Tag: 21. März 2014
Grenzen der Erziehung in Bezug auf Geschlechterrollen durch pränatales Testosteron (Udry Studie)
Robin schrieb in einem Kommentar:
Christian und Co. sagen (überspitzt) Dinge wie: “Mädchen spielen mit Puppen, Jungs mit Autos und Flitzebogen. Ist halt so und lässt sich nicht ändern.”.
ICH dagegen sage: “Ja, das trifft vermutlich auf viele zu (=Anerkennung der Biologie). Aber was machen wir mit denen, bei denen das nicht so ist? Wie verbessern wir die Welt für Mädchen, die Feuerwehrfrau werden wollen und für Jungs, sie sich hingebungsvoll um kleine Ponys kümmern? Wie verhindern wir, dass ein Mädchen sich dümmer stellt, als es ist, weil ihm vermittelt wurde, dass Mathe nichts für Mädchen ist? Wie können wir sensible Jungs unterstützen, die alles in sich reinfressen und unglücklich sind, weil ihnen die Gesellschaft praktisch aufzwingt, keine Gefühle zuzulassen, weil das nicht “männlich” ist, billigend in Kauf nehmend, dass ihn das umbringen kann?”
Ich negiere nicht die Biologie. Ich will gesellschaftliche Restriktionen soweit auflösen, dass sich die biologischen Dispositionen erst voll ENTFALTEN können. Egal, ob dann am Schluss das Gender zum Sex passt oder nicht.
Meine Antwort dazu lässt sich hier nachlesen. Robin hat meine Position trotz wiederholter Hinweise, dass ich einen solch absoluten Ansatz gar nicht vertrete, nicht verstanden. Dass es in den biologischen Theorien aber ein breites Spektrum, aber eben dennoch Häufungen gibt, sage ich eigentlich geradezu gebetsmühlenartig. Es finden sich genug Artikel dazu.
Mir scheint es aber angebracht hier einfach noch einmal anhand einer Studie aus der Studie von Udry deutlich zu machen, wie stark sich die Biologie auf die Erziehung auswirkt und welcher Raum gleichzeitig noch der Erziehung verbleibt.
Hier sieht man, dass die Beeinflussbarkeit durch Erziehung dann besonders groß ist, wenn sie sozusagen in die gleiche Richtung läuft, die auch die Biologie vorgibt. Ist wenig pränatales Testosteron vorhanden gewesen, dann ist die Möglichkeit, das Kind in eine sehr weibliche Richtung zu beeinflussen sehr groß.
Selbst bei einer neutralen Erziehung landet das Kind auf einem sehr hohen Weiblichkeitswert von ca. 0.6, ist die Erziehung hingegen sehr stark in Richtung Weiblichkeit, dann werden sehr hohe Werte erreicht. Das Kind saugt sozusagen die Erziehung in diese Richtung auf (2,1). Hingegen scheint es eine gewisse Grenze auf der „anderen Seite“, also in Richtung Männlichkeit zu geben, über die hinaus selbst eine sehr starke Erziehung in Richtung Männlichkeit nicht hinausgehen kann, unabhängig vom Testosteronspiegel, den die Mädchen erreichen können.
Diese Grenze wird nur dann überstritten, wenn man versucht ein Kind, welches einen hohen pränatalen Testosteronlevel hat zu stark in die weibliche Richtung zu drängen, dann wird es männlicher, vermutlich als Gegenreaktion und um sich davon abzugrenzen.
Kinder mit einem hohen Testosteronspiegel bekommt man auch nicht aus dem „männlichen Bereich“ der Skala heraus, die unteren beiden Gruppen bleiben bei stärkster Beeinflussung unter Null.
Mit reinen Sozialisationsmethoden und Theorien des Genderfeminismus scheint mir dieses Ergebnis nicht erklärbar.
Sie machen auch gleich die Crux deutlich, wenn man zu radikal auflösen will und sich anmaßt, dass Jungs zB eben auch Gefühle zeigen können müssen und wollen bzw. es eine Unterdrückung durch die Gesellschaft ist, wenn sie sich hier anders verhalten als Mädchen und über ihre Gefühle zB nicht auf die gleiche Weise reden wie diese. Dann versucht man nämlich evtl. schlicht Personen in ein Verhalten zu drängen, dass sie gar nicht wollen und es entsteht eher ein Trotzeffekt.
Wer also umfassend auflösen will, der kann Kinder genauso verletzen, wie jemand, der zwangsweise alle in Geschlechterrollen pressen will.
Meiner Meinung nach muss es um die Freiheit gehen, dass jemand so handeln kann, wie es seiner Natur entspricht, natürlich in den normalen Grenzen sozialen Verhaltens. Es müssen die, die sich den Rollen entsprechend verhalten wollen und zB nicht über Gefühle reden wollen genauso ausleben können, wie sensiblere Jungs.
Wer will, dass sich biologische Dispositionen voll entfalten können, der muss sich erst einmal damit beschäftigen, in welche Richtung diese Dispositonen verlaufen. Er darf insbesondere Verhalten nicht voreilig auf „die Gesellschaft“ schieben und meinen, dass er sie einfach so ändern kann.