Slutwalks und Vergewaltigungskultur

Nun doch nocht etwas zu den Slutwalks, die ja am letzten Wochenende auch in Deutschland stattfanden.

 Einige feministische Blogs berichteten:

  •  Bei der Mädchenmannschaft beschwert man sich, dass doch tatsächlich Leute gaffen und fotografieren, wenn Frauen leicht bekleidet und möglichst schlampig durch die Stadt laufen. Finde ich irgendwie doch recht naiv.. Wenn man mit Sex auf etwas aufmerksam machen will, dann sollte man damit eigentlich rechnen
  • Bei dem Mädchenblog genau das gleiche: Die Veranstalterinnen hätten sich ein Konzept dagegen einfallen lassen sollen, dass die Leute die schlampig angezogenen Frauen nicht angaffen, die gerade dafür protestieren, dass sie so schlampig rumlaufen können wie sie wollen.
  • bei den Ruhrbaronen freut man sich über 3.000 Leute in Berlin und darüber, dass Alice Schwarzer nicht mitgeplant hat
  • Auf Liron.de beschwert man sich, dass die Slutwalks eigentlich unter dem Motto „gegen Sexismus und sexuelle Gewalt“ standen und es dann nur um Feminismus ging und nicht um gleiche Rechte für alle in diesem Bereich und das es zuviel um Anarchie ging
  • Auf Fepix sorgen Äußerungen wie diese “ Sexuelle Signale und Reize sollen also keine mehr sein, was fürn völliger Blödsinn. Wenn Frauen meinen sie müssten sich zwanghaft sexualisieren, ich finds einfach nur abstoßend.“ für Unmut.
  • In Dortmund nahmen wohl auch 400 Leute teil
  • Bei Nic ärgert man sich auch über die Reaktionen der Passanten, meint aber, dass gerade deswegen die Slutwalks notwendig sind.
  • Auf Bisexualität.org heißt es, dass wohl leider noch viele weitere Slutwalks notwendig sein werden, um die Botschaft zu implimentieren
  • Bei Popkontext gibt es Texte und Bilder zum Slutwalk
  • Julia Seeliger sieht eine großartige geschlechterpolitische Demonstration für die Einhaltung von Grenzen (und bessere Verhandlung derselben), sowie gegen sexuelle Gewalt

Hintergrund der Slutwalks ist die bereits in dem Artikel „Rechtsstaat und Vergewaltigung: Warum Udo Vetter und Nadine Lantzsch evtl an einander vorbeireden“ dargelegte Ansicht, dass Vorsichtsmaßnahmen, die an Frauen gerichtet sind und das Risiko einer Vergewaltigung vermindern sollen, bereits eine Stützung der Vergewaltigungskultur sind und man statt dessen einfach den Vergewaltigern sagen sollte, dass sie nicht mehr vergewaltigen sollen.

In der Wikipedia heißt es dazu:

„Der Begriff Slutwalk (engl. fpr Schlampenmarsch) benennt Demonstrationen, bei denen Frauen, Männer und Transgender auf die Straße gegehn und fordern, sich selbstbestimmt kleiden zu dürfen, ohne im Falle von sexualisierter Gewalt eine Schuldzuweisung zu erfahren.“

Meiner Meinung nach wird die Naivität dieser Forderung recht schnell deutlich, wenn man diese Argumentation auf andere Straftaten überträgt:

„Der Begriff Geldsackmarsch“ benennt Demonstrationen, bei denen Frauen, Männer und Transgender auf die Straße gegehn und fordern, Wertgegenstände und Geld unverschlossen überall liegen lassen zu können, ohne im Falle eines Diebstahls eine Schuldzuweisung zu erfahren.“

Oder:

 „Der Begriff Souvenirjägersmarsch“ benennt Demonstrationen, bei denen Frauen, Männer und Transgender auf die Straße gegehn und fordern, , bei jedem Straßenhändler teure Originalsouvenirs kaufen zu können, ohne im Falle, dass sich diese später als billiger Ramsch herausstellen eine Schuldzuweisung zu erfahren.“

Oder:

„Der Begriff Fanblockverwechslermarsch“ benennt Demonstrationen, bei denen Frauen, Männer und Transgender auf die Straße gegehn und fordern, , sich in einen Hooliganfanblock stellen zu können und dort Schmähgesänge auf die von den Hooligans bevorzugte Mannschaft singen zu können , ohne im Falle von Gewalt eine Schuldzuweisung zu erfahren.“

In all diesen Fällen ist es klar, dass die Täter verantwortlich für die Tat sind und eine Bestrafung dieser stattfinden muss. Aber genauso klar ist, dass man dem Opfer sagen kann, dass es sehr leichtsinnig war, keine Vorsichtsmaßnahmen einzugehen, sondern nur darauf abzustellen, dass der Andere falsch handelt und dies besser nicht tun sollte

Es stellt sich aber nun die Frage, ob leichte Kleidung oder ein schlampiges Auftreten mit diesen Fällen vergleichbar ist. Auch andere haben aber entsprechende Vergleiche angestellt.

Camille Paglia schrieb beispielsweise in „Sexual Personae: Art and Decadence from Nefertiti to Emily Dickinson“:

For a decade, feminists have drilled their disciples to say, “Rape is a crime of violence but not sex.” This sugar-coated Shirley Temple {370} nonsense has exposed young women to disaster. Misled by feminism, they do not expect rape from the nice boys from good homes who sit next to them in class…. These girls say, “Well, I should be able to get drunk at a fraternity party and go upstairs to a guy’s room without anything happening.” And I say, “Oh, really? And when you drive your car to New York City, do you leave your keys on the hood?” My point is that if your car is stolen after you do something like that, yes, the police should pursue the thief and he should be punished. But at the same time, the police — and I — have the right to say to you, “You stupid idiot, what the hell were you thinking?”

Oder McElroy:

The fact that women are vulnerable to attack means we cannot have it all. We cannot walk at night across an unlit campus or down a back alley, without incurring real danger. These are things every woman should be able to do, but “shoulds” belong in a Utopian world. They belong in a world where you drop your wallet in a crowd and have it returned, complete with credit cards and cash. A world in which unlocked Porsches are parked in the inner city. And children can be left unattended in the park. This is not the reality that confronts and confines us

Wichtig für eine Bewertung der Slutwalks ist, sich erst einmal über die Hintergründe der Vergewaltigung im klaren sein. Und die sind eben entgegen der Auffassung im Feminismus Sex und Macht. Da ich dies bereits in dem Artikel „Vergewaltigung hat nichts mit Sex zu tun, sondern es geht um Macht“ ausgeführt habe, verweise ich auf diesen.

Wenn Sex ein Faktor im Bereich der Vergewaltigung ist, dann spielen eben auch sexuelle Reize eine Rolle. Und ebenso das signalisieren sexueller Lust, die wir unterbewußt mit dem Präsentieren dieser Reize verbinden.

David Chapelle hat das in diesem Video recht gut dargestellt:

 

„Just because I dress this way does not make me a whore“ That´s right, but you are wearing a whores uniform“

Sexy Kleidung und sexy Aussehen ist darauf ausgerichtet Lust in dem anderen entstehen zu lassen oder deutlich zu machen, dass man die Macht hat, solche Lust entstehen zu lassen (je nach dem, ob man auf die Wirkung gegenüber Männern oder Frauen abstellt). Wenn Lust entsteht mit jemanden Sex zu haben, dann kann auch bei einer Ablehnung der Wunsch entstehen, sich den Sex durch die Ausübung von Macht gegen den Willen der Frau durchzusetzen.

Dass die Frau dabei eher aufpassen muss liegt an dem sexuellen Gefälle, dass durch das größere Interesse des Mannes an Sex vorhanden ist. Aus Sicht des männlichen Triebes ist Sex immer eine Mangelware und damit hoch im Kurs. Dieses Interesse wird durch schlampiges Verhalten insoweit noch verstärkt, da es aus Sicht des Mannes Interesse an Sex signalisiert.

Natürlich darf das vollkommen unabhängig von der Kleidung nicht zu einer Vergewaltigung führen und wird es meist auch nicht. Aber ebenso wie ungesicherte Vermögenswerte Diebe anziehen ziehen (vermeintliche) Sexangebote eben auch Leute an, die sich diesen Sex nehmen wollen und möglicherweise entsprechend reagieren, wenn sie ihn nicht bekommen.

Allerdings ist meiner Meinung nach der Hinweis auf die Kleidung in der Tat nicht der Beste. Denn sexy Kleidung kann zu bestimmten Anlassen eben gut passen und muss nicht an sich eine Gefährdung darstellen.

Die Taktik, die zur Gefahrvermeidung von Frauen wohl am meisten genutzt wird, dürfte die sein, in Gruppen bzw. in Begleitung wegzugehen und aufeinander aufzupassen. Natürlich kann auch dies schiefgehen, aber das macht es nicht zu einer schlechten Strategie.

Das Problem der Vergewaltigung ist mit Hinweisen an den Vergewaltiger nicht aus der Welt zu schaffen. Denn der Vergewaltiger will keine Macht für die Gruppe Mann ausüben, sondern er will sich gegen die gesellschaftlichen Regeln stellend seine eigenen Interessen und Lüste zu Lasten anderer Ausleben. Er mag beispielsweise ein Sadist sein, der hierdurch einen besonderen Kick erhält oder ein Narzisst, dem der Gedanke, dass andere ihn ablehnen könnten gar nicht kommt und der davon ausgeht, dass sie es wenn er sich nimmt, was er will, schon im nachhinein gut finden wird oder ein Mensch, mit einem überaus starken Trieb und einer eingeschränkten Mitleidsfähigkeit, der nur noch auf Befriedigung dieses Triebs aus ist. Oder ein Mensch, der mit Ablehnung nicht umgehen kann und sich auf diese Weise rächt. Ihm zu sagen, dass er doch bitte einfach nicht mehr vergewaltigen soll wird ihm demnach nicht davon abhalten, weil es diese Bedürfnisse nicht berücksichtigt.

Das ist meiner Meinung nach auch das gefährliche an dieser feminstischen Ansicht. Wer der Meinung ist, dass es nur um patriarchalische Macht ist und daher meint, Vergewaltiger dadurch bekämpfen zu können, dass er sie zu einem besseren Umgang mit Frauen erzieht oder auf antipatriarchalische Sensibiliserung setzt, der wird nicht wirklich etwas erreichen. Er wird im Zweifelsfall allenfalls ein falsches Gefühl von Sicherheit errichten, dass aber letztendlich Vergewaltigungen begünstigt

Eine (freiwillige) chemische Kastration senkt beispielsweise die Rückfallquote durch das Ausschalten von sexuellen Lüsten von 46% auf 3%. (Pinker, S.371) Das bereits macht deutlich, dass es dem Vergewaltiger eben nicht nur um Macht geht.

Warum man sich zu Lasten von Vergewaltigungsopfern eine Prävention von Vergewaltigungen durch das Leugnen eines Zusammenhanges mit sexueller Lust erschweren soll, leuchtet mir nicht ein.

 Und dennoch wird es versucht:

The flight from reality of the rape-is-not-sex doctrine warps not just advice to women but policies for deterring rapists. Some prison systems put sex offenders in group therapy and psychodrama sessions designed to uproot experiences of childhood abuse. The goal is to convince the offenders that aggression against women is a way of acting out anger at their mothers, fathers, and society. (A sympathetic story in the Boston Globe concedes that “there is no way to know what the success rate of [the] therapy is.”) Another program reeducates batterers and rapists with “pro-feminist therapy” consisting of lectures on patriarchy, heterosexism, and the connections between domestic violence and racial oppression. In an article entitled “The Patriarchy Made Me Do It,” the psychiatrist Sally Satel comments, “While it’s tempting to conclude that perhaps pro-feminist ‘therapy’ is just what a violent man deserves, the tragic fact is that truly victimized women are put in even more danger when their husbands undergo a worthless treatment.“ Savvy offenders who learn to mouth the right psychobabble or feminist slogans can be seen as successfully treated, which can win them earlier release and the opportunity to prey on women anew. (nach Pinker, S. 370)

Slutwalks sind durch die Leugnung des Lustzusammenhanges eine solche Erschwerung der Prävention von Vergewaltigungen.

Sie erreichen damit das Gegenteil von dem, was sie erreichen wollen, indem sie die Realität ausblenden.