie Tage für den Mann?
          wenn ein beflissener Vater am Wochenende alle anfallenden Aufgaben erledigt

          Das heißt, die Mutter hätte in diesem Fall 2 Tage in der Woche frei.
          Der Vater nicht einen einzigen.

          5. Geringschätzung der Tätigkeit?

          Wenn hier jemandes Arbeit geringschätzt wird, dann durch Feministinnen!

          zum Beispiel Nachhilfelehrerin, Köchin, Chauffeurin, Psychologin und Unternehmenschefin.
          http://www.focus.de/finanzen/news/tid-9891/muttertag-was-eine-mutter-verdienen-sollte_aid_300297.html

          All diese Berufe werden abgewertet.
          Denn für Feministinnen tun diese Menschen nichts, was nicht von einer Mutter ganz nebenbei erledigt werden kann.
          Noch dazu ohne besondere schulische oder betriebliche Ausbildung. Selbst Berufserfahrung ist nicht nötig. Sie hat ein Kind, und schon kann sie das alles mindestens genausogut.

    • Ich denke, es ist sogar noch schlimmer. Diese Gruppen werden nicht mehr nur nicht ernst genommen, sondern diesen wird eher feindselig gegenübergestanden.

  2. „Die absolute Position und die Möglichkeit andere zu beschämen, indem man es so darstellt als wollten dies Diskriminierungen aufrechterhalten, werden dabei als Werkzeug eingesetzt.“

    Wie hier diese Schüler/Studenten aus Australien bei einer Demonstration gegen „The Red Pill“:

    http://www.youtube.com/watch?v=EZsEu29PrME

    SHAME! SHAME! SHAME!

    DING! DING! DING!

    Die führen sich auf wie eine dumme Bevölkerung im Mittelalter während einer Hinrichtung.

    Die wissen gar nicht über was die da reden und können nicht mal genau benennen was den diese Person die so furchtbar schlimm ist überhaupt gemacht hat (und sie sind natürlich männerfeindlich).

    Aber sich moralisch Überlegen zu fühlen, während man andere denunziert, man lügt, sich nicht informiert und man die Freiheit anderer einschränken will, ist einfach ein zu gutes Gefühl…

    • „Die führen sich auf wie eine dumme Bevölkerung im Mittelalter während einer Hinrichtung.“

      Es ist ein anscheinend weit verbreiteter Glaube, dass Menschen seit der Aufklärung irgendwie klüger geworden seien. Ein Optimismus, der mich immer wieder erstaunt.

        • @ only_me

          „Es ist ein anscheinend weit verbreiteter Glaube, dass Menschen seit der Aufklärung irgendwie klüger geworden seien.“

          Das ist auch so. Und zwar weil die Aufklärung in Verbindung mit Alphabetisierung und Bildung in ihren langfristigen Auswirkungen zum ersten Mal in der Menschheitsgeschichte eine massenhafte Aktivierung des formal-operationalen Denkens initiierte.

          In allen vorherigen vormodernen Kulturen hatte die Mehrheit der Menschen aufgrund der prämodernen Sozialisations- und Bildungsbedingungen nicht die Möglichkeit formal-operationales, abstraktes Denken zu entwickeln.

          Solche Verschiebungen des entwicklungspsychologischen Schwerpunkts haben interessante Auswirkungen.
          Kannst ja mal in diesen Text des Soziologen Georg W. Oesterdiekhoff reinlesen, falls dich das Thema vielleicht interessert:

          Klicke, um auf 978-3-938808-72-6.pdf zuzugreifen

          Der Autor hat leider gewisse stilistische Eigenarten, die seiner in der Grundtendenz richtigen Theorie die Rezeption erschweren, nämlich einen Hang zur Angeberei sowie die m.E. störende Neigung häufig Begriffe wie „kindlich“ und „primitiv“ im Zusammenhang mit den Mentalitäten in prämodernen Gesellschaften zu verwenden.
          Ich würde vorschlagen darüber hinwegzulesen und trotzdem weiterzulesen.

          Trotz solcher stilistischer Mängel sowie hin und wieder gewissen Einseitigkeiten und Übertreibungen in seinen Schriften ist die entwicklungspsychologisch fundierte Theorie kultureller Evolution, die Oesterdiekhoff beschreibt, m.E. in vielen Aspekten zutreffend und entspricht weitgehend dem empirischen Forschungsstand der kulturvergleichenden Entwicklungspsychologie, zu dem viele Studien vorliegen.

          Auch bekannte politisch links stehende Philosophen wie Jürgen Habermas (Vertreter der 2. Generation der Kritischen Theorie der Frankfurter Schule) und Karl Otto-Apel vertreten im Wesentlichen die gleiche entwicklungspsychologisch fundierte Theorie kultureller Evolution, beschreiben dies in ihren Schriften zum Thema allerdings nicht so ausführlich wie Georg W. Oesterdiekhoff.

          Man kann wesentliche Unterschiede zwischen vormodernen und modernen Gesellschaften sowie das Funktionieren kultureller Modernisierungsprozesse m.E. nicht tiefergehend verstehen, wenn man diese Theorie nicht kennt.

        • @leszek,

          „Kannst ja mal in diesen Text des Soziologen Georg W. Oesterdiekhoff reinlesen, falls dich das Thema vielleicht interessert“

          OK, mach ich.
          Du kannst ja in der Zwischenzeit mal in den Kahnemann oder den Haidt reinlesen, um zu kontrollieren, wie viel Relevanz formal-operationales Denken für die moralischen und politischen Ansichten von Menschen hat.

        • Ich muss auch sagen, dass ich Jonathan Haidts „Moral Foundations Theory“ wei überzeugender finde als die rationalistischen Moraltheorien von Kant bis Kohlberg. Letztere überschätzen die Bedeutung von Vernunft und Logik für menschliches Verhalten.

          Haidt schreibt:

          „Western philosophy has been worshipping reason and distrusting the passions for thousands of years. There’s a direct line running from Plato through Immanuel Kant to Lawrence Kohlberg. I’ll refer to this worshipful attitude throughout this book as the rationalist delusion. I call it a delusion because when a group of people make something sacred, the members of the cult lose the ability to think clearly about it. Morality binds and blinds. The true believers produce pious fantasies that don’t match reality, and at some point somebody comes along to knock the idol off its pedestal. That was Hume’s project, with his philosophically sacrilegious claim that reason was nothing but the servant of the passions. …

          Wilson had prophesied in 1975 that ethics would soon be “biologicized” and refounded as the
          interpretation of the activity of the “emotive centers” of the brain. When he made that prophecy he was going against the dominant views of his time. Psychologists such as Kohlberg said that the action in ethics was in reasoning, not emotion. And the political climate was harsh for people such as Wilson who dared to suggest that evolutionary thinking was a valid way to examine human behavior. …

          From Plato through Kant and Kohlberg, many rationalists have asserted that the ability to reason well about ethical issues causes good behavior. They believe that reasoning is the royal road to moral truth, and they believe that people who reason well are more likely to act morally. But if that were the case, then moral philosophers—who reason about ethical principles all day long—should be more virtuous than other people. Are they? The philosopher Eric Schwitzgebel tried to find out. He used surveys and more surreptitious methods to measure how often moral philosophers give to charity, vote, call their mothers, donate blood, donate organs, clean up after themselves at philosophy conferences, and respond to emails purportedly from students.48 And in none of these ways are moral philosophers better than other philosophers or professors in other fields. …

          The ethic of autonomy is based on the idea that people are, first and foremost, autonomous individuals with wants, needs, and preferences. People should be free to satisfy these wants, needs, and preferences as they see fit, and so societies develop moral concepts such as rights, liberty, and justice, which allow people to coexist peacefully without interfering too much in each other’s projects. This is the dominant ethic in individualistic societies. You find it in the writings of utilitarians such as John Stuart Mill and Peter Singer (who value justice and rights only to the extent that they increase human welfare), and you find it in the writings of deontologists such as Kant and Kohlberg (who prize justice and rights even in cases where doing so may reduce overall welfare). But as soon as you step outside of Western secular society, you hear people talking in two additional moral languages. The ethic of community is based on the idea that people are, first and foremost, members of larger entities such as families, teams, armies, companies, tribes, and nations. These larger entities are more than the sum of the people who compose them; they are real, they matter, and they must be protected. People have an obligation to play their assigned roles in these entities. Many societies therefore develop moral concepts such as duty, hierarchy, respect, reputation, and patriotism. In such societies, the Western insistence that people should design their own lives and pursue their own goals seems selfish and dangerous—a sure way to weaken the social fabric and destroy the institutions and collective entities upon which everyone depends.“

          Alle Zitate aus „The righteous Mind“

        • @ El_Mocho

          „Ich muss auch sagen, dass ich Jonathan Haidts „Moral Foundations Theory“ wei überzeugender finde als die rationalistischen Moraltheorien von Kant bis Kohlberg. Letztere überschätzen die Bedeutung von Vernunft und Logik für menschliches Verhalten.“

          Die Kohlberg-Tradition der Moralpsychologie erforscht stärker die kognitiven Aspekte der Moral, Haidt fokussiert stärker auf nicht-kognitive Aspekte. Das muss sich ja nicht zwangsläufig widersprechen. Man wird schauen müssen, wie man die Teilwahrheiten beider moralpsychologischer Forschungstraditionen integriert.

          Die Forschungsergebnisse und Theorien der Kohlberg-Tradition sind allerdings weit besser dazu geeignet um kulturelle Evolutionsprozesse zu verstehen.
          Des Weiteren liegen kulturübergreifend viele Forschungsergebnisse der Kohlberg-Tradition vor, es handelt sich um eine empirisch gut gesicherte Theorie.

          Hierzu ein Zitat aus einem Kapitel zu Moral im Kulturvergleich aus einem Lehrbuch zur Kulturvergleichenden Psychologie:

          „Generell kann festgestellt werden, dass es besser um die Entwicklungspsychologie als Fach stünde, wenn über jede Theorie so viel Forschung vorläge, wie über diejenige von Kohlberg, und zwar sowohl im Längsschnitt als auch im Kulturvergleich. Die einst von Alastair Heron und Elke Kroeger (1981) geforderte Realisierung einer Tiefen- und Breitendimension für jede seriöse entwicklungspsychologische Forschung (also eine Stützung durch Längsschnittdaten und durch kulturvergleichende Forschung) ist in diesem Bereich vergleichsweise vorbildlich verwirklicht. Systematisch handelt es sich um Generalisierungsstudien, die allerdings zunehmend durch Differenzierungsstudien ergänzt wurden. Obwohl es kein systematisches Programm dafür gab, liegen praktisch aus allen Teilen der Welt Arbeiten zu Kohlbergs Theorie vor. Mir sind sieben Längsschnittstudien außerhalb Europas, den USA und Kanadas bekannt (Bahamas, Indien, Island, Indonesien, Israel, Taiwan und Türkei), zusätzlich Querschnittsuntersuchungen aus allein 25 Kulturen (Alaska, Bulgarien, China, Guatemala, Honduras, Island, Korea, Mexiko, Namibia, Nepal, New Guinea, Neu Seeland, Hong Kong, Indien, Iran, Japan, Kenia, Pakistan, Puerto Rico, Polen, Taiwan, Thailand, Nigeria, Yucatan und Sambia), die im engeren Sinn zu Kohlbergs Theorie gearbeitet haben (z.T. liegen aus einzelnen Ländern mehrere Studien vor).“

          (aus: Lutz H. Eckensberger – Kultur und Moral, in: Alexander Thomas (Hrsg.) – Kulturvergleichende Psychologie, 2. überarb. und erweit. Auflage, Hogrefe, 2003, S. 320)

        • Von den moralpsychologischen Forschungsbefunden der Kohlberg-Tradition abgesehen, gibt es in der Kulturvergleichenden Moralpsychologie übrigens des Weiteren noch Forschungsergebnisse zur Überprüfung von Jean Piagets Moraltheorie und solche zur Überprüfung der Moraltheorie von James Rest.
          Piagets ursprüngliche Moraltheorie war etwas anders als die von Kohlberg, (wiewohl Kohlberg aufbauend auf Forschungsergebnisse und Theorien von Piaget seinen eigenen Ansatz entwickelte.)

          Im Folgenden also noch kurz zum Ausmaß der bislang ausgehend von den Moraltheorien von Jean Piaget und James Rest durchgeführten Forschungen.

          Wichtig: Bezüglich Piaget geht es hier jetzt um Forschungen zu seiner Moraltheorie, nicht zu seiner Theorie der kognitiven Entwicklung. (Zu Piagets Theorie der kognitiven Entwicklung liegen m.W. kulturübergreifend über tausend Studien vor.)

          Aus einem Lehrbuch zur Kulturvergleichenden Psychologie:

          „Untersuchungen zu Piagets (Moral-)Theorie liegen – abgesehen von Arbeiten aus den USA und der „westlichen Welt“ im engeren Sinn – aus acht kulturellen Gruppen vor: 12 Indianerstämme in den USA; Israel, Libanon, Türkei aus dem vorderen Orient; Nigeria; Ghana, Kongo aus Afrika und Formosa aus dem Fernen Osten.

          (…)

          Schließlich existiert eine zunehmende Zahl von Querschnittuntersuchungen, in denen Rests DIT oder Varianten dieses Tests, z.B. der „Moralische-Urteils-Test“ (MUT von Lind, 1986) verwendet wurden. Außer in den USA und westlichen Nationen (wie Deutschland, Irland, Finnland, den Niederlanden und Österreich), liegen Arbeiten aus 13 Kulturen/Nationen vor: aus Südafrika, Südamerika und Mexiko, den arabischen Ländern und Israel, aus Griechenland, aus Indien, aus Hongkong, Japan, Taiwan, Südkorea und den Philippinen. Auch hier gibt es nur wenige Daten aus ehemals sozialistischen Staaten (Lind (1986) untersuchte Studenten aus Jugoslawien und Polen).“

          (aus: Lutz H. Eckensberger – Moralische Urteile als handlungsleitende soziale Regelsysteme im Spiegel der kulturvergleichenden Forschung, in: Alexander Thomas (Hrsg.) – Kulturvergleichende Psychologie, 1. Auflage, Hogrefe, 1993, S. 268 f.)

          Also, diese große Menge an empirischen Forschungsergebnissen zu den moralpsychologischen Konzeptionen von Jean Piaget, Lawrence Kohlberg und James Rent, die verschwinden natürlich nicht einfach, nur weil es jetzt noch eine andere moralpsychologische Theorie (von Jonathan Haidt) gibt.

          (Das im Schnitt häufigste Erreichen der höheren Moralstufen nach Kohlberg fand sich übrigens im israelischen Kibbuz.)

        • Kohlberg kannte ich noch nicht, aber der Wikipediaartikel ist m.E. schon schräg genug um zumindest einzuwenden, dass es moralische Entscheidungen und Empfinden auch bei Tieren gibt. Je höher sie entwickelt sind, je ausgeprägter dieser Trieb ist.

          Das allein am logischen Denken festzumachen halte ich angesichts zahlreicher Arbeiten zur Moral bei Tieren für falsch. Ich habe eher den Eindruck, dass sich eine moralische Tendenz mit dem Alter ändert, weil wir Tiere sind und nicht obschon wir es sind.

        • @ Yeph

          Klar finden sich moralische Empfindungen schon bei manchen Tieren.
          Es dürfte allerdings vermutlich nicht so einfach sein, das moralische Urteilen bei Tieren mittels eines Kohlberg-Tests zu erforschen. Aber du kannst natürlich gerne einem Tier mal einen Fragekatalog mit kohlbergschen Dillematta vorlegen und uns dann berichten, was das Tier dazu gesagt hat. 🙂

        • Die kognitiven Aspekte sind natürlich auch wichtig, soweit es um komplexere Probleme geht, aber im Alltagsleben wird das Verhalten der meisten menschen in der Gesellschaft eher von moralischen Intuitionen bestimmt, die sich Ansatzweise auch schon bei Tieren zeigen, wie du richtig sagst. Affen protestieren, wenn andere Futter bekommen und sie nicht, haben also einen Anspruch auf Gleichbehandlung.

          Dessen muss man sich bewusst sein, wenn man z.B. von Menschen fordert, auf Steuerentlastungen zu verzichten, um höherer moralischer Ziele (die anderen zu gute kommen) willen.

        • @ El_Mocho

          Zumindest ein Teil dieser moralischen Intuitionen INTERAGIERT aber auf spezifische Weise mit den jeweils erreichten kognitiven und moralischen entwicklungspsychologischen Stufen, d.h. manche moralische Intutionen können bis zu einem gewissen Grad durch die entsprechenden kognitiven und moralischen Stufen, wie Piaget und Kohlberg sie erforscht und beschrieben haben, modifiziert werden. Und daher können auch die entwicklungspsychologischen Stufen das Verhalten im Alltag beeinflussen und tun dies auch.

          Du hast doch z.B. ein Buch des Ethnologen Napoleon Chagnon über die Yanomamö-Indianer gelesen. Dann ist dir doch wahrscheinlich aufgefallen, wie relativ dysfunktional das Leben in manchen Yanomamö-Stämmen aus moderner Perspektive erscheint.

          Noch relativ dysfunktionaler erscheinen m.E. manche Formen der sozialen Interaktion bei den Tauade in Neuguinea, (die z.B. der Ethnologe Christopher Hallpike in seinem Buch „Bloodshed and Vengeance in the Papuan Mountains“ beschreibt).

          Wenn wir Kohlbergs Stufenmodell der Moralentwicklung auf diese beiden Beispiele anwenden, dann würden wir sie wohl als Gesellschaften klassifizieren, deren durchschnittlicher moralpsychologischer Schwerpunkt auf Moralstufe 2 liegt.

          Gesellschaften mit durchschnittlichem Schwerpunkt auf Moralstufe 2 müssen nicht zwangsläufig dysfunktional sein, aber bei allen denjenigen kleinräumigen, schriftlosen Gesellschaften, die auf uns hinsichtlich ihrer internen sozialen Interaktionen stärker dysfunktional wirken – eher viel Aggression, eher wenig Kooperation – scheint es sich um Gesellschaften mit Schwerpunkt auf Moralstufe 2 zu handeln.

          Es gibt aber auch viele schriftlose, kleinräumige Gesellschaften, die nach innen hin friedlicher und kooperativer sind und die im Kontext ihrer jeweiligen Bedingungen hinsichtlich ihrer sozialen Interaktionen besser funktionieren. Beispiele hierfür wären die südamerikanischen Ye’kuana–Indianer oder die Ache-Indianer in Paraguay, solche Gesellschaften sind intern relativ solidarisch.
          Bei diesen handelt es sich, wenn wir Kohlbergs Modell darauf anwenden, um Gesellschaften mit durchschnittlichem Schwerpunkt auf Moralstufe 3.

          Der Forschungsstand der Kulturvergleichenden Entwicklungspsychologie und Moralpsychologie deutet darauf hin, dass sich Stammesgesellschaften im Schnitt offenbar nur bis zur Moralstufe 3 entwickeln können, einzelne Individuen in Stämmen manchmal auch bis zur Moralstufe 4, aber nicht darüber hinaus. Daher gibt es in Stammesgesellschaften auch keine Idee universeller Menschenrechte.

          Das kulturelle Wertesystem und die Rechtsordnung moderner westlicher Gesellschaften ist zumindest zum Teil von der 5. Moralstufe nach Kohlberg geprägt.
          Das gilt zwar im Schnitt nicht für die politischen und ökonomischen Herrschaftseliten in modernen Gesellschaften, die ähnlich egozentrisch und soziozentrisch sind, wie es Herrschaftseliten stets sind und die natürlich oft ihre Macht mißbrauchen, aber es gilt dennoch zum Teil für das allgemein anerkannte kulturelle Wertesystem und die Rechtsordnung.
          Und diese Prägung einer Gesellschaft durch eine Stufe-5- Moral = Menschenrechts-Moral hat wiederum Einfluss auf die sozialen Interaktionen in dieser Gesellschaft, die sich von denen in prämodernen Gesellschaften, in denen die Idee universeller Menschenrechte keine oder eine geringere Rolle spielt in manchen Aspekten im Schnitt wesentlich unterscheiden.

          Das Ausmaß, in dem Menschen die Möglichkeit haben, vermittelt durch die vorhandenen Sozialisationsbedingungen bestimmte kognitive und moralische entwicklungspsychologische Stufen zu erreichen sowie das Ausmaß der Prägung des kulturellen Wertesystems und der Rechtsordnung einer Gesellschaft durch bestimmte kognitive und moralische Stufen hat also durchaus auch Einfluss auf das Verhalten im Alltag. Und daher verhalten sich Menschen in „Stufe-2“-Gesellschaften im Schnitt in machen Aspekten anders als Menschen in „Stufe-3“-Gesellschaften usw.

          Es wird also langfristig darum gehen müssen zu erforschen, wie bestimmte moralische Intuitionen mit bestimmten kognitiven und moralischen Stufen interagieren.

        • Hier ein m.E. interessanter Text, der ein Beispiel für eine Gesellschaft mit durchschnittlichem moralpsychologischen Schwerpunkt auf Moralstufe 2 (im Sinne von Kohlbergs Modell) gibt. Ein paar Seiten fehlen zwar leider bei Google Books, aber das meiste ist lesbar:

          Christopher Robert Hallpike – Norm und Normlosigkeit einer Gesellschaft in den Bergen Papuas

          https://books.google.de/books?id=0ZomBgAAQBAJ&pg=PA45&lpg=PA45&dq=g%C3%BCnter+dux+christopher+hallpike+Tauade&source=bl&ots=0oPv4tjmUu&sig=8Ed3ZMr99JaYOVaifOQ_43H47Rw&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwiDtMSZmPfTAhVELFAKHc6hBQYQ6AEIJDAA#v=onepage&q=g%C3%BCnter%20dux%20christopher%20hallpike%20Tauade&f=false

        • „Daher gibt es in Stammesgesellschaften auch keine Idee universeller Menschenrechte.“

          Mal sehen, ob ich die Tage Zeit finde, mal was von Kohlberg und Hallpike zu lesen.

          Mir kommt immer etwas der Kaffee hoch, wenn ich über Stufen der Moral lese und darüber, dass bestimmte Gruppen zwingend auf einem niedrigen Niveau bleiben müssten.
          Dein zitierter Satz bringt das Problem kurz und knackig auf den Punkt.
          Mag sein, dass Stammesgesellschaften keine Idee universeller Menschenrechte entwickeln. Aber wo dürfen wir uns denn dann verorten, wenn wir zwar eine Idee dieser Menschenrechte haben, sie aber genau dann, wenn sie eingefordert werden, verweigern?
          Anders gefragt, was sind universelle Menschenrechte wert, wenn 99,99% der Individuen einer hochindustriellen Gesellschaft davon nichts wissen, oder wissen wollen?

          Wir brauchen nicht in einer Flüchtlingsdiskussion einsteigen, müssen uns aber sehr wohl Doppelzüngigkeit vorwerfen lassen, wenn wir uns über Menschenrechtsverletzungen in Schwarzafrika empören, aber Frauen zu Hungerlöhnen in Fernost Billigstkleidung nähen und deren Männer in giftigen Brühen färben lassen.

          Gibt es diese Stufe der Doppelzüngigkeit in Kohlbergs Stufen auch, oder reicht schon die Idee universeller Menschenrechte zur Erhöhung der (eigenen) Kultur?

        • @Leszek: Frage ist halt wie weit irgendeine moralpsychologische Stufe in einer Gesellschaft in der Lage ist, die moralischen Intuitionen zu „überschreiben“; ich denke, das funktioniert nur begrenzt, in dem Institutionen geschaffen werden, die das Leben der Individuen kontrollieren (also Justiz, Polizei usw.). Im Alltagsleben der Individuen dürften weiterhin die gleichen Intuitionen vorherrschen, wie bei den Yanomami (die Chagnon übrgens nicht als dysfunktional ansieht, klar ist nur, dass eine Weiterentwicklung der Gesellschaft bei ihnen nicht stattfindet).

          Dessen sollte man sich bewusst sein. Man sollte keine moralischen Forderungen an die Menschen stellen, die diesen Intuitionen zuwieder laufen (also z.B unbegrenzt Fremde in die eigene Gemeinschaft aufzunehmen, oder Steuern zu zahlen um den Lebenusnterhalt von anderen zu finanzieren, die ihrerseits nichts zum Erhalt der Gemeinschaft beitragen).

          Darin liegt ein Dilemma aktueller Politik, dass sie von den Menschen ein moralisches Verhalten verlangt, das ihren eigenen Interessen (und den moralischen Intuitionen) zuwieder läuft.

        • „Steuern zu zahlen um den Lebenusnterhalt von anderen zu finanzieren, die ihrerseits nichts zum Erhalt der Gemeinschaft beitragen.“

          Du meinst die unverschämten Gehälter und Pensionsansprüche, die die Politikerkaste so generieren kann als ein prominentes Beispiel?

          Also meinetwegen könnten wir uns darauf einigen, dass die Anzahl der Politikerposten sich mindestens halbieren müsste (wobei wir auf mehr Männer als Frauen verzichten sollten um so auch fluchs pari-pari zu erreichen).

        • @ El_Mocho

          Ich gebe mal ein Beispiel. Nehmen wir mal die moralische Intution einem anderen Menschen in konkreter Not zu helfen.
          Ich denke, es gibt gute Gründe davon auszugehen, dass es solche evolutionär-psychologische Dispositionen für Hilfsbereitschaft gibt.

          Gehen wir mal aus von folgendem Szenario: Ein verletzter Mann liegt auf dem Boden und braucht Hilfe.

          Tatsächlich kann die Art der Reaktion von Menschen, die vorbeikommen, unterschiedlich ausfallen, je nach dem durchschnittlichen moralpsychologischen Schwerpunkt, der jeweiligen Gesellschaft, um die es geht.

          – Haben wir es mit einer Gesellschaft mit Schwerpunkt auf Moralstufe 2 (im Sinne von Kohlbergs Modell der Moralentwicklung) zu tun, dann würden viele Menschen, die vorbeikommen, nur dann helfen, falls sie sich einen Vorteil davon versprechen oder falls sie zufällig gerade Lust dazu haben, ansonsten würden sie weitergehen, auch wenn die Person, die am Boden liegt, dringend Hilfe braucht und auch wenn es sich um ein Mitglied des eigenen Stammes handelt. In „Stufe-2-Gesellschaften“ sind viele Menschen aufgrund der vorhandenen Sozialisationsformen, die wenig auf die Förderung von Kooperation und Mitgefühl ausgerichtet sind, leider im Schnitt egoistischer und weniger kooperativ als in anderen Gesellschaften.

          – Haben wir es mit einer Gesellschaft mit Schwerpunkt auf Moralstufe 3 zu tun, dann würden Faktoren wie Gruppenzugehörigkeit und allgemeine verinnerlichte Normen darüber bestimmen, ob einer Person geholfen wird.

          Nehmen wir als Beispiel die Ache-Indianer in Paraguay, die z.B. der französische Ethnologe Pierre Clastes in seinem Buch „Chronik der Guayaki. Die sich selbst Ache nennt, nomadische Jäger in Paraguay“ beschreibt.
          Die Ache sind nach innen hin friedlich, kooperativ und solidarisch und würden jeder verletzten Person helfen, wenn es sich dabei um ein Mitglied des eigenen Stammes handelt, sie würden auch nicht daran denken, ob dabei etwas für sie selbst rausspringen würde, noch wäre die Hilfeleistung von subjektiven Launen abhängig, die Hilfe würde also ganz selbstverständlich jedem Stammesmitglied gewährt.

          Es gab bei den Ache traditionell allerdings eine „Ausnahmeregel“, nämlich, falls ein sehr altes Stammesmitglied allein im Wald von einem wilden Tier angegriffen wird. Auch wenn andere Ache-Indianer nicht allzu weit entfernt sind, wurde in einem solchen Fall nicht eingegriffen, weil der Mythologie der Ache zufolge in einem solchen Fall das alte Stammesmitglied von einem Ahnen des Stammes im Körper eines wilden Tieres ins Jenseits geholt wird. Die Ache waren dann zwar traurig über den Tod der Person, aber ihrer Mythologie zufolge durften sie in einem solchen Fall nicht helfen.

          Ist bei den Ache die Solidarität nach innen gewöhnlich hoch, so gilt dies allerdings nicht für die Beziehung zu anderen Menschengruppen, diese wurden in der Regel als Feinde betrachtet.
          Die Ache töteten keine Frauen und Kinder anderer Stämme, wohl aber die Männer anderer Stämme/Menschengruppen, falls diese ihr Stammesgebiet betraten. Diese wurden dann in der Regel mit Pfeilen durchbohrt.

          – Haben wir es mit einer Gesellschaft zu tun, deren Wertesystem stärker von Moralstufe 5 geprägt ist, dann würden die meisten Menschen, die vorbeikommen, der verletzten Person helfen und zwar unabhängig von dessen Gruppenzugehörigkeit.

          Je nach der vorherrschenden Moralstufe in einer Gesellschaft kann eine moralische Intuition – einem anderen Menschen in konkreter Not zu helfen – also unterschiedliche Formen annehmen und unterschiedliche Reaktionen hervorrufen.

          „(die Chagnon übrgens nicht als dysfunktional ansieht, (…)“

          Nein, Chagnon sieht die Gesellschaften der Yanomanö-Indianer nicht als sozial-dysfunktional an, Chagnon ist, wie viele Ethnologen, rigoroser Kulturrelativist.

          Aber falls man die kulturrelativistische Brille mal abnimmt, dann gäbe es m.E. durchaus Gründe bestimmte Aspekte der sozialen Interaktionen bei den Yanomanö (z.B. das relativ hohe Maß an Gewalt zwischen Eheleuten) nicht für besonders sozial-funktional zu halten.

          Ich stimme dir des Weiteren aber zu, dass es auch moralische Intuitionen gibt, die nicht durch entwicklungspsychologische Prozesse beeinflusst werden können und dass die Politik dies berücksichtigen müsste.

        • „Haben wir es mit einer Gesellschaft zu tun, deren Wertesystem stärker von Moralstufe 5 geprägt ist, dann würden die meisten Menschen, die vorbeikommen, der verletzten Person helfen und zwar unabhängig von dessen Gruppenzugehörigkeit.“

          Hat es einen Grund, dass du dafür – Im Gegensatz zu Stufe 2 und 3 – kein Beispiel nennst?

        • Ich habe den Eindruck, Leszek/Kohlberg verwechselt Verhalten mit dessen moralischer Begründung und die Fähigkeit zur Rationalisierung moralischer Entscheidungen mit „höherer“ Moral.

        • @Leszek: Wie habe ich mir denn Die Wirkung der in einer Gesellschaft herrschenden Moralstufe auf das Handeln konkreter Individuen vorzustellen? Wird sie über Erziehung und Sozialisation vermittelt? Und mit welchem Erfolg?

          Es gibt ein arabisches Sprichwort: „Ich und mein Bruder gegen meinen Cousin, jedoch mein Cousin und ich gegen den Fremden.“

          http://www.freunde-palaestinas.de/sprichwoerter.html

          Das ist eine realistische Beschreibung menschlichen Verhaltens, zumindest in muslimisch geprägten Gesellschaften. Wenn nun solche Leute in einer Gesellschaft leben, in der Kohlbergs Stufe 5 herrscht (oder zumindest propagiert wird), ist natürlich klar, wer hier auf Dauer den kürzeren zieht.

        • @ Carnofis
          „Mir kommt immer etwas der Kaffee hoch, wenn ich über Stufen der Moral lese und darüber, dass bestimmte Gruppen zwingend auf einem niedrigen Niveau bleiben müssten.“
          Nur, wenn sie an den traditionellen prämodernen Sozialisationsformen festhalten.
          Falls sie sich dazu entscheiden sich zu modernisieren und Sozialisations- und Bildungsformen zu etablieren, die denen moderner westlicher Gesellschaften ähnlich sind, würde dies natürlich auch die höheren kognitiven und moralischen Strukturen aktivieren.
          Aber unter traditionellen Bedingungen und den damit verbundenen Sozialisationsformen können schriftlose Stammesgesellschaften keine Idee universeller Menschenrechte hervorbringen. Schriftlose Stammesgesellschaften sind stets ethnozentrisch, es ist diesbezüglich m.W. keine Ausnahme in der Ethnologie bekannt.
          „Mag sein, dass Stammesgesellschaften keine Idee universeller Menschenrechte entwickeln. Aber wo dürfen wir uns denn dann verorten, wenn wir zwar eine Idee dieser Menschenrechte haben, sie aber genau dann, wenn sie eingefordert werden, verweigern?
          Anders gefragt, was sind universelle Menschenrechte wert, wenn 99,99% der Individuen einer hochindustriellen Gesellschaft davon nichts wissen, oder wissen wollen?“
          Die meisten Menschen in modernen westlichen Gesellschaften bejahen m.E. grundsätzlich die Menschenrechte.
          Sie sind nur oft zu wenig über alle in diesem Zusammenhang relevanten Dinge informiert.
          In modernen westlichen Gesellschaften sind es m.E., wie gesagt, primär die politischen und ökonomischen Herrschaftseliten, die auf die Menschenrechte pfeifen, wenn sie können.
          Und es gibt des Weiteren natürlich die spezifischen sozialen Netzwerke, die den Interessen der herrschenden Klasse zuarbeiten, wie sie z.B. die elite-soziologische Herrschafts-Struktur-Forschung beschrieben und kritisch analysiert hat.
          Das ist eben die Dialektik der Aufklärung – es gibt auch die instrumentelle, zweckrationale Vernunft, die sich in den Dienst von Herrschaft und Ausbeutung stellt.
          „Wir brauchen nicht in einer Flüchtlingsdiskussion einsteigen, müssen uns aber sehr wohl Doppelzüngigkeit vorwerfen lassen, wenn wir uns über Menschenrechtsverletzungen in Schwarzafrika empören, aber Frauen zu Hungerlöhnen in Fernost Billigstkleidung nähen und deren Männer in giftigen Brühen färben lassen.“
          In modernen Gesellschaften gibt es aber zum Glück auch Personen und Gruppen, die auf solche Dinge hinweisen, versuchen dies an die Öffentlichkeit zu bringen, die Bevölkerung darüber zu informieren und Druck auf die Politik auszuüben, damit es sich ändert.
          „Gibt es diese Stufe der Doppelzüngigkeit in Kohlbergs Stufen auch, oder reicht schon die Idee universeller Menschenrechte zur Erhöhung der (eigenen) Kultur?“
          Die universellen Menschenrechte sind ein Maßstab, an dem nicht nur andere Gesellschaften, sondern auch die eigene Gesellschaft zu messen und zu kritisieren ist, (wie z.B. Noam Chomsky in zahlreichen lesenswerten imperialismus-kritischen Schriften gezeigt hat).

        • Nachtrag zu meinem Kommentar vom 18. Mai 2017
          um 11:06.

          Meine genannten Beispiele waren natürlich wieder etwas idealtypisch.

          Nicht in jeder „Stufe-2-Gesellschaft“ muss die Hilfsbereitschaft so gering sein, wie in meinem Beispiel, aber auch solche Fälle wurden von Ethnologen schon beschrieben.

          @ Carnofis

          Habe dir geantwortet, muss noch freigeschaltet werden.

        • @ El_Mocho

          „Wie habe ich mir denn Die Wirkung der in einer Gesellschaft herrschenden Moralstufe auf das Handeln konkreter Individuen vorzustellen? Wird sie über Erziehung und Sozialisation vermittelt?“

          Ja, der Forschungsstand der Kulturvergleichenden Entwicklungspsychologie und Moralpsychologie zeigt, dass es von der jeweiligen Sozialisation in einer Gesellschaft abhängt, welche Moralstufen die Mitglieder dieser Gesellschaft im Schnitt erreichen.

          „Und mit welchem Erfolg?“

          Mit dem Erfolg, dass das Zusammenleben in der Gesellschaft mal mehr, mal weniger friedlich und kooperativ ist sowie dass das Zusammenleben mit anderen Menschengruppen/Gesellschaften mal mehr, mal weniger friedlich und kooperativ ist.

          „Es gibt ein arabisches Sprichwort: „Ich und mein Bruder gegen meinen Cousin, jedoch mein Cousin und ich gegen den Fremden.“
          http://www.freunde-palaestinas.de/sprichwoerter.html
          Das ist eine realistische Beschreibung menschlichen Verhaltens, zumindest in muslimisch geprägten Gesellschaften. Wenn nun solche Leute in einer Gesellschaft leben, in der Kohlbergs Stufe 5 herrscht (oder zumindest propagiert wird), ist natürlich klar, wer hier auf Dauer den kürzeren zieht.“

          Was die autoritäre orthodox-konservativ-islamische Sozialisation und deren psychologische Auswirkungen angeht, hat der dänische Psychologe Nicolai Sennels m.E. leider mit einigem, was er sagt, Recht:

          https://politisches.blog-net.ch/2016/07/10/nicolai-sennels-muslime-sehen-instinktiv-ihre-mangelnde-reaktion-als-angst-als-einladung-zum-angriff/

          Ich bedaure es allerdings sehr, dass Sennells, obwohl er selbst in politischer Hinsicht linksliberal ist, in rechtspopulistischen Kreisen aktiv ist. Als Psychologe ist Sennels m.E. ziemlich gut, das Umfeld seines aktuellen politischen Aktivismus lehne ich aber entschieden ab. Ich verlinke aber trotzdem auf manche Texte von ihm, weil es m.E. wichtig ist, seine Forschungsergebnisse zur Kentnis zu nehmen, wenn man eine besere Integration von Muslimen fördern will.

        • @ only_me

          „Hat es einen Grund, dass du dafür – Im Gegensatz zu Stufe 2 und 3 – kein Beispiel nennst?“

          Der Grund ist, dass ich gerade keine Lut hatte, so viel zu schreiben. 🙂

          Und bezüglich anderer Kulturen schien es mir eben wichtiger etwas genauer zu erklären, da man diese ja nicht direkt im Blick hat.

        • @ Leszek

          Nehmen wir mal an, zwei Menschen treffen exakt die gleichen moralischen Entscheidungen. Der eine begründet sie mit universellen Menschenrechten, der andere mit Gottes Wille. Kann man in diesem Fall wirklich sagen, dass die Moral des ersten stufenmäßig über der des zweiten steht?

        • “ Der eine begründet sie mit universellen Menschenrechten, der andere mit Gottes Wille. Kann man in diesem Fall wirklich sagen, dass die Moral des ersten stufenmäßig über der des zweiten steht?“

          Ich würde sagen ja. Denn Moral hat seinen Zweck darin, ein gedeihliches Zusammenleben von Menschen zu ermöglichen. Gott ist kein Mensch und lebt weder unter Menschen, noch muss er die Konsequenzen menschlichen Handels tragen.
          Ergo ist seine Vorstellung von menschlicher Moral vollkommen gegenstandslos.

        • @Leszek

          „Der Grund ist, dass ich gerade keine Lut hatte, so viel zu schreiben“

          Deine Antwort an Mocho hatte ~1300 Zeichen.

          Der Satz „Ein Beispiel für so eine Gesellschaft wäre Kekistan“ hat 51.

        • @JCDenton,

          laut Kohlberg: Ja, die Begründung ist (quasi) alles.

          Wenn man in „Righteous Mind“ liest:

          In their book American Grace: How Religion Divides and Unites Us, political scientists Robert Putnam and David Campbell analyzed a variety of data sources to describe how religious and nonreligious Americans differ. Common sense would tell you that the more time and money people give to their religious groups, the less they have left over for everything else. But common sense turns out to be wrong. Putnam and Campbell found that the more frequently people attend religious services, the more generous and charitable they become across the board. 58 Of course religious people give a lot to religious charities, but they also give as much as or more than secular folk to secular charities such as the American Cancer Society. 59 They spend a lot of time in service to their churches and synagogues, but they also spend more time than secular folk serving in neighborhood and civic associations of all sorts. Putnam and Campbell put their findings bluntly:

          By many different measures religiously observant Americans are better neighbors and better citizens than secular Americans— they are more generous with their time and money, especially in helping the needy, and they are more active in community life. 60

          Why are religious people better neighbors and citizens? To find out, Putnam and Campbell included on one of their surveys a long list of questions about religious beliefs (e.g., “Do you believe in hell? Do you agree that we will all be called before God to answer for our sins?”) as well as questions about religious practices (e.g., “How often do you read holy scriptures? How often do you pray?”). These beliefs and practices turned out to matter very little. Whether you believe in hell, whether you pray daily, whether you are a Catholic, Protestant, Jew, or Mormon … none of these things correlated with generosity. The only thing that was reliably and powerfully associated with the moral benefits of religion was how enmeshed people were in relationships with their co-religionists. It’s the friendships and group activities, carried out within a moral matrix that emphasizes selflessness. That’s what brings out the best in people.

          Haidt, Jonathan. The Righteous Mind: Why Good People are Divided by Politics and Religion (S.310-311). Penguin Books Ltd. Kindle-Version.

          …kann man versucht sein anzunehmen, dass der Religiöse diese Entscheidung mit größerer Zuverlässigkeit fällen wird als der Säkulare.

        • @ JC Denton

          „Nehmen wir mal an, zwei Menschen treffen exakt die gleichen moralischen Entscheidungen. Der eine begründet sie mit universellen Menschenrechten, der andere mit Gottes Wille.“

          Sowas passiert sogar häufig. Es stehen ja schließlich nicht alle prämodern-religiösen Werte und Normen im Widerspruch zu Menschenrechten und Demokratie, manche stehen dazu im Widerspruch, andere nicht.

          „Kann man in diesem Fall wirklich sagen, dass die Moral des ersten stufenmäßig über der des zweiten steht?“

          Ja, das wirst du schnell erkennen, wenn du die moralischen Entscheidungen des Prämodern-Religiösen auch bei anderen Themen in Rechnung stellst.

          Nehmen wir ein prägnantes Beispiel, dass ich an anderer Stelle schon einmal nannte:

          Die prämodern-religiöse Person X ist extrem gastfreundlich, Gastfreundschaft hat in der prämodern-mythologischen Weltsicht, an die X glaubt, einen hohen Stellenwert.

          Offensichtlich steht dies nicht im Widerspruch zu einem menschenrechtlich-demokratischen Wertesystem.

          Nehmen wir an die gleiche prämodern-religiöse Person x begeht irgendwann einen Mord aus Gründen der Blutrache.
          Auch Blutrache unter bestimmten Bedingungen gehört zu dem spezifischen prämodern-mythologischen Weltanschauungs-System, an das Person x glaubt.

          Das Beispiel verdeutlicht, dass menschenrechtskompatible und menschenrechswidrige Werte und Normen in der gleichen prämodern-religiösen Weltsicht vorhanden sein können.

          Es ist also nicht eine einzelne moralische Entscheidung zu betrachten, sondern mehrere müssen betrachtet werden, um begründet Rückschlüsse auf die jeweilige Moralstufe ziehen zu können.

        • @ only_me

          Hier zwei wissenschaftliche Artikel über psychologische und soziologische Forschungsergebnisse zu den Auswirkungen von Religiosität auf Moral und Gesellschaft (hatte ich schonmal verlinkt):

          Rolf Degen – Fromme sind nicht besser

          http://www.bild-der-wissenschaft.de/bdw/bdwlive/heftarchiv/index2.php?object_id=30905191

          Der Artikel fasst die Forschungsergebnisse mehrerer Untersuchungen zum Zusammenhang von Religion und Moral zusammen. Fazit: Religiöse sind keine besseren Menschen.

          Rüdiger Vaas – Göttliche Gesellschaften

          http://www.bild-der-wissenschaft.de/bdw/bdwlive/heftarchiv/index2.php?object_id=33229964

          Der Artikel fasst die Forschungsergebnisse mehrerer psychologischer und soziologischer Untersuchungen zu den Wechselwirkungen von Religion und Gesellschaft zusammen und kommt u.a. zu dem Ergebnis, dass sich viel Religiosität tendenziell negativ auf die menschliche Gesellschaft auswirkt.

        • @ Leszek

          „Nehmen wir an die gleiche prämodern-religiöse Person x begeht irgendwann einen Mord aus Gründen der Blutrache.“

          Nehmen wir an, eine moderne Person begeht exakt den gleichen Mord, begründet ihn aber statt mit Tradition oder Gott mit der Verhinderung weiterer Morde (also dem Schutz der Menschenrechte der potentiellen Opfer), was ihm nur auf diese Weise möglich schien. Die Blutrache ist auch nicht nur irgendein Ritual, sondern soll ja ebenfalls dem öffentlichen Frieden dienen. Ändert sich die moralische Bewertung der Tat durch die Begründung des Täters?

        • @Leszek,

          Der erste Artikel ist, schon stilistisch, eine Übung in confirmation bias.

          Der zweite kriegt den Unterschied zwischen Korrelation und Kausalität nicht auf die Reihe.

        • @ Denton

          „Der eine begründet sie mit universellen Menschenrechten, der andere mit Gottes Wille. Kann man in diesem Fall wirklich sagen, dass die Moral des ersten stufenmäßig über der des zweiten steht?“

          Ja, denn der eine bedient sich ethischer Normen, denen er sich als Grenzen freiwillig unterwirft, während der andere sich nur dem Diktat einer höheren Macht – vielleicht auch aus Angst vor Sanktionen – unterwirft. Der Zweite kann also völlig moralfrei handeln.

        • @ Leszek

          „Die meisten Menschen in modernen westlichen Gesellschaften bejahen m.E. grundsätzlich die Menschenrechte.“

          Natürlich. Solange es nichts kostet.

          „Sie sind nur oft zu wenig über alle in diesem Zusammenhang relevanten Dinge informiert.“

          In einer Zeit, in der nahezu jede Information nur wenige Mouseclicks weit entfernt sind, kann es eigentlich keinen Mangel an Informationen geben.
          Über die Zusammenhänge von Migrationen, Umweltkatastrophen, Hunger und Krankheiten gibt es seit mindestens einer Generation Hekatomben von Informationen.
          Dass sie trotzdem bei der Mehrheit der Bevölkerung nicht ankommen, lässt sich an einem juristischen Begriff gut erklären, der „Holschuld“.
          Die Medien liefern die Informationen, aber die Zuschauer schalten dann lieber nach Pro7, oder Kabel1, weil’s geistige Junkfood dort angenehmer schmeckt.

          „In modernen westlichen Gesellschaften sind es m.E., wie gesagt, primär die politischen und ökonomischen Herrschaftseliten, die auf die Menschenrechte pfeifen, wenn sie können.“

          Das ist mir zu simpel und es nervt. Dieser mahnende Finger auf „die da oben“ ist schon seit bald zwei Generationen die Ausrede fürs eigene Phlegma.
          Keiner MUSS sich bei KiK und Co. 4 Jeans kaufen, um davon drei nach keinmal Tragen in die Tonne zu drücken, weil sie ja so billig waren. Die Verantwortung ist nicht delegierbar.

          Außerdem hab ich im Verlaufe meines Berufslebens inzwischen schon eine Menge Leute aus der Gruppe der „Herrschaftseliten“ kennengelernt. Manche sind tatsächlich die Arschlöcher, die dem asozialen Klischee entsprechen. Aber die überwiegende Mehrheit hat selbst z.B. Kinder, die Druck auf ihre Väter ausüben, sich sozial verantwortlich und umweltbewusst zu verhalten.
          Da werden dann Verhaltensregeln zur Energieeinsparung erarbeitet und trainiert – und die Mitarbeiter fahren (ohne Spruch) mit dem Dienstwagen zum ca. 80 m entfernten Briefkasten, weil es zu Fuß zu weit ist.
          „Die da oben“ sind auch gefangen in unserer Nachfrage.
          Wir sind es, bei denen es mit den universellen Menschenrechten klemmt.

        • Wir sind uns ja grundsätzlich einig.
          Nur wäre mir als Agnostiker die Berufung auf Gott zu schwach.
          Hinzu kommt ,dass Dein Beispiel Gottes auch auf viele Diktatoren anwendbar ist. Die meisten leben ebenfalls abgehoben ohne Kontakt zum Volk und müssen auch nur selten für ihre eigenen Missetaten geradestehen.

          Moralisch höher stehe ich nur, wenn ich
          a: universelle Menschenrechte anerkenne und
          b: ihnen auch dann weiter den Vorrang einräume, wenn ich selbst dadurch Nachteile erleide.

        • @ Carnofis

          „Natürlich.“

          Siehst du, das ist für prämoderne Gesellschaften allerdings nicht selbstverständlich.

          „Solange es nichts kostet.“

          Es gibt Menschen, die sich je nach Kontext durch Arbeit und Familie stark belastet fühlen und wenig Energie für anderes aufbringen.

          Aber es gibt auch viele Menschen, die sich in der einen oder anderen Weise für eine oder mehrere gute Sachen engagieren, nur beschränkt sich Interesse und Engagement dann eben oft weitgehend auf genau diese Dinge.
          Einerseits ist dies bedauerlich, andererseits ist es in vielen Fällen auch bis zu einem gewissen Grad nachvollziehbar, es gibt so viele Bereiche, in denen ein konstruktives Engagement möglich und wünschenswert wäre, aber man kann eben nicht an allen Fronten zugleich kämpfen.

          „In einer Zeit, in der nahezu jede Information nur wenige Mouseclicks weit entfernt sind, kann es eigentlich keinen Mangel an Informationen geben.“

          Aber die große Menge an Informationen führt eben auch dazu, dass Menschen die eine konstruktive Sache unterstützen wollen, eine Auswahl treffen und vieles andere nicht oder nur begrenzt zur Kenntnis nehmen.

          „Über die Zusammenhänge von Migrationen, Umweltkatastrophen, Hunger und Krankheiten gibt es seit mindestens einer Generation Hekatomben von Informationen.
          Dass sie trotzdem bei der Mehrheit der Bevölkerung nicht ankommen, lässt sich an einem juristischen Begriff gut erklären, der „Holschuld“.“

          Das dürfte zum Teil der Fall sein, andererseits schadet es sicherlich trotzdem nicht auch immer wieder zu überlegen, wie man solche wichtigen Informationen möglichst verständlich vermitteln kann und mit Hilfe welcher Medien und Darstellungsweisen sich möglichst viele Menschen erreichen lassen.

          „Die Medien liefern die Informationen, aber die Zuschauer schalten dann lieber nach Pro7, oder Kabel1, weil’s geistige Junkfood dort angenehmer schmeckt.“

          Die Medien liefern allerdings ebenfalls Manipulationen zum Konsum, Desinformation so wie einiges an Möglichkeiten zur intellektuellen Lähmung, dies ist ein soziologischer Einflussfaktor, der auch Auswirkungen auf Teile der Bevölkerung hat, die erste Generation der Kritischen Theorie der Frankfurter Schule analysierte solche Dinge u.a. unter dem Begriff „Kulturindustrie“.

          „Das ist mir zu simpel und es nervt. Dieser mahnende Finger auf „die da oben“ ist schon seit bald zwei Generationen die Ausrede fürs eigene Phlegma.“

          Es ist nicht wirklich ein „mahnender Finger“. Die marxistische Kapitalismusanalyse ist ebenso wie die anarchistische Staatskritik strukturell-soziologisch ausgerichtet. Der Sozialisationsdruck bestimmter soziologischer Strukturen begünstigt in dieser Sichtweise automatisch die Entstehung bestimmter Mentalitäten und Verhaltensweisen bei vielen Mitgliedern der herrschenden Klasse. Würde man das Herrschaftspersonal austauschen, würde sich das neue Personal nach kurzer Zeit genauso verhalten, wenn die soziologischen Strukturen unverändert blieben.

          „Keiner MUSS sich bei KiK und Co. 4 Jeans kaufen, um davon drei nach keinmal Tragen in die Tonne zu drücken, weil sie ja so billig waren. Die Verantwortung ist nicht delegierbar.“

          Das stimmt.

          Grundsätzlich sehe ich es aber so: Es ist ein Unterschied, ob bestimmte politische und ökonomische Eliten direkt aufgrund bestimmter Herrschafts- und Profitinteressen an der Verursachung bestimmter Mißstände beteiligt sind oder ob Teile der Bevölkerung sich – aus verschiedenen Gründen – zu wenig gegen Mißstände engagieren.

          „Außerdem hab ich im Verlaufe meines Berufslebens inzwischen schon eine Menge Leute aus der Gruppe der „Herrschaftseliten“ kennengelernt.“

          Ich hatte bei dem Begriff jetzt primär das Schema aus der Power-Structure-Research-Forschung im Hinterkopf:

          https://de.wikipedia.org/wiki/Power_Structure_Research#Exemplarische_Ergebnisse

          „Manche sind tatsächlich die Arschlöcher, die dem asozialen Klischee entsprechen.“

          Sie folgen eben ihren persönlichen Interessen – und das geht bei Herrschaftseliten dann schnell mal auf Kosten des Gemeinwohls und/oder der berechtigten Anliegen von Menschen in anderen Ländern.

          „„Die da oben“ sind auch gefangen in unserer Nachfrage.“

          „Die da oben“ sind ebenfalls nicht wirklich frei, sondern agieren beeinflusst durch bestimmter soziologische Strukturen, die automatisch eine Entfremdung von der Mehrheitsbevölkerung und eine Neigung zum Machtmißbrauch begünstigen.
          Trotzdem hätten sie, was ihre Macht angeht, potentiell, aber nur potentiell, auch die Möglichkeit vieles grundlegend zu verbessern. In der Realität werden sie dies meist aber nur tun, wenn ausreichend Druck „von unten“ kommt.

          „Wir sind es, bei denen es mit den universellen Menschenrechten klemmt.“

          Ich habe den Eindruck, du bist da zum Teil ein bißchen zu streng mit den Menschen.

        • @ only_me

          „Der erste Artikel ist, schon stilistisch, eine Übung in confirmation bias.“

          Also stilistisch. 🙂
          Dann achte doch einfach mal auf den Inhalt, auf dem beruht nämlich die Argumentation.

          Es handelt sich bei dem Artikel übrigens um ein Kapitel aus dem Buch des Wissenschaftsjournalisten Rolf Degen – Lexikon der Psycho-Irrtümer. In dem Buch werden auch sämtliche Untersuchungen konkret genannt, auf die in dem Artikel Bezug genommen wird.

          „Der zweite kriegt den Unterschied zwischen Korrelation und Kausalität nicht auf die Reihe.“

          Tatsächlich? Dabei heißt es in dem Artikel ausdrücklich:

          „Was sind die Ursachen dafür? Die Korrelationen allein, die soziologische Studien finden, verraten noch nichts über die Beziehung von Ursachen und Wirkungen. Eine Größe könnte die andere verursachen oder umgekehrt, oder es könnte eine gemeinsame dritte Ursache geben, oder der Zusammenhang könnte zufällig sein.“

        • Rolf Degen – Fromme sind nicht besser

          http://www.bild-der-wissenschaft.de/bdw/bdwlive/heftarchiv/index2.php?object_id=30905191

          Es gibt keine einzige Kultur, in der nicht irgendeine Form von Gottesdienst verrichtet wird. Und bei allen vordergründigen Differenzen und Eigentümlichkeiten weisen die verschiedenen Religionsgemeinschaften doch einige wiederkehrende Muster auf. Sie verschreiben rituelle Praktiken, die intensive Gemeinschaftserlebnisse ermöglichen, und sie geben Anleitungen zur Kommunikation mit einem überirdischen Schöpfergott. Vor allen Dingen aber weisen sie ihren Schäfchen den Weg zu einer moralischen Lebensführung – durch Gebote und Verbote, Tugenden und die Bereitstellung einer übernatürlichen Vaterfigur, die jegliche Verfehlung observiert und bis über den Tod hinaus ahndet.

          Das ist (bis auf den ersten Satz) natürlich Quatsch. Der Konnex zwischen moralischem Verhalten und Gott ist eher ein Spezifikum der jüdischen, davon abgeleitet der christlichen & wohl auch islamischen Religion. Er gilt insbesondere nicht für antike (Konkurenz-)Religionen, die aus christlicher Perspektive als „heidnisch“ bezeichnet wurden.

          Auch die zitierten „Versuchsanordnungen“ sind von zweifelhaftem Wert. Auch wenn die Monotheistischen Religionen aus philosophischer Sicht eine stark individualistische Ausprägung haben, so ist doch anzunehmen, dass die soziale Wirksamkeit auf sozialer Kontrolle beruht und nicht auf individueller Einsicht. Insofern überrascht es nicht, wenn man kein Korrelat zwischen Frömmigkeit und moralischem Verhalten findet. Monotheistische Religionen definieren und etablieren aber allgemeine soziale Normen, die auf individuelles Verhalten wirken, unabhängig von individueller Religiosität.

        • @ Clovis

          „Das ist (bis auf den ersten Satz) natürlich Quatsch. Der Konnex zwischen moralischem Verhalten und Gott ist eher ein Spezifikum der jüdischen, davon abgeleitet der christlichen & wohl auch islamischen Religion. Er gilt insbesondere nicht für antike (Konkurenz-)Religionen, die aus christlicher Perspektive als „heidnisch“ bezeichnet wurden.“

          Ja, das stimmt natürlich. Die Einleitung ist in religionswissenschaftlicher Hinsicht nicht so gelungen.
          Allerdings ist das im Hinblick auf das eigentliche Thema des Artikels nicht wirklich relevant.

          „Auch die zitierten „Versuchsanordnungen“ sind von zweifelhaftem Wert.“

          Das finde ich nicht.

          „Auch wenn die Monotheistischen Religionen aus philosophischer Sicht eine stark individualistische Ausprägung haben, so ist doch anzunehmen, dass die soziale Wirksamkeit auf sozialer Kontrolle beruht und nicht auf individueller Einsicht. Insofern überrascht es nicht, wenn man kein Korrelat zwischen Frömmigkeit und moralischem Verhalten findet.“

          Es geht in den Untersuchungen um den Zusammenhang zwischen Religiosität und bestimmten Formen moralischen Verhaltens, das ist das Thema.
          Ob nun „soziale Kontrolle“ oder „persönliche Einsicht“ als entscheidender Einflussfaktor gesehen wird: im Hinblick auf die untersuchten Formen moralischen Verhaltens bei Gläubigen tritt jedenfalls offenbar keine Wirkung ein.

          „Monotheistische Religionen definieren und etablieren aber allgemeine soziale Normen, die auf individuelles Verhalten wirken, unabhängig von individueller Religiosität.“

          Mag sein, aber bezüglich der hier untersuchten Formen individuellen moralischen Verhaltens von Gläubigen war jedenfalls keine Auswirkung feststellbar.

        • @Adrian „Hmmm, ist mein Argument so schlecht?“

          Du argumentierst auf einer höheren Kohlbergstufe als die anderen Diskussionsteinehmer. Daher kann deine Argumentation von diesen nicht verstanden werden 😉

        • „Ja, denn der eine bedient sich ethischer Normen, denen er sich als Grenzen freiwillig unterwirft, während der andere sich nur dem Diktat einer höheren Macht – vielleicht auch aus Angst vor Sanktionen – unterwirft. Der Zweite kann also völlig moralfrei handeln.“

          Für jemanden, der tatsächlich an Gott und seine Gebote glaubt, ist die Orientierung an weltlichen Kategorien menschliche Hybris. Wie kann es moralisch sein, sich dem größten Moralgeber zu widersetzen und sein eigenes Urteil an dessen Stelle zu setzen? Und wäre es nicht höchst unmoralisch von uns, von ihm zu verlangen, genau dies zu tun? Ist Moral und deren Begründung nicht hochgradig abhängig vom eigenen Weltbild?

        • „Ist Moral und deren Begründung nicht hochgradig abhängig vom eigenen Weltbild?“

          Ja und nein.
          Wenn mein Weltbild einen Gott und dessen Regeln umfasst, dann ist sein Weltbild auch das meine.
          Wenn ich aber seinen Regeln folge, nur weil ich sonst Sanktionen befürchte, dann ist mein Weltbild ein anderes. Dann kann meine eigene Moral sich u.U. kaum von dem eines Pantoffeltierchens unterscheiden.

          @ Leszek

          „Ich habe den Eindruck, du bist da zum Teil ein bißchen zu streng mit den Menschen.“

          Ich verlange lediglich eine gewisse Ehrlichkeit.
          Ich kann nicht Wasser predigen und Champagner trinken.
          Als einer der Gründer der örtlichen BUND-Gruppe saß ich einige Jahre der Verkehrs-AG vor. Da wurde ich oft von Bürgern angefeindet, weil ich mich gegen den Ausbau von Umgehungsstraßen und Grüne-Ampel-Schaltungen aussprach.
          Dieselben Leute, die sich über den Verkehr aufregten, hatten keine Hemmungen, für jeden Furz ins Auto zu steigen, selbst dann, wenn die Besorgung zu Fuß schneller und bequemer gewesen wäre.
          Als ich mal mit Freunden von der Ostsee auf dem Rückweg Richtung Hamburg durch Plön fuhr, blieben wir im Stau stecken und hatten reichlich Zeit, über die Botschaft eines riesigen Protestbanners in der Innenstadt zu sinnieren, aufgehängt an einer Hauswand.
          Auf diesem Banner wurden wir – korrekt – belehrt: „Du stehst nicht im Stau – Du BIST der Stau!“
          Eine brillante Alltagsphilosophie und die Ermahnung, den Schuldigen nicht in den anderen, sondern in mir zu suchen.

          Eingedenk der Widersprüchlichkeit in den Forderungen und im eigenen Verhalten erledige seit jeher ich nur Dinge mit dem Auto, die anders nicht oder nur mit unvertretbar hohem Aufwand zu wuppen wären.
          Und deshalb forder ich von jedem anderen auch, dass er sich entweder nach seinen moralischen Normen verhält, oder mich nicht mit ihnen belästigt.
          Mehr will ich nicht.

      • Die Menschen wissen heute mehr, doch das macht sie nicht klüger!

        We need to teach children how to think
        rather than what to think
        – Margaret Mead

        https://www.schoolofthought.org/

        (frei übersetzt: „Wir müssen unseren Kindern eher beibringen, wie man denken, als was man denken soll.“)

    • Die Hexenverfolgung war auch mehr in der Neuzeit als im Mittelalter. Wobei Cersei Lennister jetzt vllt. auch mal wirklich Grund hat, sich zu schämen.

      Der Hexenhammer wurde direkt gedruckt, und Buchdruck markiert das Ende des Mittelalters. Die Menschen waren also „gebildeter“, was nicht dasselbe ist wie „klüger“. Und „klug“ ist nicht dasselbe wie „ethisch“, von daher sind wir nicht notwendigerweise bessere Menschen als die im Mittelalter, bloß weil wir unsere Bücher nicht mehr per Hand vervielfältigen.

  3. Ich stimme dem Artikel ganz zu, von der „Racde-to-the-bottom“-Dynamik bis zum enormen Bedürfnis, sich selbst als benachteiligt darzustellen. Die „Möglichkeit andere zu beschämen“ würde ich dabei aber noch besonders hervorheben.

    Was Lantzsch et.al. machen, ist eben nicht nur ein Ausdruck eines bestimmten Selbstgefühls, sondern auch ein Spielzug in einer sozialen Interaktion. Andere werden konsequent in die Situation gebracht, den lauthals erhobenen Forderungen gar nicht zustimmen zu KÖNNEN. Dies nicht einmal nur im Eigeninteresse. Wer z.B. den Forderungen nach massiven Privilegien für lesbische Arbeitnehmerinnen nachkommen würde, würde sicherstellen, dass fortan lesbischen Frauen keinen Job mehr finden.

    Wenn aber jemand irrationalerweise doch solchen Forderungen nachkommt, werden sie eben verschärft. Andere werden also konsequent als Gegner behandelt, und das Ziel der eigene Spielzüge ist vor allem anderen deren moralische Diskreditierung.

    Abstrakter formuliert: Ziel ist es, eine zivile Interaktion zu behindern, zu untergraben und zu beenden, in der alle Beteiligten die Situation zu einem Mindestmaß auch aus der Perspektive der anderen beurteilen müssen. Diese zivile Erwartung – das ist wohl die eigentliche Zumutung, die im modernen Feminismus als „Patriarchat“, als Männerherrschaft, als heterosexistsiche Matrix etc. verteufelt wird.

    • Ist doch schön dass die echten Forderungen dieser Leute endlich in den Medien auftauchen. So wissen bald alle, dass bei denen etwas nicht stimmt. Sie werden noch hysterischer werden bis dann schlussendlich ihre Stimmen verstummen.

      Es ist nur schade, dass niemand sie je dafür belangen wird, haben sie doch viele Menschen mit ihrer Hysterie an den Rand des Wahnsinns getrieben und die ganze Gesellschaft mit Nonsense-Forderungen überhäuft.

    • @Schoppe:
      Abstrakter formuliert: Ziel ist es, eine zivile Interaktion zu behindern, zu untergraben und zu beenden, in der alle Beteiligten die Situation zu einem Mindestmaß auch aus der Perspektive der anderen beurteilen müssen.

      Es geht also um die Verewiglichung bzw. Verabsolutierung des Feindkollektives.

      Was dem Biologisten die unabänderliche Biologie ist, ist hier eben der niemals erreichbare Gerechtigkeitszustand, womit ausnahmslos alle Mitglieder des beschuldigten Kollektives auf Ewig und niemals wirklich kompensierbar mit Privilegien, also mit Schuld, beladen sind.

      Stevie Schmiedel von Pinkstinks, kürzlich:

      Nein, in einer Welt, in der Männer nach wie vor besser gestellt sind, kann kein Mann frei von Privilegien sein.

      Bestechende „Logik“ – aber ziemlich Entlarvend. Irgendwie muss man halt Donald Trump und den männlichen Obdachlosen in ein unauflösbares Feindkollektiv packen.

      Männer können dann jederzeit widerrufbar Gnade verdienen, indem sie sich zu ihrer niemals tilgbaren Schuld bekennen und Kompensation leisten.

      Gruppenarzissmus.

  4. Ich hatte hier einmal einen Beitrag zitiert, in dem es darum ging, dass solche Forderungen wie „#Killallmen“ ja nicht so schlimm sind, weil sie ja nicht zur Umsetzung gedacht sind:

    Bitte, was?!
    Frage man mal dazu jemanden, der vor 10 Jahren mit dazwischen saß, als viele Kids ihre Schule in ein Schlachtfeld verwandeln wollten!
    Da hat keiner deren Gewaltdrohungen oder Spielerein mit dem Thema als „Ausdruck von Unzufriedenheit und dass etwas an den Schulen nicht stimmt“ aufgefasst, wenn sie mit solchen Floskeln um die Häuser gezogen sind!
    Da sind ihnen Jugendämter, Polizei und Staat so angekommen, haben eiskalt gesagt, dass man versucht, ein gottverdammter Terrorist zu sein und dass man ein Krimineller ist, und nicht bloß vesucht, „auf Misstände hinzuweisen“! Das selbst sogar, wenn noch nicht einmal solche Floskeln oder Hashtags gefallen sind, sondern wenn man sich nur allein schonmit dem Thema befasst hat!
    Alles nur „überzogen und nicht wörtlich aufzufassen“?!
    Diese Identity Politics Fanatiker sollten noch mal in den Kindergarten geschickt werden, damit sie mal lernen, was „gesellschaftliches Zusammenleben“ ist, und mal einem Test auf pathologischen Narzissmus unterzogen werden!
    Denn an solchem unrealistischen Denken merkt man, worum es dabei wirklich geht: „Ich bin ein Kleinkind in Erwachsenengestalt und brauche die ganze Aufmerksamkeit! Legt mir die Welt zu füßen, oder ich mache einen Aufstand!“
    So was kann mal zu Hause besucht und gefragt werden, ob sie noch ganz dicht sind, und nicht einer, der sich nur mit psychologischen Abgründen auskennt und einen Fachterm in den Mund nimmt als wäre es der Name eines Popstars!
    Da ist man ja genauso wenig seines Lebens sicher!

    Der Rant musste mal sein, denn für solchen Dreck allein kann man schon zuhause besucht werden, was das zu bedeuten hat!
    Nur um die Brisanz mal zu verdeutlichen!!
    Und so was stellt sich dann noch großkotzig hin und will sich als „Opfer“ auf allen Kanälen inszenieren!
    Da hakt ja alles, was nur haken kann!!

    • dass man versucht, ein gottverdammter Terrorist zu sein und dass man ein Krimineller ist,

      Das ist doch dann auch „virtue signaling“. Wer von uns wollte nicht einmal in seinem Leben Terrorist sein? 😉 *

      Bei den Mädchen kommt das doch wahrscheinlich gut an?

      *z.B. auf der Autobahn

      • Als Titel für den sozialen Status kann man das so oder so hinnehmen, wenn das mit dem eigenen Selbstverständnis zusammen geht. Von sozialem Status sperrt dich noch niemand hinter Gitter oder weist dich in die Geschlossene ein (von wegen „du bist gefährlich“ und so).
        Kommen da aber welche von den Behörden an, die dir das zu verstehen geben, hat die ganze Sache einen anderen Charakter.
        Ein paar Schritte weiter und du kannst das Wort „Freiheit“ nur noch schreiben oder buchstabieren – geil, wenn das wegen nichts passiert, wenn das wegen gerade aktuellen Feind- und Angstbildern passiert, und andere, die seit Jahr und Tag mit nichts weiter beschäftigt sind, als der Öffentlichkeit auf den Keks zu gehen, und bei denen man manchmal auch nicht weiß wie weit die für ihre politischen Ziele gehen würden, die werden dann noch beschützt, weil sie am lautesten heulen können und weil man eine falsch verstandene politische Korrektheit auf Basis von Identity Politics den Leuten in den Kopf indoktriniert hat.

        Um es auch kurz auszudrücken: Vor Leuten, die sich mit Gewalt beschäftigen, und nicht studiert oder im Institut von Pfeiffer arbeiten, davor spielt man sich groß auf von wegen „man hat Angst“ (pauschal und ohne konkreten Anlass), aber vor irgendwelchen Social Justice Warriors, denen man es nicht recht machen kann und die ihre Opferposition immer wieder ausnutzen, um selber Straftaten zu begehen und sich asozial zu benehmen, denen macht man den Hof und flaumt noch jeden von der Seite an, wenn er etwas gegen ihr Getue hat.

        Bei dieser Ungleichbehanglung kann man sich schon mal drüber aufregen bzw. auch im selben Zug fragen, was man denn überhaupt von oben will?
        Anhand von dem Beuteschema könnte man schon annehmen, es geht nicht um Ordnung, es geht darum, dass sich möglichst alle Leute gegenseitig fetzen sollen, und dazwischen bildet man ein paar treudoofe Partei- / Systemsoldaten aus. Wer sich dagegen sträubt, aber trotzdem Wissensträger ist, der wird kaltgestellt, weil man ihn nicht kontrollieren kann…
        Ich sehe aber wenig Lust entgegen, in einer solchen Gesellschaftsordnung leben zu wollen, wo sich alle ständig zoffen wie die kleinen Kinder im Sandkasten und ich darf das ohne Murren aushalten. Noch weniger, die eigenen Gedanken nach diesem Maßstab bewerten zu lassen dürfen, und dass diese Bewertung darüber entscheiden kann, ob ich nur gesiebte Luft atme oder täglich mit zuckerfreien Bonbons gefüttert werde.

        • Ja, den Aspekt hatte ich jetzt nicht berücksichtigt. Wenn man jung ist kann das einen das sehr erschrecken.

          Und die zwei verschiedenen Arten wie man das Verhalten von Linken und rechten Randalierern kommentiert finde ich auch unerträglich. Da merkt man wie Hirne mit dem Alter allmählich einrosten.

  5. Es erschreckt nicht nur – wenn einem dann noch ein paar Möchtegern-Weisheiten-Schwinger übers Leben auf den Sack gehen von wegen man sehe alles so negativ und sollte doch etwas mehr positiv denken, dann will man schon gleich rot wie ein Feuermelder werden. Weil – überall an jeder Ecke, wenn es nicht um dieses gegenseitige Sandkasten-Gekloppe geht, dann wird dir von den wichtigen Institutionen, die dein Leben regulieren, vermittelt „sei nicht so, sei anders“. Als wenn man sich entschieden hat, einer Sekte beizutreten und alle einen mit einem unnatürlich schiefen Grinsen anglotzen, das geradezu danach schreit „come to the bright side, we got cookies“.
    Auf der anderen Seite predigt dir jede bescheuerte Werbung und jeder andere Lebenskünstler noch „sei so wie du bist“, jeder serviert dir noch ins Gesicht „hier darf jeder alles, sei doch nicht so scheu!“, als wenn sie einen geradezu foltern wollen, wohl wissend, dass „du selbst sein“ für dich immer weider Ärger bedeutet, weil irgendjemand findet, dass du die falsche Meinung und die falsche Lebenseinstellung vertrittst und dass das evtl. gefährlich für die Öffentlichkeit und für dich selbst sein könnte.
    „Sei so wie du bist – so lang du dich nicht mit unbequemen Themen beschäftigst!“, das ist die generelle Message die ankommt. Von wegen „Freiheit“. „Freiheit“ in den Grenzen der gnadenlosen Verblödung und in den Grenzen der treudoofen Gehorsamkeit.

  6. Ich wollt auch diesen Beitrag nicht kommentieren eigentlich, aber wo ich das jetzt doch noch getan habe, möchte ich noch um einen Beleg bitten für:

    „Ein Beispiel wären Forderungen wie die absolute Verhinderung aller Vergewaltigungen („Erst wenn keine Frau mehr vergewaltigt wird leben wir nicht mehr in einer Rape Culture“).“

    Das ist meiner Auffassung nach nämlich absoluter, noch nie gehörter Mumpitz.

  7. Völlig richtig.

    Wobei ich mir sicher bin, daß manche radikaleren Feministinnen, diesen Mechanismus – also vor allem, daß sie eine wenig rational zu begründende aber emotional extrem wirksame Gruppe mobilisieren können – auch ausnutzen, um tatsächlich problematische Positionen gesetzlich zu verankern, wie man z.B. in der Diskussion um Gina Lisa gesehen hat.

    Den meisten Frauen und Feministinnen ging es dabei nur um emotionale Wahrnehmung ihrer – berechtigten – Position in dem Zusammenhang, über Strafrecht wurde nur geredet, weil das der Aufhänger war.

    Aber diejenigen drei Feministinnen, die die Mechanik gesehen haben und Ausnutzen wollten, haben dann in den Ausschußsitzungen das Gesetz so gebaut, wie es ihnen gefällt.

    Lehrstück über Agenda Setting und feministischen Populismus.

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