Tag: 18. April 2016
Feministische Männer: Bitte öfter mal die Klappe halten!
Nadia Shehadeh, die auch bei der Mädchenmannschaft schreibt, hat eine Polemik über feministische Männer geschrieben, die gut in das sonstige Bild passt, welches Feministen anscheinend von Männern bzw. feministischen Männern haben
1. Der Keks-Feminist
Der Keks-Feminist ist auf der Suche nach ständigen Belohnungen beziehungsweise erwartet diese auch – und zwar immer dann, wenn er etwas (vermeintlich) Feministisches gesagt/getan/gedacht/erahnt hat. Teilweise ist sein Feminismus auch einfach nur ein Akt der Kapitalerhaltung oder -mehrung, und zwar meist im sozialen Sinne: Keks-Feministen bewegen sich nämlich oft in Umfeldern, in denen feministische Einstellungen zum Grundrepertoire des Alltagsdenkens gehören.Der Keks-Feminist ist eine äußerst beharrliche Gattung: Wenn er merkt, dass er den Cookie nicht bekommt, beharrt er im Notfall auf Brot. Der Keks-Feminist ist so sehr davon überzeugt, dass seine Arbeit honoriert werden muss, dass er gerne auch den Bezahlfeminismus anvisiert, und zwar, indem er versucht, sich berufsfeministisch zu etablieren. Beliebte Berufsfelder sind dabei für ihn journalistische Arbeit oder am besten gleich Tätigkeiten als Frauenbeauftragter. Damit teilt er sich einen Posten mit dem nächsten Exemplar: dem Breitbein-Feministen.
Das ist glaube ich ein sehr häufiges Bild, welches Feministinnen von Feministen haben: Dass diese tatsächlich der Meinung sind, dass sie besser sind als andere Männer und eine entsprechende Behandlung verdient haben, nur weil sie Feministen sind. Aber das befreit sie eben nicht von ihrer Erbschuld. Es bleibt dabei, dass sie damit allenfalls etwas ihrer Schuld tilgen, aber ein Minus bleibt trotzdem stehen. Deswegen ist es durchaus verständlich, wenn die Feministinnen die Auffassung, dass man für etwas weniger Schulden als die anderen eine Belohnung verdient habe, vermessen sind. Man könnte diese Form des männlichen Feministen auch als „Virtue Signalling“ verstehen: „Schau, ich bin einer von den Guten, genau das, was du eigentlich suchen solltest, ich habe die passenden Qualitäten“
2. Der Breitbein-Feminist
Der Breitbein-Feminist gehört zur Gattung der männlichen Feministen, die sich überall breitmachen und Raum einnehmen müssen: auf Veranstaltungen, auf Demos, im Internet, in Expertengremien und überhaupt überall dort, wo Kameras, Mikros, Geld oder Aufmerksamkeit locken. Der Breitbein-Feminist gibt sich dabei nicht damit zufrieden, ein einfacher Publikumsgast zu sein, der hohlbrotig dazwischen quatscht – der Breitbein-Feminist braucht die Bühne.Wenn niemand Lust auf den Breitbein-Feministen hat, lässt dieser sich trotzdem nicht davon abhalten, ins Rampenlicht zu drängen: Er wird versuchen, mit irgendeinem Marketing-Gag der Feminist der Herzen zu werden. So schreibt er ungefragt einen Blogeintrag oder ein Lied oder dreht ein Video, und das verpasst er dann der ganzen Welt.
Der Fehler des Breitbein Feminist ist, dass auch er vergessen hat, dass er aus Sicht der Feministinnen nicht Bestandteil der Gruppe ist, sondern allenfalls angeheuerter Söldner, bei dem man sich nicht sicher ist, ob er nicht doch ein Verräter sein wird und der mit Mißtrauen beobachtet wird. Er denkt er sei Teil der Gruppe und verhält sich entsprechend so, will die Sache nachhaltig fördern und meint, dass er sich ja als Gruppenmitglied besonders einsetzt und alles richtig macht. Tatsächlich verkörpert er aber für die Feministinnen immer noch den Barbaren, den man eigentlich nicht in der Gruppe haben will und sein Verhalten macht den Unterschied nur deutlicher: Ähnlich wie die barbarischen Hilfstruppen keine römischen Bürger waren ist auch er nur ein Ally. Und wenn er sich zu sehr in Szene setzt, dann verkennt er, dass er nicht Teil der Gruppe ist, keine Bürgerrechte hat, dass man gerade nicht will, dass er Führungsverantwortung übernimmt, weil man ihm nicht traut. Es wird damit nur deutlicher, dass er nicht Bestandteil der Ingroup, also ein potentieller Feind ist, und dann auch noch einer, der seinen Platz nicht kennt.
3. Der feministische Boyfriend
Diese Spezies ist vor allem im Umfeld von Heten-Feministinnen anzutreffen, dadurch aber nicht weniger unangenehm. Der feministische Boyfriend ist aus der Not heraus das unnütze Beispiel für »not all men« geworden, und zwar, weil auf ihn das »Alle Männer sind scheiße, nur mein Mann, der ist Feminist und deswegen total gut«-Theorem angewendet wird.Ich möchte keine Schuld von mir weisen, auch ich habe schon in diesem Sinne operiert. Trotzdem darf nicht vergessen werden: Auch der Boyfriend einer Feministin gehört zum unnützen Krempel von »all men«, und nichts schützt ihn davor, ein hohlbrotiger Keks- oder Breitbein-Feminist zu sein.
Auch hier ein klassischer Konflikt: Für seine Freundin ist er „not all men“, weil sie ihn liebt. Sie mag es vielleicht sogar, wenn er etwas dominanter ist, weil sie es in einem anderen Kontext sieht. Für alle anderen ist er aber eben nach wie vor ein Mann. Und damit der potentielle Feind. Als solcher ist er, wie oben dargestellt allenfalls ein Ally. Weil er aber Einfluss bei einer der Ihren hat, die evtl. will, dass man ihm gut behandelt und ihn in dem Moment nicht als den Feind sieht, ist er weitaus schwerer zu kontrollieren.
4. Der feministische Mann, der gerne ein feministischer Boyfriend wäre
Diese Gattung ist solange ein Keks-Feminist, bis aus ihm irgendwann Kategorie 3 – ein feministischer Boyfriend – geworden ist. Es ist möglich, dass er nach Beziehungsende auf das Level »durchschnittlich frauenfeindlich-sexistischer Typ« zurückfällt. Aber bis dahin nervt er auch.
Er will also sozusagen einen größeren Keks. Man reicht ihm den kleinen Keks und er will gleich die Dose. Das geht natürlich erst recht nicht. Es sei denn sie will ihn. Aber das macht es für die anderen ja auch nicht besser.
5. Der feministische Sunnyboy-Klugscheißer
Auch diese Art von Feminist vereinigt gleich mehrere Typen in sich, ist aber in erster Linie davon überzeugt, dass die feministische Welt nur auf sein Wissen, seine Connections, seine Reichweite oder seinen Humor gewartet hat. Er ist überzeugt, dem Feminismus einen wichtigen Dienst zu erweisen, da er klüger, lockerer, überzeugender, wichtiger und lustiger ist als all die zermürbten, verbitterten, unwitzigen und strategisch unterbelichteten Feministinnen. Er glaubt, dass der Feminismus bisher nicht siegen konnte, da er mit seinen Spezialkenntnissen gefehlt hat. Deswegen ist auch dieser Feminist nutzlos.
Doppelt schlimm: Er verkörpert gleichzeitig ein klassisches Feindbild und wenn er es mit etwas Charm macht, dann kann das sogar auf einige Feministinnen wirken. Letztendlich ist er aber jemand, der das soziale Gefüge nicht anerkennt: Die Frauen oben, die Männer unten. Es muss also entsprechende soziale Dominanz ausgeübt werden, sonst ist sie ja nicht mehr die Alphafrau, die Oberhenne im Hühnerstall. Er muss also um so dringender auf seinen Platz verwiesen werden, selbst dann wenn er gute Arbeit machen sollte. Glücklicherweise ist ein solches Verhalten eben toxische Männlichkeit und damit gut ausschließbar.
Zum Abschluss: Der feministische Selbsttest
Sie sind ein Mann und Ihnen sind unliebsame Parallelen zu sich aufgefallen, als Sie diesen Text gelesen haben? Prima, das ist der erste Schritt in Richtung Besserung. Üben Sie sich zukünftig in Zurückhaltung und halten Sie öfter mal die Klappe, dann sind alle anderen schneller fertig. Sie können sich sinnvoll beteiligen, indem Sie feministische Arbeit durch Geldspenden, Care-Arbeit, Putzdienste und vor allem in den meisten Fällen durch eigene Unsichtbarmachung unterstützen.Eine erste Lektion haben Sie vielleicht gelernt, wenn in Ihnen nun keine Enttäuschungs- oder Hassgefühle gegenüber der Autorin dieses Textes schlummern. Wenn Sie nun auch noch davon Abstand nehmen könnten, klugzuscheißen, wäre schon ein klitzekleines bisschen gewonnen. Und bis dahin: Gehen Sie allen Feminist_innen, die keine Cis-Männer sind, aus der Sonne. Danke!
Einfach akzeptieren, dass man als Feminist eben doch noch der Feind ist. Wer will da nicht mitmachen?