Verinnerlichter Sexismus

Auf Feminismus 101 gibt es einen Artikel über verinnerlichten Sexismus:

Dabei geht es ganz nach Foucault darum, dass der Empfänger bestimmter Erwartungen und Regeln, die gesellschaftlich für ihn aufgestellt werden , diese für seine Person akzeptiert und sie zum Teil seines Wesens macht, sie evtl. sogar als definierend für den von ihm angenommenen Typus ansieht.

er Zusammenhang dazwischen, eine Empfängerin von Sexismus von außen zu sein und ihn zu verinnerlichen ist nicht direkt kausal. Wenn einem Mädchen befohlen wird, den Mund nicht aufzumachen, weil es das ist “was Mädchen zu tun haben”, wird sie das nicht auch zwangsläufig verinnerlichen. Sie könnte verschieden darauf reagieren, etwa mit “Ich möchte ein braves Mädchen sein, also werde ich auf das achten was ich sage” (Akzeptanz), “Wenn ‘brave’ Mädchen den Mund halten müssen, dann will ich ein ‘böses’ Mädchen sein” (Mischung aus Akzeptanz und Ablehnung) oder “Ich bin ein gutes Mädchen aber ich will den Mund aufmachen können, also irrst du dich” (Ablehnung). Es ist wichtig zu verstehen, dass wir zwar alle unterschiedlich verinnerlichen, aber ausnahmslos alle von diesen Botschaften beeinflusst werden.

Immerhin kommt hier auch das Konzept der Ablehnung vor. Meiner Meinung nach wäre auch noch die Denkweise „ich weiß, wie ich mich in bestimmten Situationen verhalten sollte, um einen bestimmten Effekt zu erzielen, aber ich weiß auch, wann ich das lassen kann“ hinzuzunehmen, sofern man ihn nicht unter Ablehnung fasst.

Eine weitere Sache der mensch sich gewahr sein sollte ist, dass es sich nicht nur um eine anlassbezogene Botschaft handelt. Es ist nicht nur das kleine Mädchen, dem gesagt wird, dass “brave Mädchen” ruhig zu sein haben, sondern eher, dass sie dieser Botschaft durch eine Vielzahl von Kanälen ausgesetzt ist: Sowohl durch direkte Aussagen als auch durch die Art, auf die kleine Jungs anders behandelt werden, wie sie sich gegenüber kleinen Mädchen verhalten oder die Darstellung von Mädchen im Fernsehen. Sie wird auch das Gegenteil zu hören bekommen, dass “gute Mädchen keine Angst davor haben, offen zu sagen was sie denken” oder durch eine Schulumgebung, in welcher bewusst versucht wird, die Kinder geschlechtsneutral zu behandeln oder Fernsehserien, in denen Mädchen als aktiv und selbstbestimmt dargestellt werden. Das alles trägt dazu bei, wie Botschaften verinnerlicht werden, und wenn das Mädchen größer wird und Erfahrungen sammelt, wird sich die Art der Verinnerlichung entsprechend verändern.

Das ist letztendlich die Rechtfertigung für viele Versuche die Gesellschaft umzugestalten. Wenn man in dieser Denkweise den schlechten zu erinnerlichenden Sexismen der Gesellschaft etwas entgegen setzen will, dann muss man entweder Geschlechterollen aufbrechen oder aber Gegenbeispiele geben, damit diese verinnerlicht werden. Quoten für mehr Frauen in Führungspositionen verhindern dann, dass der Sexismus „Frauen können nicht in Führungspositionen arbeiten“ verinnerlicht wird. Jeder Junge, der mit einer Puppe spielt, kann verhindern, dass ein Mädchen, welches dies mitbekommt, einen Sexismus verinnerlich, dass Puppen und damit Kinderbetreuung etwas für Mädchen ist.

Die Folgen werden so dargestellt:

Die Folgen, sich diese Rolle zu Eigen zu machen, sind ein enormes Reservoir an Selbsthass. Kein wirklich wahrgenommener oder hingenommener Selbsthass, die meisten Frauen würden das leugnen. Er kann sich dadurch ausdrücken, sich in seiner eigenen Rolle unwohl zu fühlen, als Gefühl der Leere, als Taubheit, Unruhe oder lähmende Ängstlichkeit. Es kann sich auch in einer Verteidigung der eigenen Rolle äußern. Aber er existiert, oft unterbewusst, vergiftet ihr Dasein, entfremdet sie von sich selbst und ihren eigenen Bedürfnissen, lässt sie auf andere Frauen wie eine Fremde wirken. Es folgt der Fluchtversuch: Identifikation mit dem Unterdrücker,, durch ihn leben, Status durch seine Macht und seine Errungenschaften erlangen. Und dadurch, sich nicht mit anderen “leeren Hüllen” zu identifizieren, wie sie selbst es sind. Frauen identifizieren sich nicht mit anderen Frauen, die ihre eigene Unterdrückung, ihren zweitrangigen Status, ihre eigenen Selbstzweifel widerspiegeln. Eine andere Frau damit zu konfrontieren ist letztendlich die Konfrontation mit dem eigenen Selbst, das man vermeiden wollte. Und in diesem Spiegel wissen wir, dass wir das, zu dem wir gemacht wurden, nicht wirklich lieben und respektieren können.

Das hat den hübschen Zusatzeffekt, dass man damit auch gut Kritik abfangen kann, wenn feministische Positionen nicht anerkannt werden. Sie hat dann eben ihren eigenen Sexismus schon zu tief verinnerlicht, ist in diesem gefangen. Es ist auch eine gewisse Form der Unmündigkeitserklärung. Frauen, die bestimmte Geschlechterrollen machen das eben nicht, weil es ihnen gefällt, sondern weil sie Sexismus verinnerlicht haben.

Die Bekämpfung soll wie folgt erfolgen:

Uns selbst von der verinnerlichten Unterdrückung zu befreien heißt zunächst, ein Bewusstsein für die Einschränkungen zu schaffen, die wir uns selbst auferlegen. Lebe ich mein Leben in dem Bewusstsein, was ich wirklich will und wer ich wirklich bin, oder versuche ich mich anzupassen? Schätze ich andere Frauen für ihre Größe und schätze den Raum, den sie für mich und alle Frauen auf der Welt schaffen, oder antworte ich mit verinnerlichter Unterdrückung, in dem ich denke und sage “Wer glaubt sie denn wer sie ist …?”? […] Lasst uns den Mut haben, die Stimmen des verinnerlichten Sexismus zu hören und die Entschiedenheit, ihn als den angstgetriebene Unsinn, der er ist, abzulehnen. Lasst uns Frauen unterstützen und feiern, jedes mal wenn sie sich wie ein verspieltes, entschiedenes, aus tiefem Herzen lachendes, völlig lebendiges, menschliches Wesen benimmt. Lasst uns “JA!” sagen und es uns ausdrücken, fühlen und leben. Go, Girl! Wer hat gesagt wir können uns nicht unser Stück vom Kuchen nehmen, es essen? Wovor haben wir Angst ? Keine Grenzen!

Hier sieht man auch schön, dass man daraus eine Befreiungsideologie aufbauen kann. Wer nicht jedes um Raum kämpfen unterstützt, der ist eben noch nicht so weit und hat noch zuviel verinnerlicht. Diese Haltung passt gut zu IDPOL, um so mehr man um Raum kämpft, Männer zurückdrängt, Frauen schätzt und den Kampf gegen die verinnerlichten Sexisten führt, um so mehr Gruppensolidarität zeigt man auch. Um so mehr man sich zurückhält um so mehr distanziert man sich von der Sache.

Was leider zu kurz kommt ist die Frage, ob es wirklich nur verinnerlichte Sexismen und nicht bewußte Entscheidungen oder biologische Dispositionen sind.