Tag: 31. März 2019
Kat Manne zu Misogynie und Sexismus
Die Feministin Kat Manne wird in der Taz interviewt und ich finde einige Passagen ganz interessant:
Misogynie wird im allgemeinen Sprachgebrauch als Hass gegen Frauen verstanden, als etwas, was Männer fühlen. Sie definieren sie nun aber als Erfahrungen wie diese, die Frauen machen. Warum wechseln Sie die Perspektive?
Es gibt eine naive, lexikalische Definition von Misogynie, mit der man leicht der Versuchung erliegen kann, Misogynie psychologisch zu interpretieren – als ein Gefühl im Herzen von Männern. Ein Problem mit dieser Definition ist, dass Misogynie damit sehr selten vorkäme.
Warum?
Weil Frauen in einem patriarchalen System dahingehend sozialisiert sind, zu dienen, zu gefallen und gemocht zu werden. Es würde überraschen und hätte psychologisch wenig Sinn, wenn Männer in einer solchen Kultur für wirklich jede Frau Hass empfinden würde. Zudem können wir kaum wissen, welche Emotion eine Person wirklich empfindet. Aus der Perspektive der Zielobjekte, der Frauen, wäre Misogynie mit dieser naiven Definition sehr schwer erkennbar
Hat was. Auch nett frauenabwertend. Frauen werden in dem patriarchalen System dahingehend sozialisiert zu dienen, zu gefallen und gemocht zu werden und deswegen können Männer sie ja eigentlich gar nicht hassen, denn sie dienen ja eh dem Mann.
Bei solchen Haltungen geht in der Tat eines auch an Diskriminierung verloren: Es ist kaum verwunderlich, dass eine dienende, geradezu devote Frau nicht unbedingt in Führungspositionen kommt. Es ist wenig verwunderlich, dass sie weniger Karriere macht.
Allerdings mögen Frauen im Schnitt durchaus eher Konfrontation vermeiden wollen, aber eben häufig zB nach außen, nicht in einer Beziehung etc. Da geben eher die Männer nach.
Insofern scheint sie hier einen Unterschied im Schnitt in bestimmten Situationen zu einem absoluten Unterschied auszubauen.
Was also ist Misogynie für Sie?
Ich schlage eine stärker opferzentrierte Konzeption vor, die sich mit der Feindlichkeit und dem Hass auseinandersetzt, der Frauen entgegenschlägt.
Opferzentriert ist immer gut. Denn dann kommt es ja letztendlich auf Gefühle an.
Und Fakten stören bei Diskriminierung eh nur.
Ist der nicht schlicht eine Ausprägung von Sexismus?
Sexismus und Misogynie hängen eng zusammen. Ich verstehe Sexismus als die Glaubenssätze, die versuchen, die untergeordneten Positionen von Frauen zu rechtfertigen. Sexismus stellt Geschlechterunterschiede als naturgegeben hin, seine Ideologie besteht aus Annahmen oder Klischees wie dem, dass Frauen generell fürsorglicher seien als Männer. Misogynie hingegen setzt das System durch: Sie ist die Exekutive des Patriarchats.
Geschlechterunterschiede als Naturgegeben? Das ist ja in der Tat das letzte. Aber gut, dass ihre Angaben oben keine Klischees über Frauen enthalten. Die können halt einfach nicht selbst denken und ordnen sich deswegen den Männern unter. Mögen sie auch. Ganz feministischer Ansatz.
Also im Endeffekt „Sexismus ist die Theorie, Misogynie ist die Praxis“? So ganz scheint sie mir den Unterschied damit nicht herausgearbeitet zu haben
Und diese Passagen fand ich auch interessant:
Wie kommt es, dass trotzdem mehr als die Hälfte aller weißen Frauen, die bei dieser Wahl ihre Stimme abgegeben haben, den offen misogynen Trump gewählt haben?
Wir werden daran gewöhnt, loyal zu mächtigen weißen Männern zu sein, indem wir ihre Motive oder ihr Verhalten nicht infrage stellen – auch dann nicht, wenn sie sich, wie in Trumps Fall, sexueller Belästigung oder sogar sexuellen Übergriffen schuldig gemacht haben. Wir lernen, diese Männer zu schützen und ihren Ruf aufrecht zu erhalten, und wir werden bestraft, wenn wir es nicht tun. Für weibliche Solidarität ist das desaströs.
Eine andere Erklärung wäre ja nur, dass Frauen anders ticken als es der Feminismus für richtig hält und Hillary Clinton das eben nicht bedient hat. Dass sie sich eben nicht in einem Nullsummenspiel um Macht sehen und ganz andere Lebensentwürfe haben als es Feministinnen gerne sehen würden. Das sie vielleicht sogar einen Ehemann, der mehr verdient und ihnen mehr Zeit mit den Kindern ermöglicht durchaus begrüßen und die Abwertungen von Hillary Clinton keineswegs gut fanden.
Und Bestraftung war ja bei einer Wahl Clintons auch nicht zu erwarten. Die Wahlen sind ja geheim
In diesem Fall, in der Wahlkabine, hätte niemand die Frauen bestrafen können. Niemand hätte gemerkt, wenn sie ihr Kreuz bei Clinton gemacht hätten.
Das stimmt. Aber wir handeln nach internalisierten moralischen Verpflichtungen, die nicht nur in Situationen greifen, die öffentlich sind. Wenn wir daran gewöhnt sind, eher loyal zu Männern als zu Frauen zu sein, hat das Auswirkungen auch auf unser Verhalten in der Wahlkabine
Auch hier wieder die Idee, dass Frauen nicht selbst denken können, sondern eine komplette Gehirnwäsche erhalten haben. Aber die sexistische Welt hält sie davon ab, Führungspositionen zu besetzen.
Ist es das, was Sie als „Himpathy“ bezeichnen, als Empathie mit dem männlichen Täter?
Himpathy ist ein strukturell zumindest sehr ähnliches Phänomen. Frauen zeigen oft einen großen Widerwillen, den sprichwörtlichen „Golden Boy“ für sein schlechtes und misogynes Verhalten verantwortlich zu machen, sie zeigen tatsächlich Sympathie eher für ihn als für seine weiblichen Opfer – sogar in Fällen von erwiesenen sexualisierten Übergriffen.
Oder intrasexuelle Konkurrenz, bei der bestimmte Opfer schlicht als Schlampen angesehen werden bzw ein PromiStatus, dem man vieles verzeiht und eine lange Gewöhnungsphase.