Nationalismus und Patriotismus

Sowohl große Fußballturniere als auch die Männerbewegung haben immer wieder Bezug zu dem Thema Patriotismus und Nationalismus.

Beide meist darüber, dass eben das eine mit dem anderen verwechselt wird und/oder Übertreibungen in die eine oder andere Richtung vorgehalten werden.

Ich finde eine Definition sehr schön und hilfreich:

Patriotismus ist die Liebe zu den Seinen

Nationalismus ist der Hass auf die Anderen

In diesem Sinne bin ich durchaus gemäßigter Patriot.

Ich lebe gern in Deutschland, nicht weil ich Deutsche für besser halte als andere Nationen und Völker oder meine, dass wir alles besser geregelt haben, als andere Nationen, sondern einfach, weil ich mit dieser Kultur ganz besonders vertraut bin, eine hohe kulturelle Eingebundenheit habe, mit ihr die meiste Erfahrung habe.

Ich bewege mich hier auf einem sehr sicheren Terrain, kann Handlungen, die mir in anderen Ländern unverständlich sind einordnen, kenne die Lieder, die B- und C-Promis, die Redensarten und spreche die Sprache muttersprachlich. Mir sind viele Eigenarten von typischen Deutschen vertraut und sie bilden den Grundschatz dessen mit denen ich rechne.

Nicht zuletzt bin ich natürlich auch als in Deutschland lebender Deutscher in einem Verbund mit den ebenfalls hier lebenden Personen, der über gemeinsame Gesetze, gemeinsame Steuern, gemeinsame Ausgaben, sprich einen gemeinsamen Staat gebildet wird. Natürlich habe ich als jemand, der von solchen Regelungen betroffen ist schon deswegen ein Interesse daran, dass es Deutschland gut geht, dass der Staat das nötige Geld hat etc.

Wenn man Nationalismus definiert als Staatenegoismus oder den Wunsch die Interessen des selbst bewohnten Staates höher zu bewerten als die anderer Staaten, dann müßte ich mich in gemäßigter Form auch hierunter einordnen lassen.

Aus meiner Sicht ist damit allerdings nicht zwangsläufig ein Hass verbunden, der zur „dunklen Seite“ des Nationalismus führt. Wie auch bei der Einzelperson ist ein gewisser Eigennutz meiner Ansicht nach immer notwendig, wenn dieser – ebenso wie bei der Einzelperson – oftmals darin bestehen kann, eine umfassende, faire Zusammenarbeit zu ermöglichen. Der Vorteil des Kapitalismus ist hier, dass Nachbarn Handelspartner sind und wirtschaftliche vernunft erfordert, dass es auch ihnen besser geht, damit man ihnen etwas verkaufen kann.

Was jeder Mensch, der die Gelegenheit dazu hat, unbedingt machen sollte, ist einmal eine gewisse Zeit, also nicht nur 3 Wochen im Urlaub, sondern eher 3 Monate oder mehr, meist ja ein Semester, im Ausland leben. Nur wer tatsächlich in einem Land lebt, lernt dessen Sitten und dessen Alltag kennen und bekommt einen Eindruck von den Unterschieden. Dann erst erkennt man, wie selbstverständlich einem bestimmte Regeln geworden sind und das es überhaupt andere Regeln für bestimmte Bereiche gibt.

Dabei entbindet einen ein gewisser Patriotismus natürlich nicht davon, Handlungen und Sitten eines Landes oder einer Kultur kritisch zu hinterfragen.

Ich sehe das Verhältnis zu einem Land als Frage des In-Groupings und Outgroupings. Wir sind als soziale Wesen innerhalb eines reziproken Altruismus evolviert und benötigen für die Steuerung dieser Mechanismen dringend eine Bezugsgruppe, der wir uns zugehörig fühlen, weil dies reziproken Altruismus wesentlich einfacher macht.

Dabei scheint mir da ein „Zwiebelmodell“ oder ein Schichtensystem vorhanden zu sein. Wir haben verschiedene Gruppen, wie Familie, Freunde, Komillitonen, Arbeitskollegen und irgendwann eben auch den Staat. Weil gerade auf Staatsebene viel mehr Unterschiede in Kultur und Sprache bestehen als etwa zwischen Arbeitskollegen und Nichtarbeitskollegen wird hier der Gruppenbezug deutlicher wahrgenommen.

Gerade in Deutschland ist das aus Sicht vieler problematisch. Mich persönlich hat die Rückkehr zu einem positiven Patriotismus bei der WM 2006 gefreut. Weil es aus meiner Sicht keine Ausgrenzung war, sondern das Feiern einer Gemeinsamkeit.

Aus einem Patriotismus muss meiner Meinung nach nicht folgen, dass man andere Nationen, Hautfarben, Herkünfte ablehnt. Wer meint besser zu sein, weil er sich einem Land nicht zugehörig fühlt, der bezieht sich meist nur auf eine andere In-Group innerhalb derer es eben identitätssteigernd wirkt. Er ist damit nicht besser, sondern hauptsächlich auf eine andere Gruppe bezogen, wobei er letztendlich dennoch in der Gruppe als Bewohner des Landes mit drin hängt.

Viele Länder, die sehr patriotisch sind, sind gleichzeitig sehr gastfreundlich. Ich habe das bei den Dänen, den Griechen, den Spaniern so erlebt und es zeigt aus meiner Sicht, dass man Patriotismus positiv gestalten kann, wenn man etwa daran fest macht, dass man sich dann auch anderen Gegenüber gut präsentieren muss. Natürlich kann es auch dicht mit einem Nationalismus zusammenhängen, etwa wenn man sich das Verhältnis von Griechenland und der Türkei anschaut.

Ich finde vieles in anderen Kulturen sehr schön. Ich mag die Lebensart, die man häufig in den Mittelmeerstaaten findet, ich mag die Ungezwungenheit, mit der man in Skandinavien grillt und zeltet, ich mag die Freundlichkeit vieler Amerikaner. Die deutsche Kultur ist in vielen Punkten verbesserungsfähig, sie wird aber auch gerne schlechter gemacht als sie ist.

Aber etwas ist es für mich, wie mit dem Essen der Mutter: Es schmeckt, weil man es kennt, weil man darauf geprägt ist, weil es das ist, was man mit dem Urtyp bestimmter Speisen verbindet.

Selbst wenn man eigentlich weiß, dass man besser kochen kann, bleibt es lecker.

26 Gedanken zu “Nationalismus und Patriotismus

    • @ Christian

      Ich glaube, dass die Tendenz, das Eigene, das Vertraute, das kulturell Ähnliche, das ethnisch Ähnliche mit einem Vertrauensvorschuss auszustatten, eine Extension unserer Nepotismusneigung ist – darum unausweichlich, unvermeidbar.

      Eine Gesellschaft ohne Rassismus/Tribalismus/Patriotismus gibt es nicht.

      Was auch nicht schlimm ist, solange die Liebe zum eigenen (zu den eigenen Kindern, der eigenen Familie, dem eigenen Clan, dem eigenen Stamm, dem eigenen Volk, der eigenen Nation/Manschaftsfarbe etc.) nicht in Hass übergeht, in Hass auf die anderen.

      Die Tendenz, die Gefahr ist allerdings immer vorhanden (auch hier wieder: „Die Dosis macht das Gift und das Heilmittel, scheidet das eine vom anderen).

      Dieser Nepotismus ist ja sinnvoll für das soziale Tier Mensch, das nur innerhalb einer Gruppe überleben kann, das darum am Wohlergehen in erster Linie seiner Gruppe interessiert sein muss, von deren Wohlergehen sein eigenes Überleben, sein eigenes Wohlergehen abhängt.

      Weshalb ich glaube, dass besonders jene Menschen sich besonders gut fortpflanzten, die Gruppen mit größerer innerer Kohäsion formten, die also mehr Mitglieder mit stärkeren Verbundenheitsgefühlen/Solidaritätsgefühlen aufwiesen.
      Darum meine Vermutung, dass auch dieser Tribalismus von der Familiensolidarität im engen Kreis bis hin zum Großkreis „Nation“ instinkiv in uns „abgesichert“ ist.

      Dumm nur, dass die Liebe zum Eigenen auch die Tendenz hat, umzuschlagen in den Hass auf das Andere, besonders unter Stress, in Krisensituationen, unter verschärften Konkurrenzbedingungen.

      Vielleicht stützt der Hass auf die Anderen in solchen Phasen die Liebe zum Eigenen von „außen“, ein unvermeidliches, gefährliches Korsett zur Festigung bedrohter, aber dann erst recht notwendiger innerer Kohäsion.

      Es ist also nicht einfach alles Vanilla mit der Liebe zum Eigenen, mit dem Patriotismus.

      Man muss immer auf der Hut sein, seinen Umschlag in Hass zu verhüten, indem man sich bemüht, keine großen Krisen entstehen zu lassen.

      Sich zu bemühen, das Gefühl selbst zu bekämpfen, es „auszurotten“, durch einen menschheitlichen „Nationalismus“ zu ersetzen (einen Internationalismus) ist müßig, weil in meinen Augen ein Kampf gegen die Natur des Menschen, darum zum Scheitern verdammt.

  1. @Roslin

    Was auch nicht schlimm ist, solange die Liebe zum eigenen (zu den eigenen Kindern, der eigenen Familie, dem eigenen Clan, dem eigenen Stamm, dem eigenen Volk, der eigenen Nation/Manschaftsfarbe etc.) nicht in Hass übergeht, in Hass auf die anderen.

    Darin liegt ja auch eine positive Option. Es gibt Studien, die nachweisen, dass das unbewusste Triggern von Vorurteilen durch äußere Merkmale, wie Hautfarbe / Ethnie ausgeschaltet werden kann, sobald man die zu bewertenden Personen anders gruppiert (gemischten Gruppen zum Beispiel T-Shirts eines Basketballteams anzieht).

    Sich zu bemühen, das Gefühl selbst zu bekämpfen, es “auszurotten”, durch einen menschheitlichen “Nationalismus” zu ersetzen (einen Internationalismus) ist müßig, weil in meinen Augen ein Kampf gegen die Natur des Menschen, darum zum Scheitern verdammt.

    Dies wird wohl nur in großen Ausnahmesituationen und in größter Not zeitweise funktionieren. Bei einer gemeinsamen Bedrohung. Man denke an den zweiten WK, wo Amis, Russen, Briten, Polen, Kannadier, … und selbst die feigen Franzosen Seit an Seit gekämpft haben.
    Vielleicht wird auch der Feminismus eine solche Widerstandsbewegung notwendig machen und eine Koaltion herbeiführen, ungeachtet des Geschlechts der Herkunft, der Nationalität, ob links oder konservativ, oben, unten, vorne, hinten etc.
    Aber hoffen wir lieber, dass uns der Feminismus erhalten bleibt. Denn es würde ohnehin nicht lange Dauern bis die nächste Modeerscheinung dieser Coleur auftaucht. Im Vergleich zur „weißen Krankheit“ ist die lila Krankheit doch noch recht erträglich und als Studienobjekt gut geeignet.
    Sehen wir es als Impfung. Als Training des gesellschaftlichen Immunsystems mit einem schwachen Erreger, damit wir vorbereitet sind, wenn wir es mal mit der gefährlichen Variante zu tun bekommen.

  2. @ Christian

    Patriotismus ist heute ebenfalls unangebracht. Es ist ein Begriff aus dem 19. Jahrhundert, der u.a. damit verbunden ist, daß man sich für sein Vaterland notfalls in Kriegen opfert und ihm ergeben ist.

    Es ist ebenfalls ein antiquierter unpassender Begriff, auch wenn die heutige Intention dahinter nachvollziehbar und richtig ist.

    Man muß nur mal den Satz sprechen „Ich bin ein Patriot.“

    Dann wird sich hoffentlich das eine oder andere Befremden einstellen.

    Man muß für das, was Christian oder andere erzählen, gar keine Worte finden.

    Die Diskussion darüber ist lustigerweise ebenfalls ein Zeichen von Pathologie und mangelnder Identifikation mit der eigenen Kultur bzw. einer mangelnden Selbstverständlichkeit dieser positiven Identifikation.

    Also weg mit diesen antiquierten, künstlichen und neurotischen Begriffen.

    • „Die Diskussion darüber ist lustigerweise ebenfalls ein Zeichen von Pathologie und mangelnder Identifikation mit der eigenen Kultur bzw. einer mangelnden Selbstverständlichkeit dieser positiven Identifikation.“
      Ich habe da mal eine Frage, kannst du noch was anderes, als andere Meinungen als pathologisch zeihen? Das wird mit der Zeit langweilig.

    • Ja, kann ich.

      Wenn es Pathologien gibt, sollte man diese auch benennen.

      Ich spreche übrigens nicht von Meinungen, sondern von Diskussionen, die ich zum Teil als pathologisch empfinde. Dies ist doch nur allzu offensichtlich im Falle Deutschlands.

      Die Diskussionen über „Leitkultur“ und „Patriotismus“ sind meines Erachtens gerade ein Ausdruck für die mangelnde Selbstverständlichkeit und Natürlichkeit einer positiven Identifizierung mit der eigenen Kultur und Heimat.

      Da brauchen andere gar keine Worte für. Das ist länst gebongt.

      (guck mal hier:https://allesevolution.wordpress.com/2012/06/19/der-feminismus-hat-ein-problem-mit-der-freiwilligkeit-der-angeblich-unterdruckten/#comment-39438)

      • Diskussionen sind der Austausch von Meinungen also klugscheisse jemand anderem ans Bein.

        „guck mal hier“
        Als ich mich das letzte Mal mit deinem Bockmist auseinandergesetzt habe sind von dir von 8 Punkten 7 unbeantwortet geblieben, Nick hat auch noch das eine oder andere gute Argument eingebracht. Beantworte des und ich überlege mir wieder mit dir zu diskutieren.

      • Aus meiner Sicht werden deine Fragen beantwortet. Ich verfolge auch keine böse Absicht, wenn ich Einwände als Fragen bezeichne.

        Daß nicht alle Homosexuelle die Frage nach einem Mißbrauch in der Kindheit bejahen, muß keinesfalls heißen, daß ein Mißbrauch auch tatsächlich nicht stattgefunden hat.

        Ich führe in meinen Artikeln ausführlich die Gründe hierfür an.

        Ebenso erkläre ich auch, daß keine strikte Kausalität zwischen Mißbrauch und späterer Homosexualität besteht, da es vielfältige andere Möglichkeiten gibt, wie sich Mißbrauchserfahrungen später artikulieren können, so z.B. Prostitution, Magersucht und vieles andere mehr.

        Wir reden hier nämlich von psychischen Sachverhalten und nicht von einem Bauplan für eine Toilettenspülung.

        Du solltest meine Artikel ohne Schaum vor’m Mund lesen und die Unschuldsvermutung für mich gelten lassen.

        Außerdem solltest du dich selbst fragen, ob du von deinen Eltern als Kind genauso behandelt wurdest, wie du mich seit einiger Zeit behandelst.

      • Das ist eine totalitäre Diskurspraxis.

        Ich lasse mich gerne auf sachliche und ehrliche Argumente ein, wie du auf meinem Blog lesen kannst.

        Ein Problem sind unsachliche Simplifizierungen, Verzerrungen, Ridikülisierungen, Verachtung und Haß.

        Das Problem der Kindesmißhandlung betrifft so gut wie jeden Menschen. Entscheidend ist, wie man damit als Erwachsener umgeht. Mißhandlungen sind auch psychische Formen der Gewalt wie Mißachtung, emotionaler Mißbrauch, Lieblosigkeit und vieles andere mehr.

        Ich kenne niemanden, der keine traumatischen Kindheitserfahrungen gehabt hätte.

        http://www.alice-miller.com

        Auf dieser Seite läßt sich auch die Angst vor der Wahrheit reduzieren.

  3. Hallo Christian erst mal! Ich las hier schon häufiger mit, nun will ich auch mal was sagen. ;=)

    Ich seh Nationalismus und auch Patriotismus etwas kritischer. Ich geb Dir Recht, dass solche Identifikationsfiguren sich zwangsläufig herausbilden, wenn Menschen in Gruppen respektive Staaten zusammenleben. Leider befürchte ich, dass grade die Identifikation mit dem Nationalstaat hier oft eine eher sinnlose bis gefährliche Über-Identifizierung darstellt, die man lieber nochmal hinterfragen sollte, v.a. wenns um die „eigenen Interessen“ geht.

    Zitat: „Wenn man Nationalismus definiert als Staatenegoismus oder den Wunsch die Interessen des selbst bewohnten Staates höher zu bewerten als die anderer Staaten, dann müßte ich mich in gemäßigter Form auch hierunter einordnen lassen.“

    Soweit, so naheliegend; ein gewisser Egoismus gehört zum Leben, und wer seine eigene Interessen nicht im Blick hat kann nicht erwarten, dass andere das übernehmen.

    Gerade im Blick auf die riesigen, vielschichtigen, komplex untereinander vernetzten Gruppen „Nationalstaat“ ist hier aber die Frage: Was sind die „Interessen meines Staates“? Wer bestimmt die, und decken sie sich wirklich mit meinen eigenen Interessen?

    Wenn Du Dich freust, wenn Schland im Fußi gewinnt, und dabei scheinbar das gleiche Interesse hast wiezigtausend andere Deutsche: Geschenkt; kann man auch kritisch sehen, aber ziemlich sicher gibts weit schlimmeres auf der Welt. ;=)

    Schwierig wird es, wenn ein gemeinsames „ökonomisches Interesse Deutschlands“ konstruiert und von Medien und Politik verbreitet wird. Dies geschieht seit einiger Zeit ganz vehement bspw in Hinsicht auf Griechenland (und auch andere „Schuldnerländer“ in der EU). Doch dies ist falsch: Es gibt kein „gesamtdeutsches Interesse“ gegenüber Griechenlands. Mir Schulden die Griechen nichts, ich persönlich hab keinerlei Vorteil von der aufgezwungenen Sparpolitik.

    Im Gegenteil wäre es als Arbeitnehmer/kleiner Selbständiger in Deutschland/Europa aber von Nachteil für mich, wenn Griechenland (Spanien, Italien etc.pp.) zu eine Politik gezwungen wird, wie sie in hierzulande seit Jahren betrieben wird. Verschärfter Konkurrenz, sinkenden Löhnen und ein schwindender Sozialstaat bedrohen nämlich ganz konkret meine Interessen.

    Wer hier nicht sehr genau analysiert gerät in die Gefahr, seine eigene Interessen mit angeblichen Gruppeninteressen zu verwechseln, die gar nicht existieren, bzw gar nicht die Interessen der Gesamtgruppe sind.

    • Doch dies ist falsch: Es gibt kein “gesamtdeutsches Interesse” gegenüber Griechenlands. Mir Schulden die Griechen nichts, ich persönlich hab keinerlei Vorteil von der aufgezwungenen Sparpolitik.

      Sehr richtig. Aber gibt es denn dann ein gesamtdeutsches Interesse in Deutschland? Kann dann eine gewählte Regierung überhaupt das „Volk“ repräsentieren? Und was ist dann das „Volk“?

      • Das „Volk“ zerfällt in Interessengruppen. In einer repräsentativen Demokratie sollte es eigentlich die Aufgabe der verschiedenen Repräsentanten sein, hier eine Einigung hinzukriegen; soweit die optimistische Theorie.

        Zur pessimistischen Praxis: „Die Geschichte ist eine Geschichte von Klassekämpfen…“ :=)

      • Zur pessimistischen Praxis: “Die Geschichte ist eine Geschichte von Klassekämpfen…” :=)

        Auch das ist doch aber eine Variante der Fiktion des objektiven Interesses. Deswegen haben sich Marxisten ja soviel den Kopf über das „Klassenbewusstsein“ zerbrochen. Das „Proletariat“ und die „herrschende Klasse“ der Marxisten zerfallen ja auch in Interessengruppen. Und was dann?

    • hi reineke,
      @itsme

      du hast da den einen oder anderen punkt übersehen was das „gesamtdeutsches Interesse gegenüber Griechenland“ angeht.

      und das dumme ist das ganze hängt mit den anderen ländern im eu raum zusammen.
      wobei die frage ist wie das problem zu lösen ist, wenn überhaupt das ist aber ein anderer aspekt.

      ganz kurz deutschland garantiert die schulden über dieverse rettungsschirme (im ausland wird das korrekter weise bail-out genannt) wir haften für 27% der faulen kredite ezb dazu kommt dann noch ca 600mrd indirekte kredite der bundesbank an das euro währungssystem.
      also gibt es einen default (griechen bezahlen ihre schulden nicht mehr) dann sind wir dran mit bezahlen und zwar extrem hohe summen wenns dumm kommt, also hunderte von mrd.

      meiner ansicht nach ist für griechenland der beste weg ein default sie wären dann alle schulden los und bekämen erstmal kein neues geld also könnten sie nicht weiter machen wie bisher. dazu kommt dann eine abwertung. damit wäre dann wieder wachstum möglich. alternativ müßten sie ihre löhne um 40% senken.
      in den 1930ern hat deutschland das gemacht aber nur um 20% und die folgen kennst du ja.

      multi kulti geht halt nicht es geht immer nur mono kultur oder es treten probleme auf. anschaulich beim euro der eine will keine inflation der andere schon (oder schulden) und schwups sind wir da wo wir sind.

      • ganz kurz deutschland garantiert die schulden über dieverse rettungsschirme (im ausland wird das korrekter weise bail-out genannt) wir haften für 27% der faulen kredite ezb dazu kommt dann noch ca 600mrd indirekte kredite der bundesbank an das euro währungssystem.

        Richtig. Wobei man sich natürlich auch die Frage stellen darf, warum Deutschland (wobei zu klären wäre, ob „wir“ hier „Deutschland“ sind) das macht. Meine Vermutung ist, dass die Bundesregierung u.A. keine Lust mehr hat noch einmal deutsche Banken retten zu müssen, wenn z.B. Spanien einen (partiellen) Default erleiden würde. Also rettet sie die Banken indirekt.

        multi kulti geht halt nicht es geht immer nur mono kultur oder es treten probleme auf. anschaulich beim euro der eine will keine inflation der andere schon (oder schulden) und schwups sind wir da wo wir sind.

        Was hat das mit multi-kulti zu tun? Gar nichts denke ich. Was wir erleben ist, dass ein schlecht konstruierter Währungsraum unter Druck gerät, weil es eine systemische Krise des Kreditsystems gibt. Nichts ist natürlicher, als dass auf einmal ganz viele interne Konflikte auftreten, wenn eine Gruppe mit inhomogenen Interessen unter Druck in die Defensive gerät. Das kann man, denke ich, in jeder Organisation beobachten, die zu schrumpfen beginnt.

        Der Hauptgrund warum wir da sind wo wir sind ist eben die Kombination eines Währungsraumes, der auf interne Konkurrenz angelegt ist, und einem Kreditsystem, dessen Kredit „austrocknet“, d.h. nicht mehr expandiert. Damit kollabiert das „Vertrauen“ der Kreditgeber und die innersystemische Konkurrenz führt dazu, dass es einige wenige stabile Attraktoren im System gibt, die das kollabierende Vertrauen auf sich ziehen. Lösen ließe sich das Problem sehr leicht (wobei leicht hier leicht gesagt ist): Man müsste den Hauptattraktor im System verändern, d.h. die Kreditvergabe zentralisieren. Damit würde die selbstzerstörerische Dynamik der Konkurrenz ausgehebelt, die ansonsten irgendwann das System sprengen wird.

      • hi itsme

        „Was hat das mit multi-kulti zu tun?…“
        was wir in europa haben ist unterschiedlicher umgang mit geld. ein teil hat über abwertung gearbeitet der andere nicht und nun sind beide zusammen gefasst aber jeder benimmt sich noch wie vorher. ich sehe da durchaus die möglichkeit das auch auf andere aspekte im leben auszuweiten wenn zwei oder mehr unterschieliche verhaltensweisen in einem raum ‚gefangen‘ sind gibt es probleme.
        offensichtlich ist brüssel auch dieser ansicht weil dort ja intensiv daran gearbeitet wird unterschied zwischen den ländern abzubauen mit dem ergebnis das über 80% der gesetze im bundestag aus brüssel kommen.
        im übrigen stimme ich dir zu „…wenn eine Gruppe mit inhomogenen Interessen..“
        (auf kulturelle bsp möchte ich bei diesem topic nur mit einem stichwort ansprechen und zwar die „sex grooming“ fälle in england. http://vladtepesblog.com/?p=49549 )

        bankenrettung ist eine zentrale aufgabe d rettungsschirme allerdings indirekt wie spanien zeigt.
        spanien hat schon zinsen bis 10% bezahlt vor euro mit mehr staatsverschuldung. die verteilen einfach die kosten auf andere länder
        oder auch die riesigen mengen € aus der ezb dienen genau diesem zweck du errinnerst dich an die hunderte mrd € die für mini zins über 3 jahre an die banken ging.

        was du als hauptgrund bezeichnest sehe ich mehr als ergebnis von jahren der verschwendung.
        die ursache für alle problem plus der vorherigen sind staaten die mehr geld ausgeben als sie einnehmen und sich in den markt einmischen.
        zinskosten ist das einzige was die ansteigenden schulden bremst das zu entfernen scheint mir wenig hilfreich. ich meine wer zuviel schulden macht bei dem fragen sich doch die menschen ob ihr geld da noch sicher ist. niedrige zinsen bedeutet doch verantwortlicher umgang und nicht leben auf kosten der kinder und enkel.

        mit dem länderfinanzausgleich in deutschland haben wir soetwas schon und bremen und berlin tun nix um sich zu verbessern warum auch sie bekommen ja geld.

        der anfang in usa war ja das politik banken gezwungen haben jedem geld fürs häusle bauen zu geben. sie haben damit ein kartenhaus aufgebaut was zusammengefallen ist sobald die zinsen gestiegen sind.

        „…interne Konkurrenz angelegt…“
        die konkurenz war schon immer da auch international (asien) nur wurde durch abwertung das problem gelöst. mit einer währung hätten reformen kommen müßen aber kamen nicht also stiegen die kosten.
        aber im grunde wurde das alles schon vorhergesagt bei einführrung des euro

  4. @Christian

    Du schreibst:

    Patriotismus ist die Liebe zu den Seinen

    Kommentar:

    Auch ein Patriotismus kann eine Problematik haben, je nachdem, wie er eben verstanden wird. Was heisst denn die „Liebe zu den Seinen“?
    Heisst dies: Alle die, die in Deutschland leben? Oder alle die, die einen deutschen Pass haben? Wenn er alle Menschen meint, die in Deutschland leben, dann ist er m.E. zumindest auf nationalstaatlicher Ebene unproblematisch. Sollte nicht das gemeint sein, fängt die Problematik eben an.

    Na ja, der gesamte Text von Dir liest sich ja eigentlich wie eine Sonntagspredigt, die eher verschleiert, als dass sie irgendwie die Konfliktpunkte anspricht! 😀

  5. Wenn Patriotismus die Liebe zu den Seinen ist, wer sind dann die Nicht-seinen? Und wie kommen die Nicht-seinen eigentlich dazu zu werden nicht-meine zu sein? Ich persönlich bin der Auffassung, dass der Begriff „Nation“ ähnlich funktioniert wie der Patriarchatsmythos, der versucht ein objektives Gesamtinteresse zu konstruieren. Das Gesamtinteresse existiert aber eigentlich nur in der Identifikation mit dieser Konstruktion. Lediglich der Zeitpfeil ist ein anderer – bei den einen auf eine imaginäre Zukunft gerichtet, ist er beim Patriotismus eher mit Erinnerung verbunden.

  6. Was ich als Linker noch diskussinswürdig finde ich der Patriotismusdebatte wäre der Verfassungspatriotismus.
    Obwohl auch der hat wohl seine problematischen Seiten,
    Aber gut, wenn ich die Verfassung für optimal halten würde, dann könnte ich mich zumindest auf nationalstaatlicher Ebene dann zu einem Verfassungspatriotismus bekennen (wenn es denn sein muss). 🙂

    http://de.wikipedia.org/wiki/Verfassungspatriotismus

  7. Ich frage mich, wie es immer wieder geschafft wird, in den ‚Schlandfähnchen und anderen WM- und EM-Fanartikeln „Patriotismus“ oder „Nationalismus“ zu sehen.

    Ich find es eigentlich schon komisch, pünktlich alle 4 Jahre kommen aus der einen Seite des Politischen Spektrums die Warnrufe, dass demnächst alle auf ein geheimes Zeichen Schwarzrotgold gegen Schwarzweissrot tauschen, und aus der anderen Seite die Freude darüber, dass man jetzt wieder ‚gesund‘ patriotisch sein dürfe (vermutlich eine Gesetzesänderung, die ich verpasst hab, scheint ja mal verboten gewesen zu sein).

    Was aber irgendwie keiner zu merken scheint: das ganze ist ein Witz, der spätestens am Tag des letzten Spiels der Deutschen Mannschaft vorbei ist (+ vielleicht ne woche oder so, wenns das Endspiel war). Keiner, der das ganze politisch sieht, scheint diesen Witz zu raffen.

    Die Linken wundern sich, dass noch keine KZ stehen, die rechten ärgern sich, dass sie nun die einzigen sind, die noch Fahnen haben, und „das Volk“ wieder DSDS guckt.

    Deshalb: Zu sagen, dass die deutschen Fussballfans „Patriotisch“ sind, ist für mich ungefähr so zu sagen, wie dass die Karnevalisten Anarchisten wären.

    Wenn man von Vornerrein mit der Auffassung rangeht, dass das ganze politisch erklärt werden kann, findet man beim Fussball natürlich die Nation und beim Karneval das „Autoritäten verspotten“.

    Nur, wenn man es ohne Politik betrachtet: beides ist ein Partyangebot, bei dem man, damit es Spass macht, man an bestimmten Aktitäten teilnimmt. Beim Karneval ist das das verkleiden, beim Fussball die Identifikation mit der Mannschaft, bei beiden ist es Saufen. Mit Nationen hat das in .de imho nur insofern was zu tun, als dass man dadurch das „zuordnungsverfahren“ denkbar vereinfacht, und eine möglichst große Party hinbekommt.

    Das ganze sieht man imho recht gut daran, dass auf Bundesligaebene oft der Verein gewechselt wird, wenn man Umzieht. Man braucht halt ein ritual für die Party.

    • Und jetzt, wo „schlaaaaand“ raus ist, bietet sich hervorragend die möglichkeit, meine Behauptung zu falsifizieren.

      Das Land hat sich nicht geändert, die Fussballparty wurde aber abgebrochen. Wenn nun die Fahnen schamhaft eingepackt werden
      muss es wohl daran liegen, dass nun die Party vorbei ist und aufgeräumt wird. Wenn die Fahnen im Herbst noch wehen, war’s
      wohl doch die Liebe zum Land.

      Na, irgendwelche Wetten auf „Land“? Gerne auch 2:1.

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