Ein sicherer Raum, der Menschen willkommen heißt muss eines selbst ausgrenzen: Hass

Im #Gamergate geht es darum, dass Spielern vorgeworfen wird, angeblich Frauen und auch sonstigen Minderheiten gegenüber feindlich eingestellt zu sein. Die GamerGate-Bewegung weist diese Vorwürfe zurück. „Social Justice Warriors“ hingegen werfen genau dies vor.

Im Rahmen der Auseinandersetzung wurde dabei von der Seite, die den Spielern Sexismus vorwirft, eine Kampagne gestartet, in der es darum gehen sollte, dass Computer-Spiele für alle da sind und damit auch alle Leute, egal welches Geschlecht oder welcher sonstigen Diskriminierungszugehörigkeit aufnehmen sollen. Das Symbol sollte ein herzförmiger Avatar sein.

Dieses Symbol machte sich die GamerGate-Bewegung dann gleich zu eigen und betonte, dass sie ebenfalls der Auffassung wäre, dass alle willkommen wären und insofern die Vorwürfe falsch sein. Die Initiatoren der Aktion waren verärgert, denn sie wollten ja weiterhin auf die GamerGate-Anhänger zeigen können und diese als die Bösen, die nicht hinreichend inklusiven, die WHMs eben, darstellen können. Sie erklärten also, dass das Logo nicht für GamerGate-Anhänger verwendet werden dürfte. Diese wiesen dann daraufhin, dass sie als Motto dargestellt hätten, dass Spiele für alle wären, damit ja auch für Anhänger von GamerGate.

Die Erklärung, warum man dennoch, gerade wenn man inklusiv für alle sein will, bestimmte Personen ausschließen will, entspricht klassischer poststrukturalistischer Theorie, wie sie im SJW-Bereich verbreitet ist,  und erklärt damit auch ähnliche feministische Theorien:

Sie werfen “Doppeldenk” – ein Begriff aus George Orwells “1984” – vor und derailendie Diskussion dabei selbst durch ein absichtliches Missverständnis des Wortes Inklusive. Ein Raum kann nicht inklusiv sein, wenn er Platz für Misogynie und Transphobie – also Hass und Ausgrenzung – bietet. So bedeutet die Aussage, “alle” sind willkommen auch immer, dass viele ausgegrenzt werden. Ein sicherer Raum, der Menschen willkommen heißt muss eines selbst ausgrenzen: Hass. Wie schon bei demStatement von Blizzard, das ebenfalls vage formuliert und dann missinterpretiert wurde, zeigt sich wieder, dass diese Abgrenzung von Gamergate nicht klar genug formuliert werden kann.

Das ist ja erst einmal auch durchaus nachvollziehbar: Wer alle willkommen heißen will, der muss die ausschließen, die Andere ausschließen. Mit einer solchen Atmosphäre der Offenheit sind Leute, die gegen diese Offenheit arbeiten, nicht zu vereinbaren. Ich erlebe dies ja selbst, auch wenn ich anfangs davon ausging niemanden sperren zu müssen, wurden einige Leute schlicht zu anstrengend, um sie dauerhaft hier schreiben zu lassen. Und genug Leute werden der Auffassung sein, dass ich hier noch viel zu viel zulasse, und das je nach Ansicht sowohl in die eine als auch die andere Richtung.

Der Kern ist dabei natürlich, wann die Grenze erreicht ist, bei der man noch davon sprechen kann, dass man Hass ausgrenzt und ab wann man einfach andere Meinungen abwürgt. Hier scheinen mir die Maßstäbe innerhalb der SJW-Bewegung arg verschoben zu sein. Was auch gerade wieder gut an einer Block-Aktion bei Twitter zu beobachten war: Es wurde eine Blockliste erstellt, die alle betraf, die auf „GamerGate-Seite“ besonders aktiv waren – und alle, die diesen folgten. Achdomina beispielsweise war meines Wissens nach auch auf der Liste und damit ich wohl auch in zweiter Instanz, da ich ihm folge. Auch von den Blocks betroffen war dann wohl der Vorsitzende der besagten Vereinigung, der wohl auch einigen von „GamerGate“ gefolgt war.

Solche Form der Übertreibungen passen in diese Bewegung, in der es nicht darum geht, dass man tatsächlich beeinträchtigten hilft, sondern eher darum, dass man zeigt, wie gut man selbst ist.

Dazu heißt es gerade in einem Artikel in der Welt:

Andere schon: „Politisch korrektes Englisch wird dazu genutzt, dass sein Sprecher bestimmte Tugenden ausdrücken und sich gleichzeitig dazu beglückwünschen kann“, schreibt David Foster Wallace: „Es dient dem Eigeninteresse des politisch Korrekten viel mehr als irgendeiner der Personen oder Gruppen, von denen es spricht.“

Wer politisch korrekt spricht, will seine Tugend ausstellen. Das ist sehr bürgerlich, in einem schlechten Sinne sogar konservativ, aber etwas ganz anderes als der gute alte Anstand. Der schont ja rücksichtsvoll sein Gegenüber, während sich die politische Korrektheit darüber erhebt. Sie führt die Gleichheit im Munde, zielt aber tatsächlich auf „Distinktionsgewinn“, wie es der französische Philosoph Pierre Bourdieu genannt hätte. Distinktionsgewinn kann man einstreichen, indem man den Nachbarn zeigt, dass man den besseren Wein trinkt, den schöneren Altbau bewohnt oder eine klügere Zeitung abonniert hat. Oder indem man besonders politisch korrekt ist.

Diese Selbstdarstellung macht unter Betrachtung der Signalling Theorie und dem „Costly Signal“ durchaus Sinn. Man signalisiert sein eigenes Gutsein, indem man die Lasten der korrekten Sprache auf sich nimmt. (man sollte sich aber auch vor der gegenteiligen Praxis hüten: Dort lauert die Einschätzung, dass man eine kontroverse Meinung vertreten sollte, weil das zeigt, dass man sich gegen den Strom stellen kann oder gar der Fehlschluss, dass diese Meinung richtig ist, weil ihr Kontroversheit bedeutet, dass andere sie verhindern wollen, obwohl sie richtig ist).

In einer Bewegung, in der politisch korrekte Sprache und absoluter Minderheitenschutz ihrer eigentlichen Bedeutung beraubt sind und nur noch dem Wettkampf um die Darstellung der eigenen Gutheit dienen, sind Grenzen zum Schutz vor Hass nicht mehr zu ziehen. Denn in diesen wird alles Hass, was nicht die Spirale der Richtigkeit mitmacht.

Insoweit wäre die Begründung grundsätzlich tragfähig, allerdings wird sie eben so umgesetzt, dass sie selbst in Hass ausartet und tatsächliche Inklusion nicht mehr leisten kann.