„Das ist ja mal wieder typisch männliches Dominanzverhalten!“

Kritik am Feminismus an einem Ort, an dem ich sie nicht erwartet hätte, nämlich auf dem feministischen Blog „Anarchorobben“ und zwar bezüglich des Umgangs mit Männern im Feminismus:

Der erste Vorfall auf einem Vortrag zum Queerfeminismus:

Nach ca. 5 – 10 Minuten Vortrag fiel ein älterer Mann der Referentin ins Wort und meinte, er hätte bisher nichts von dem, was sie erzähle, verstanden. (Ein meiner Meinung nach berechtigter Einwand für jemanden, der wahrscheinlich noch niemals das Wort „queer“ gehört hat.)

Genau in diesem Moment brüllte auf einmal eine Frau quer durch den Raum: „Das ist ja mal wieder typisch männliches Dominanzverhalten!“

Das Publikum schwieg. Die Referentin hielt inne. Die Moderatorin sagte ebenfalls nichts. Der Vortrag ging weiter. Der Mann sagte kein weiteres Wort mehr, während der ganzen Veranstaltung – hätte ich mir wahrscheinlich auch nicht mehr getraut.

„Typisch männliches Dominanzverhalten“ ist eben als Vorwurf etwas, was man theoretisch bei fast jeder Äußerung eines Mannes einwenden kann. Es ist ein gutes Totschlagargument um jemanden den Mund zu verbieten.

Im weiteren Verlauf des Vortrags ging es wie folgt weiter:

Nun aber zu dem, was mir an dem Vortrag überhaupt nicht gepasst hat und was ich mit: „das kanns doch nicht sein!“ eigentlich meine!

Zunächst einmal die quotierte Rednerliste, die Frauen bevorzugte. Meldete sich eine Frau in der Diskussionsrunde, wurde sie sofort vorgezogen, auch wenn ein Mann sich vor ihr gemeldet hatte. Ich meine: wtf? Selbst während meiner krassen feministischen Phase – die sich inzwischen gemäßigt hat – habe ich immer darauf bestanden zu erklären, dass Feminismus nicht die Benachteiligung von Männern bedeutet … und dann so was!

Eine erstaunliche Ansicht. Die übrigen Feministinnen werden es wohl eher als normale Maßnahme gesehen haben, die verhindert, dass Männer zuviel Raum einnehmen. Wie sich Anarchorobbe im (radikalen) Feminismus bewegen konnte ohne solche Maßnahmen wahrzunehmen überrascht mich allerdings. Denn natürlich müssen Bevorzugungen von Frauen letztendlich Benachteiligungen von Männern bedeuten.

Wie wurde die Redezeit der Frauen genutzt?:

In der an den Vortrag anschließenden Diskussionsrunde meldeten sich ca 20 Frauen mit jeweils 3 Minuten Redezeit, die sich in Lobeshymnen auf den Vortrag ergözten. Langweilig! Zumindest brauche ich dafür keine 3 Minuten Redezeit!

Da scheint Anarchorobbe die eigentliche Funktion dieser Beiträge im IDPOL nicht ganz verstanden zu haben. Zustimmung zeigt Gruppensolidarität und signalisiert Einigkeit und  erzeugt damit ein Gefühl der Wichtigkeit und Gruppenzugehörigkeit. Es zeigt zudem, dass man den komplizierten Vortrag verstanden hat, also ganz im Gruppenthema aufgeht.

Die gegenseitige Selbstbeweihräucherung trifft man daher in diesem Bereich häufiger an, man vergleiche Kommentare bei der Mädchenmannschaft. Es ist insofern kein Wunder, dass es zu Bekundungen kommt, wie gut einem der Vortrag gefallen hat.

Dann versaut aber einer die gute Stimmung:

Am Rand stand die ganze Zeit ein junger Typ, der dem Vortrag gefolgt war. Ich weiß nicht, ob er Tourette hatte, aber auf jeden Fall zuckte er immer ein bisschen rum. Er hatte eben irgendwelche Ticks. Das war den meisten im Raum garantiert schon die ganze Zeit negativ aufgefallen. Als er sich dann aber auch noch meldete, war das für einige wahrscheinlich echt zu frech. Er fands nämlich gar nicht cool, dass er, obwohl er sich als erstes gemeldet hatte, die 20 Schnarchnäsinnen vor ihm quatschen lassen musste. Er wurde ungeduldig. Als er dann endlich mit Reden dran war, sagte er sofort: „Das und das fand ich an dem Vortrag scheiße!“ … und begann ausholend zu erklären. Ich war auf einmal wieder wach und interessiert. Leider habe ich mir nicht gemerkt, was er kritisiert hatte, aber – und ich glaube nicht, dass er den Vortrag wirklich scheiße fand, er wollte eben ein bisschen provozieren – was er sagte, kam mir sehr klug vor und 10x interessanter als alles andere, was bisher gesagt wurde. Doch nach drei Minuten war seine Redezeit vorbei und die Moderatorin, die schon die ganze Zeit von dem Typen genervt war, fiel ihm ins Wort und wollte ihm verbieten weiter zu sprechen, obwohl er mitten im Redefluss war. Ich meine: klar! Eine begrenzte Redezeit muss irgendwo sein, wenn 30 Menschen etwas sagen wollen. Aber wenn 29 von ihnen drei Minuten sinnlosen Mist schwallen und einer endlich mal was Kluges sagt, dann kann ich den doch auch mal fertig erzählen lassen! Das Ende vom Lied war, dass der Typ von der Moderatorin und einigen weiteren Frauen mit Sprüchen wie: „Merkst du nicht, dass du hier alle störst?!“, aus dem Raum gemobbt wurde. Leider war ich so perplex, dass ich nicht spontan richtig reagieren und mit ihm hinaus gehen konnte. Mich hätte wirklich interessiert was er zu sagen hatte.

Erstaunlich, dass sie etwas anderes erwartet hatte. Da unterbricht er, der Privilegierte, die Gruppenharmonie und wertet den Vortrag ab, versucht Raum einzunehmen, macht das ganze schöne „Wir haben etwas wichtiges gehört und verstanden und sind alle auf der gleichen Wellenlänge“-Gefühl kaputt und hält sich danach noch nicht einmal an die Redezeit. Natürlich stört er, natürlich muss er den Raum verlassen. Immerhin der Rausschmiss wird wieder ein schönes Ereignis gewesen sein.

Ihr Fazit:

Das kann nicht der Feminismus sein, der erstrebenswert ist. Das ist nicht das, was ich unter Feminismus verstehe. Da habe ich ja lieber „typisch männliches Dominanzverhalten“ um mich, als dass Menschen rausgemobbt werden, nur weil sie ein bisschen „unnormal“, provokant und kritisch sind. (Oder weil sie männlich sind?)

Letzeres würde ich sagen. Wobei die Kritik von einer Frau auch nicht positiv aufgenommen worden wäre vermute ich. Die einzig zulässige feministische Theorie ist ja „Wir hätten noch politisch korrekter/intersektionaler sein müssen, wir müssen noch besser werden“.

Also ein Vorantreiben der Abwärtsspirale wie sie IDPOL typischerweise begründet