Das Ideal der bürgerlichen Dame

Bereits des häufigeren tauchte hier in den Kommentaren, gerade bei Leser Peter und Nick, das  Ideal der bürgerlichen Dame auf. Zeit das Konzept einmal etwas näher zu betrachten:

Ein wesentliches Element ist dabei wohl die Religion:

Die tiefempfundene moralische Verantwortung, die dem Wesleyanismus und evangelikalen Bestrebungen innerhalb der Religionsgemeinschaften entsprang, war das beständigste Merkmal des Viktorianischen Zeitalters. (…)

Vor allem Angehörige der Mittelschicht suchten sich von der unzivilisierten Unterschicht und den Ausschweifungen des Adels abzugrenzen, indem sie häufig in der Bibel lasen, den Sonntag heiligten und in der Familie gemeinsam beteten, was noch im 18. Jahrhundert unüblich war. Predigtbücher waren Verkaufsschlager. Als schändlich galten unter anderem Glücksspiele und Alkohol. Abweichungen von den Moralvorstellungen, etwa Scheidungen, führten oftmals zum öffentlichen Skandal und zur sozialen Isolation. Die intrinsische Sündhaftigkeit des Lebens wurde mit Sparsamkeit, harter Arbeit, Anständigkeit und „guten Taten“ aufzuwiegen versucht – entweder, um am Jüngsten Gericht milder beurteilt zu werden, oder weil sozialer Aufstieg ein Indiz für göttliche Belohnung zu sein schien. Zudem wirkte die Rechtschaffenheit der Krone als Vorbild. Es gibt Hinweise darauf, dass gegen Ende des Jahrhunderts die Frömmigkeit der Massen kaum abnahm, obwohl das Familiengebet sowie der Gang zur Kirche seltener wurde und kirchliche Berufe an Beliebtheit verloren.

Eine Herausforderung für die Religion stellten die Erkenntnisse der Wissenschaft dar, insbesondere die sich durchsetzenden Lehrsätze von Charles Darwin.

Die Auswirkungen gerade in Bezug auf Frauen und die Sexualität waren wie folgt:

Die Autorin von populären Frauenratgebern Sarah Stickney Ellis formulierte 1839 das bürgerliche Ideal der Ehefrau als ein hochmoralisches und geistig reines Wesen, das einen heimlichen, aber bedeutsamen Einfluss auf ihren in einer „getrennten Sphäre“ lebenden Gatten ausübt. Wie viele andere Autoren sah sie das Lebensziel der Frau darin, zu heiraten, Kinder zu gebären und sie aufopfernd großzuziehen. Da Arbeit außerhalb des Haushalts als verwerflich galt, hatten Frauen der Mittelschicht meist keine andere Wahl, als diesen Weg anzustreben. 1851 waren nur 7 % aller Frauen der Mittelschicht erwerbstätig.[16]

Gesetzlich waren verheiratete Frauen ihren Ehemännern fast völlig unterworfen, insbesondere hatten sie kein Recht auf Eigentum. Ab den 1830er Jahren gab es Bestrebungen, die sich gegen diese Verhältnisse wandten. Caroline Norton und Josephine Rochester spielten eine entscheidende Rolle bei der Durchsetzung des Sorgerechts 1839. Zusammen mit Barbara Bodichon setzten sie sich mit ihren Schriften für eine Stärkung der Frauenrechte bei Scheidung ein, was 1857 in einem entsprechenden Gesetz gipfelte (1873 und 1878 erweitert). Das Gesetz von 1870, das Frauen ein gewisses Eigentum nach der Ehe zusprach, entstand ebenfalls unter dem Einsatz einer Vereinigung von Frauenrechtlerinnen. Erst 1882 erwarben Frauen das Recht auf sowohl vor als auch nach der Ehe erworbenes Eigentum, nachdem ein Gesetzesentwurf von 1857 gescheitert war. 1869 erlangten Frauen das eingeschränkte Wahlrecht bei Gemeindewahlen, das sie bis 1835 hatten, wieder.

Ein weiterer Gesetzesentwurf von 1870 über allgemeines Frauenwahlrecht, für das John Stuart Mill ein Jahr zuvor mit utilitaristischen Prinzipien argumentiert hatte, wurde von Gladstone abgelehnt. Eine militante Frauenrechtsbewegung kam gegen Ende des Jahrhunderts unter Emmeline Pankhurst auf. Als Beispiel für viktorianische Doppelmoral wird oft die ausufernde Prostitution genannt, die scheinbar der oftmals gepriesenen Selbstbeherrschung und ehelichen Treue widerspricht. Tatsächlich tendierten viele Männer des Mittelstands dazu, die Heirat bis zum Aufbau einer gewissen finanziellen Sicherheit aufzuschieben und Zuflucht bei Prostituierten – deren tatsächliche Gesamtzahl schwer zu ermitteln ist – zu suchen. Umgekehrt erschien die Prostitution vielen Frauen, hauptsächlich aus der Unterschicht, als Möglichkeit zur Aufbesserung des Einkommens. Nach zahlreichen Fällen von Geschlechtskrankheiten im Militär wurden in den 1860er Jahren die Contagious Diseases Acts verabschiedet, die ärztliche Zwangsuntersuchungen bei mutmaßlichen Prostituierten, nicht aber bei Soldaten anordneten. Dies schien legitim, da „gefallene Mädchen“ als bereits verdorben galten. Unter Josephine Butler formierte sich organisierter Widerstand, der das Thema in der Öffentlichkeit politisierte und letztendlich zur Aufhebung der Gesetze 1886 führte. 1885 wurde ein Gesetz verabschiedet, das das Schutzalter anhob, höhere Strafen für Bordellbesitzer festlegte und homosexuelle Handlungen kriminalisierte. Bemühungen gab es auch um verbesserte Frauenbildung. Barbara Bodichon und Emily Davies gründeten 1869 das erste Frauencollege Großbritanniens mit Wohnheim, das spätere Girton College. Die University of London war die erste, die Frauen unter gleichen Bedingungen wie männliche Studenten aufnahm, und ermöglichte ihnen ab 1878 den Erwerb akademischer Grade. Die Bildungsreform von 1870 eröffnete Frauen neue Berufsmöglichkeiten im Schulwesen. Florence Nightingale trug zur Emanzipation der Frauen in der Krankenpflege bei. Einige Ärztinnen, etwa Elizabeth Blackwell, erwarben ihre Qualifikationen im Ausland und mussten sich gegen den Widerstand ihrer männlichen Berufskollegen durchsetzen. Weitere Berufe öffneten sich den Frauen besonders in der Telekommunikation, der Post und der Eisenbahn, die gegen Ende des Jahrhunderts das Dienstmädchen und die Fabrikarbeiterin als gewöhnliche Beschäftigung für Frauen der Unterschicht abzulösen begannen. Kindermädchen waren nach wie vor gefragt, da wohlhabendere Frauen zunehmend von einem rein häuslichen Leben Abstand nehmen wollten. Das Konzept der Sexualität selbst entstand im 19. Jahrhundert und wurde von Wissenschaft, Kriminalistik und Justiz aufgegriffen; in den 1890er Jahren leisteten Havelock Ellis und andere wichtige Beiträge zur Sexualforschung. Sexualität wurde kategorisiert, so etwa entstand der Begriff des „Homosexuellen“.

Sex galt als tierisch-primitive Verhaltensweise, die kontrolliert werden und mit der sparsam umgegangen werden musste, da andernfalls die Karriere des Einzelnen oder gar die gesamte Wirtschaft leiden könnte. Diese Betrachtungsweise lässt sich auf den Evangelikalismus zurückführen, der in seiner extremen Form jegliches Vergnügen als unmoralisch betrachtete. Dank der Erschließung neuer, das Privatleben betreffender Textquellen in Archiven stellt sich jedoch heute das Sexualleben der Viktorianer differenzierter dar, als die gängige Meinung nahelegt.[17]

Und hier noch etwas aus den Kommentaren:

Nick:

Allerdings haben, nach meiner Kenntnis, die Adelsdamen der Renaissance (ebenso wie die entsprechenden Herren) es ziemlich doll getrieben.

Das aufkommende Bürgertum legitimierte sich imho vor allem durch moralische Überlegenheit, wobei der Bürgersdame eine besondere Rolle zukam: Aus der sexuellen “Tugendhaftigkeit” der “richtigen Frau” wurde insgesamt eine der Weiblichkeit angeblich innewohnende höhere Tugendhaftigkeit abgeleitet.

Die bürgerliche Männlichkeit unterwarf sich andächtig der sakralisierten weiblichen “Tugenhaftigkeit”, war also in gewisser weise “geläutert” und konnte sich deshalb moralisch gleichzeitig sowohl vom Plebs als auch vom Adel moralisch – und damit sozial – abgrenzen.

Selbstverständlich kam das auch der bürgerlichen Weiblichkeit zugute, die wiederum ihren gesellschaftlichen Führungsanspruch dadurch reklamierte dass sie Wohltätig agierte und der Unterschichtweiblichkeit zeigte, was wahre Weiblichkeit ist.

Der real existierende Feminismus ist, denke ich, bis zum Hals in diese Tradition verstrickt. Er ist mitnichten etwas neues. Für Profeminismus und “neue Männlichkeit” gilt das Gleiche.

Peter:

In der bürgerlichen Vorstellung ist die Frau stets ein passives Wesen, von dem somit auch keine konkrete Gefahr ausgehen kann, denn nur der Mann schreitet zur Tat. Genau deshalb wird Solanas Schmierschrift als Satire verklärt, während die neonazistischen Pamphlete als das gelesen werden was sie sind, Hetzschriften nämlich, die, falls die politischen Umstände es erlauben, eine echte Gefahr darstellen.

In der bürgerlichen Vorstellung gab es zwei Kategorien von Frauen – die Huren und die Heilige. Im feministischen Frauenbild sind auch die Huren heilig.

Peter:

Die Pathologisierung der männlichen Sexualität ist eine Konstante des Feminismus in all seinen Ausformungen. Ist im feministischen Diskurs – und der Diskurs in den Massenmedien ist fast ausschliesslich ein feministischer – vom Mann und seiner Männlichkeit die Rede, so ist Vergewaltigung und Pädophilie stets Bestandteil der diffamierenden Charakterisierung des Mannes.

Seit 40 Jahren wird wird “Männlichkeit” diffamiert, verhöhnt, dekonstruiert. Dekonstruktion im feministischen Sinne, in diesem Kontext heisst, jedes positive männliche Selbstverständnis zu zerstören. Ist dieses teilweise gelungen, wird höhnisch von der “Krise der Kerle”, der “Krise der Männer”, dem “Auslaufmodell Mann” schwadroniert. Ist die Identität zertrümmert, so die menschenverachtende Theorie des Feminismus, kann dem Mann sein “neues Rollenbild”, seine “neue Männlichkeit” übergestülpt werden.

Die neue Männlichkeit aber richtet sich nicht nach den Bedürfnissen des Mannes, sondern orientiert sich an seinem Nutzen, den er für andere generiert, insbesondere für die bürgerliche Frau, die unemanzipiert, wie sie ist, ihr geschütztes Refugium von “Heim und Herd” in den ausserhäuslichen Bereich transformiert sehen will. Der Mann ist und bleibt das Objekt, dessen Wert sich einzig und allein an seinem ökonomischen Nutzwert, an seiner ökonomischen Verwertbarkeit misst.

Die menschenverachtende Logik zeigt sich hier – ausser für den konformistischen, opportunistischen Gummihals – überdeutlich. Das ideologische Grundgerüst des Feminismus pathologisiert ein natürliches sexuelles Bedürfnis. Gemäss feministischer Theorie kontrollierte und unterdrückte das Patriarchat die Frau, indem der Mann u.a die Sexualität der Frau einschränkte und seiner Kontrolle unterwarf. Was liegt da näher als der Gedanke, den Mann mittels der Kontrolle über seine Sexualität zu beherrschen und zu kontrollieren, indem seine Sexualität pathologisiert wird. Nur bornierte, PSEUDOLINKE Ignoranten vermögen nicht zu erkennen, welch faschistischer Geist dem Feminismus eigen ist.

Dieses Ideal scheint mir eine kulturelle Ausformung eines bestimmten Verhaltens zu sein, dass eher die Langzeitstrategien betont und die Triebe, die ja meist auf Kurzzeitstrategien abzielen. in den Griff zu bekommen versuchen. Damit kann man ein statushohes Verhalten betreiben, da gerade die Langzeitstrategie meist die vernünftigere ist und nur von jemanden mit langfristigen Perspektiven umsetzen kann. 

13 Gedanken zu “Das Ideal der bürgerlichen Dame

  1. Dieses Ideal scheint mir eine kulturelle Ausformung eines bestimmten Verhaltens zu sein, dass eher die Langzeitstrategien betont und die Triebe, die ja meist auf Kurzzeitstrategien abzielen. in den Griff zu bekommen versuchen.

    Also ein „Protestanten-Gen“?

    Womit wir also wieder bei Rushtons genetisch bedingtem r/K-Kontinuum innerhalb der Spezies Homo Sapiens wären.

    Wenn die Langzeitstrategie „eingebaut“ wäre, dann müsste man nicht erst gegen Triebe kämpfen. Die enorme Massenprostitution in der Viktorianischen Gesellschaft, vor dem segensreichen Wirken von „social purity“, zeichnet ein ganz anderes Bild.

    Damit kann man ein statushohes Verhalten betreiben, da gerade die Langzeitstrategie meist die vernünftigere ist und nur von jemanden mit langfristigen Perspektiven umsetzen kann.

    Perspektiven, ebend.

    Man kann wohl grob davon ausgehen, dass vorwiegend die ökonomische Situation fast alle von Rushton aufgeführten Parameter bestimmt.

    Vor der industriellen Revolution wurden auch in Europa Menschen sehr früh „erwachsen“, die Fertilitätsraten waren hoch, es wurde sich sehr früh und viel fortgepflanzt, die Lebenserwartung war sehr niedrig. Die Entwicklung vieler Gebiete Europas in der Antike kann mit der in der Subsahara verglichen werden. Auch die Rate der Mehrlingsgeburten in Europa sank zunächst mit dem Wohlstand enorm (um 1900: ca. 16 pro 1000) Die Entwicklung vieler Gebiete Europas in der Antike kann mit der in der Subsahara verglichen werden etc..

    Jamaika hat einen sehr niedrigen durchschnitts-IQ, nur ca. $4k GBP per Kapita, aber eine Lebenserwartung von ca. 75 Jahren. Ginge man von einer biologischen Disposition in einem r/K-Kontinuum aus, dürften Jamaikaner im Schnitt niemals so alt werden. Was sehr stark gegen eine disponierte „r-Strategie spricht.

    Mir scheint der Mensch grundsätzlich sehr flexibel in der Wahl zwischen Kurzzeit- und Langzeitstrategie zu sein.

    • @ Nick

      Sicher hat Soziokultur/Wirtschaftslage einen deutlichen Einfluss auf Sexualverhalten/Familienformation.

      Es gibt sicher kein „Protestantengen“, aber ebenso sicher Gen-/Allelmuster, die das Sexualverhalten, die Familienformation beeinflussen (erleichtern/erschweren).

      Auch wenn wir diese Muster noch nicht kennen (genausowenig wie die, die das codieren, was der IQ-Test misst).

      Swingerclubbesucher haben in der Regel ein anderes Set an grundlegenden Persönlichkeitsmerkmalen (die Erblichkeitsfaktoren zwischen ca. 0, 4 und 0, 5 aufweisen, IQ bei Erwachsenen 0,8) als Zeugen Jehovas, strenggläubige Protestanten/Mormonen etc.

      Es gibt Persönlichkeitsmerkmale, die das Führen einer Langzeitbeziehung erleichtern und solche, die das erschweren.

      Menschen mit weniger Interesse an Spontansex mit wechselnden Partnern und hoher Impulskontrolle z. B. fällt es leichter, treu zu sein. Sie haben bessere Aussichten, stabile Familien zu formieren, geben weniger Anlass zu Eifersucht.

      Unter ihren Kindern werden häufiger solche sein, die diese für Familienformation günstigen Merkmale erben.

      Wenn diese Persönlichkeitsmerkmale auch noch einen Vermehrungsvorteil bieten, z.B. weil Selbstdisziplin und hohe Impulskontrolle belohnt werden in einer von der Stechuhr regierten Industriegesellschaft (länger beschäftigt, mehr Einkommen, Familie/Kinder besser versorgt > mehr Kinder überleben), dann verbreiten sich solche Genmuster in der Population > mehr Menschen mit diesen für stabile Familien günstigen Genformationen treffen aufeinander > es wird mehr stabile Familien innerhalb einer solchen Population/Gesellschaft geben.

      • @Roslin:
        Wenn diese Persönlichkeitsmerkmale auch noch einen Vermehrungsvorteil bieten, z.B. weil Selbstdisziplin und hohe Impulskontrolle belohnt werden in einer von der Stechuhr regierten Industriegesellschaft (länger beschäftigt, mehr Einkommen, Familie/Kinder besser versorgt > mehr Kinder überleben), dann verbreiten sich solche Genmuster in der Population..

        Es ging erstmal darum, ob sich diese „traits“ in einem Life-History r/K – Kontinuum bewegen. Wenn Jamaikaner im Schnitt 75 Jahre alt werden, scheint mir das widerlegt zu sein: Es zeigt, dass Schwarze offenbar keine eingebaut kürzere Biologische Uhr haben.

        Das sind nmE viel zu simplifizierte Modelle komplexen menschlichem Verhaltens.

        Als hätte es die Bürgersdame erfunden: „Mehr Sex-Drive -> weniger Impulskontrolle -> mehr Kriminalität -> mehr kaputte Familien -> weniger Arbeitsdiziplin -> Armut -> Elend“

        Der Großteil dieser Protestantischen-Ursaga wurde, bzgl. Unterschichtmänner, längst gründlich widerlegt („lazy, drinking working-class deadbeat-dad“)

        Nun kommen „Biologen“ (meistens sind es gar keine), um mit sehr abenteuerlichen Spekulationen dieses Bürgersdamen-Narrativ wieder aufzufrischen.

        Studien wie beispielsweise diese:

        http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3071511/

        ..zeigen, dass Sex-Drive und Delinquenz offenbar unabhängige Variablen sind: Die Varianz von „Early Sex“ (einer Rushtons Lieblingsindikatoren) ist zwar offenbar zu 30% erblich, allerdings gibt es eine negative Korrelation zu Delinquenz, wenn der Faktor Umwelt kontrolliert wird.

        Sexuelle Untreue etc. scheint sehr Wesentlich mit den Faktoren „Testosteronspiegel“, „Pränatales Testosteron“ und „Adult Attachment“ zusammenzuhängen.

        Testosteronspiegel

        Der Testosteronspiegel ist offenbar stark (reziprok) umweltabhängig:

        The act of competing for dominant status affects male T levels in two ways. First, T rises in the face of a challenge, as if it were an anticipatory response to impending competition. Second, after the competition, T rises in winners and declines in losers. Thus, there is a reciprocity between T and dominance behavior, each affecting the other. We contrast a reciprocal model, in which T level is variable, acting as both a cause and effect of behavior, with a basal model, in which T level is assumed to be a persistent trait that influences behavior. An unusual data set on Air Force veterans, in which data were collected four times over a decade, enables us to compare the basal and reciprocal models as explanations for the relationship between T and divorce.
        [..]
        We may use this hypothesis to interpret reported racial differences in T. A comparison of black and white boys aged 6 to 18 years, mostly preteens, showed no significant race difference in T (Richards et al. 1992). By adulthood, black males do have significantly higher T levels than white males (Ross et al. 1986; Ellis and Nyborg 1992), possibly reflecting the higher defensive demands on black men during young adulthood.

        The data set used by Ellis and Nyborg (1992) came from 4,462 army veterans, ranging in age from 30 to 47, and permits a finer grain analysis (Mazur 1995). Among veterans older than the median age of 37 years — too old to be involved in inner-city honor cultures — the T of blacks is no higher than that of whites. Furthermore, among younger veterans who have gone to college — and thus are unlikely to be inner-city residents — there is no significant race difference in T. Only among younger veterans with little education do we find T in blacks to be unusually high, significantly higher than in whites. These younger black men, poorly educated, most of them urban residents, are most likely to participate in the honor subculture, and that may be the reason for their elevated T.

        http://cogprints.org/663/1/bbs_mazur.html

        Pränatales Testosteron

        ..ist bekanntermaßen vom Hormonhaushalt der Mutter abhängig. Was wohl eine ziemliche Störgröße bei Zwillings/Adoptionsstuden sein dürfte. Es gibt meines Wissens auch Anhaltspunkte dafür, dass Entwicklung/Wachstum (z.B. frühere Pubertät) vom mütterlichen Hormonhaushalt geprägt wird.

        Z.B:

        Male fetuses had significantly higher concentrations of testosterone than females. Female but not male fetal concentrations rose significantly with gestational age. Fetal testosterone correlated positively with both fetal cortisol and maternal testosterone concentrations. Multiple regression showed that maternal testosterone and fetal cortisol were independently correlated with fetal plasma testosterone in both sexes.

        http://fn.bmj.com/content/90/2/F166.abstract

        Adult Attachement

        Bindungsverhalten von Erwachsenen wird dieser Theorie zufolge maßgeblich von (defizitären) Bindungserfahrungen in der Kindheit geprägt. Die Bindungstheorie ist recht gut etabliert, ebenso wie der Zusammenhang zwischen kindlicher Bindung und dem Bindungsverhalten Erwachsener.

        __________________________

        Die Realität in Vor-Industrienationen, die nicht nur von durchgängig sehr Früher Pubertät, hoher Gewaltneigung über niedrigerem IQ und hoher Fertilität bis hin zu kurzer Lebenserwartung geprägt waren, sondern auch eine – aus protestantischer Sicht – äußerst „mangelhafte“ Arbeitsethik aufwiesen, spricht eine klare Sprache: Bürgerlicher Sexualethos – die „Langzeitstrategie“ – ist erst mit dem Bürgertum entstanden. Dies ist ohne Weiteres mit diversen Biologischen und Sozialen Wirkmechanismen, relativ unabhängig von langfristig vererbten „Traits“, erklärbar.

        Andererseits ist z.B. Deutschland nicht besonders stark von der Viktorianischen Sexualethik geprägt, bei gleichzeitig „ausgezeichneter Arbeitsmoral“ und recht hohem durchschnitts-IQ. „Der Teutone“ lebte beispielsweise in Europa einerseits am längsten „im Wald“, andererseits gilt „der Teutone“ als der Europäer mit der weltweit höchsten Arbeitsdisziplin – da ziehen sogar Amis den Hut.

        Britinnen sind Europaweit als regelrechte „Schlampen“ verschrien, und weisen Europaweit die höchste Anzahl von Teenager-Schwangerschaften auf. Auch da scheint das Verhalten nicht das zu sein, was genetisch verbrämter Erweckungs-Protestantismus a la Rushton vorhersagt.

        Die Annahme, dass „Bürgerliche Gene“ sich im Genpool angereichert hätten ist scheint mir reichlich an den Haaren herbeigezogen. Eine „Just So“-Story aus der ideologischen Comfort-Zone made in Salt Lake City.

        • @ Nick

          *Eine “Just So”-Story aus der ideologischen Comfort-Zone made in Salt Lake City.*

          Nicht ganz.

          Zitat:

          *The study, published in the June issue of the Journal of Youth and Adolescence, found teenagers who are sexually active in dating relationships show lower levels of antisocial behavior compared to teenagers who are not having sex at all. However, teenagers who have sex with non-dating partners (“hooking up”) show higher levels of antisocial behavior compared to the other groups.

          Harden found genes significantly influence sexual behavior among young teens (ages 13-15). Genes related to impulsivity, extroversion and early puberty may influence young adolescents to have sex in non-dating relationships. These same genes may also put them at risk for adverse psychological outcomes, Harden says.*

          http://medicalxpress.com/news/2011-08-romantic-sexual-relationships-deter-teenage.html

        • @Roslin:
          Nicht ganz.

          Wie du also anhand der Studie siehst, ist der Bindungskontext entscheidend – nicht für sich die Tatsache, dass „früher Sex“ (für unsere protestantischen Freunde: „Sex vor der Ehe“) praktiziert wurde.

          Das zu validieren oder zu falsifizieren war das Forschungsziel – nicht etwa, ob deiner Feindgruppe eine so fundamental menschliche Eigenschaft wie Bindungschemie genetisch bedingt abgeht.

          „to indicate that“ -> „deutet darauf hin, dass“ – Eine (schwache) Aussage über eine Möglichkeit.

          Hohe Kriminalitätsneigung geht vor allem einher mit geringer Frustrationstoleranz. Diese wiederum wird stark geprägt durch eine unsichere Mutter-Kind Bindung. Die Mutter-Kind Bindung wiederum prägt das „Adult Attachment“. Unsicher gebundene Kinder verlassen das Elternhaus früh.

          Insbesondere bewirkt eine geringe Frustrationstoleranz eine geringe Impulskontrolle.

          Das sind alles sehr etablierte Zusammenhänge.

          Nun kann man natürlich einwenden, dass Gene im Spiel sein könnten wenn es um eine sichere Bindung des Kindes geht.Rushton zufolge präferieren diese Gene eine r-Strategie, die ja auch in der früheren Pubertät zum Ausdruck komme.

          Allerdings sind wohl Adoptionsstudien am allerwenigsten geeignet, einen solchen Zusammenhang nachzuweisen: Zum Einen ist es etabliert, dass Adoptionskinder oft keine sichere Bindung zu ihren Adoptionseltern entwickeln, und zum Anderen haben Adoptionskinder eine oft zigfach erhöhte Wahrscheinlichkeit, sehr früh in die Pubertät einzutreten.

          Es gibt auch Studien, die einen Zusammenhang zwischen Streßbelastung der werdenden Mutter und geringerem Geburtsgewicht / früherer Pubertät feststellen (finde sie gerade nicht)

          Eine Dänische Studie stellt eine bis zu 20-fach höhere Wahrscheinlichkeit für eine frühe Pubertät bei ausländischen Adoptivkindern fest. Rushtonianer freuen sich aber jetzt zu früh:

          Foreign-adopted children originating from regions other than Korea had a 15- to 20-fold increased risk of precocious puberty compared with Danish-born children, whereas adoptees originating from Korea had no increased risk of precocious puberty. In addition, children immigrating with their families had no increased risk of precocious puberty. The effect of country of origin might be explained by genetic factors or by different environmental exposures and living conditions in the different countries. Older age at adoption increased the risk for premature onset of puberty, which may suggest that environmental factors influence the risk of precocious pubertal development in adopted children.

          Es passt nur leider nicht zu Rushtons Rassentheorie, da Kinder aus allen (auch Asiatischen) Ländern außer Korea signifikant höhere Wahrscheinlichkeiten für eine frühe Pubertät hatten.

          Die Koreanischen Kinder wurden durchweg früher adoptiert und Korea betreut – im Gegensatz zu allen anderen untersuchten Ländern – zur Adoption freigegebene Kinder nicht in Waisenhäusern, sondern in Pflegefamilien.

          Weiterhin:

          An increasing number of studies have shown long-term effects of certain prenatal and postnatal growth patterns, including advancement in pubertal maturation after poor intrauterine growth and catch-up growth during childhood. Different growth patterns and dietary habits between adoptees and children immigrating with their families might contribute to explain our findings. It has been hypothesized that stressful psychosocial factors in infancy and childhood may lead to earlier pubertal maturation. In general, adoptees have experienced several traumatic life events, and it may be speculated that these events alter the susceptibility for developing precocious puberty.

          http://pediatrics.aappublications.org/content/118/2/e391.short

          Zusammengefasst: Schlechte Pränatale und Postnatale Umweltbedingungen können zum Einen eine frühe Pubertät bewirken, und zum Anderen für eine geringe Frustrationstoleranz und damit schlechte Impulskontrolle und „Arbeitsethik“ sorgen. Adoptionsstudien sind offensichtlich nicht geeignet, dabei den Faktor „Umwelt“ zu kontrollieren.

          Man müsste „Adult Attachment“ kontrollieren, was die von dir benannte Studie letztlich getan hat: Jugendliche mit gesundem Bindungsverhalten werden weniger Kriminell, auch wenn sie „Sex vor der Ehe“ hatten.

          Ein Bestätigungsfehler davon auszugehen, dass die Variable „frühe Pubertät“ nur genetisch begingt sein könne, um dann von einer Korrelation mit Delinquenz auf eine gemeinsame genetische Ursache in einem r/K-Kontinuum zu schließen.

          _Wenn_ die Evolution hier eine Adaption in einem solchen r/K Kontinuum „vorgesehen“ hat, dann scheint sie sehr Flexibel auf die konkrete Umweltsituation zu reagieren: Über eine direkte Reaktion auf die Pränatalen / Postnatalen Gegebenheiten.

          Harte Umweltbedingungen sorgen demzufolge für eine Tendenz „in Richtung r-Strategie – wenn man schon unbedingt diese (meistens falsche) Dichotomie bemühen will.

        • Independent of biomedical risk, maternal prenatal stress factors are significantly associated with infant birth weight and with gestational age at birth.

          http://www.ajog.org/article/0002-9378%2893%2990016-C/abstract

          ->“..advancement in pubertal maturation after poor intrauterine growth and catch-up growth during childhood“

          Early experiences such as prenatal stress significantly influence the development of the brain and the organization of behavior. In particular, prenatal stress impairs memory processes but the mechanism for this effect is not known. Hippocampal granule neurons are generated throughout life and are involved in hippocampal-dependent learning. Here, we report that prenatal stress in rats induced lifespan reduction of neurogenesis in the dentate gyrus and produced impairment in hippocampal-related spatial tasks. Prenatal stress blocked the increase of learning-induced neurogenesis. These data strengthen pathophysiological hypotheses that propose an early neurodevelopmental origin for psychopathological vulnerabilities in aging.

          http://www.pnas.org/content/97/20/11032.short

        • We propose that the DOHaD phenomenon can be considered as a subset of the broader processes of developmental plasticity by which organisms adapt to their environment during their life course. Such adaptive processes allow genotypic variation to be preserved through transient environmental changes. Cues for plasticity operate particularly during early development; they may affect a single organ or system, but generally they induce integrated adjustments in the mature phenotype, a process underpinned by epigenetic mechanisms and influenced by prediction of the mature environment. In mammals, an adverse intrauterine environment results in an integrated suite of responses, suggesting the involvement of a few key regulatory genes, that resets the developmental trajectory in expectation of poor postnatal conditions. Mismatch between the anticipated and the actual mature environment exposes the organism to risk of adverse consequences—the greater the mismatch, the greater the risk. For humans, prediction is inaccurate for many individuals because of changes in the postnatal environment toward energy-dense nutrition and low energy expenditure, contributing to the epidemic of chronic noncommunicable disease. This view of human disease from the perspectives of life history biology and evolutionary theory offers new approaches to prevention, diagnosis and intervention.

          http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/ajhb.20590/abstract;jsessionid=B2F462594BFF40655C6734087CAF3432.d03t02?deniedAccessCustomisedMessage=&userIsAuthenticated=false

          Flexible Response beats genetic determination 😀

  2. Situationsbedingte Homosexualität kommt vor allem in Umgebungen vor, in denen über längere Zeit nur Personen des gleichen Geschlechts leben. Als typische Orte gelten Haftanstalten , Erziehungsanstalten, Schiffe auf See, U-Boote , Bohrinseln , Kasernen , Klöster und Konvente, Internate, Sportteams auf Tournee und abgelegene Arbeitslager etwa bei Minen oder Großbauprojekten. Vor allem dort wird sie auch als Not-Homosexualität, Knasthomosexualität und während des Nationalsozialismus als Lagerhomosexualität bezeichnet. In der Wissenschaft spricht man manchmal auch von bisexuellem Sexualverhalten, homosexuellen Ersatzhandlungen oder experimenteller Homosexualität. Unter situativer Homosexualität fällt auch oft mannmännliche Prostitution; diese ist Standardbeispiel für Pseudohomosexualität. Jugendliche gleichgeschlechtliche Handlungen werden nur in getrenntgeschlechtlichen Umgebungen dazugezählt, manchmal werden sie als Entwicklungshomosexualität bezeichnet. Einige Aspekte in dieser sonst eigenen Betrachtung von Jugendlichen sind aber der situativen Homosexualität sehr ähnlich.

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