Prinzessinnen und Cowboys

Der Jüngling schreibt (neben anderem)

„Prinzessin“ ist ein Reizwort für Feministinnen, aber nicht etwa, weil diese Wohlstandsgören eben Wohlstandsgören sind, sondern weil damit die adlig Geborenen zur Unterordnung erzogen würden. Nehmen wir bspw. Anne Wizorek: Ihr zufolge würden Mädchen dazu erzogen, „lieb und nett“ zu sein. Gut, jeder Trennungsvater, der erlebt, wie sein Kind einerpsychologischen Folter und Gehirnwäsche unterzogen wird; wie er selbst zum Unterhaltssklaven gemacht wird, also nur noch schuften und zahlen darf, dafür aber keine Gegenleistung erhält, kann darüber natürlich nur höhnisch lachen – sofern ihm das Lachen nicht vergangen ist, was wahrscheinlich ist. Prinzessinnen sind nicht „lieb und nett“, es sind Monster qua Geburt. Sie halten sich in einem Palast – also Schutzraum – auf, in welchem sie von den Härten dieser Welt verschont bleiben, aber aus dem sie zugleich Macht ausüben: Über Knechte und Dienstboten, die ihnen zu Gehorsam verpflichtet sind, und deren Leben sie aus einer Laune heraus auch mal vernichten können.

Man sieht also, die typische Feministin ist eine Prinzessin, also eine Kreatur, die sie eigentlich ablehnt. Sie bildet sich ein, dass sie – und nur sie – ein Recht darauf hätte, in einem Wolkenschloss zu leben, in welchen sie von den Niederungen und Konflikten dieser Welt verschont bleibt, aber zugleich von oben herab ihr Befehle erteilen darf und auch mal eine Existenz vernichtet.

Die Prinzessin als Lieblingsfigur kleiner Mädchen ist eigentlich etwas faszinierendes, gerade im Bezug auf Geschlechtertheorien. Sie wird meines Wissens nach von kleinen Mädchen auch nicht so gespielt, dass diese sich unterordnen und lieb und nett sind. Sie sind eben Herrscherinnen in ihrem Bereich, über ihre Freundinnen, ihre Puppen, ihre Spielzeuge, ihre Kuscheltiere. Ich zitiere hier noch einmal die Stelle zu prosozialer Dominanz, die mir immer wichtiger zu sein scheint, wenn man verstehen will, wie Rangverhältnisse unter Mädchen/Frauen errichtet werden:

Typisch für Mädchen mit Ranganspruch ist ferner, daß sie sich um das seelische Wohlbefinden der anderen kümmern, sie also im Fall von Kummer zu trösten suchen. Dieses Sich-kümmern kann schnell einmal die Form ungefragter Ratschläge annehmen. Die Psychologie spricht hier von “prosozialer Dominanz”, wobei es sich um eine Mischung aus Besorgtheit einerseits und Bevormundung andererseits handelt. Schon kleine Mädchen im Kindergarten erklären anderen gern, was gut für sie ist und was sie machen dürfen und was nicht.

Aus hier kann sie sich eben um ihre Untergebenen kümmern, sich um sie sorgen, ihnen sagen, was sie machen sollen etc. Diese Form des sich Kümmerns ist nicht einfach „lieb und nett“. Es ist eben auch prosoziale Dominanz.

Ich finde es aber schon interessant, dass bei einer Prinzessin, also bei jemanden, der spielt, dass ihm per Geburt, also quasi als Privileg eine hohe Stellung zusteht, zuerst auf lieb und nett Bezug genommen wird.

Würde der Maskulismus hier so argumentieren, wie es sonst gerne der Feminismus macht, dann könnte man ja problemlos anführen, dass Mädchen von früh auf beigebracht wird, dass sie privilegierte Prinzessinnen sind, denen man alle Wünsche erfüllen muss, die ein Leben in Luxus verdient haben, dass diese an eine hohe Position herangeführt werden, aus der heraus sie Leute herumkommandieren können, also quasi an Führungspositionen. Ein Mädchen spielt hier von Anfang an eine Herrscherin, läuft im Herrscherinnen gewandt herum und soll dann als minderwertig anzusehen sein?

Dagegen ist die klassische Jungenrolle eher der Cowboy, also ein armer, schlecht bezahlter Kuhhirte, der stets in Gefahr ist, von anderen Personen umgebracht zu werden, der keine Diener hat, der keine hohe Position hat und der auch keine Reichtümer besitzt. Er kommandiert nicht herum, er muss um sein Leben kämpfen und droht jederzeit erschossen zu werden. Hier wird also Jungs beigebracht, dass ihr Leben nichts wert ist und sie ein einfaches Leben (weit unterhalb einer Prinzessin) führen. Es ist eine sehr unterprivilegierte Position (in der aber gut intrasexuelle Konkurrenz gespielt werden kann, indem man spielerisch mit den anderen kämpft)

Man könnte eine Prinzessinnenrolle insofern bei rein sozialer Betrachtung als das Vorbereiten einer privilegierten Position sehen und die Cowboyrolle als das genaue Gegenteil davon.

Was aus meiner Sicht erst einmal deutlich macht, wie viel Interpretationsraum in Erziehung und Rollenzuweisung liegt.