Im Spiegel erläutert eine Autorin, warum sie keine Feministin sein will:
Leider wirkt der moderne Feminismus zunehmend wie eine Bewegung, die nicht überzeugen, sondern mit dem Vorschlaghammer bekehren will. Kluge und wichtige Argumente werden überlagert von aggressiven Tönen, ob im Netz oder im Café. Kluge und wichtige Wortführerinnen, die betont behutsam auftreten, werden gleich mit übertönt.
Die Unduldsamkeit des poststrukturalistischen Genderfeminismus ist in der Tat sehr hoch und wirkt auch sehr aggressiv. Eine Bereitschaft auf Kritik einzugehen, die sich nicht innerhalb dieses Systems bewegt, existiert nicht.
Interessant wäre natürlich, was sie als „kluge und wichtige“ Argumente ansieht, von Leuten die behutsam auftreten.
Durch dieses Prinzip macht sich der moderne Feminismus angreifbar. Er macht dicht, er grenzt sich ab, er grollt und schlägt um sich. Dabei sollte er wieder mehr zuhören, auch wenn es schwerfällt, nach Gründen fragen, nach Motiven.
Es ist interessant, was ein Firmenchef zu sagen hat, der nach eigenen Angaben keine weiblichen Führungskräfte findet. Oder eine Akademikerin, die nie einen Beruf ergriffen, sondern einen Alleinverdiener geheiratet hat. Oder eine Mutter, die ihre Tochter ins Barbie Dreamhouse schleppt.
Es wird für all das Argumente geben. Indem man sie ignoriert oder mit Verachtung überzieht, verschwinden sie nicht. Ganz im Gegenteil.
Der poststrukturalistische Feminismus muss da natürlich nicht zuhören, denn da hört er ja allenfalls die Ausflüchte des Patriarchats. Woran es liegt, dass weiß er bereits: Sexistischen Strukturen, insbesondere hervorgerufen durch den WHM, den weißen heterosexuellen Mann. Soweit Frauen im Sinne dieses Systems handeln ist es eben internalisierter Sexismus oder schlicht die Anbiederung an das System.
Im Alltag führt das zu einer Tabuisierung bestimmter Meinungen, so harmlos sie auch sein mögen. Auf Twitter oder in Gesprächen sollte man besser kein Plädoyer für die Kinderbetreuung außerhalb einer Kita halten. Man sollte lieber nicht laut sagen, dass von Unternehmen bezahltes Eizellen-Einfrieren womöglich keine schlechte Idee ist. Man darf auch nicht gerne „Topmodel“ gucken.
Wer es tut, wird sofort zum geistigen Feind deklariert. Es gibt dann richtig und falsch, und viel zu wenig Raum für alles, was dazwischen liegt. Im Eifer der Auseinandersetzung ziehen dann nicht nur Pöbler (zu Recht!) Zorn auf sich, sondern mitunter auch Menschen, die einfach ihre Sicht der Dinge beschreiben wollen. Feministinnen, die ständig und überall den „Kampf gegen die Maskus“ ausrufen – dazu möchte ich nicht gehören.
Das ist eine schöne Beschreibung der Lage – falsche Meinungen sind schlicht falsch und man darf ihnen keinen Raum geben. Da gibt es wenig Spielraum in dieser Form des Feminismus, denn Anerkennung bekommt da nicht, wer diskutiert, sondern, wer sich möglichst unnachgiebig als Kämpfer für die gute Sache darstellt.
Ich glaube nicht, dass der Feminismus eine neue Führungsfigur braucht, wie die „Zeit“ kürzlich forderte. Was er braucht, ist eine neue Willkommenskultur. Eine klare Haltung mit klaren Botschaften kann auch mal laut und wütend artikuliert werden. Aber dann bitte klug dosiert, nicht reflexhaft.
Denn ein bornierter, dauererregter Feminismus, der nicht mehr einlädt, sondern hauptsächlich abwehrt, hält am Ende nur den harten Kern zusammen. Diejenigen, die ein paar Fakten und Argumente dringend nötig hätten, bringt er nicht einmal in die Nähe des Umdenkens.
Und schlimmer noch: Er vergrault sogar jene Menschen, die die Ziele eines modernen Feminismus eigentlich teilen.
Dies führte natürlich gleich zu Aufregung im Feminismus. Immer würde vom Feminismus verlangt, dass er auf andere zugehe, dass er andere Meinungen mit einbeziehe, dass er alle einbeziehe. Das ist mit der Selbstwahrnehmung des Feminismus als Verkünder der absoluten Wahrheit, die keine Abstriche erlaubt, kaum zu vereinbaren.
Die Aufforderung, sich auf andere einzulassen wird dort als Verrat an der Sache gesehen, als Versuch, den Feminismus einzuengen.
Was es zum Teil ja auch durchaus ist: Der Feminismus in dieser Form ist eben radikal, müsste sich zwangsläufig abmildern, wenn er auch andere Interessen einbezieht. Die Forderung, dass er das tut, ist allerdings aus meiner Sicht zumindest dann verständlich, wenn man im Feminismus tatsächlich als eine Bewegung wahrnehmen würde, die Geschlechtergerechtigkeit will und dabei die Interessen der Männer miteinbezieht. Natürlich: In der feministischen Theorie sieht man es eher so, dass man sich in einem Abwehrkampf befindet, bei dem die Frau mit dem Rücken an der Wand steht und die Gleichberechtigung gegen den Mann erkämpft werden muss. Da erscheint es bizarr, wenn man verlangt, dass bei dieser Abwehr doch bitte auch die Interessen des Angreifers beachtet werden sollen. Aber das ist eben genau die radikale Sicht, die den meisten normaler denkenden Frauen nicht gefällt, die die Lage weitaus weniger düster sehen und Männer eben nicht als den Feind ansehen wollen.
Allerdings müsste der Feminismus dann den Mut haben, sich tatsächlich von vielen radikaleren Theorien zu lösen. Diese sind allerdings tief in den Feminismus eingebunden. Solange man nur allgemein im Sinne eines „MeinFeminismus“ anspricht, dass doch alle mal netter sein sollen, ist eine Lösung nicht zu erwarten, da dann diese Theorie im Hintergrund erhalten bleibt.
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