„Wann immer neue Nichtnullsummenspiele entstehen, entsteht Fortschritt“

In dem Buch „Nonzero“ wird die Theorie vertreten, dass Menschen immer wieder auf der Suche nach Spielen sind, die ihnen nicht nur erlauben, anderen etwas wegzunehmen, sondern mit anderen gemeinsam einen Mehrwert zu schaffen (was nicht ausschließt, dass man damit anderen damit etwas wegnimmt, weil man dadurch Vorteile hat)

Dazu noch einmal aus der Wikipedia:

Nullsummenspiele beschreiben in der Spieltheorie Situationen, also Spiele im verallgemeinerten Sinne, bei denen die Summe der Gewinne und Verluste aller Spieler zusammengenommen gleich null ist.[1]

Nullsummenspiele sind spieltheoretisch äquivalent zu den Spielen mit konstanter Summe (Konstantsummenspielen). Bei diesen Spielen ist die gemeinsame Auszahlungssumme nicht gleich null, sondern gleich einer Konstanten, betrachtet man jedoch die Auszahlung als im Voraus an die Spieler verteilt, so spielen diese um eine Umverteilung mit Summe null. Beispiele für Nullsummenspiele sind alle Gesellschaftsspiele und Sportarten, bei denen gegeneinander um den Sieg gespielt wird, beispielsweise Poker oder Schach. Es ist dabei zu beachten, dass die betrachteten Gewinne und Verluste außerhalb des Spieles verstanden werden – in einer Schachpartie verlieren beide Spieler gegenüber dem Partiebeginn in der Regel an Spielmaterial, es geht aber nur um die Auszahlung des Spieles „nach außen“, hier zum Beispiel als „ein Punkt in einem Turnier“.

Ein Nullsummenspiel im ökonomischen Sinne ist eine Konkurrenzsituation, bei der der wirtschaftliche Erfolg oder Gewinn eines Beteiligten einem Misserfolg oder Verlust eines anderen in gleicher Höhe gegenübersteht.

Der allgemeine Fall des Nicht-Nullsummenspiels wird oft als Coopetition bezeichnet. Man kann dabei noch unterscheiden, ob die Summe zu jedem Zeitpunkt null ist oder ob es bestimmte Zeiten während der Spielzüge gibt, in denen sie ungleich null oder unbestimmt ist. Ein besonderer Fall des Nicht-Nullsummenspiels ist das sogenannte Win-Win-Spiel, bei dem alle Beteiligten gleichzeitig gewinnen können, dieser Spielausgang aber dennoch nicht automatisch erreicht werden kann.

Ich habe das Buch erst angefangen, es klingt aber bisher interessant. Es versucht eine Schnittstelle zwischen Kultur und Biologie darzustellen.

Dazu aus der Wikipedia:

The principal argument of Nonzero is to demonstrate that natural selection results in increasing complexity within the world and greater rewards for cooperation. Since, as Wright puts it, the realization of such prospects is dependent upon increased levels of globalization, communication, cooperation, and trust, what is thought of as human intelligence is really just a long step in an evolutionary process of organisms (as well as their networks and individual parts) getting better at processing information.[1]

Through this lens, and an overview of human and global history, Wright typifies the argument against the views of noted paleontologist Stephen Jay Gould. Gould wrote that „Humans are here by the luck of the draw.“ Wright acknowledges one aspect of Gould’s argument—that the evolutionary process was not such that it would inevitably create humans as we know them today („five fingers, five toes, and so on“) but that evolution would almost certainly result in the creation of highly intelligent, communicating organisms, who would in turn develop tools and advanced technologies.

Evidence for natural selection driving improvements in information processing is given throughout, including the case of the bombardier beetle, an insect that developed the ability to spray its attackers with harsh chemicals. This, in turn, favored predators via natural selection who had techniques to avoid the spray. As Wright puts it, „complexity breeds complexity.“ This is the often referred to evolutionary phenomenon of the „arms race,“ wherein competing organisms stack up their developments in competition with one another.

Via this increasing complexity, according to Nonzero, higher intelligence was thus destined to happen, perhaps even „inevitable“ (see discussion of inevitability below). Though the stated thesis is that evolution is headed in the direction of „non-zero-sumness,“ Wright argues that the realization of such prospects is dependent upon improvements in information processing, thus neatly carving out a reason for the creation and cultural evolution of the human species.

Evolution hat natürlich kein Ziel, weil es ein Prozess ist, der nicht gesteuert ist. Aber häufig ist es natürlich ein Ergebnis dieses Prozess, dass neue Möglichkeiten entstehen müssen, damit man mit der „anderen Seite“ mithalten kann. Gesteigerte Intelligenz ist dazu ein sehr gutes Mittel, insofern ist ein Selektion auf Intelligenz durchaus wahrscheinlich, wenn bei einer Spezies eine Konkurrenz in dem Bereich eintritt. Beim Menschen spricht einiges dafür, dass diese Konkurrenz auch über intrasexuelle und intersexuelle Konkurrenz geführt worden ist.

Im Buch heißt es dazu:

Wright argues that as complexity in human society increases, the ability to reap „non-zero-sum gains“ increases. For example, electronic communications enable trade at a global level, and allow various societies to trade in items they could not produce or obtain otherwise, resulting in benefits for everyone: new goods. Similarly, global governments allow global solutions to common problems. Were aliens to attack, or the Arctic glaciers to melt, the world would be able to use its communicative technologies to band societies together and defend itself at large. In fact, this view of the world as an organic entity itself is touched upon in the penultimate chapter of the book, and is similar to that of Gaia theory.

Of course, when societies band together to fight a common enemy, that enemy is not always an Arctic glacier, but rather, other human societies. Wright discusses this as well, arguing that war between nations often resulted in technological and cultural evolution. For example, World War II spurred the development of the Manhattan Project and, in turn, nuclear power and related research—a technology that may ultimately benefit the world at large. Further, societies with advanced governments were more likely to succeed in war, spreading government systems as a technology in and of itself.

Hohe Intelligenz erlaubt eine ganz andere Form von Wettkampf und natürlich auch eine höhere Form von Kooperaton. Gerade die Fähigkeit zur Kooperation, zur Zusammenarbeit, gibt die Möglichkeit kooperative Spiele statt Nullsummenspiele zu entwickeln. Wer es schafft mit anderen zusammen etwas zu entwickeln, was beiden Vorteile bietet, der wird zum einen als Bündnispartner interessanter und kann dieses „Mehr“ auch zu seinem Vorteil und gegen andere einsetzen.

 Das Buch scheint dabei etwas esoterisch zu werden, wenn es auf eine Gaia-Theorie abstellt, die aus meiner Sicht keinen Sinn macht, aber man wird sehen müssen, was tatsächlich dort dazu gesagt wird.

Die Grundtheorie finde ich aber sehr interessant: In der Tat bietet beispielsweise die schnellere Kommunikation über neue Technologie und der Umstand, dass Waren heute leicht und relativ billig um die ganze Welt transportiert werden können, ganz neue Möglichkeiten zu kooperativen Spielen: Ein Beispiel scheint mir dabei die Möglichkeit zu sein, in China billig Sachen herstellen zu lassen und sie dann in der ganzen Welt zu verkaufen.

Ironischerweise ist es ein ehemalig kommunistisches Land, welches den Zugang zu Produktionsmittel für alle möglich macht und damit die Theorien von Marx, dass diese die eigentliche Macht darstellen, auf den Kopf stellt: Heute kann jeder, der ein Produkt hat, Produktionsmittel in China oder in anderen Ländern nutzen und sein Produkt herstellen, dabei fallen Vorteile für beide Seiten an, die chinesischen Firmen die produzieren und die Unternehmer, die ihr Produkt herstellen und verkaufen können. Natürlich ist das nicht automatisch eine Win-Win-Sitution für alle: In bestimmten Ländern gehen im Gegenzug Arbeitsplätze verloren etc. Aber dennoch ist es ein klassisches kooperatives Spiel für die Beteiligten, welches ihnen einen Vorteil gibt.

15 Gedanken zu “„Wann immer neue Nichtnullsummenspiele entstehen, entsteht Fortschritt“

  1. „Wer es schafft mit anderen zusammen etwas zu entwickeln, was beiden Vorteile bietet, der wird zum einen als Bündnispartner “
    Ist da nicht wer besse4, der anderen was wegnimmt. Beispiel wäre hier ein Räuber. Der nimmt allen was weg, auch mir. Wenn ich mit dem raube, können wir zusammen besser rauben und er nimmt mir nichts weg.
    Sonst noch ein Beispiel aus der Schule. Da ist ein Kind, Körper wie ein Berggorilla, dass alle verhaut. Der Vorteil wäre hier andere hauen. Nachteil für andere gehauen werden. Wenn der sagt, mach doch mit, wir verhauen zusammen andere, nehmen wir denen ja was weg, also Nullsumme, aber ich habe höhere Motivation, weil er haut mich nicht mehr.

    Oder sind die, die da vermöbelt werden die Arbeitsplätze in anderen Ländern???

    • „st da nicht wer besse4, der anderen was wegnimmt. Beispiel wäre hier ein Räuber. Der nimmt allen was weg, auch mir. Wenn ich mit dem raube, können wir zusammen besser rauben und er nimmt mir nichts weg.“

      Das ist ein sehr einfaches kooperatives Spiel, welches auch alle anderen Leicht übernehmen können und welches einen geringen kooperativen Vorteil hat.
      Ein interessanteres kooperatives Spiel ist es, sich zusammenzuschließen und damit die Möglichkeit zu haben, spezialisten auszubilden. Spezialisierte Kämpfer, die den Schutz übernehmen, spezialisierte Nahrungsmittelproduzenten, die effektiver nahrungsmittel produzieren und spezialisierte Werkzeug und Waffenproduzenten und ebenso spezialisierte Ausbilder und Forscher. Schon ist man den klassischen Räubern überlegen, die nur auf Masse setzen. Und man macht keine kleinen Raubzüge mehr, sondern man erobert andere Gegenden komplett.
      Zivilisation ist geboren.

      „Sonst noch ein Beispiel aus der Schule. Da ist ein Kind, Körper wie ein Berggorilla, dass alle verhaut. Der Vorteil wäre hier andere hauen. Nachteil für andere gehauen werden. Wenn der sagt, mach doch mit, wir verhauen zusammen andere, nehmen wir denen ja was weg, also Nullsumme, aber ich habe höhere Motivation, weil er haut mich nicht mehr.“

      auch das kann kooperativ für euch beide sein, wenn jeder von euch durch die Zusammenarbeit mehr erhält als wenn er alleine Kinder bekommt. Das es gegenüber anderen ein Nullsummenspiel ist wäre erst einmal egal. Aber Raub ist natürlich auch ein schlechtes Beispiel. interessanter ist es sicherlich, wenn man durch das Produkt neue Märkte und mehr wohlstand schafft.
      Die Zusammenschlüsse in den ersten Städten wären da ein gutes Beispiel. Maschinenentwicklung ein weiteres: Man hat ein großartiges Produkt, mit dem man Geld verdienen kann und Produktivität wurde wesentlich erhöht.

      • Ich meinte eigentlich, dass ich eine zusätzliche Motivation habe, wenn ich bei nicht kooperieren einen Schaden habe.
        Klar die Beispiele waren bewusst primitiv.

  2. Warum es so wichtig ist, Nicht-Nullsummenspielen zu verstehen, sieht man, wenn man das Gegnteil betrachtet;

    1. Es ist ein sicherer Weg zum Unglücklichsein, menschliche Beziehungen als Nullsummenspiel aufzufassen.

    Und noch eine andere Erkenntnis ergibt sich:

    2. „Unabhängigkeit“ ist nur in gewissem Maße ein erstrebenswertes Ziel.

    Ab einem gewissen Grad wird sie ziemlich teuer, weil man nicht die Vorteile von Zusammenarbeit nutzen kann.

    Jede Bewegung oder Ideologie, die ein „wir oder die, einer muss ja verlieren“ vertritt und jedwede (!) Abhängigkeit von anderen Menschen (andere nennen es auch Beziehungen) als negativ darstellt, ist daher skeptisch zu sehen.

    • „Es ist ein sicherer Weg zum Unglücklichsein, menschliche Beziehungen als Nullsummenspiel aufzufassen.“
      Das ist vollkommen richtig und ich habe Probleme mir zu erklären woher diese Idee kommt. In der Regel führt Kooperation nämlich zu Profiten auf beiden Seiten.

      Unabhängigkeit und Zusammenarbeit schließen sich ja auch nicht aus. Wenn ich mit jemanden zusammenarbeite opfere ich nur für einen bestimmten Zeitraum meine komplette Unabhängigkeit um ein gemeinsames Ziel (im Idealfall) zu verwirklichen.
      Zumindest in der Theorie kann man jederzeit abspringen, auch wenn dann natürlich das Vertrauen in einen sinkt.

      • Nullsummenspiele sind relativ einfach zu verstehen
        Linke sind dumm.

        Also verstehen Linke nicht das Konzept der Kooperation (d.h. Schaffung von Wohlstand)

  3. Ironischerweise ist es ein ehemalig kommunistisches Land, welches den Zugang zu Produktionsmittel für alle möglich macht und damit die Theorien von Marx, dass diese die eigentliche Macht darstellen, auf den Kopf stellt:

    @ Christian
    Ich weiss nicht, was Du rauchst, aber ich rate Dir dringend, mal anderen Stoff zu kaufen.

    Heute kann jeder, der ein Produkt hat, Produktionsmittel in China oder in anderen Ländern nutzen und sein Produkt herstellen,

    Kapital, Kapitalismus? Klingelt da was?

  4. „The principal argument of Nonzero is to demonstrate that natural selection results in increasing complexity within the world and greater rewards for cooperation.“

    Eine sehr vernünftige Sichtweise. Nicht umsonst heißt es heute oft die Welt und unser Leben darin seien so kompliziert, dass wir es nicht verstehen. Ich denke viele Probleme der heutigen Zeit gehen auf dieses unbestimmte Gefühl zurück, dass die Verhältnisse da draußen so komplex sind sodass wir sie weder verstehen noch kontrollieren können. Und der Mensch hasst es nicht die Kontrolle zu haben.
    Da wird lieber eine simplifizierende weltsicht vertreten, in der die Rollen und die gute und schlechte Seite klar verteilt sind. Das Ergebnis im zwischenmenschlichen Bereich kann man gut an der genderideologie sehen, im politischen wäre es der zunehmende Populismus auf beiden Seiten. In der Wissenschaft wäre es der tlw. geradezu religiöse glaube an die ERKLÄRUNG, anstatt dass man sich mit heuristiken zufrieden gibt. In allen Fällen werden einfach erfassbare, holzschnittartige Erklärungen geboten, um der übergroßen Komplexität zu entkommen.

    Außerdem könnte obiges Zitat bedeuten, dass endlich ein Umdenken bei der „Sperm is Cheap“ Argumentation einsetzt. Auch so ein Beispiel, wo eine einfache holzschnittartige Erklärung anstelle der viel komplexeren Wirklichkeit vorgezogen wird. 😉

  5. Gaia-Theorie?
    Klingt spannend. Gibt es da Texte auf Deutsch zu?
    Ich meine mal irgendwas über eine Art „feministischen Gaiaismus“ gelesen zu haben, der sich irgendwie auf die griechische Erdgöttin beziehen soll. Leider nix weiter zu gefunden, bis jetzt.
    Und dann wäre da noch die asimovsche „Gaia-These“ ( aus „auf der Suche nach der Erde“ ), die ich ( als eine Art Metapher ) für hochinteressant halte.

    Falls wer irgendwas dazu weiß, her mit den Links …..

    • Gaia, Mutter Erde, Verbundenheit von allem, …

      Schwirrt immer wieder rum – ist mE weitgehender Bullshit.
      Gerade die Komponente der Ganzheitlichkeit und Verbundenheit war vmtl. der Trigger für Asimov.

  6. Nur als Info: Von demselben Autor Robin Wright gibt es auch ein Buch zur evolutionären Psychologie der Religion: The Evolution of God, 2009.

    J. Haidt hat mal gesagt, unser traditioneller religiöser Glaube habe uns zur schlechten Biologen und speziell schlechten Evolutions-Theorikern gemacht. Umgekehrt muß man aber anerkennen, daß uns Biologie und (klassische) Evolutions-Theorie zu schlechten Psychologen der Religion gemacht haben.

    Wright versucht sich in seinem Buch an einer Erklärung religiösen Glaubens als einer natürlichen Art des Denkens und Fühlen, speziell als einer evolutionär herausgebildeten und bewährten Art.

    Man kann diesen Überlegen Wrights auch dann folgen, wenn man (wie z. B. ich) die meisten Inhalte religiösen Denkens und Glaubens für zweifelhaft hält.

    Dies nur als Info, weil in dem hiesigen Forum ja gelegentlich Seitenhiebe auf Christentum und Islam ausgeteilt werden.

    • „Wright versucht sich in seinem Buch an einer Erklärung religiösen Glaubens als einer natürlichen Art des Denkens und Fühlen, speziell als einer evolutionär herausgebildeten und bewährten Art.“
      Das scheint doch mal ein ganz vernünftiger Ansatz zu sein. Da wir nunmal nicht genug Grips haben, um objektiv zu sein, bleibt ja kaum eine andere Möglichkeit, als relativ pauschale Abkürzungen zu nutzen.

  7. Vergessen wurden: Spiele mit negativer Gesamtauszahlung. Die markantesten Beispiele sind dafür bestimmte Auktionen (amerikanische Auktion) und äquivalente Spiele, wie Preisausschreiben, Lotto etc. Zwar bekommt der Sieger sehr viel aber die gesamtsumme der Einzahlungen/Aufwände ist höher als der Gewinn.

  8. Pingback: Die Nullsummenbetrachtung der Empathie. | Alles Evolution

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