Wir haben gerade die Weihnachtszeit hinter uns. Und wie immer sah man auch dieses Jahr gestresste Leute auf der Suche nach den richtigen Geschenken. Sind sie gut genug? Wird der Beschenkte sich freuen und der Meinung sein, dass man versucht hat das Richtige für ihn zu finden? Um so bedeutender die Verbindung, um so schwieriger ist oft die Auswahl des Geschenkes. Gerade am Anfang einer Beziehung möchte man mit dem Geschenk häufig etwas ausdrücken, was eine tiefere Kenntnis der Person offenbart, zumindest möchte man aber ein genauso gutes Geschenk schenken wie der andere. Man möchte in den Augen des anderen nicht zurückgeblieben sein hinter seinem Geschenk, keine Schuld aufbauen, denn trotz aller „Freiwilligkeit“ des Geschenks errichtet ein Geschenk eben eine Schuld.
Wir können demnach sogar böse sein, wenn uns jemand zuviel schenkt, weil er damit uns auch eine Schuld auferlegt. Genau der gleiche Effekt kann eintreten, wenn uns jemand etwas schenkt, wir aber kein Gegengeschenk haben, weil wir nicht damit gerechnet haben.
„Do ut des“ – ich gebe, damit du gibst – ist denke ich tief verankert in unsere Gesellschaft. Wer sich mit evolutionärer Psychologie beschäftigt wird das auch wenig verwundert finden: Es zieht sich durch das Tierreich, dass Tiere, die kooperieren ein Gedächtnis entwickeln, um so mehr sie auf einen reziproken Altruismus setzen, um so ausgeprägter ist ihr Gedächtnis. Reziproker Altruismus bedeutet dabei, dass man dem anderen gibt, ohne, dass er eine Gegenleistung gibt, dafür aber davon ausgeht, dass auch er den Gefallen erwidert und seinerseits gibt, wenn man etwas braucht. Vampirfledermäuse beispielsweise haben ein gutes Gedächtnis, da sie des häufigeren Blut teilen. Das ist bereits deswegen erforderlich, weil nur auf diesem Weg „Freerider“ und sonstige Parasiten des Systems vermieden werden können. Dies ermöglicht bei einer hinreichend kooperativen Gesellschaft eine Evolution dahingehend, dass es sich lohnt, von allgemeiner Kooperation auszugehen und nur abweichendes Verhalten zu bestrafen.
Allerdings ist eben die menschliche Welt nicht so einfach, nicht alles einfach nur schwarz und weiß, also alles 100% Kooperation oder 100% Ausnutzen. Es reicht, wenn man darauf aus ist, dass etwas bessere Geschäft zu machen, 55% zu nehmen und 45% zu geben.
Das macht einen Mechanismus notwendig, der so etwas nachhält, der bei einer Verbindung, die man besonders kooperativ halten möchte, Zweifel ausräumt, dass man auf seinen eigenen Vorteil aus ist, die also immer nachrechnet, ob man dem anderen etwas schuldet oder er einem.
Dieser Mechanismus ist es, der Weihnachten für viele Leute so anstrengend macht. Sie müssen kalkulieren, was der andere schenkt und etwas dazu passendes finden, von gleicher Bedeutung und Aussagekraft für die gemeinsame Verbindung. Man muss dabei die Beziehung bewerten und auch die Bewertung des anderen von der Beziehung einbeziehen, dazu ggfs den Statusunterschied. Wer zuviel schenkt, der kann unsicher wirken, wer zuwenig schenkt, der kann die Botschaft senden, dass ihm die Beziehung weniger wert ist. Das erfordert auch eine Bewertung des Geschenkes: Auf welcher Ebene drückt es was aus, wie wird der andere es verstehen.