Das Paradigma des Radikalfeminismus

Leser Leszek fasst zusammen, was er das „Paradigma des Radikalfeminismus“ nennt und erläutert, wie sich der Feminismus seiner Meinung nach entwickeln muss, damit er wieder eine gesunde Entwicklung nimmt:

Ich bin definitiv kein Antifeminist, ich bin Anti-Radikalfeminist – d.h. ich lehne das von mir so bezeichnete “Paradigma des Radical Feminism” ab, dessen Einfluss auf die akademischen Diskurse und die Politik sowie diejenigen Strömungen des Feminismus, die direkt oder indirekt daran anknüpfen.

Als “Paradigma des Radical Feminism” verstehe ich (kurz formuliert) eine radikalfeministische Auffassung, die Männer und Frauen als “verfeindete Klassen” konzeptualisiert, von denen die eine (Männer) als “allgemein privegiert”, “Tätergeschlecht” oder “Unterdrücker” konstruiert wird, die andere (Frauen) als “allgemein diskriminiert” und “Opfergeschlecht”.

Diesem “Paradigma des Radical Feminism” sind m.E. vor allem drei einflussreiche Strömungen des Feminismus zuzuordnen:

  1. der klassische Radikalfeminismus (z.B. Dworkin, MacKinnon, Firestone, Daly)
  2. der (vulgär)-poststrukturalistische Feminismus (Gender/Queer/Intersektionaler Feminismus), der zur Zeit den klassischen Radikalfeminismus als feministische Hauptströmung zunehmend ablöst
  3. der radikale Matriarchats/esoterische/spirituelle/Öko-Feminismus, als differenzfeministische Variante des radikalen Feminismus, (ist allerdings weniger einflussreich als die beiden zuvor genannten).

Diese Varianten des Feminismus müssen m.E. aus den akademischen und medialen Diskursen verdrängt werden, denn sie sind von ihren theoretischen Grundlagen her mit der Anerkennung männlicher Benachteiligungen und sozialer Problemlagen unvereinbar und behindern daher eine geschlechtsübergreifende Perspektive auf geschlechtsbezogene Probleme, wofür ich den Begriff “integraler Antisexismus” verwende.

Feminismuskritik als Ideologiekritik in meinem Sinne zielt daher primär auf fundierte kritische Analyse dieser drei Hauptströmungen des radikalen Feminismus und ihres Einflusses auf die akademischen und medialen Diskurse und die Politik (Stichwort: Staatsfeminismus), d.h. also auf eine Kritik autoritärer und sexistischer Strömungen und Positionen im Feminismus (aus integral-antisexistischer und antiautoritärer Perspektive) um diese diskursiv aus dem Feld zu schlagen, der Realität männlicher Benachteiligungen und sozialer Problemlagen zur Anerkennung zu verhelfen

http://www.vaetersorgen.de/Maennerbewegung.html

http://manndat.de/ueber-manndat/was-wir-wollen

und einem neuen geschlechtsübergreifenden Paradigma zum Durchbruch und zur kulturellen Hegemonie zu verhelfen, dass die Probleme aller Geschlechter (Frauen, Männer, Intersexuelle, Transsexuelle, Transgender) wissenschaftlich, theoretisch und politisch berücksicht.

Die Hauptströmungen der ersten Welle der Frauenbewegung (traditioneller liberaler, marxistischer und anarchistischer Feminismus) kannten das “Paradigma des Radical Feminism” überwiegend nicht und sind daher von ihren theoretischen Grundlagen m.E. potentiell leicht mit männerrechtlichen Anliegen in Einklang zu bringen.

Nachdem sich der Radikalfeminismus mit der zweiten Welle des Feminismus als neue Leitideologie herausbildete, wurden der traditionelle liberale und sozialistische Feminismus leider zunehmend an den Rand gedrängt oder übernahmen z.T. leider selbst Aspekte des “Paradigmas des Radical Feminism”.

Insofern es heutzutage noch Varianten des liberalen und sozialistischen Feminismus gibt, die authentisch an die theoretischen Grundlagen der klassischen liberalen oder sozialistischen Frauenbewegung der ersten Welle des Feminismus anknüpfen (ist heutzutage leider eher selten) und nicht vom “Paradigma des Radical Feminism” beeinflusst sind, werden diese von mir grundsätzlich bejaht, d.h. ich habe gegen ECHTEN liberalen und ECHTEN sozialistischen/marxistischen/anarchistischen Feminismus grundsätzlich nichts einzuwenden – allerdings müssten sich auch diese einem neuen geschlechtsübergreifenden Paradigma öffnen und ihm nicht im Weg stehen.

Dagegen kritisiere ich solche (scheinbaren) Varianten des liberalen und sozialistischen Feminismus, bei denen es sich in Wirklichkeit nur um Radikalfeminismus im liberalen oder sozialistischen Gewand handelt.
Es gibt – das sei kurz erwähnt – aber heutzutage auch Varianten des liberalen und sozialistischen Feminismus, die irgendwo zwischen diesen beiden Extremen liegen und von mir dann entsprechend differenziert beurteilt und kritisiert werden.

Dann gibt es heutzutage auch noch einen eher untheoretischen, mehr lebenspragmatisch orientierten “Alltagsfeminismus”, der von manchen Feministinnen vertreten wird. An den meisten Varianten eines solchen “Alltagsfeminismus”, die mir bisher begegnet sind, habe ich nicht viel auszusetzen, (es sei denn, dass irgendwelche radikalfeministische Aspekte und Konzepte unkritisch übernommen worden sind, was manchmal vorkommen kann).

Ich greife noch mal diesen Ansatz heraus:

Als “Paradigma des Radical Feminism” verstehe ich (kurz formuliert) eine radikalfeministische Auffassung, die Männer und Frauen als “verfeindete Klassen” konzeptualisiert, von denen die eine (Männer) als “allgemein privegiert”, “Tätergeschlecht” oder “Unterdrücker” konstruiert wird, die andere (Frauen) als “allgemein diskriminiert” und “Opfergeschlecht”.

Dazu passt gut, was Grit Vandermassen als wesentliches Element der wichtigen feministischen Strömmungen benennt:

“Sie beginnen regelmäßig damit, dass Frauen (und gelegentlich Männer) die Quellen der Unterdückung in ihrem Leben und versuchen, sich von diesen zu befreien”.

Strömungen, die das nicht zum Ziel haben, bestehen kaum im wesentlichen Umfang. Sie nennen sich dann auch nicht „evolutionärer Feminismus“, sondern eben einfach „evolutionäre Psychologie“ oder „allgemeine Geschlechterforschung“, sind also relativ neutral gehalten.

Andres als Leszek glaube ich auch nicht, dass man mit einem „nichtvugären“ oststrukturalistische Feminismus weiter kommt, ebenso wenig wie mit einem sozialistischen/marxistischen/anarchistischen Feminismus, auch hier sind die Grundlagen wenig geeignet ein tragfähiges Fundament für eine Gesellschaftstheorie oder das Verhältnis von Mann und Frau zu bauen.

Wenn man wirklich den Gegensatz „Täter – Opfer“ aufgeben würde, dann wäre aber in der Tat viel erreicht – sowohl im Feminismus als auch im Maskulismus, wo man den Mann auch zu häufig als Opfer der Frau sieht.

Der interessanteste Ansatz für beide Richtungen ist aus meiner Sicht die Spieltheorie. Sie wurde entwickelt, um Entscheidungen von Personen nachzuvollziehen und deren Entscheidungswege aufzuschlüsseln. Würde diese in die Geschlechterdebatte einziehen, dann würde es denke ich der beste Weg sein, um tatsächlich Probleme zu lösen. Hier könnte man dann überprüfen, ob die Geschlechter ein Nullsummenspiel oder ein kooperatives Spiel spielen, oder andere Varianten. Man könnte sich auch die Probleme aus der evolutionären Spieltheorie bewußt machen. Man könnte sich überlegen, ob Frauen und Männer gleiche Payoffs haben. Es würden denke ich viele ideologische Probleme leichter zu erfassen sein.

Dessen ungeachtet stimme ich Leszek zu, dass das von ihm beschriebene Paradigma und die von ihm genannten radikalen Strömungen wenig Raum für sinnvolle Debatten lassen und sich gegen diese zurecht ein Anit(radikal)feminismus richtet.