Leuten die Staatsbürgerschaft aberkennen

Gerade ist durch die IS-Rückkehrer in die Diskussion gekommen, ob man Leuten die Staatsangehörigkeit aberkennen können sollte.

Gerade wurde in England der „IS-Braut“ Shamina Begum die Staatbürgerschaft aberkannt:

Mit 15 Jahren war Schamina Begum direkt von der Schule in Ostlondon zum Flughafen gefahren, in die Türkei geflogen und hatte sich in den Islamischen Staat durchgeschlagen, um dort eine Terroristen-Frau zu werden. Ihre einzige Bitte an die IS-Verwaltung war damals, ihr einen englischsprechenden Ehemann zuzuweisen. Sie heiratete den aus den Niederlanden stammenden Konvertiten Yago Riedijk, der einen Terroranschlag in seiner Heimat vorbereitet haben soll und dort inzwischen im Gefängnis sitzt. Was sie in Rakka, der damaligen Hauptstadt des Terror-Staates erwartete, muss der jungen Immigrantin von Anfang an klar gewesen sein: Während jede Armee der Welt ihre Kriegsverbrechen zu vertuschen versucht, warb der Islamische Staat offen damit, stellte HD-Videos seiner Gräueltaten ins Internet. Begum hatte damit offenbar keine moralischen Schwierigkeiten, hielt dem IS bis zuletzt die Treue. So sagte sie in einem Interview mit Sky News über Morde und Enthauptungen: „Ich hatte damit keine Probleme, weil ich gehört hatte, dass es islamisch okay ist.“ Trotz ihrer ungebrochenen Sympathien für den Islamismus und ihrer wenig überzeugenden Integrationsbereitschaft will sie nun zurück nach England und fordert „Mitleid“ von der britischen Gesellschaft. Das Leben in den syrischen Flüchtlingslagern sei keine gute Zukunft für ihr neugeborenes Kind.

Die Mutter des mutmaßlich vom in Kuweit geborenen und in London aufgewachsenen IS-Kämpfers „Jihadi John“ ermordeten US-Journalisten James Foley kommentierte: „Wenn sie glaubt, dass man unschuldige Menschen einfach so enthaupten kann, dann hat sie offensichtlich eine Menge Probleme und könnte eine Bedrohung für ihr Land sein.“ Ähnlich sieht das auch die Regierung. Am Dienstagabend entschied der Innenminister mit Verweis auf die „Sicherheit Großbritanniens und seiner Bürger“, Bergum die Staatsangehörigkeit abzuerkennen. Nach britischem Recht möglich ist das nur (wie auch in Deutschland), weil ihre Mutter in Bangladesch geboren wurde, wo die 19-Jährige nach eigenen Angaben noch nie gewesen sein will. Ob der ostasiatische Staat die Terrorhelferin allerdings als Staatsangehörige anerkennen wird oder sie zur Staatenlosen wird, bleibt unklar. Der Anwalt der Familie, Mohammed Akunjee, sagte auf Twitter, die Familie sei „sehr enttäuscht“ und werde die Entscheidung mit allen rechtlichen Mitteln anfechten.

Nun ist es sicherlich einfach wenig Sympathien mit Leuten zu haben, die den IS unterstützen, der wohl für eine der barbarischsten Gesellschaften der letzten Zeit verantwortlich ist, und das unter Einbeziehung der Frauen.

Aber dennoch ist die Entziehung der Staatsangehörigkeit natürlich ein ganz gewaltiger Schritt. In Deutschland gilt dazu Artikel 16 GG:

Art. 16 Grundgesetz

(1) Die deutsche Staatsangehörigkeit darf nicht entzogen werden. Der Verlust der Staatsangehörigkeit darf nur auf Grund eines Gesetzes und gegen den Willen des Betroffenen nur dann eintreten, wenn der Betroffene dadurch nicht staatenlos wird.
(2) Kein Deutscher darf an das Ausland ausgeliefert werden. Durch Gesetz kann eine abweichende Regelung für Auslieferungen an einen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder an einen internationalen Gerichtshof getroffen werden, soweit rechtsstaatliche Grundsätze gewahrt sind.

Das „Dritte Reich“ machte umfassenden Gebrauch von der Ausbürgerung, insbesondere gegen Oppositionelle und Unliebsame. Rechtsgrundlage für die Ausbürgerungen war das Gesetz über den Widerruf von Einbürgerungen und die Aberkennung der deutschen Staatsangehörigkeit. Aufgrund dieses Gesetzes wurden 359 Ausbürgerungslisten im Deutschen Reichsanzeiger veröffentlicht; insgesamt wurden bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs 39.006 Personen ausgebürgert.[3]

§ 26 Abs. 1 RuStAG trat mit dem Inkrafttreten des Gesetzes über den Aufbau der Wehrmacht vom 16. März 1935 (RGBl. I S. 375) wieder in Wirkung.

Mit den Nürnberger Gesetzen behielten Juden zwar noch ihre deutsche Staatsangehörigkeit, waren faktisch aber keine gleichberechtigten Staatsbürger mehr. Nach dem 25. November 1941 verloren Juden ihre Staatsbürgerschaft, wenn sie die deutsche Reichsgrenze überschritten.[4] Dies betraf sowohl emigrierende wie auch deportierte Juden. Ihr Vermögen wurde arisiert.[5]

Zur gegenwärtigen Regelung nach der Wikipedia:

Aufgrund der Erfahrungen der NS-Zeit ist gemäß Art. 16 Abs. 1 S. 1 GG die Ausbürgerung in der Bundesrepublik Deutschland verboten. Der Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit ist hingegen nach Art. 16 Abs. 1 S. 2 GG zulässig; dieser darf jedoch nur auf Grund eines Gesetzes eintreten und zudem nur dann gegen den Willen des Betroffenen, wenn er dadurch nicht staatenlos wird.

Nach dem Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG) kann es allerdings zum Verlust der deutschen Staatsbürgerschaft kommen, z. B. beim nicht genehmigten Erwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit (§ 25 Abs. 1 StAG) oder beim nicht genehmigten Eintritt in eine ausländische Streitkraft, deren Staatsangehörigkeit er besitzt (§ 28 StAG). Wer eine fremde Staatsangehörigkeit zusätzlich zur deutschen erwerben will, benötigt vor Beantragung der ausländischen Staatsangehörigkeit eine Beibehaltungsgenehmigung (BBG) nach § 25 II StAG (siehe Weblinks). Außerdem ist es z. B. möglich und zulässig, dass eine durch falsche Angaben erschlichene Einbürgerung widerrufen wird. So wurde z. B. ein Helfer der Sauerland-Gruppe nach rechtskräftiger Ausbürgerung staatenlos, nachdem er im Einbürgerungsverfahren falsche Angaben machte.[9]

In Deutschland erregte 2002 die „Ausbürgerung“ des wegen versuchten Polizistenmordes verurteilten deutschen Schriftstellers Peter-Paul Zahl öffentliche Aufmerksamkeit. Tatsächlich verweigerte ihm die deutsche Botschaft in Kingston (Jamaika) einen neuen Reisepass; er habe, so die Begründung, 1995 mit der Einbürgerung in Jamaika automatisch die deutsche Staatsbürgerschaft verloren. Die Auseinandersetzung wurde schließlich durch die Wiedereinbürgerung Zahls im November 2004 beendet.

Seit 2013 können Nachkommen ausländischer Eltern ihre deutsche Staatsbürgerschaft aufgrund des Optionsmodells unter bestimmten Umständen wieder verlieren. Diese besitzen als Ausnahme vom Abstammungsprinzip ab Geburt die doppelte Staatsbürgerschaft, sind aber in vielen Fällen ab dem 18. Lebensjahr verpflichtet, sich für eine der Staatsangehörigkeiten zu entscheiden.

Ob hier für die Frauen die Beteiligung an einer fremden Streitmacht greift wäre aus meiner Sicht eher wenig wahrscheinlich.

Sollte aus eurer Sicht ein Verlust der Staatsbürgerschaft möglich sein? Wenn ja nach welchen Bedingungen?