„Ein negatives Verhältnis zur eigenen Sexualität oder gar sexuelle Minderwertigkeitsgefühle wirken auf viele Frauen abstoßend“

Auf dem Blog „Der lange Weg zum ersten Mal“, der Pickuptipps für „Absolute Beginner„, also Erwachsene, die in einem Alter, wo viele schon Sex und Beziehungen hatte, diese noch nicht hatte, gibt, befindet sich ein interessanter Kommentar einer Leserin zu sexueller Unerfahrenheit:

Ich würde die Ausführungen zum Pick-Up gerne aus der Perspektive einer Frau kommentieren. Ich weiß, dass Männer unter sexueller Unerfahrenheit häufig noch stärker leiden als Frauen, und ich finde es mehr als legitim, etwas dagegen zu unternehmen. Aber ich glaube trotzdem, dass PU der falsche Weg ist und dass die Annahme, sexuelle Unerfahrenheit sei der größtmögliche Attraktivitätskiller (vgl. den Beitrag zum Thema “Coming out als AB”), auf einem Missverständnis beruht.

Tatsache ist, dass ein negatives Verhältnis zur eigenen Sexualität oder gar sexuelle Minderwertigkeitsgefühle (und Minderwertigkeitsgefühle überhaupt, vor allem wenn sie auch noch offen zur Schau gestellt werden) auf viele Frauen – mich eingeschlossen – abstoßend wirken, und zwar selbst dann, wenn man den Betreffenden sonst durchaus sympathisch findet. Und natürlich ist es extrem schwer, ein positives Verhältnis zur eigenen Sexualität zu entwickeln, wenn man immer wieder die Erfahrung macht, bei Frauen sexuell nicht anzukommen.

Die PU-Szene vermittelt Männern jedoch eine Haltung zu Sexualität, die dieses Problem nur oberflächlich kuriert. Ich spreche aus Erfahrung, denn ich war selbst einige Monate mit einem Mann zusammen, der auf diesem Weg versucht hat, seine sexuelle Attraktivität zu steigern. Er hat es tatsächlich geschafft, sehr schnell – schneller, als ich es bei einem Kennenlernen erwartet oder mir gewünscht hätte – eine sexuelle Beziehung mit mir zu initiieren. Aber der Sex mit ihm hatte etwas merkwürdig Mechanisches (obwohl er alles geradezu lehrbuchartig gemacht hat), war „ohne Herz“, ohne echte Intimität. Ich hatte nicht das Gefühl, dass ich ihm dabei wirklich begegne, und das war es, wonach ich mich gesehnt hatte. Natürlich habe ich keinen Beweis dafür, dass es am PU-Training lag (von dem er mir am Anfang auch nichts erzählt hat – klugerweise, wie man wohl sagen muss). Aber nach dem, was ich über PU gelesen habe, wird den Männern dort leider nicht das vermittelt, was Frauen, die an einer echten Beziehung – im Gegensatz zu einem ONS oder einem Freund, der vor allem als Statussymbol dienen soll – interessiert sind, sich wünschen: Jemanden, der im Kontakt zu seinen eigenen Emotionen steht und Sexualität als Medium emotionaler Kommunikation einsetzen kann. Insofern würde ich allen männlichen ABs eher raten, eine klassische Sexualberatung (z.B. von pro familia) aufzusuchen, die – hoffentlich – einen ganzheitlicheren Ansatz verfolgt.

PU (und meines Erachtens auch dieser Blog, lieber Autor) lebt von Halbwahrheiten. Ja, Frauen – selbst solche, die in erster Linie auf innere Werte stehen – mögen keine Looser-Typen. Aber die Looser-Ausstrahlung entsteht durch nicht durch die sexuelle Unerfahrenheit als solche (ich wüsste beim besten Willen nicht, was mich daran anekeln sollte), sondern durchs Jammern, durch Passivität, Selbstmitleid, fishing-for-compliments etc. Wer es schafft, das zu überwinden, kommt nach meiner Erfahrung bei Frauen auch ohne spezielle Verführungstechniken gut an.

Mich interessieren dabei weniger die Ausführungen zu Pickup – wie so meist in Pickup-Kritik wird hier nicht bedacht, dass Pickup nicht nur auf Attraktion abstellt, sondern auch auf Komfort – sondern die Passagen zu den Anforderungen von Frauen und den Wirkungen sexueller Unerfahrenheit.

Hier werden starke „Anti-Game“-Mechanismen aufgeführt, die bei evolutionärer Einordnung auf einen geringen Partnerwert bzw. Sexual Market Value (SMV) schließen lassen.

  • negatives Verhältnis zu eigenen Sexualität
  • sexuelle Minderwertigkeitsgefühle
  • Jammern
  • Passivität
  • Selbstmitleid
  • Fishing for Compliments
  • Needyness in Bezug auf Sex
  • Entitlement („so langsam steht mir eine Frau zu“)
  • Frau wird nicht als emotionale Verbindung, sondern als reines Statussymbol gewollt (aber gleichzeitig dabei aufs Podest gestellt)
  • keine hinreichendes Interesse an einer emotionalen Verbindung.
  • kein „willing to emote“

Viele dieser Mechanismen sind Indikatoren dafür, dass andere Frauen nicht an einen interessiert sind und man auch ansonsten keinen Status hat.

Das Gemeine an diesen Faktoren ist, dass sie sich gegenseitig verstärken können. Wer keinen Erfolg beim anderen Geschlecht hat, der entwickelt Minderwertigkeitsgefühle, verkrampft, Jammert, meint, dass ihn „die Frauen“ doch nun langsam mal besser behandeln müssten, entwickelt negative Gefühle gegenüber Frauen, wertet sie ab und kann noch weniger eine Verbindung zu ihnen eingehen.

In diesem Fall hilft wohl nur, eine vollkommen neue Perspektive auf sich selbst und Frauen zu gewinnen, damit man aus diesem Kreislauf ausbrechen kann. Das ist allerdings verdammt schwer