„Eine Welt ohne Heten“

Nach dem Erfolg ihres Polizeiartikels ist es wenig erstaunlich, dass Hengameh mit einem Provozierartikel nachlegt und auf eine weitere Protestwelle hofft.

Diesmal wünscht sie sich eine Welt ohne Heten. Der Sache nach erinnert das, was sie damit verbindet sehr an die „Welt ohne Männer“:

Wie würde sie aussehen, gegenseitige Unsichtbarkeit zwischen Queers und cis Heten?

Auf jeden Fall weniger brutal. Einfach in der Öffentlichkeit draufloszuknutschen wäre nicht mehr von der Angst begleitet, im nächsten Moment angegriffen zu werden. Ein Thrill, auf den ich gerne verzichte. Wie könnten Straßen aussehen, auf denen sich Menschen weniger verstellen, verstecken, kleiner machen?

Hinsichtlich der Fashion würden Türen geöffnet: Endlich geile Outfits ballern, ohne als Freak zu gelten, ohne von den falschen Leuten gegeiert zu werden, und ohne die Tränen deiner local Anna-Lena, die sich neben dir langweilig fühlt, als wäre es per Zwangsvorschrift auferlegt, dass sie von Kopf bis Fuß in s.Oliver gekleidet ist. Der Nachteil: Ohne den permanenten Anblick von Typen in Camp David und Frauen in Street One fehlt auf lange Sicht die Inspiration zum Camp.

Dafür gäbe es seltener Missverständnisse wegen Codes. Und bessere Witze. Verloren ginge jedoch einiges an Meme-Material. Zumindest eine ganze Sparte an Comedy bliebe uns erspart. Der Karnevalsauftritt von Annegret Kramp-Karrenbauer wäre keine Referenz mehr. Generell weniger Fasching: Endlich wieder von Partys nach Hause kommen, ohne von Heteros auf der Tanzfläche vollgeglitzert zu werden.

Meine Vermutung wäre ja, dass es genug Homosexuelle oder Quers gibt, die dennoch über Outfits lästern würden. Aber vielleicht unterliege ich da ja auch nur dem durch Klischee, dass gerade homosexuelle Männer liebend gerne tratschen und lästern.

Bei ihren Äußerungen wird aber auch deutlich, dass es ihr eigentlich gar nicht gefallen würde, wenn sie nicht mehr als besonders wahrgenommen werden würde und nicht mehr das Gefühl hat besser zu sein als die Heten in ihrem Modegeschmack. Sie will ja sehr gerne als arrogant wahrgenommen werden. Sie müsste sich dann innerhalb der eigenen Szene Leute suchen, auf die sie herabsehen kann.  In ihrer Welt sind alle neidisch auf ihren tollen Style. Meine Vermutung ist eher, dass negative Aufmerksamkeit mit Neid verwechselt.

Das Homosexuelle oder Quers es einfacher hätten, weil es eben natürlich Leute gibt, die sich daran stören, dass man dies nach außen trägt, kann ich mir unproblematisch vorstellen. Es gibt sicherlich Gründe dafür, dass viele eher von konservativen Landstrichen wegziehen und sich etwa in bekannt homosexuellefreundlichen Städten wie etwa Köln niederlassen.