Das Ausblenden der Unlogik im radikalen Feminismus als Costly Signal

Fefe hat einen interessanten Ansatz dargestellt, warum eine Ideologie mit einer starken Identitätspolitik schnell ins Extreme abdriftet.  Er nimmt dabei auf diesen Artikel hier Bezug.

Die wesentliche These ist, dass man extremer werden muss, wenn man in solch einer Ideologie die Gruppenzugehörigkeit demonstrieren will, weil man seine Loyalität mit normalen Verhalten nicht hinreichend darstellen kann.

Fefe dazu:

Dann geht die Argumentation weiter über Vergewaltigungsfälle. Von denen Fällen, die in den Medien groß aufgebauscht wurden, weil Feministen aufsprangen und die Story viral machten, haben sich krass überproportional viele als falsche Anschuldigungen herausgestellt. Feministen greifen sich also extra die am offensichtlichsten schwachen Fälle raus und springen auf die auf, um ihre These zu verbreiten, dass es egal ist, wie schwach der Fall aussieht, wichtig ist nur, dass das Opfer sich als Opfer wahrnimmt. Der Effekt ist wie bei PETA. Viel Kontroverse und am Ende haben die Feministen ihren Thesen mehr Schaden zugefügt als neue Anhänger gewonnen. Warum machen die Feministen das?

Seine These ist, dass Menschen ihre Zugehörigkeit zu sozialen Gruppen signalisieren wollen. Dazu gehört, die moralischen Werte der Gruppe zu vertreten. Wenn man jetzt den moralischen Wert „Tiere sollten gut behandelt werden“ bei einem Fall von offensichtlicher Tierquälerei vertritt, dann gucken sich die Passanten das an und sagen: ja, klarer Fall von Tierquälerei, das muss beendet werden. Als Signal für die Gruppenzugehörigkeit eignet sich das daher nicht. Wenn du dich allerdings aus dem Fenster lehnst und die moralischen Werte in völlig überzogenen Fällen vertrittst, dann schreckst du damit zwar Außenstehende ab, aber um die ging es ja auch gar nicht. Es ging darum, innerhalb der Gruppe zu signalisieren, dass du so moralisch gefestigt bist, dass du die Prinzipien der Gruppe auch in unter Selbstaufgabe und Inkaufnahme von Schaden für den eigenen Ruf auf völlig abwegige Fälle anwendest.

Damit wäre etwas flapsig ausgedrückt Idiotie hier eine Costly Signal (ja, mal wieder)  für die eigene Verbundenheit mit der Gruppe. Man übertreibt die Verteidigung der Gruppenwerte so weit, dass es einen dumm dastehen lässt, weigert sich aber das wahrzunehmen, weil man es als Einstehen für die Gruppenwerte darstellt.

Das finde ich eine interessante Theorie: Danach brauchen Feministen letztendlich einen übermächtigen Feind gegen den sie sich stemmen können und müssen lächerlich wirkenden Benachteiligungen aufzeigen, weil sie nur so deutlich machen, dass sie die Gruppeninteressen tatsächlich ernst nehmen. Wie ich hier bereits einmal dargestellt habe entsteht dadurch etwas, was man in der Spieltheorie ein Prisoners Dilemma in der Form des“Race to the bottom“ also ein „Abwärtswettlauf“ nennt. Ich schrieb damals:

Im Privilegienfeminismus geht es darum, sich mit dem Opferstatus weitestgehend zu identifizieren und immer weitere Privilegien der anderen Gruppe zu entdecken. Da derjenige das Spiel gewinnt, der immer weitere Privilegien aufdeckt und Benachteiligungen ausmacht wird sich beständig unterboten, bis schließlich die normalsten Punkte – sich küssenden Heterosexuelle oder Babies – Privilegien und damit auch gleichzeitig Benachteiligungen sind.

Ein Ausbruch wäre damit nur dann möglich, wenn innerhalb des Feminismus “kooperiert” wird und man sich auf eine Untergrenze einigt. Das ist allerdings in einem so fließenden Bereich und aufgrund des Gewinnes für den Einzelnen, der eine neue Benachteiligung darlegen kann nicht zu erwarten.

Der Feminismus befindet sich insoweit bezüglich seiner Privilegientheorien in der derzeitigen Form in einem klassischen Prisoners Dilemma.

Fefe schreibt weiter:

Man könnte also im übertragenen Sinne davon sprechen, dass man sich über solche Klogriffe als Märtyrer inszeniert. Märtyrern geht es ja auch nicht darum, den Gegner umzustimmen, sondern innerhalb der eigenen Gruppe Ansehen zu gewinnen. Und die Gruppe hat einen Anreiz, Märtyrer zu feiern, weil das den anderen gegenüber die Botschaft festigt, dass ihr eigenes Verhalten noch nicht weit genug geht (in unklaren Situationen sind Menschen immer versucht, ihre eigene Position in der Mitte des Spektrums zu suchen, und Märyrer treiben das Aktivismus-Extrem des Spektrums weiter nach außen, was auch die Mitte verschiebt).

Das Money Quote dazu ist:

In the same way, publicizing how strongly you believe an accusation that is obviously true signals nothing. Even hard-core anti-feminists would believe a rape accusation that was caught on video. A moral action that can be taken just as well by an outgroup member as an ingroup member is crappy signaling and crappy identity politics. If you want to signal how strongly you believe in taking victims seriously, you talk about it in the context of the least credible case you can find.

Das mit den Märtyrern steht nicht bei Slate Star Codex, das habe ich extrapoliert, das ist meine Deutung.

Innerhalb dieses Systems folgt es also durchaus einer inneren Logik, dass Feministinnen auch dann, wenn sonst jeder davon ausgeht, dass der Fall deutlich widerlegt ist oder zumindest sehr plausible Zweifel an der Tatschilderung bestehen, ein „#IStandwith…“ Hashtag herausgeben. Es erklärt auch, warum man in deren Welt Erzählmirnix eindeutig ablehnen muss: Wenn sie in einem Bereich gegen die Regeln verstößt, etwa weil sie sagt, dass Fett gesundheitschädlich ist, dann kann man mit ihrer Ablehnung auch wenn sie eigentlich recht hat und das durch Studien belegt eben zeigen, dass man auch an dieser unlogischen Position festhält. Ist man erst einmal in dieser Scheinlogik gefangen, in der es um Anerkennung innerhalb der Gruppe geht, dann ist das anerkennen irrationaler Positionen und die fehlende Bereitschaft sie zu hinterfragen plötzlich etwas gutes, ebenso wie das Ablehnen aller Andersdenkenden. Wer mehr Ungläubige geblockt hat, der zeigt nur wie sehr er solche Abweichler hast. Religionen bauen insofern auf einem ähnlichen Prinzip auf, weswegen ich auch dort schon einmal angeführt habe, dass der Glaube an dortige besonders aberwitzige Konzepte gerade besonders die Hingabe betonen können. Poststrukturalismus eignet sich insofern besonders für solche Identitätspolitik, weil man hier nahezu die gesamte Wirklichkeit ignorieren kann – sie ist eben nur konstruiert. Deren Irrationalität wird auf diese Weise von einem Nachteil zum Feature – nur wahre Gläubige können sich hier hineindenken und sich damit würdig erweisen.

Fefe weiter:

Nun, was kann man dagegen tun? Nicht viel. Man kann die Gegenseite nach rationalen Argumenten fragen, aber die gibt es natürlich nicht. Das war ja gerade der Punkt. Wenn es rationale Argumente gäbe, hätte sich derjenige einen anderen Fall für das Signalisieren der eigenen moralischen Überlegenheit gesucht.

Aus einer solchen Konstruktion auszubrechen kann in der Tat schwierig sein – den Kaiser in Kleidern zu sehen zeigt ja nur die Liebe zum Kaiser. Die rationalen Gegenargumente aufzuzeigen wird allerdings bewirken, dass der Einstieg in das Spiel schwieriger ist, weil gleich Zweifel verbleiben, über die man sich erst selbst belügen muss. Und es führt dazu, dass die „Schwachen“ (also die nicht so gläubigen und rational Denkenden) ausgesiebt werden und demnach die Ideologie zunächst radikaler wird. Ein Prozess der so aus meiner Sicht im Feminismus bereits begonnen hat.

23 Gedanken zu “Das Ausblenden der Unlogik im radikalen Feminismus als Costly Signal

  1. Es wird noch besser: Wozu muss die Feministin die Gruppenzugehörigkeit bis ins Extrem demonstrieren? Konkrete Vorteile dürften davon nicht abhängen? Ich schätze es geht darum, sich gegen Kritik aus der Schwesternschaft zu immunisieren. Nur denen gegenüber muss die Feministin demonstrieren, dass sie „die beste“ Feministin ist um dem berühmten Zickenkrieg zu entgehen.

    Allerdings können/konnten wir beobachten, dass diese extremen Demonstrationen der Gruppenzugehörigkeit die Gruppe und ihr Denken in ein Extrem positioniert, wo die Gruppe jede Glaubwürdigkeit verliert. Vor 2 Jahren wollten alle Feministinnen sein, heute schon distanzieren sich immer mehr Frauen (und Männer).

    Im Ergebnis wollen sich also Feministinnen vor den anderen Feministinnen bis zu dem Punkt schützen, wo die ganze Bewegung darunter leidet oder sogar untergeht. Oder anders gesagt: Feminismus hat einen eingebauten Selbstzerstörungsmechanismus, der letztlich aus der Konkurrenz der Feministinnen kommt und der dazu führt, dass die Gruppenmitglieder lieber die ganze Gruppe zerstören, als ihre Gruppenzugehörigkeit einfach aufzugeben.

    Rationaler wird der Feminismus durch diese Erklärung nicht.

  2. Die Erklärung scheint mir zu kompliziert. Es ist doch wesentlich einfacher, artikulierte Unlogik mit dem Festhalten an der Ideologie zu erklären.

  3. Das Hirn hat zwei getrennte Modi, grob vereinfacht: sozial oder sachlich.

    Je mehr der Mensch sich darauf konzentriert, Soziales zu verstehen, desto weniger können (in dem Moment) Kriterien der Logik beachtet werden.

    Feministin sein ist von früh bis spät eine monströse soziale Veranstaltung. Nicht nur das problematische Verhältnis der Frau zur Gesellschaft als solcher sondern auch noch das viel problematischere Verhältnis zum Feminismus-internen Zickenkrieg will pausenlos im Auge behalten werden.

    Da ist es rein physiologisch schwer, in den anderen Modus zu schalten.

  4. Hallö,

    Ich frage mich ob es nicht einfach ein letztes Aufbäumen vor dem endgültigen Ende ist. Es erinnert mich an den saueren Regen und die BSE-Panik. Es hat auch etwas vom Ende des 3ten Reichs.

    Sobald ein Scheitern der ideologischen Indoktrination auch die letzten Gläubigen zweifeln lässt, kann man das Theoriegespinst nur noch mit immer extremeren Szenarien aufrecht erhalten.

    Auch die Klimapanik wartet jetzt seit fast 15 Jahren auf die Katastrophe und jeder Sturm, jede Hitze und jede Dürre wird zur Katastrophe erklärt, wie z.B. gestern in Mexico. Es schadet scheinbar nicht einmal der Glaubwürdigkeit wenn nichts passiert.

    In Wahrheit weiß aber allmählich jeder, dass der Kaiser nackt ist. Wie z.B. bei HartAberFair. Es wirkt nur noch grotesk, wenn man von Gleichstellung und Pay Gap redet, wo es doch in Wahrheit um Genderschwurbel geht. Jeder versteht es, nur die Medien scheinbar nicht …. ein Zeichen der Zeit?

    MfG
    Yeph

    • ät Yeph:

      Findste?
      Ich merke zwar, daß zunehmend auch Linke den Genderkram scheiße finden; nichtsdestotrotz ist der Radfeminismus im linksintellektuellen Miljöh bestens verankert und wird von vielen definitiv nicht-linken Organisationen imitiert, weil „en vogue“ ist.

      Siehe Matthiasens Link von gestern zur Katholischen (!!!) Kirche: http://www.bistum-regensburg.de/news/bischof-voderholzer-kommentiert-flyer-geschlechtersensibel-gender-katholisch-gelesen-4121/

      Auch an der zweiten, mittlerweile legendären Haf-Sendung ist das doch zu sehen: War die erste Ausgabe noch kritisch, kamen sie danach allen Ernstes mit dem Genderknie und den 60er JAHREN (!!!!).
      Das war der Genderkniefall.

      Fazit: Tut mir leid, ich sehe noch kein Ende des Wahnsinns.
      Abgesehen davon wird nach dem Ende des Genderismus gleich der nächste Kult entwickelt, dem alle zu huldigen haben. Antifa und Multikulti sind ja immer in Reserve vorhanden.

      • Hallo,

        Bin leider etwas spät aber trotzdem noch eine kleine Antwort. 😉

        Ja, das Ende ist es noch nicht. Es wird auch heute noch von Saure-Regen-leugnern geredet. Aber die grosse Öffentlichkeit hat gemerkt, welcher Wahsinn sich da in der Politik und Bildung eingenistet hat.

        M.E. ist das der Hauptgrund für diesen vorpreschenden Totalschaden. Falls es jemand noch nicht gemerkt hat, wird er sich jetzt weiterführend damit beschàftigen.

        Auch bei Glyphosat und Endlagerung der KKW’s ist noch kein Ende abzusehen. Es ist aber die Angst vor der Aufdeckung des Kaysers Nacktheit, die die Fanatiker anstachelt. Beim Rad-fem sind fast alle Frauen (als Gegner) betroffen.

        Das ist wie beim IS oder Scientology. Die „Revolution“ frisst ihre eigenen Kinder … 😉

        MfG
        Yeph

  5. Eben wegen der Kombination „Sozialkonstruktivismus“ zusammen mit „Gruppenverbundenheit“ überlege ich mir schon seit langem, ob man um in einer Diskussion mit einer Feministin / SJW tatsächlich zu bestehen komplett andere Diskussionsstrategien braucht.

    Ein Vorgehen nach Sun Tzu: Seinen Gegner und was den motiviert verstehen, und dann gezielt diese Punkte angehen. Dinge wie Fakten prallen eben leider an der feministischen Teflonwand ab, und verstärken sogar noch den Gruppenzusammenhalt.

    Um das Denkmuster „Sozialkonstruktivismus“ aufzubrechen sollte man demnach eher anzweifeln, ob das feministische Utopia tatsächlich erstrebenswert ist. Den Sozialkonstruktivismus werden sie so schnell nicht aufgeben, das ist zu tief drin; aber wenn man denen vermitteln könnte daß das worauf sie hinarbeiten eine Dystopie wird wäre viel gewonnen.

    Märtyrertum / Gruppenverbundenheit könnte man so drankriegen, daß man vermittelt daß sie sich mit ihrem Feminismus sozial isoliert. Was speziell für eine Frau mit zum schlimmsten gehört was ihr passieren kann.

    Das sind erstmal nur ganz grobe Überlegungen. Zumindest hatte ich einmal gewissen Erfolg, als ich bei einer Feministin erst gar nicht mit Fakten angefangen hatte (ich hatte da schlicht keine Lust auf wieder mal eine sinnlose ‚Diskussion‘), sondern gleich mit einem Satz wie „Dir ist schon klar daß du dich gerade massiv unbeliebt gemacht hast?“ eröffnet hatte, und dann gleich weiter mit „Ernsthaft, Feminismus ist doch sowas von out. Das schreckt doch nur ab. Damit macht man sich keine Freunde mehr.“ Hat bei ihr für einen ziemlich entsetzten Gesichtsausdruck gesorgt. Das war natürlich reine Rabulistik von meiner Seite, aber wenn man es mit feministischer Unlogik zu tun hat halte ich es manchmal für gerechtfertigt, wenn man sie einfach mit ihren eigenen Waffen schlägt.

    Rationale Argumente bringen, Fakten checken sowie Schwachstellen in den feministischen Theorien aufzuzeigen bleibt natürlich immer noch sehr wichtig, aber halt eben nicht um die Hardcorefeministinnen zu überzeugen, sondern es geht um die Unschlüssigen. Das ist genau das gleiche was man in Diskussionen mit Hardcorekreationisten beachten muss; den Kreationisten kriegt man so nicht überzeugt, aber die Zuhörer.

  6. Die Religionswissenschaft liefert einen ähnlichen Befund wie Fefe:

    Steven Pinker (glaube ich) hatte dazu gemeint, daß Religionen deswegen häufig mythisch-irrationale Elemente schaffen, um eine Separation Mitglied-Nichtmitglied zu etablieren.
    Wer das kostenträchtige Signal der Unlogik (des Schwachsinns) sendet, zeigt seine Bereitschaft, der Gruppe mit Herz und Seele anzugehören.
    Wer das nicht tut (oder simuliert), bleibt halt draußen.

    Damit kann man zB Gruppenschmarotzer fernhalten, die nur auf gute Kontakte oder Ressourcen aus sind.

    Schönes Beispiel: die indischen Jains (unser Anshu Jain ist einer von denen).
    Eine kleine, aber sehr wohlhabende Religionsgemeinschaft, die mittlerweile weltweit den Juwelenhandel dominiert, also sehr erfolgreich ist.
    Als kostenträchtiges Signal haben sie krasse Regeln: Die Original-Jains zB fegen/fegten immer mit einem Besen vor sich her, um kleine Tiere nicht zu zertreten.
    Heute haben sie in ihren Häusern meist offene Schränke, damit Insekten dort nicht eingesperrt werden und verhungern.

    Im Zeitalter des Absterbens des Christentums suchen sich die Europäer halt Ersatz-Kulte, die nichtsdestotrotz religiösen Regeln folgen.
    1. Schaffung einer Gruppe, deren Mitglieder sich gegenseitig unterstützen (Ressourcen austauschen)
    2. Schaffung einer symbolischen Identität, um die Mitglieder, die sonst eigentlich nichts eint, zusammenzuhalten

  7. In eine ähnliche Kerbe haut Geoffrey Miller. Er sieht es als Signalisieren eines Persönlichkeitsmerkmals, hier [a href=https://de.wikipedia.org/wiki/Verträglichkeit_(Psychologie)]Agreeableness.[/a]

    Geoffrey Miller (2009) Spent. Sex, Evolution, and Consumer Behavior
    (S. 246ff)

    Ideology as an Agreeableness Indicator

    Young adults of both sexes often devote massive amounts of time, money, and energy to signaling their agreeableness through their ideologies. For example, at Columbia University in 1986, there was a sudden upsurge of conspicuous agreeableness one spring. Hundreds of college students took over the campus administration building and demanded that the university sell off all its stocks in companies that do business in South Africa. (This was in the days or apartheid, when Agreeableness Nelson Mandela was still in jail and blacks could not vote.) The spontaneity, ardor, and near-unanimity of the student demands for divestment seemed puzzling. Why would mostly white, mostly middle-class North Americans miss classes, risk jail, and occupy a drab office building for two weeks in support of political freedom for poor black strangers living in a country eight thousand miles away? The campus conservative newspaper ran a cartoon depicting the protest as an annual springtime mating ritual, with Dionysian revels punctuated by political sloganeering about this year’s arbitrary cause. The cartoon seemed patronizing at first, but later it seemed to contain a grain of truth. Although the protests achieved their political aims, only inefficiently and indirectly, they did promote very efficient mating among young men and women who claimed to share similar political ideologies. Everyone seemed to be dating someone they’d met at the sit-in. In many cases, the ideological commitment was paper-thin, and the protest ended just in time for the students to study for semester exams. Yet the sexual relationships facilitated by the protest lasted for years in some cases.

    It seems cynical and dangerous to suggest that loud public displays of one’s political ideology function as some sort of courtship ritual designed to attract sexual mates, for it risks trivializing political discourse, just as the conservative cartoon did when lampooning the Columbia antiapartheid protests. The best way to avoid this pitfall is not to ignore the costly signaling logic of human political behavior, but to analyze it seriously and respectfully as a dramatic example of personality display.

    Humans are ideological animals. We show strong motivations and capacities to learn, create, recombine, and disseminate value-laden idea systems, often with a righteous contempt for any empirical evidence that would undermine them. Yet it has always seemed hard to envision a survival payoff for conspicuous ideologies that scoff at empirical reality. Fortunately, costly signaling theory does not demand survival payoffs, only social and reproductive payoffs. If a conspicuously displayed ideology correlates reliably with a certain set of personality traits that are socially and sexually desired, then the ideology’s empirical truth is irrelevant. Indeed, the most empirically misleading and self-handicapping ideologies might often make the most reIiable personality indicators.

    The vast majority of people in modern societies have little political power, yet they do have strong political convictions that they broadcast insistently, frequently, and loudly when social conditions are right (political protests, dinner parties, second dates). This behavior is puzzling to economists, who regard any ideological behavior – even voting – as an expenditure of time and energy that has little political benefit for the individual. But if we view the individual benefits of expressing political ideology as usually not political at all, but rather as social and sexual, we can shed light on a number of old puzzles in political psychology. Why do hundreds of questionnaires show that men are, on average, more conservative, more authoritarian, more rights oriented, and less empathy oriented than women? Why do people usually become more conservative as they move from young adulthood to middle age? Why do more men than women run for political office? Why are most ideological revolutions initiated by young single men?

    None of these phenomena make sense if political ideology is interpreted as a rational reflection of political self-interest. In political, economic, evolutionary, and psychological terms, everyone has equally strong self-interests, so everyone should engage in equal amounts of ideological behavior, if that behavior functions to advance politic self-interest. However, we know from sexual selection theory that not everyone has equally strong reproductive interests. Males have much more to gain from many acts of intercourse with multiple partners than do females, because males can potentially produce offspring by hundreds or thousands of different women, but women can bear only about a dozen offspring in a lifetime. Young males should consequently be especially risk seeking in their reproductive behavior, because they have the most to win and the least to lose from risky courtship behavior (such as becoming a political revolutionary). These predictions are obvious to any sexual selection theorist; less obvious are the ways in which political ideology is used to advertise different aspects of one’s personality across the life span.

    Adults, especially when young, tend to treat one another’s political orientations as proxies for personality traits. Conservatism is read as indicating an ambitious, self-interested personality that will excel at protecting and provisioning a sexual partner. Liberalism is read as indicating a caring, empathetic personality that will excel at child care and relationship building. Given the well-documented, cross-culturally universal sex difference in human mate choice criteria, with men favoring younger, fertile women, and women favoring older, higher-status, richer men, the expression of more-liberal ideologies by women and more conservative ideologies by men is not surprising. Men use political conservatism to (unconsciously) advertise their likely social and economic dominance; women use political liberalism to advertise their nurturing abilities. The shift from liberal youth to conservative middle age reflects a mating-relevant increase in social dominance and earning power, not just a rational shift in one’s self-interest.

    More subtly, because mating is a social game in which the attractiveness of a behavior depends on how many other people are already producing that behavior, political ideology evolves under the unstable dynamics of social imitation and strategizing, not just as a process of simple optimization, given a particular set of self-interests. This explains why an entire student body at an American university can suddenly act as if it cared deeply about the political fate of a country that it virtually ignored the year before. The consensually accepted way to display agreeableness simply shifted, capriciously and quickly, from one political issue to another. Once a sufficient number of students decided that attitudes toward apartheid were the acid test for whether one’s heart was in the right place, it became impossible for anyone else to be apathetic about apartheid.

    What can we do to improve society if most people treat political ideas as courtship displays that reveal their advocates‘ personality traits, rather than as rational suggestions for improving the world? The pragmatic, not to say cynical, solution is to work with the evolved grain of the human mind by recognizing that people respond to policy ideas not just as concerned citizens in a modem polity, but also as hypersocial status-seeking primates. This view will not surprise political marketers (pollsters, spin doctors, speechwriters), who make their living by exploiting our lust for ideology, but it may surprise social scientists who take a more rationalistic view of human nature. Nonetheless, to understand a great deal of consumer behavior, we have to acknowledge the fundamentally ideological nature of many purchasing decisions, and the way that everyone uses products, in various ways, to advertise his or her personality traits.

    • Danke für das lange Zitat. Sehr interessante Zusammenhänge.

      Ich hab mich immer schon gefragt, warum seinerzeit plötzlich Robbensterben das wichtigste Thema überhaupt war.

  8. Hallo,

    ich finde diese Analysen und auch Kommentare sehr interessant und lehrreich, aber sie greifen in einer wichtigen Hinsicht zu kurz: Der Problem ist nicht, daß es da eine junge Studentin gibt, die stets mit einer Matratze bewaffnet auf dem Campus einer Nordamerikanischen Universität herumläuft. Das Problem ist auch nicht die massenmediale Aufmerksamkeit, welche diese Studentin weltweit erfährt, noch weniger jene Feministen, die in den Anschuldigungen der Studentin einen weiteren Beweis für die allgegenwärtige Rape Culture erblicken.

    Das Problem würde ich eher darin sehen, daß diese ganze Schose in die Gesetzgebung und Rechtsprechung eingeht, auch in diverse administrative Regeln wie sie z. B. an Universitäten herrschen. Um es übertrieben auszudrücken: Es ist mir herzlich egal, warum Feministen Schwachsinn glauben und verbreiten, warum Massenmedien Schwachsinn weltweit breittreten und auswalzen.

    Aber ich möchte verstehen, wie dieser Schwachsinn dann in normative Strukturen (Gesetze, Verordnungen, Beschlüsse, Verdachtsmomente, Beweislastverteilungen, Fördermaßnahmen, Bewilligung von Geldern usw.) eingehen kann, die Männer systematisch diskriminieren. Das müssen wir durchschauen und verstehen!

    Die obigen Analysen und Kommentare tragen zu diesem grundsätzlichen Problem wenig bei – stattdessen belächelt man Feministen, die sich zu Schwachsinn bekennen, um ihre Position in ihrer feministischen Clique zu wahren od.dgl. („Ich frage mich ob es nicht einfach ein letztes Aufbäumen vor dem endgültigen Ende ist. […] Es hat auch etwas vom Ende des 3ten Reichs.“)

    Meine verehrten Herren, wir reden hier von den Gewinnern! Weniger freundlich ausgedrückt: Als Verlierer pallavern wir darüber, warum die Gewinner so doof und durchgedreht sind. Vielleicht versuchen wir es ja auch mal mit Pfeifen im dunklen Wald?

    Ich denke, die obigen Analysen müssen fortgesetzt und ausgeweitet werden, um zu verstehen und letztlich verhindern zu können, wie feministischer Schwachsinn in herrschende Politik und herrschendes Gestz (um es allgemein auszudrücken) umgesetzt wird.

    Daran müßten wir weiter arbeiten. Feststellungen wie „Feministin sein ist von früh bis spät eine monströse soziale Veranstaltung. Nicht nur das problematische Verhältnis der Frau zur Gesellschaft als solcher sondern auch noch das viel problematischere Verhältnis zum Feminismus-internen Zickenkrieg will pausenlos im Auge behalten werden“ helfen da nicht wirklich weiter.

    Der Feminismus ist nicht am Ende. Er hat gerade erst angefangen. Und Männer sind die Opfer.

    • Ich fasse mal zusammen: „Das bringt doch alles nichts. ‚Zusammenhänge verstehen‘ ist für Loser. Ihr müsst aktiver sein! Was genau da zu tun wäre, weiß ich auch nicht, aber Los! Seid aktiver!!“

  9. Pingback: Feminismus | Der lange Weg zum ersten Mal

  10. Nette Gedanken.
    Die aufgebauschten und zusammengebrochenen Vergewaltigungsfälle sind zwar nur der aufhänger und nicht das Thema, dennoch komme ich nicht drum herum zu sagen, dass dieser Aufhänger eben falsch ist:
    ein Fall wie der UVA Rape Hoax ist kein Fall, bei dem man besonders feministisch sein muss, um den Vorgang entsetzlich zu finden. Er ist vielmehr die „Idealvorstellung“ einer Horrorvision von Vegewaltigung.
    Dies gilt auch für den Duke Lacrosse Fall.

    EIn Jörg Kachelmann wurde nicht dshalb durch di Presse gehetzt, weil der Fall von Anfang an besonders Fragwürdig war, sondern weil er ein Promi ist. Das selbe gilt für Karl Dall, bzw. eben jeden Promi.

    Das Matratzenmädel wurde deshalb in der Presse gefeiert, weil sie mit der Matratze einen Publikumswirksamen Stunt gefunden hat.

    Der Anfang all dieser Storys ist jeweils ein ganz anderer, als dass darin irgendwie eine besondere Fragwürdgkeit des Falles erkennbar wäre. Vielmehr haben alle das Zeug zum absoluten Aufreger in sich – wenn die Geschichte denn wahr wäre.

    Die Dynamik der Feministischen Treuekundgebungen setzt erst ein, wenn die Geschichte jeweils beginnt zusammenzubrechen.

    Ich sehe also gerade nicht, dass man da auf besonders fragwürdige Fälle aufspringt – sondern auf solche die dem „narrativ“ besonders drastisch entsprechen,oder eben Promis betreffen.

    Das sollte man vielleicht berücksichtigen, wenn man feststellt,dass diese Fälle in weit überwieendem Maß in sich zusammenbrechen.
    Es sind Fälle, die besondere öffentliche Aufmerksamkeit erhalten. Dadurch steigt auch die Chance, dass irgendwer genauer hinsieht und ein Hoax deshalb auffliegt.

    Dass diese „archetypischen“ Fälle überwiegend auffliegen, könnte also auch heißen, dass sie als archetyp tatsächlich kaum vorkommen, sondern eben vor allem eine übersteigerte Vorstellung sind.

    Und vielleicht bedeutet es auch, dass man bei Vergewaltigungen öfter etwas genauer hinschauen sollte, als man das bislang tut – weil viel öfter nichts dahinter steckt.

    In einem Fall wie Kachelmann hätte das Gericht nur all zu gern verurteilt, wäre da nicht diese arg deutlcihe Verteidigung gewesen, die das im Licht der öffentlichkeit zunehmend unmöglich gemacht hat. Wie viele vergleichbare Fälle sehr viel schneller in einer falschen verurteilung enden, kann man nur eranhnen angesichts von Horst Arnold, Andreas Türck, Ralf Witte, Lewis Fogle oder auch Harry Wörz, bei dem es nicht um Vergewaltigung, sondern um Totschlag ging.

    • Insofern finde ich übrigens, dass es eine gefährliche verharmlosung ist, diese prominenten Fälle so darzustellen, dass da besonders fragwürdige Fälle betont worden seien. Das verschleiert, dass es sich eben genau nicht um besonders fragwürdige, sondern besonders „typische“ Fälle handelt – und die Rate ihres Zusammenbrechens durchaus symptomatisch sein könnte dafür, wie häufig Falschbeschuldigungen tatsächlich sind.

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