Die Chemie der Liebe

Ein interessanter Bericht im Spiegel zur Chemie der Liebe:

Fangen wir mit der allergrößten an: Was ist die Liebe?

Um sie zu beantworten, sagt Walschburger, kommt man um eine andere Frage nicht herum: Was ist der Mensch? Für ihn sind wir Doppelwesen: Auf der einen Seite Kinder der Natur, auf der anderen Kinder der Gesellschaft. Die leidenschaftliche Liebe ist ein Spagat: Sie ist eine evolutionär begründete Fortpflanzungsstrategie und gleichzeitig „eine magische Veränderung des Alltags“

Doppelnatur ist da aus meiner Sicht das falsche Wort. Es ist eher ultimate Cause und proximate Cause. Die Liebe ist eine Strategie zur Fortpflanzung und funktioniert eben darüber, dass sie bestimmte Veränderungen bewirkt, die ein Hochgefühl bewirken um die gewünschten Ziele umzusetzen.

Dann wird eine interessante Dreiteilung vorgeschlagen:

Vor weit mehr als 10.000 Jahren hat der Mensch seine innere Betriebsorganisation und sein Sozialverhalten ausgebildet. Und auch die drei wesentlichen Teilsysteme der geschlechtlichen Liebe: den Sexualtrieb, die leidenschaftliche, romantische Liebe und die vertrauensvolle Partnerbindung.

Die Abgrenzung des Sexualtriebs finde ich recht klar, die Abgrenzung der romantischen Liebe von der vertrauensvollen Partnerbindung ist da schon etwas schwieriger. Das eine ist wohl etwas verklärter als das andere.

Dann zur Chemie:

Der Trieb dient der Fortpflanzung. In der Pubertät fangen Mädchen an, verstärkt Östrogene zu produzieren, und Jungen besonders Testosteron. Der Sexualtrieb setzt ein, man wird der Eltern überdrüssig, fremde Personen werden interessant. „Die Pubertät ist die Zeit, in der man ständig verliebt ist, aber noch nicht weiß, in wen“, sagt Walschburger.

Nach der Zeit der diffusen Schwärmereien kommt die erste, alles überstrahlende Verliebtheit. Damit die Menschen eine Beziehung eingehen, muss die Natur die Entscheidung für einen Partner versüßen: Adrenalin und Noradrenalin sorgen für ein leidenschaftliches Temperament und dafür, dass wir für Reize aus der Umwelt empfänglicher werden. Dopamin verändert ähnlich wie Drogen unsere Wahrnehmung und unsere gesamte Erkenntnisleistung: Wie durch Scheuklappen wird die Aufmerksamkeit auf die positiven Eigenschaften des Geliebten gelenkt – die schlechten werden ausgeblendet. Und außerdem – zumindest eine Zeit lang – auch alle anderen potentiellen Liebespartner.

Also das Hardcore-Liebesprogramm. Der evolutionäre Nutzen ist denke ich leicht zu erkennen: Bindung zur Nachwuchserzeugung.

Dann zur weiteren Phase:

Nach dem Happy End klingt die Verliebtheit schon nach wenigen Monaten ab. Läuft die Beziehung gut, wird die leidenschaftliche Liebe von der partnerschaftlichen Bindung abgelöst. Das Paar soll schließlich zusammenbleiben – etwa vier, fünf Jahre lang, bis der Nachwuchs auf eigenen Beinen steht.

Die Bindungshormone heißen Oxytocin und Vasopressin – bekannt als Kuschelhormone, die auch Eltern-Kindbeziehungen zusammenhalten. Die Überhöhung und die hormonelle Fokussierung auf den Partner ist aber vorbei: „Der Mensch ist ein Zwitterwesen – einerseits treu, andererseits untreu“, sagt Walschburger. Wir sehnen uns nach einem vertrauten „Individuum mit Heimcharakter“, bei dem wir uns aufgehoben fühlen – aber auch nach einem immer neuen, geheimnisvollen Partner. Die Verschmelzung kann sogar zum Verhängnis werden: Sind sich die beiden Ichs zu vertraut, sind sie zu sehr zu einem Wir geworden, fehlt das Fremde, sexuell Stimulierende.

Deswegen sollte man immer schauen, dass man die Chemie am Leben erhält. Etwas Push-Pull und andere Vorgehensweisen können hier das sexuelle  bedienen und so das „Feuer“ am laufen halten.

Dann zu seiner eigenen langen Beziehung:

Die Natur kann nicht auf alle Fragen eine Antwort geben: „Ich könnte mir meine eigene Partnerschaft nicht biologisch erklären“, sagt Walschburger. Seit 40 Jahren ist er mit seiner Frau verheiratet. „Es hat ja keinen biologischen Vorteil, so lange zusammenzubleiben.“ Die Natur sei nicht darauf vorbereitet, dass die Menschen so lange lebten, geschweige denn zusammenblieben.“ Wir müssen nach sozialverträglichen neuen Wegen suchen“, sagt Walschburger.

Hier irrt er meiner Meinung nach. Es gibt biologische Vorteile für ein langes zzusammenbleiben. Einmal ist lange Liebe ein Costly Signal, dass man eine ernste Bindung eingehen will und dann ist der menschliche Nachwuchs sehr lange unselbständig und benötigt Unterstützung/Förderung.

vgl. auch: