Selbermach Samstag 113 (06.12.2014)

Welche Themen interessieren euch, welche Studien fandet ihr besonders interessant in der Woche, welche Neuigkeiten gibt es, die interessant für eine Diskussion wären und was beschäftigt euch gerade?

Welche interessanten Artikel gibt es auf euren Blogs oder auf den Blogs anderer?

Welches Thema sollte noch im Blog diskutiert werden?

und natürlich: Was hattet ihr heute in euren Schuhen? (Froher Nikolaustag)

PS:

Irgendwas stimmt mit dem Feed nicht, ich habe keine Ahnung, woran es liegt, da man bei WordPress.com da nichts einstellen kann. Vielleicht hängt es irgendwie mit dem Theme zusammen? Für Hinweise bin ich dankbar

„Ich habe einen Freund“ beim Flirten

Viele, gerade hübsche, Frauen sind häufig in der Situation einen unerwünschten Verehrer loszuwerden. Als effektiv hat sich hier die Aussage „ich habe einen Freund“ gezeigt, ob man einen hat oder nicht.

Die Effektivität liegt aus meiner Sicht darin, dass es einen Grund vorgibt, der nicht in der Person des Verehrers liegt und bei dem man ein unlauteres Verhalten ihrerseits fordern muss, damit sie über ihn hinwegkommt.

Andere Gründe hingegen laden eher dazu ein, noch einmal nachzuhaken:

Er: Hey, kann ich dich zu einem Drink einladen?

Sie: Ich bin nicht durstig

Er: Na, dann können wir auch einfach so reden

****************

Er: Hey, wie geht´s?

Sie: Ich bin nicht interessiert

Er: Noch nicht, aber du kennst mich ja auch noch nicht

****************

ER: Hallo, ich heiße [Name]

Sie: *Starrer Blick geradeaus*

Er: HALLO, ICH HEISSE [Name], GANZ SCHÖN LAUT HIER ODER?

****************

Der Verweis darauf, dass sie einen Freund hat, ist zudem auch nicht per se unfreundlich, es gibt ihr einen guten Grund ihn abzulehnen, ohne dass er sich beleidigt fühlen muss, so dass er auch nicht provoziert werden kann wie bei anderer unfreundlicherer Ablehnung. Es liefert einen Grund außerhalb der beiderseitigen Macht, weil Liebe an sich in romantisierter Vorstellung eben für jeden anderen die Chance kaputt macht. Zudem stellt es eben auch noch einen potentiellen Mann in den Raum, der intrasexueller Konkurrenz hinzukommen lässt.

Im radikalen Feminismus gilt diese Aussage jedoch als Zeichen dafür, wie sehr die Rape Culture und die Unterdrückung der Frau in unsere Gesellschaft verankert ist.

Verschiedenste feministische Artikel greifen dies auf  und die Argumentation kurz zusammengefasst lautet wie folgt:

Male privilege is “I have a boyfriend” being the only thing that can actually stop someone from hitting on you because they respect another male-bodied person more than they respect your rejection/lack of interest

Oder etwas länger:

The idea that a woman should only be left alone if she is “taken” or “spoken for” (terms that make my brain twitch) completely removes the level of respect that should be expected toward that woman.

It completely removes the agency of the woman, her ability to speak for herself and make her own decisions regarding when and where the conversation begins or ends. It is basically a real-life example of feminist theory at work–women (along with women’s choices, desires, etc.) being considered supplemental to or secondary to men, be it the man with whom she is interacting or the man to whom she “belongs” (see the theory of Simone de Beauvoir, the story of Adam and Eve, etc.).

Nicht immer bringt die Gegenprobe etwas, hier scheint sie mir jedoch zu passen: Ich behaupte einfach mal, dass auch bei einer Frau, die an einem Mann interessiert ist, die Aussage, dass er eine Freundin hat, mit das effektivste sein kann, wenn er nicht interessiert ist. Und „Hat der eigentlich eine Freundin?“ dürfte auch eine Frage sein, die viele Frauen als erste an einem Mann interessiert, den sie gut finden. Ersetzt hier der Wille der Freundin und die Vorstellung wem der Mann „gehört“ den Willen des Mannes? Auch hier wird wohl eher der Gedanke stoppen, dass man damit etwas unmoralisches verlangt und sich in eine bestehende Beziehung einmischt und insoweit eher die „böse“ ist. Man macht sich einfach allgemein angreifbarer, wenn man versucht jemanden den Freund/die Freundin auszuspannen als wenn man versucht jemanden zu überreden, etwas mit einem anzufangen. Bei der ersten Version ist man recht unstreitig der „böse“ und droht insofern auch eher an Gesicht zu verlieren, bei der zweiten Version ist man es nicht unbedingt. Es ist weitaus akzeptierter etwas hartnäckig zu sein als eine Beziehung auseinander zu bringen.

Zu dieser Wertung kann man im radikalen Feminismus natürlich nicht kommen, denn dort hat man nur eine Sichtweise: Dieses Verhalten muss Mißbilligung gegenüber Frauen ausdrücken und eine Unterordnung dieser unter Männer begründen. Es ist insofern zwangsläufig als Entitlement zu sehen. Wer Sexismus finden will, der kann ihn eben überall finden.

Weil es eine so effektive Abwehr ist, ist es auch eine gern genutzte Variante des „Bitchshields“. Darunter versteht man im Pickup eine standardisierte Abwehr von Bewerbern, die von Frauen genutzt wird, die zu viele Bewerber haben oder gerade keinen Wollen und diese deswegen erst einmal reflexmäßig abwehren. Sie geben sich besonders kalt um so die Zeitdauer, die sie für das „Loswerden“ eines Interessenten brauchen möglichst zu verkürzen. Auch bei Unsicherheit bietet es sich als effektiver Mechanismus an.

Der Vollständigkeit halb daher noch einmal Tipps, wie man damit theoretisch umgehen könnte:

Wenn man davon ausgeht, dass sie tatsächlich einen Freund hat, dann sollte man sich erst einmal fragen, ob man sich da einmischen sollte.

Ist man der Meinung, dass sie keinen hat oder sieht man darin für sich kein moralisches Problem, dann kann man es als Shittest behandeln. Gängige Taktiken wären, es einfach zu ignorieren („Herzlichen Glückwunsch! Wie ich gerade sagte…“) es zu reframen und als Gelegenheit nutzen sexueller zu werden und dabei gleich seine Absichten ehrlich darzustellen („trifft sich gut, ich suche gerade auch nichts festes und keine Frau, die sich verliebt“) oder ähnliches: Dazu noch ein paar Funde aus dem Netz:

Hier:

Woman: I have a boyfriend

Future: That’s cool.  Does he treat you nice?

Woman: Yes

Future: Oh.  [Pause].  I wouldn’t.  [Continue conversation]

Hier:

HB: Sorry, but I have a boyfriend.
You: *Laughing* Hey, I just met you and you are already telling me about your problems:)?

ASF: „If I ask her to meet me somewhere and she says „But I have boyfriend“, I answer with „If he makes you happy, then you could bring him along.“ Then I ask, „Does he make you happy?“. I decide if I should follow up based on the response. Most have had some complaints about him which gives me something that I can work with later and a topic of discussion.“

ASF: „[One reason she might be saying she has a BF is that] she really does have a BF, likes you, but doesn’t want to feel guilty about cheating on her BF. This is classical „chick logic“ at work here and is good, because it means you are on your way to a fuck, even in spite of the BF… Basically this happens because she thinks that if she tells you about the BF now, she can relax and let you you fuck her anyways, since its „not her fault now“ that she fucked you, because, she *did* tell you about the boyfriend, and you ignored it, ie. she „had no choice in the matter“.“

HER: I have a boyfriend.
ME: That’s nice … so anyway ….
REASONING – ignore the topic and so will she.

Her: „I have a boyfriend“
You: „Thats *good* – I’m not really looking for a girlfriend either:)“

In der Tat kann der Umstand, dass sie einem mitteilt, dass sie einen Freund hat, verschiedenes bedeuteten:

  • Sie will einen loswerden
  • sie hat einen Freund und liebt ihn
  • sie hat einen Freund und ein schlechtes Gewissen, findet einen aber interessant. Dann muss man entscheiden, ob man sich darauf einlässt. Ein Zeichen dafür ist, dass man vorher geflirtet hat, und sie Interesse signalisiert hat und der Hinweis darauf, dass sie einen Freund hat, sehr spät kommt.
  • sie hat einen Freund und will mitteilen, wie die Situation ist, damit man Bescheid weiß, auf was man sich einlässt und diskret ist oder versteht, dass es nicht ganz einfach wird, zB weil es schlecht läuft, sie erst Schluss machen muss etc.

In den ersten beiden Fällen stehen die Chancen schlecht, in den letzten beiden kann ignorieren eine effektive Strategie sein. Die Antworten machen auch deutlich, dass man die damit verbundene Wirkung der sozialen Regeln, dass man sich nicht in Beziehungen einmischt, einfach von sich weist. Das „Über den Regeln stehen“ ist aber ein klassisches Zeichen hohen Status, was attraktiv sein kann. Zudem erlaubt man ihr diesen Faktor im Wege der Rückwartsrationalisierung auszublenden: Wenn er ihn nicht wichtig findet, dann muss es wohl nicht so wichtig sein.

All dies klappt natürlich nicht, wenn sie einen Freund hat, den sie liebt oder sie einen selbst nicht mag. Und es kann einen natürlich auch schlicht als ein Arschloch dastehen lassen, der vergebene Frauen anmacht. Wobei die Gefahr recht gering ist, wenn man ansonsten mit dem passenden Charme auftritt.