Abgrenzung sozialer und biologischer Einflüsse und ihrer Schwierigkeiten

Der Mensch ist ein Produkt der Natur und der Umwelt. Die Anlage-Umwelt-Debatte ist insofern schwer zu führen, weil Kultur häufig eine Ausgestaltung der Biologie auf andere Weise ist.  Gerade bei der Forschung in die kulturelle Richtung werden aber gerne mögliche biologische Einflüsse zu früh ausgeschlossen. Dazu kurz etwas:

  • Bei einem Vergleich mit den Eltern wird nicht berücksichtigt, dass die Kinder von diesen nicht nur die Erziehung, sondern auch die Gene haben. Wenn sie also bestimmte gleiche Einstellungen haben, dann kann das daran liegen, dass sie die gleichen Gene haben.
  • Es wird häufig angenommen, dass die Beeinflussung nur in eine Richtung verläuft. Tatsächlich verläuft die Beeinflussung aber in beide Richtungen. Die Eltern/Bezugspersonen reagieren auch auf das (möglicherweise biologisch bedingte) Naturell/den Charakter des Kindes etc. Ein besonders freches Kind wird eben strenger angegangen werden oder die Eltern werden eher resignieren als bei einem Kind, welches von Natur aus brav ist. Bei diesem besteht vielleicht gar kein Anlass es so hart anzugehen („der Junge kommt aus einer kaputten Familie“ „Ja, ein Junge wie er bekommt jede Familie kaputt“)
  • bei der Peer-Group kann hinzukommen, dass sie sich eine PeerGroup suchen, die ihren Vorlieben entsprechen, die wieder biologische Ursprünge haben können
  • Abweichungen in Kulturen bedeuten nicht, dass diese auf Kultur zurückzuführen sind. Es kann einfach ein anderes biologisches Muster aktiviert sein. Beispielsweise ist der Umstand, dass in Kulturen mit hoher Vaterunsicherheit nicht die Väter, sondern die Onkel mütterlicherseits die Kinder unterstützen nach evolutionärer Spieletheorie leicht nachzuvollziehen und entspricht der biologischen Interessenlage, die eben bei hoher Vaterunsicherheit eine hohe Investition des Partners der Frau in die Kinder uninteressant macht. Biologische Programme müssen nicht schlicht sein, sie können natürlich auch graduell ausgestaltet sein
  • Männer und Frauen sind nach den biologischen Theorien nicht essentialistisch verschieden, sondern nur im Schnitt. Abweichende Verhaltensweisen bestimmter Frauen und Männer sprechen damit per se  nicht gegen biologische Begründungen.