Männer schneiden in Wissenstest im Schnitt besser ab als Frauen

Der Spiegel berichtete vor einiger Zeit über einen Wissenstest (danke an Only me für den Hinweis)

Mehr als 600 000 Menschen haben beim Studenten-Pisa-Test von SPIEGEL und studiVZ mitgemacht. Der Wissenstest lässt erahnen, wo Deutschlands klügste Köpfe studieren, und wirft eine große Frage auf: Warum schneiden Frauen schlechter ab als Männer?

Das hier das StudiVZ Partner war macht bereits deutlich, dass der Artikel etwas älter ist, nämlich aus dem Jahr 2009. Zum Inhalt der Fragen und dem Umfang:

Das Studenten-Pisa ist der vermutlich größte Test des Allgemeinwissens, den es jemals in Deutschland gegeben hat. Mehr als 1,5 Millionen Mal wurde er im März und April auf den Seiten von SPIEGEL ONLINE aufgerufen, mehr als 600 000 Menschen beantworteten ihren Fragenkatalog oder versuchten es zumindest. Von den Studenten machten mehr als 200 000 mit, ungefähr jeder zehnte Studierende in Deutschland.

Nun liegen die Ergebnisse vor und liefern viele Erkenntnisse über die Teilnehmer. Es sind erschreckende wie erstaunliche darunter. Nur eine Minderheit wusste etwa, wer eigentlich an diesem Samstag den Bundespräsidenten wählt (die Bundesversammlung), und nur eine knappe Mehrheit vermochte zu sagen, ob ein Perpetuum mobile in der Praxis funktionieren kann (kann es nicht).
180 Aufgaben umfasste der Fragenkatalog insgesamt. Die Aufgaben wurden von der Hamburger Psychologieprofessorin Sabine Trepte in einem Vortest überprüft. Jedem Teilnehmer des Studenten-Pisa wurde dann nach dem Zufallsprinzip eine gleich schwierige Auswahl von 45 Aufgaben präsentiert. Sie stammten aus fünf Wissensgebieten: Politik, Geschichte, Wirtschaft, Naturwissenschaften und Kultur.
Also eine relativ hohe Teilnehmerzahl, allerdings nicht unbedingt Repräsentativ für die Gesamtbevölkerung.
Die besten Testwerte erzielten im Durchschnitt
* Studenten mit den Hauptfächern Politikwissenschaft, Geschichte, Volkswirtschaftslehre oder Physik;
* die bekannten Universitäten in Berlin, Mannheim, Freiburg, Tübingen, Karlsruhe, Konstanz und Heidelberg;
* kleine Privathochschulen wie die WHU, die European Business School oder die Bucerius Law School;
* ältere Teilnehmer, insbesondere Rentner, die ungefähr so gut abschnitten wie Doktoranden;
* männliche Teilnehmer, sie erzielten im Mittel deutlich bessere Testergebnisse als die Frauen.

Das wird natürlich ein Problem darstellen, denn ein solches Ergebnis muss erklärt werden. Hätten die Frauen besser abgeschnitten wäre das vielleicht einfach als Fakt dargestellt worden und beklagt worden, dass sie trotzdem diskriminiert werden in der Gesellschaft.

Im Durchschnitt wurden 24,5 der 45 Aufgaben richtig gelöst, also etwas mehr als die Hälfte. Frauen beantworteten 21,5 Fragen richtig, Männer hingegen 26,5 Fragen. Die Wissenslücke zwischen den Geschlechtern ist nicht nur statistisch signifikant, sondern auch überraschend. Denn normalerweise gibt es in Bildungsstudien eine dramatische Differenz zu Lasten der Männer.
So heißt es im Nationalen Bildungsbericht: „Mädchen und junge Frauen werden im Bildungssystem immer erfolgreicher“ – während die Autoren für das andere Geschlecht schwarzsehen: „Parallel zu dieser Erfolgsgeschichte entwickelt sich eine neue Problemkonstellation: Das Risiko für Jungen und junge Männer, im Bildungssystem zu scheitern, nimmt zu.“
Als die SPIEGEL-Redakteure, die an der Studie beteiligt waren, die Ergebnisse des Studenten-Pisa erstmals sahen, trauten sie deshalb ihren Augen nicht – und baten die beauftragten Mathematiker um Kontrollrechnungen. Doch wie man die Zahlen auch dreht und wendet: Die Lücke bleibt.

Immer wieder interessant, wenn die Realität sich anders verhält, als man dies will.

So macht es fast keinen Unterschied, dass die weiblichen Teilnehmer im Durchschnitt etwas jünger sind als die männ-lichen. Ebenso wenig wirkt sich der unterschiedliche Bildungsstand aus. Vergleicht man relativ gleiche Gruppen, nämlich Studentinnen und Studenten, zeigt sich ein kaum verändertes Ergebnis. Weibliche Studierende beantworteten 24 Fragen richtig, männliche hingegen 28,1 Fragen.

Es scheint also erst einmal nicht herauszurechnen zu sein.

Die Erklärung muss also eine andere sein, und Manfred Prenzel hat auch sofort eine parat. Der Professor hat viele Jahre lang die offiziellen Pisa-Untersuchungen der OECD in Deutschland geleitet. Es sei ja „sehr beeindruckend, dass so viele Menschen am Studenten-Pisa teilgenommen haben“, meint Prenzel. Doch ein Online-Test, bei dem jeder mitmachen könne, müsse immer Verzerrungen fürchten. „Das Ergebnis könnte schon dadurch zustande kommen, dass die intelligenten Frauen nicht in gleich hohem Maße teilgenommen haben wie die Männer“, sagt Prenzel. Solch ein Wissenstest spreche zudem vielleicht eher „Männer an, die ihn als echten Wettbewerb verstehen und dementsprechend motiviert mitmachen“.

Das ein Onlinetest immer eine gewisse Gefährlichkeit hat, weil man häufig kaum kontrollieren kann, wie repräsentativ die Gruppe ist, ist in der Tat etwas, was man überprüfen muss. Auch eine höhere Motivation könnte das Ergebnis verbessern, wobei man dann allerdings noch das Problem hat, warum die Männer eher auf Wettbewerb anspringen und wie sich das wohl in anderen Situationen auswirkt.
Eine weitere Erklärung könnte aus meiner Sicht noch sein, dass Prozentual mehr Frauen als Männer studieren und damit zwangsläufig auch weniger intelligente Frauen dabei sein müssten, was noch dadurch verstärkt werden könnte, dass die Kurve bei Männern anders verläuft, es gibt mehr intelligente Männer, aber auch mehr dumme. Die intelligenteren werden aber eher an der Uni sein. Wobei Wissen und Intelligenz ja auch nicht in einem Zusammenhang stehen müssen, es würde ein gutes Gedächtnis reichen.

Allerdings scheint dieses Ergebnis auch in anderen Tests immer wieder aufzutreten:

Das klingt erst einmal überzeugend. Beim Studenten-Pisa hätten demnach einfach zu viele schlaue, selbstbewusste, hochmotivierte Männer mitgemacht, als dass das Ergebnis aussagekräftig wäre.
Doch ganz so einfach ist es wohl nicht. Das zeigt der „Bochumer Wissenstest“ der Wissenschaftler Rüdiger Hossiep und Marcus Schulte. Es ist der einzige standardisierte Wissenstest in Deutschland, über viele Jahre entwickelt und seit vielen Jahren erprobt, und er liefert in all diesen Jahren ein immer gleiches Ergebnis: Frauen schneiden schlechter ab.
„Der Unterschied ist groß, deshalb überrascht mich auch das Ergebnis des Studenten-Pisa überhaupt nicht“, sagt Hossiep. Mehr als 10 000 Menschen hätten seinen Wissenstest bereits ausgefüllt. Bevor er erstmals Ergebnisse analysiert habe, im Jahr 2001, habe er etwas ganz anderes erwartet. „Mädchen sind die besseren Schüler, deswegen hatte ich gedacht, dass sie auch in unserem Test die besseren Ergebnisse erzielen“, sagt der Psychologe. Doch das Gegenteil ist der Fall.

Diese Test scheinen die Ergebnisse zu bestätigen, es wäre interessant, wie repräsentativ dort die Ergebnisse für die Bevölkerung sind.

Seitdem sucht der Wissenschaftler nach einer Erklärung. An der Zusammensetzung der Stichprobe – dumme Mädchen, schlaue Jungen – liege es jedenfalls beim Bochumer Wissenstest nicht. „Stichprobenverzerrungen können fast gänzlich ausgeschlossen werden“, heißt es in den wissenschaftlichen Erläuterungen des Tests, „Ausbildungs- beziehungsweise Bildungsdefizite oder Sozialisationsunterschiede scheiden als mögliche Ursachen definitiv aus.“

Er scheint also davon auszugehen, dass er da die Hintergründe hinreichend ermittelt hat. Ich könnte mir vorstellen, dass sich hier der Umstand, dass Männer sich eher als Frauen für Sachthemen interessieren und Frauen eher als Männer für Personenthemen auswirkt.

Wenn diese Ursachen beim Bochumer Wissenstest ausscheiden, liegt auch beim Studenten-Pisa der Gedanke nahe, dass es andere Gründe für den Geschlechterunterschied gibt. Eine Vermutung, die Wissenschaftler wie der Tübinger Professor Ulrich Trautwein schnell äußern: Es liegt nicht nur an den Teilnehmern, sondern auch an den Fragestellern, also der SPIEGEL-Redaktion.
Anders als vermutet waren jedoch Männer wie Frauen beteiligt, als die Fragen erstellt wurden: Fachleute aus der Redaktion, der Dokumentationsabteilung und der Marktforschung des SPIEGEL. Das Redaktionsteam war paritätisch besetzt. Auf Sportfragen wurde bewusst verzichtet, gerade weil anzunehmen ist, dass etwa bei Fußballfragen ein Geschlecht im Nachteil sein könnte. Auch wurde auf manches allzu bunte Thema verzichtet, weil es dem Redaktionsteam zu unwichtig erschien.

Also ein weiterer klassischer Einwand, der nicht greift.

„Der Test zeigt die SPIEGEL-Welt des Wissens“, sagt Trautwein. Viele Aufgaben könnten einfach eher von Männern gelöst werden, etwa Fragen nach Daimler-Chef Dieter Zetsche oder Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann. Wären mehr Fragen aus Bereichen wie Verbraucherschutz oder Gesundheit gestellt worden, hätten die Frauen besser abgeschnitten, vermutet der Tübinger Professor. Und tatsächlich betrifft eine der beiden Aufgaben aus dem Bereich Wirtschaft, die Studentinnen häufiger richtig gelöst haben als Studenten, das grüne, sechseckige Bio-Siegel, also ein Verbraucherschutzthema.
Insgesamt scheinen den Studentinnen die Fragen aus den Bereichen Naturwissenschaften und Kultur leichtergefallen zu sein. Bei mehreren dieser Fragen schneiden sie sogar besser ab als männliche Studierende. Mehr Frauen als Männer wissen um die Heimatstadt der „Buddenbrooks“ (Lübeck), nennen den Titel des Bestsellers von Daniel Kehlmann („Die Vermessung der Welt“) und kennen eine rachsüchtige antike Kindsmörderin („Medea“).

Es zeigen sich also deutliche Unterschiede in dem, was Frauen und Männer wissen. Frauen kennen sich im Bereich der Literatur besser aus, auch bestimmte kulturelle Frauen scheinen ihnen eher vertraut zu sein.

Den größten Vorsprung bei den Kulturfragen hatten die Studentinnen bei der Frage, wer seine Karriere nicht in der Kindersendung „Mickey Mouse Club“ begonnen habe: Britney Spears, Beyoncé Knowles, Christina Aguilera oder Justin Timberlake? Die richtige Antwort, Beyoncé Knowles, gaben 92 Prozent der weiblichen und 83 Prozent der männlichen Studierenden. Einen solch guten Wert, über 90 Prozent, erreichten die Studentinnen bei keiner anderen Aufgabe, egal aus welchem Fachgebiet.

Interessant wären jetzt die Fragen, bei denen die Männer besser abgeschnitten haben. Es scheint sich die übliche Trennung zu ergeben, denn Politik, Wirtschaft und Geschichte sind oben nicht angeführt.

Ein durchaus doppeldeutiger Befund. Er beruhigt, weil er zeigt: Frauen wissen auf bestimmten Gebieten besser Bescheid als Männer, sie wissen also nicht weniger, sondern nur anderes. Doch zugleich beunruhigt der Befund, weil Frauen bei staatsbürgerlichen Fragen deutlich schlechter abschneiden – und eine Sängerin wie Beyoncé Knowles, bei allem Respekt, dann eben doch nicht ganz so wichtig ist wie ein Bundespräsident. Wäre es wirklich hinzunehmen, wenn Frauen sich mit Pop auskennen und Männer mit Politik?

Es würde zumindest zu den Interessen der Geschlechter, die andere Studien festgestellt haben, passen.

„Das Ergebnis könnte auch damit zusammenhängen, dass vor allem Faktenwissen geprüft wurde und keine Verständnisfragen gestellt wurden“, sagt Wolfram Schulz, ein deutscher Wissenschaftler beim Australian Council for Educational Research. Bei solchen Faktenfragen, wie sie auch in Quiz-Shows normalerweise verwendet werden, scheinen Männer im Vorteil zu sein.

Vielleicht auch ein Grund, warum wir gerne „Mansplainen“, also gerne Fakten mitteilen und Frauen das nicht machen. Bzw andersrum: Weil Männer das gerne machen kennen sie auch mehr Fakten?
Interessant wäre, ob Männer bei Verständnisfragen tatsächlich schlechter abschneiden. Gibt es da Studien zu?

Schulz sitzt gerade an der Auswertung eines internationalen Vergleichs der politischen Bildung von Schülern. Die Forscher knüpfen an eine große Studie an, die vor rund einem Jahrzehnt erstellt wurde. „Bei den 14-Jährigen zeigten sich damals nur sehr geringe Unterschiede zwischen Mädchen und Jungen, lediglich bei älteren Jugendlichen war die Differenz etwas größer“, sagt Schulz.

Das würde ich für verständlich halten, weil sich Kinder an sich weniger für Politik etc interessieren. Jungs würden sicherlich bei Dinosauriernamen besser abschneiden, Mädchen entsprechend in anderen Bereichen.

Nur: Solches Faktenwissen ist ja nicht immer wertlos. Selbst kritische Geister wie Ulrich Trautwein, der Professor aus Tübingen, sehen Faktenwissen keineswegs als veraltetes Konstrukt an, das keine Bedeutung mehr habe. „Vorwissen – und dazu zählt Faktenwissen – ist immer der beste Prädiktor für späteren Wissenserwerb“, sagt Trautwein. Das funktioniere nach dem „Matthäus-Prinzip“: Wer hat, dem wird gegeben. Auch andere Kompetenzen bedürften eines gewissen Wissensstands: „Natürlich ist Kritikfähigkeit wichtig, aber man kann sie nur lernen, wenn man ein wenig Ahnung hat von Strukturen und Systemen“, sagt der Professor. „Ohne Wissen ist Kritik nur ärgerlich und dumm.“

Das ist auch eine interessante Einleitung: Die Jungs wissen eben NUR Fakten. Aber schau an: Die müssen NICHT IMMER wertlos sein. Und natürlich braucht man zur Einarbeitung und dem Verständnis eines Themas Fakten, aus denen sich dann ein Gesamtbild zusammensetzt.

„Auf die Frage nach ihrem Erfolgsrezept gaben fast alle Alleswisser eine ähnliche Antwort. „Ich lese täglich Zeitung und schaue auch täglich ins Internet“, sagt Reinhard Zander, Rentner aus Essen. Der 61-Jährige glaubt, dass ihm sein Alter geholfen hat: „Ich stamme noch aus einer Zeit, in der etwas mehr Wert auf Faktenwissen gelegt wurde.““

Dazu noch aus einem anderen Artikel:

Tatsächlich informieren sich 62% der Männer am liebsten rund um den „Sport“. Im Vergleich dazu wollen nur 14% der Frauen gerne etwas über dieses Thema in den Printmedien erfahren. Wenn es um Politik geht, zeigt sich bei den Männern ebenfalls ein deutlich höheres Interesse. Doppelt soviele Männer (29%) wie Frauen (14%) setzen sich beim Lesen regelmäßig mit politischen Angelegenheiten auseinander. Für das Geschehen in der heutigen Finanzwelt interessieren sich 19% der männlichen und 18% der weiblichen Befragten – im Bereich Wirtschaft sind die Geschlechter somit wieder vereint. Geht es jedoch um die Themen „Mode“, „Unterhaltung“ oder „Boulevard“ liegt das männliche Interesse gerade einmal bei 9% – bei den Frauen sind es satte 42%. Das klare Fazit: Manche Vorurteile halten sich hartnäckig – und wie man sieht, einige zu Recht.

Doppelt so viele Männer, die regelmäßig etwas über Politik lesen führen eben auch zu mehr beantworteten Fragen auf dem Gebiet.