„Frauen wollen nur fair kämpfen dürfen“

In einem leider inzwischen gelöschten Artikel auf dem Blog „Goldgeleckt“ fand ich den folgenden Satz:

Feminismus bedeutet nicht, dass Frauen bevorzugt werden sollten, sondern im selben Level gegen den selben Endboss kämpfen dürfen, wie Männer auch – und dass sie nicht gewinnen lassen werden. Sondern fair kämpfen. Und entweder siegen sie oder eben nicht.

Ich glaube, dass das eine sehr verbreitet Haltung ist, die man häufiger in der Geschlechterdebatte antrifft: Der Gedanke, dass Frauen eben gar nicht die gleichen Chancen haben, dass sie behindert werden und dass man ihnen weit aus weniger die Möglichkeit gibt zu kämpfen.

1. Teilweise mag das sein

Ich kann mir vorstellen, dass in Beförderungen durchaus Überlegungen wie „wird sie noch mal schwanger werden“ etc auftauchen können. Dagegen stehen Bemühungen Frauen in entsprechende Positionen zu bringen, etwa auch um ein modernes Image aufzubauen etc. Ich kann mir auch gut vorstellen, dass einige Männer tatsächlich Sexisten sind, die bei einer Frau sehr skeptisch sind oder das eine Frau lieber die einzige Frau in der Runde ist. Ich kann mir auch vorstellen, dass einige Frauen zu sehr an Sexismus und Diskriminierung und daran, dass sie schlechter bezahlt werden, glauben, dass sie es erst gar nicht versuchen oder das sie alles unter diesem Frame betrachten und sich damit auch selbst Steine in den Weg legen, weil niemand gerne mit jemanden zusammen arbeitet, der sich als verfolgt und benachteiligt ansieht und die Schuld immer auf andere verlagert.

2. Die meisten Frauen kämpfen nicht auf dem gleichen Level

Der Gedanke, dass Frauen einfach nur auch endlich mal gegen den gleichen Endgegner antreten und sich beweisen können klingt gut. Allerdings wird dazu gerne vergessen, dass man dafür die ganzen Level davor auch spielen muss – also bereits den richtigen Charakter auswählen (den Vollzeitarbeiter statt die Halbtagskraft, den Ingenieur statt den Sozialpädagogen), dass man evtl bereit sein muss, Überstunden zu machen, dass man sich Jobs aussucht, die stressig sind, bei denen es um Geld und Status statt einem guten Verhältnis von Freizeit und Arbeit und dem helfen von Leuten geht, dass man den Erfolg wollen muss.

Dass dies bei Frauen weitaus seltener der Fall ist sieht man zB wenn man sich die an einen Beruf angelegten Anforderungen bei Männern und Frauen ansieht:

Interessen und Arbeitsbereiche

Interessen und Arbeitsbereiche

oder auch in einer Auswertung der Überstunden:

Auch Alter und Geschlecht der Befragten spielten bei der Wochenarbeitszeit eine Rolle. So hatten Frauen mit 4,2 Prozent deutlich seltener überlange Arbeitszeiten als Männer (14,8 Prozent). Das sei teilweise dem Umstand geschuldet, dass Frauen seltener Führungspositionen bekleideten, hieß es. Allerdings arbeiteten Frauen in Führungspositionen ebenfalls deutlich seltener überlang (25,1 Prozent), als ihre männlichen Kollegen in der Führungsebene (44,2 Prozent).

Oder an den gewünschten Stunden pro Woche:

gewuenschte_stunden_pro_woche_brigitte

oder in der grundsätzlichen Einstellung auch in Bezug auf Kritik und Anecken können, auch wenn man es damit nicht allen Recht macht:

7 selbstwahrnehmung

All das scheint mir schwer damit zu vereinbaren zu sein, dass sie sich wirklich mit dem gleichen Charakter, den gleichen Spielweg zu dem gleichen Endgegner durcharbeiten wollen.

Wenn man im Bild bleiben will, dann scheinen mir Frauen eher SIMS spielen zu wollen, wo es keine Endgegner gibt.

3. Es wäre schön, wenn das tatsächlich der Fall wäre

Es wäre für mich eine der wesentlichen Verbesserungen des Feminismus, wenn dieser dazu umschwenken würde, dass man auch tatsächlich gegen den gleichen Endgegner antreten möchte und das notwendige dafür tun möchte, damit das gelingt. Dass man dazu eben auch in gleicher Weise vorarbeiten und hart trainieren und die richtigen Eigenschaften steigern muss. Dass sie tatsächlich fair kämpfen wollen, also akzeptieren, wenn sie in einem fairen Kampf nicht gewinnen, wenn sie nicht genau so hart trainieren und sich auf den Wettbewerb einlassen. Aber eben nicht heulen, dass das böse unsichtbare Patriarchat sie behindert hat.

Ich glaube die Ansage „wir wollen einen fairen Kampf“ wäre für die absolut meisten Männer überhaupt kein Problem. Denn den führen sie gegenwärtig schon, eben hauptsächlich untereinander.

Wenn die Frauen aber tatsächlich in einen fairen Kampf einsteigen wollen, dann müssen sie eben aufhören Diskriminierung zu rufen. Dann müssen sie eben zu den gleichen Bedingungen wie die anderen Bewerber in den Ring steigen. Es bedeutet also aus meiner Sicht, dass sich nicht die Männer umstellen müssen, sondern eher die Frauen.