Gruppendenken, Feminismus und die Wichtigkeit der Gruppe

Leser Nick weist in dem Artikel „Feminismus und andere Verschwörungstheorien“ in einem Kommentar auf das Konzept des „Group Thinking“ bzw- Gruppendenken hin.

 Aus der deutschen Wikipedia:

Groupthink [ist] ein „Denkmodus, den Personen verwenden, wenn das Streben nach Einmütigkeit in einer kohäsiven Gruppe derart dominant wird, dass es dahin tendiert, die realistische Abschätzung von Handlungsalternativen außer Kraft zu setzen

[…]

Faktoren, die das Auftreten von Gruppendenken wahrscheinlich machen, sind:

  • eine hohe Gruppenkohäsion (Nahverhältnis, Ähnlichkeit, Zusammenhalt).
  • strukturelle Mängel im Aufbau der Gruppe
  • Abschottung nach Außen
  • ein sehr starker, dominanter Meinungsführer im Innern
  • fehlende Objektivität seitens der Führungskraft
  • mangelhafte oder sogar fehlende Normen/ Prozesse, um systematisch Handlungsalternativen abzuwägen.
  • Bestehen einer (im Gruppenempfinden) bedrohlichen Situation, die starken Stress und viel Emotionalität auslöst

Symptome von Gruppendenken sind beispielsweise:

  • die Illusion von Unverwundbarkeit, überzogener Optimismus
  • Überzeugung von der Moralität des eigenen Handelns, Stereotypisierung von Außenstehenden oder Gegenspielern
  • Beschönigung schlechter Entscheidungen
  • extremer Konformitäts-Druck (Anpassung an die Gruppe, Zurückhalten von Zweifeln, Einwänden oder Kritik) und Stigmatisierung von „Abweichlern“
  • Druck, die Gruppe vor abweichenden (als negativ oder sogar feindlich angesehenen) Ansichten zu schützen
  • Informationen über die Gruppe und den Informationsfluss nach ‚draußen‘ zu kontrollieren
  • innerer und äußerer Druck zur einstimmigen Entscheidungsfindung

Die Konsequenz dieses Gruppendenkens ist eine sehr stark ausgeprägte Form selektiver Wahrnehmung, die schlussendlich zu durchaus desaströsen Fehlentscheidungen führen kann:

  • Betrachtung von wenigen, ausgewählten Alternativen
  • Nichtbeachtung der Meinung von Experten oder Außenstehenden
  • sehr selektive Informationsbeschaffung (nur Informationen, welche in die bereits eingeschlagene Richtung passen), kein aktives Bemühen um zusätzliche Informationen
  • einzelne Gruppenmitglieder bestätigen sich gegenseitig ihre Theorien
  • keine Erstellung von Alternativ- oder Notfall-Plänen

Das passt meiner Meinung nach zu vielem, was wir in den Geschlechterdebatten sehen. Insbesondere der Feminismus, aber auch der Antifeminismus und der Maskulismus zeigen, dass die Konzepte dort vorzufinden sind.

Der Feminismus hat sich gegen Gegeneinwände dogmatisiert und ist vollkommen in der eigenen Gedankenwelt gefangen.

Forschung, die dagegen verstößt wird nicht wahrgenommen. Gegenpositionen bleiben unbeachtet

Nick dazu in einem weiteren Kommentar:

Das Anerkennen von maskulistischen Positionen stellt ja gerade eine ganz fundamentale Ideologiekritik dar. Wie kann es denn sein, dass die „männergemachten patriarchalen Strukturen“ Männern selbst zum Nachteile gereichen? Wo bleibt da z.B. die „Patriarchale Dividende“, die Männer dazu bringen soll diejenige Männlichkeit hegemonial werden zu lassen die „das Patriarchat am effektivsten aufrecht erhält“?

Wie lässt sich eine Motivation für „die soziale Konstruktion von Geschlecht“ begründen, wenn diese soziale Konstruktion nicht mit „Privilegien“ der in dieser „Hierarchie Obenstehenden“ einhergeht?

Das Anerkennen von maskulistischen Positionen würde zwangsläufig eine Kernsanierung des feministischen Ideologiegebäudes bedeuten, und es wäre höchst ungewiß, wer nach der Sanierung wieder in das Gebäude einzieht. Dann lieber in Kauf nehmen, dass peu a peu die Mieterinnen der baufälligen Substanz den Rücken kehren. Da bleibt wenigstens ein harter Kern, der das Gebäude solange besetzt hält, bis es von selbst in sich zusammenfällt.

Im Antifeminimus gibt es ähnliches:

Es hat sich eine Groupthink herausgebildet, nach der Frauen Feinde der Männer sind und an deren Unterdrückung arbeiten, nur noch Parasiten sind, die den Mann ausbeuten, während dieser quasi im Alleingang alles wesentliche leistet. Wer etwas zu „Illusion der Unverwundbarkeit“ aus dem Bereich lesen möchte, der findet genug „wir lassen uns nicht aufhalten, wir haben schon fast gewonnen“-Parolen.

Auf beiden Seiten hat das Gruppendenken viel Hass aufgebaut

Aber warum kann sich Groupthink etablieren? Man könnte zunächst meinen, dass es für das Gehirn doch besser ist, solche Fehler zu erkennen und damit müßte eine Selektion gegen und nicht für Groupthink eintreten?

Das verkennt aber, dass es mitunter für die Einzelperson besser sein kann, in einer starken, einheitlichen Gruppe zu agieren, auch wenn diese von falschen Voraussetzungen ausgeht. Der Wert der Gruppe an sich für das Individuum kann höher sein als das Risiko einer falschen Meinung. Dabei sind mehrere Faktoren zu bedenken:

1. Gruppen sind wichtig (gerade in der Steinzeit)

Wie bereits in dem Artikel „kooperatives Verhalten und Gruppenbildung“ dargelegt, ist die Zugehörikeit zu einer Gruppe enorm wichtig. Nur durch sie können die Vorteile eines kooperativen Verhaltens genutzt werden und es ist zudem zu bedenken, dass Größe eines gewissen Schutz bedeutet. Kleine Gruppen mußten befürchten, dass andere Gruppen sie dominieren, ihre Ressourcen wegnahmen oder sie in uninteressante Jagd- und Sammelgebiete abdrängten. Zudem konnte nur die Gruppe mangels übergeordneter Kranken- oder Rentensyteme eine Versorgung bei Krankheit oder Alter sicherstellen.

Aus einer Gruppe ausgeschlossen zu werden konnte schlicht bedeuten zu sterben.

Und nicht nur die Gruppe ist wichtig: Auch deren Gemeinsamkeit war wichtig. Denn eine Gruppe empfindet sich um so mehr als Einheit, ist um so mehr bereit etwas für einander zu tun, wenn sie einheitlich sind, wenn sie also glauben, dass sie gleich denken und handeln und eine verantwortung füreinander sehen. Um so weniger eine Gruppe miteinander gemein hat um so höher die Gefahr, dass sie auseinanderbricht und damit anfälliger für Gefahren von Aussen wird und zudem die Vorteile der Gruppe verloren gehen. Einheitlichkeit in der Gruppe zu erzeugen, indem starke Meinungen übernommen werden, stabilisiert daher die Gruppe und macht sie damit wirksamer und beständiger.

2. Gruppenmeinungen sind häufig richtig (gerade unter steinzeitlichen Bedingungen)

Gruppenmeinungen haben den Vorteil von verschiedenen Personen durchdacht worden zu sein, die möglicherweise noch andere Faktoren berücksichtigt haben und damit in der Gesamtschau ein genaueres Bild bieten mögen. Dies ist insbesondere der Fall, wenn man bedenkt, dass Entscheidungen in der Steinzeit weit weniger theoretisch gewesen sein dürften (es dürfte eher um Fragen des täglichen Lebens als um Fragen vollkommen abstrakter Natur gegangen sein) und zudem eine geringere Einflussnahmemöglichkeit über Medien bestand.

Heute kann jede Frau „Das andere Geschlecht“ von Beauvoir oder ein Buch von Butler lesen und sich deren Meinung zu eigen machen. In der Steinzeit wurden aber Meinungen mangels Schrift von Person zu Person ausgetauscht. In einem persönlichen Gespräch können hingegen Gegenargumente wesentlich besser vorgebracht werden und es entsteht weniger der Eindruck, dass das Buch bereits eine Gruppenmeinung vorbringt.

Wer sich vor eine Gruppe stellen konnte um seine Meinung darzulegen, der musste eine gewisse Position in der Gruppe haben und sich zudem bewußt sein, dass eine gewisse Verantwortung damit entstand.

3. Eine geringere Gruppengröße macht es schwieriger unbedeutende Untergruppen zu bilden

Wenn heute sagen wir mal 5% aller Personen an Theorien des theoretischen Feminismus glauben (es scheint mir als Zahl fast etwas hoch, der theoretische Feminismus ist ja eher in der Öffentlichkeit unverbreitet, auch wenn feministische Theorien wie „Männer und Frauen sind gleich“ in abgeschwächter Form durchaus weit verbreitet sind) dann wären das auf eine Steinzeitgruppe von 150 Leuten etwa 7-8 Leute.Für eine Gruppe von 7-8 Leuten dürfte es günstiger gewesen sein, in der großen Gruppe aufzugehen und die Gruppenvorteile zu nutzen als sich mit ihrer Auffassung gegen diese Gruppe zu stellen.

In heutiger Zeit sind die Gruppen sehr groß. 5% von zB 80 Millionen sind 4 Millionen Personen. Gerade wenn diese beständig untereinander kommunizieren kann der Eindruck entstehen, dass die Meinung eine allgemeine Meinung ist bzw. diese Meinung stellt bezogen auf das (allein entscheidene) persönliche Umfeld eine überwiegende Gruppenmeinung dar, selbst wenn der Rest, also 76 Millionen, dieser Idee nicht folgen.

Durch die kleineren Gruppen konnten sich damit kleinere Ideen weniger stark ausbilden und auch keine Untergruppen bilden, die eine entsprechende Macht gewinnen konnten. Ideen, die sich durchsetzten waren damit weitaus weniger gefährlich, was in Abwägung mit den oben genannten Vorteilen eines Groupthinks dann wieder eine Selektion hin zu einer solchen Übernahme der Groupthink ermöglicht.