Lucas Schoppe zu Macht im linken Selbstverständnis

Schoppe schreibt in einem Kommentar unter einem auch ansonsten wie immer lesenswerten Beitrag interessantes zu Macht im linken Selbstverständnis:

Die sich als revolutionär verstehenden Linken, die den Marsch durch die Institutionen überaus erfolgreich hinter sich gebracht haben (was ja auch kein Wunder war – sie kamen ja in aller Regel aus Milieus, in denen ihnen dieser Weg vorgebahnt war): Die haben niemals die Konsequenz daraus ehrlich akzeptiert, dass nun eben SIE diejenigen sind, die politische HERRSCHAFT repräsentieren und ausüben.

Ja, den Eindruck habe ich auch. Natürlich darf man diesen Theorien nach ja auch keine Macht haben, denn Macht haben die bösen. Mich erinnert das, wie auch hier schon einmal angegeben, immer an einen Dialog aus der Serie „Coupling“:

Patrick: Oh, don’t be so PC.

Howard: Typical leftie puritan.

Sally: Typical what? Come the revolution.

Patrick: What revolution? You guys are in power! We’re the revolution now.

Sally: No… no, it can’t be right.

Patrick: You’re the evil empire.

Sally: No!

Howard: Yes! Like Star Wars! And Patrick and me are the Rebel Alliance!

Sally: No! You’re not the goodies! We’re the goodies. We’re lefties! We’re always goodies!

Patrick: (Darth Vader voice) No, Sally, you are the establishment!

Mit einer Frau als Bundeskanzlerin und noch wichtiger, mit einer Mehrheit bei der mächtigsten Institution in einer Demokratie, den Wählern, stehen Frauen in der Tat nicht schlecht dar. Frauenfeindliche Äußerungen oder Herabsetzungen können Karrieren vernichten und einen politisch ins Abseits befördern. Radikale Feministinnen werden von der Presse hofiert und in „Expertengruppen“ eingeladen, um ihre Sicht der Dinge in die Politik einzubringen.

Die Akteure nutzen durchaus ohne Skrupel die Machtmöglichkeiten, die ihre Positionen mit sich bringen, bleiben aber in ihrem Selbstverständnis bei der Vorstellung hängen, sie würden eigentlich noch immer Kämpfer gegen die herrschenden Zustände sein, zu einer humanen Änderung beitragen.

Das aber bedeutet: Sie brauchen Feinde, die diese alten reaktionären Strukturen repräsentieren. Da sie selbst in den staatlichen Institutionen angekommen sind, finden sie diese Feinde nicht im Staat, sondern in der „Gesellschaft“, die dann als „patriarchal“, „heteronormativ“ etc. imaginiert wird.

Das dürfte auch der Grund sein, warum der Feminismus einen Wandel von dem Geschlecherkampf hin zum Intersektionalismus vollzogen hat: Man brauchte neue Problemfelder, aus dem sich eine Unterdrückung konstruieren ließ.

Es ist interessant, wie sich dabei das Staatsverständnis ändert. Anstatt dass der Staat etwas ist, das beständiger demokratischer Kontrolle bedürfe, ist der Staat der gute, humane Super-Akteur, der die irgendwie immer rückständige Gesellschaft kontrollieren und transformieren muss. Am Ende ihres Marsches angekommen, bauen die Anti-Autoritären einen autoritären Staat auf.

 

Auch das ist in der Tat eine interessante Sache: Es gibt geradezu eine Doppelnatur des Staats. Er ist zum einen immer noch das Patriarchat und zum anderen wird er genutzt, um Regeln durchzusetzen, die den eigenen Zielen dienen. In gewisser Weise wird die Schuld eben auf „die Gesellschaft“ verlagert, deren sexistische, rassistische Ansichten und Regeln eben durch Gegenmaßnahmen gebrochen werden müssen.

Es ist eine Form von „wer ein gutes Ziel verfolgt, der kann nichts böses machen“ und „Wir machen das ja, damit es allen besser geht“. Zusammen mit den im Feminismus entwickelten Figuren, mit denen man jede Kritik ersticken kann, lässt sich da nahezu alles rechtfertigen.

Kritik von Männern, dass man das nicht wolle ist eben Ausdruck von deren Privilegien und es ist kein Wunder, dass sie sie nicht aufgeben wollen, es zeigt eher, dass noch mehr Druck erforderlich ist.

Kritik von Frauen ist Ausdruck internalisierter Frauenfeindlichkeit und ein Zeichen dafür, wie unterdrückt Frauen sind, so dass noch mehr Druck erforderlich ist.

Wenn etwas nicht klappt, dann zeigt das wie stark diese alten Regeln noch sind, so dass noch mehr Druck erforderlich ist.

Alles kann also als Signal gesehen werden, dass die eigenen Maßnahmen wichtig sind und verstärkt werden müssen.

110 Gedanken zu “Lucas Schoppe zu Macht im linken Selbstverständnis

    • Verweigerung, Dienst nach Vorschrift, MGTOW, offiziell Loyalität zur Ideologie heucheln und privat drauf pfeifen, Spott &Hohn, Schlupflöcher ausnutzen soweit es geht, und die feministische Linke volle Kanne gegen die Wand fahren lassen. Da können die noch so sehr mit Druck reagieren, gegen eine ‚Scheissegal‘ Haltung kann jede Diktatur langfristig nichts ausrichten.

  1. „Es ist interessant, wie sich dabei das Staatsverständnis ändert. Anstatt dass der Staat etwas ist, das beständiger demokratischer Kontrolle bedürfe, ist der Staat der gute, humane Super-Akteur, der die irgendwie immer rückständige Gesellschaft kontrollieren und transformieren muss. Am Ende ihres Marsches angekommen, bauen die Anti-Autoritären einen autoritären Staat auf.“

    Das ist allerdings zu undifferenziert. Die antiautoritäre Strömung der 68er-Bewegung gab es in Deutschland ja nur kurze Zeit als relativ geschlossenen dominierenden Flügel.
    Die 68er-Bewegung hatte anfangs zwei primäre Unterströmungen, einen traditionell-marxistischen Flügel und zweitens den antiautoritären neo-marxistischen Flügel, der am sogenannten westlichen Marxismus orientiert war, also an marxistischen Richtungen, die wie z.B. Kritische Theorie und Wilhelm Reich freiheitlich, humanistisch und demokratisch ausgerichtet sind. (Als libertärer Sozialist hat der antiautoritäre Flügel natürlich meine Sympathie, da er relativ anarchismusnäher war und ich die Strömungen des westlichen Marxismus ebenfalls als wichtige Errungenschaften der Linken ansehe.)

    Am Anfang propagierte der antiautoritäre neomarxistische Flügel der 68-Bewegung eine Randgruppentheorie, bei der es um soziale und politische Arbeit mit Heimkindern, Strafgefangenen, Obdachlosen und anderen gesellschaftlichen Randgruppen ging. Einerseits wurde dabei versucht ihre Lebenssituation zu verbessern, andererseits sollten sie für die politische Arbeit gewonnen werden. Letzteres scheiterte in der Regel.
    Nachdem klar wurde, dass dieser Ansatz in der Praxis nicht funktioniert, kam es dann in der deutschen Studentenbewegung zu einer Abkehr von der Randgruppentheorie und zu einer verstärkten Hinwendung zur Arbeiterklasse.
    (vgl. hierzu das Kapitel “Die Abkehr von der Randgruppentheorie” in: Jens Benicke – Von Adorno zu Mao. Über die schlechte Aufhebung der antiautoritären Bewegung, S. 94 – 96).

    Bereits Anfang der 70er Jahre spaltete sich die 68er-Bewegung in Deutschland allerdings bereits in mehrere miteinander konkurrierende Strömungen, einige davon waren dogmatisch und autoritär, andere freiheitlich und antiautoritär. Die wichtigsten Gruppierungen, die aus diesem Differenzierungsprozess hervorgingen, waren:

    – die marxistisch-leninistisch-maoistischen K-Gruppen
    – die aktionistische Sponti-Bewegung – eine weniger theorielastige linksalternative Subkultur, aus der sich später u.a. die autonome Szene entwickelt hat
    – die orthodox-kommunistischen DKP – diese war an Moskau orientiert
    – Trotzkisten
    – Rätekommmunisten
    – Anarchisten und Anarcho-Syndikalisten
    – Linksliberale und Sozialdemokraten
    – die neue Frauenbewegung, die sich dann wiederum in zahlreiche Unterströmungen aufspaltete
    – Anhänger östlicher Religionen, esoterischer Vereinigungen und Psychosekten
    – antiautoritären Neo-Marxisten (Kritische Theorie, Wilhelm Reich)

    Der zuvor dominierende antiautoritäre neomarxistische Flügel war nun nur noch eine Unterströmung unter vielen und einige der anderen genannten Strömungen (z.B. die K-Gruppen, die DKP und die Trotzkisten) waren klassische autoritäre Marxisten-Leninisten, die den antiautoritären Marxismus entschieden ablehnten.

    Dagegen sind Rätekommunisten, Anarchisten und Anarcho-Syndikalisten – was meiner eigenen primären politischen Ausrichtung entspricht – wiederum der antiautoritären Linken zuzuordnen, haben aber andere weltanschauliche Grundlagen als der antiautoritäre Neo-Marxismus.

    Solche Teilnehmer der 68er-Bewegung, die später Parteien wie Grünen und SPD beitraten, konnten also ursprünglich den VERSCHIEDENSTEN linken Strömungen angehören, sowohl autoritären wie antiautoritären.
    Darüber hinaus gibt es in manchen antiautoritären Strömungen der Linken eine grundsätzliche Staatskritik zugunsten einer Bejahung von basisdemokratischer Selbstorganisation von unten. Personen, die bei dieser Haltung blieben, lehnten es grundsätzlich ab, Parteien zu gründen oder beizutreten.

    Diejenigen, die Parteimitglieder wurden und später einen gewissen Einfluss in der Politik erlangten, wurden natürlich in der Regel – egal ob zuvor Mitglieder einer antiautoritären oder autoritären linken Strömung – von der Macht korrumpiert, gaben ihre vorherigen Ideale nach einiger Zeit auf und ließen sich von den herrschenden ökonomischen Eliten kaufen – genauso wie andere Politiker, egal welcher politischen Richtung, auch. In dieser Hinsicht unterscheiden sich linke Spitzenpolitiker nicht von liberalen und konservativen Spitzenpolitikern, die Mehrheit von ihnen sind Marionetten der Großkapitalisten und Superreichen – quer durch alle Parteien.

    Genau dies sagen die Staatstheorien einiger antiautoritärer linker Strömungen aber auch voraus, der Staat wird z.B. im Anarchismus, Syndikalismus und Rätekommunismus grundsätzlich nicht als Instrument der Emanzipation gesehen, weil er aufgrund seiner hierarchischen soziologischen Struktur automatisch eine von der Mehrheitsbevölkerung entfremdete Klasse hervorbringt, die primär ihre eigenen Interessen verfolgt sowie weil der Staat von seiner Funktion innerhalb des Gesamtsystems her wesentlich ein ausführendes Organ für die Interessen der ökonomischen Eliten (Großkapitalisten und Superreiche) darstellt, die genügend finanzielle Macht besitzen, um sich Politiker quer durch das politische Spektrum einzukaufen.
    In dieser Perspektive kann der Staat daher keine größeren emanzipatorischen Wirkungen entfalten und deshalb werden Parteien und parlamentarische Demokratie von verschiedenen antiautoritären linken Strömungen prinzipiell abgelehnt.

    Die Korrumpierung ehemaliger 68er im Kontext der staatlichen Politik ist also nichts Besonderes, sie sind im Schnitt so korrumpiert wie andere Politiker auch, egal welcher politischen Ausrichtung.
    In diesem Sinne sollte dies m.E. auch kein Bezugspunkt personalisierter oder moralistischer Kritik sein, sondern einer soziologischen Analyse der Mechanismen, die bei Politikern stets die gleichen Effekte hervorrufen.

    • „“…In diesem Sinne sollte dies m.E. auch kein Bezugspunkt personalisierter oder moralistischer Kritik sein, sondern einer soziologischen Analyse der Mechanismen, die bei Politikern stets die gleichen Effekte hervorrufen…““

      Das Einte (personalisierte, moralische Kritik) schliesst das Andere (die soziologische Analyse) nicht aus. Das gilt insbesondere für politische Protagonisten, die fast ausschliesslich mit der ganz grossen Moralkeule hantieren, anstatt ihre Positionen argumentativ und sachbezogen zu vertreten, so wie das ein Grossteil der Grünen idealtypisch verkörpert.
      Ich gebe Dir aber recht mit der Feststellung; …““der Staat wird z.B. im Anarchismus, Syndikalismus und Rätekommunismus grundsätzlich nicht als Instrument der Emanzipation gesehen, weil er aufgrund seiner hierarchischen soziologischen Struktur automatisch eine von der Mehrheitsbevölkerung entfremdete Klasse hervorbringt, die primär ihre eigenen Interessen verfolgt..,““

      • @ Pjotr

        „Das Einte (personalisierte, moralische Kritik) schliesst das Andere (die soziologische Analyse) nicht aus.“

        Ja, das stimmt natürlich.
        Ich hatte bei meiner Bemerkung die Ebene der allgemeinen kritischen Analyse der Korrumpierung solcher ehemaliger 68er im Sinn, die in politischen Parteien Karriere machten. Um diese Entwicklung zu verstehen, führen personalisierte und moralische Zuschreibungen – wie sie z.B. solche Konservative, die gerne undifferenziertes 68er-Bashing betreiben, manchmal verwenden – zu nichts, man muss vielmehr die soziologischen und sozialpsychologischen Mechanismen berücksichtigen, die in der staatlichen Politik allgemein wirksam sind, linke Spitzenpolitiker sind diesbezüglich nicht anders als liberale und konservative Spitzenpolitiker. (Selbstverständlich hatte Schoppe kein undifferenziertes 68er- Bashing im Sinn.)

        Was hingegen die Ebene des konkreten politischen Aktivismus, z.B. der Männerrechtsbewegung angeht, ist es aber natürlich sinnvoll politische Handlungen, Entscheidungen und Versäumnisse, die wir begründet für kritikwürdig und moralisch falsch halten, auch den verantwortlichen Parteien und ihrem Führungspersonal zuzuschreiben und sie in diesem Sinne zu kritisieren – idealerweise mit guten Argumenten. Sonst wäre es ja schwer möglich, eine öffentliche Kritik an einer fehlgeleiteten Politik aufzubauen und Druck zu erzeugen. Aber das gilt ja nicht nur für die Fehler und Versäumnisse vermeintlich linker Parteien, sondern auch für diejenigen liberaler und konservativer Parteien, was die Anliegen von Jungen und Männern betrifft.

      • „Abstrakter linksutopistischer Quatsch …“

        Leszek at its best.

        Aber sieh es doch mal als eine Art von Meta-Humor 😉

      • Leszek hat eine an der W*ff*l. Vermutlich vergehen noch 2000 Jahre, bis die Gesellschaft so weit ist und Leszeks Anarchosyndikalismus geil findet.

        Leszek, wenn du immer mit deiner Argumente-Nummer kommst, lachen sich hier nur alle krank. Denn du hast keine Argumente, sondern lediglich Argumentationskulissen aus verschwurbelten Begriffsansammlungen.

        Deshalb mein Rat an alle – was auch schon vorher angeklungen ist: Kauft Biobananen und die Welt wird gut.

        Jeder kann im Konkreten die Welt verändern, auch durch die angesprochene Null-Bock-Haltung gegenüber der herrschenden Ideologie.

        Leszek ist eine tragische (Witz-)Figur.

        • Na Kirkie,

          „Denn du hast keine Argumente, sondern lediglich Argumentationskulissen aus verschwurbelten Begriffsansammlungen.“

          Doch, doch, Kirkie, ich habe Argumente und kann in der Regel auch Belegquellen für meine Aussagen angeben. Du darfst das, was ich zur Geschichte der 68er-Bewegung gesagt habe, auch gerne nachrecherchieren.

          Und ich weiß ja, dass es dir oft schwer fällt Gegenargumente zu formulieren und dass du in deiner Argumentationsarmut glaubst mit Beleidigungen punkten zu können, aber das klappt bei mir nicht. Lern lieber mal, wie man ernsthafte geisteswissenschaftliche Arbeit betreibt.

        • Dann sag‘ uns doch mal, wann die Gesellschaft so weit sein und deinen Anarchosyndikalismus geil finden wird.

          Ströbele hat sich übrigens vom Rätesozialismus distanziert. Er hätte früher nicht gewußt, wieviel Unrecht ein solcher gebären kann.

          Erklär‘ mir doch mal, was Anarchosyndikalismus ist. Wie funktioniert der?

          Du hast einfach komplett den Kontakt zur Realität verloren.

          Wie war eigentlich die Herrschaft deiner Eltern über dich? Kommt daher deine Liebe zur Anarchie?

          PS: Das ist jedenfalls der psychologische Komplex vieler Linksextremer, die Anarchie ist die Rettung, alle Herrschaft ist böse. (= reale Erfahrung des Kindes).

      • @ Petpanther

        Na, hast du mal wieder keine Ahnung und keine Argumente?

        @ Adrian

        „Viele Gerede um nichts.“

        Nein, sondern eine kurze Darstellung der historischen Strömungsdifferenzierungen der 68er-Bewegung, eine Klärung des Verhältnisses einiger antiautoritärer linker Strömungen zur Staatspolitik und eine kurze Analyse, warum solche 68er, die „erfolgreiche“ Politiker wurden heute genauso korrumpiert sind wie andere Politiker auch – alles themenbezogen.

        • Das hättest Du auch kürzer schreiben können: Linke sind auch nur Menschen und linke Ideologie (Sozialismus/Kommunismus) ist im Kern autoritär. Klar, dass da nix sinnvolles bei rauskommt.

        • @ Adrian

          „Das hättest Du auch kürzer schreiben können:“

          Dann wären Informationen und Argumente verloren gegangen, die ich bei diesem Thema für wichtig halte.

          „Linke sind auch nur Menschen“

          Ja.

          „und linke Ideologie (Sozialismus/Kommunismus) ist im Kern autoritär.“

          Das ist falsch, es gibt sowohl autoritäre als auch antiautoritäre/libertäre Strömungen des Sozialismus und Kommunismus und ich bejahe die Letzteren.

          „Klar, dass da nix sinnvolles bei rauskommt.“

          Das war allerdings nicht das, was ich sagen wollte. Du musst dich aber nicht ärgern, dass ich in politischer Hinsicht anderer Meinung bin als du, sowas kommt im Leben schonmal vor. 🙂

        • @ Dieser Text muss keine inhaltlich korrekte Wiedergabe für einen Historiker sein um seinen gedachten Zweck zu erfüllen – Verallgemeinerungen muss man sprachlich stehen lassen können. Dass um immer zwanghaft darauf verweisen musst, dass es neben der regressiven Linke auch eine politische Totgeburt aus Syndikalismus und Anarchismus gibt, ist für die meisten Menschen überhaupt nicht relevant, da diese Bewegungen über keinerlei Einfluss verfügen – du hast nur Angst, dass du den Begriff „links“ nicht mehr als Virtue Signalling einsetzen kannst und bemühst dich daher krampfhaft auf irgendwelche Splittergruppen aus maximal 3 Mitgliedern zu verweisen, die nicht so denken wie der Rest der Linken und dann daraus einen true Scottsman zu bauen, bei dem ihr als die wahren, gerechten und guten Linken geltet.

          Der durchschnittliche Bürger versteht kaum die Unterschiede zwischen anti-autoritärer und autoritären Linken und für einen Amerikaner ist beides reiner Kommunismus/Stalinismus/Marxismus, wobei diese Begriffe für ihn wiederum das gleiche sind.

        • Ich sehe das ähnlich wie Toxicvanguard. Wo spielen die von dir genannten Strömungen denn heute eine Rolle? Nenn doch mal ein paar Beispiele.

          Das ist ähnlich wie mit dem sexpositiven Feminismus. Von dem sehe ich auch nirgend etwas in irgendeiner Partei oder in einer Hochschule wo die Menschen Feminismus lernen (nicht zu verwechseln mit „etwas über Feminismus lernen“).

        • „“…du hast nur Angst, dass du den Begriff „links“ nicht mehr als Virtue Signalling einsetzen kannst und bemühst dich daher krampfhaft auf irgendwelche Splittergruppen aus maximal 3 Mitgliedern zu verweisen, die nicht so denken wie der Rest der Linken und dann daraus einen true Scottsman zu bauen, bei dem ihr als die wahren, gerechten und guten Linken geltet…““

          @ toxicvanguard

          Es ist richtig, dass die von Leszek bevorzugten antiautoritären linken Gruppen kaum politischen Einfluss haben. Der pauschale Vorwurf, einen true scotsman zu bauen ignoriert aber, dass die Linke in den letzten Jahrzehnten eine Transformation durchlaufen hat, so dass sie kaum mehr als Linke in klassischem Sinne zu erkennen ist. Ein untrügliches Zeichen dafür ist die Abwanderung der Arbeiterschaft und des Prekariats zur AfD in Deutschland oder zum front nationale in Frankreich oder zur FPÖ in Österreich.
          Als Phibaphabophobophober sage ich – das Gendersternchen ist nicht das, was das Prekariat primär verwirklicht sehen will.

        • Die antiautoritären Linken werden auch weiterhin eine machtlose Minderheit innerhalb der Linken bilden, weil sie ideologisch bedingt auf effektive Organisation (was auch Hierarchie einschließt) und Machtausübung verzichten. Das ist das Dilemma aller Antiautoritären, vergleichbar mit den Pazifisten.

        • @ Matze

          „Wo spielen die von dir genannten Strömungen denn heute eine Rolle? Nenn doch mal ein paar Beispiele.“

          Die antiautoritär-sozialistischen linken Strömungen waren in den letzten Jahrzehnten in vielen der sogenannten Neuen Sozialen Bewegungen sowie in basisgewerkschaftlichen Bewegungen vertreten, in jüngster Zeit außerdem in der globalisierungskritischen Bewegung sowie in Bewegungen gegen Sozialabbau und Prekarisierung und der Erwerbslosenbewegung.
          Da es sich bei den antiautoritär-sozialistischen Richtungen um linke Strömungen mit außerparlamentarischem Ansatz handelt, findet man ihre Vertreter in der Regel nicht in Parteien.

          Auf wissenschaftlicher und theoretischer Ebene spielten die antiautoritär-sozialistischen Strömungen außerdem in der Analyse und Kritik des neoliberalen Kapitalismus und dessen verschiedenen Auswirkungen z.T. eine wichtige Rolle.

          „Das ist ähnlich wie mit dem sexpositiven Feminismus. Von dem sehe ich auch nirgend etwas in irgendeiner Partei oder in einer Hochschule wo die Menschen Feminismus lernen (nicht zu verwechseln mit „etwas über Feminismus lernen“).“

          Bezüglich des sex-positiven Feminismus ist es so, dass die derzeitigen Hauptströmungen des Feminismus ihn nicht akzeptiert haben.
          Der sex-positive Feminismus entstand ja als Gegenbewegung zum sex-negativen klassischen Radikalfeminismus und wurde von letzterem entschieden abgelehnt.
          Der (vulgär-)poststrukturalistische Gender-Feminismus übernahm hingegen nur solche Aspekte aus dem sex-positiven Feminismus, die scheinbar seinem spezifischen Zugang zu Diskriminierungsthemen einverleibt werden konnten und ließ alles andere weg.
          Bei sex-positiven Feministinnen handelt es sich heutzutage meist um Einzelpersonen mit liberaler oder linker politischer Orientierung.

    • @ Leszek Zu undifferenziert ist das, was ich geschrieben habe, in vielfacher Hinsicht, wenn es als Beschreibung der 68er und ihrer späteren Entwicklung, oder als eine der gesamten deutschen Linken gesehen wird. Das war aber ja gar nicht die Absicht, so wie ich auch nicht bezweifelt habe, dass es eine staatsskeptische Linke gibt, sei es mit anarchistischen oder mit liberalen Wurzeln.

      Der Punkt war auch nicht, dass Macht korrumpiere. Das ist selbstverständlich, und das gilt für Linke nicht in größerem Maß als für Rechte. Mir geht es um sehr ungünstige Entwicklung, die Ausübung staatlicher Gewalt als emanzipatorisches Handeln zu legitimieren und zu verklären. Und da reicht es nicht, darauf hinzuweisen, dass traditionell viele Linke den Staat „grundsätzlich nicht als Instrument der Emanzipation gesehen“ hätten. Das ändert ja nichts – ich kann nicht erkennen, dass Akteure bei den Grünen, der Linken oder der SPD dadurch selbstkritischer würden.

      Diese Entwicklung hat gleich eine Reihe sehr ungünstiger Folgen, und ich wüsste gern, wo denn eine deutsche oder auch europäische Linke selbstkritisch damit umgeht.

      Grundsätzlich wird ein diffus linkes Selbstverständnis heute zu einem Instrument der Repression (was nicht heißt, dass es nicht auch auf rechter Seite Repressionsinstrumente gibt). Da es nicht um angemessene Auseinandersetzungen mit politischen Gegnern, sondern um eine pauschale Legitimation eigenen Handelns geht, werden die Gegner auch unterschiedslos als irgendwie „rechts“ oder „reaktionär“ einsortiert. Ob jemand Schwule hasst, oder ob Eltern eine sehr offensive Sexualpädagogik in den Schulen zu weit geht – ob jemand offen über das Erschießen von Flüchtlingen räsonniert, oder ob Menschen die desorganisierte Flüchtlingspolitik der Regierung kritisieren – ob jemand die deutsche Kultur rein erhalten möchte und eigentlich überhaupt keine Einwanderung möchte, oder ob jemand die autoritären, menschenfeindlichen Strömungen im Islam ablehnt: Irgendwie erscheint das dann alles als dasselbe.

      Dass ein faschistoider Typ wie Trump irgendwann auch in Europa so großen Erfolg haben kann (dazu: https://www.washingtonpost.com/opinions/this-is-how-fascism-comes-to-america/2016/05/17/c4e32c58-1c47-11e6-8c7b-6931e66333e7_story.html ) , ist eine mögliche Folge dieser Undifferenziertheit. Da politischen Gegnern prinzipiell demokratische Überzeugungen abgesprochen werden, da eine demokratische Gemeinsamkeit über Meinungsunterschiede hinweg verneint wird. können sich brachiale rechte Tabubrecher als Vorkämpfer gegen eine selbstgerechte, erstickende, diffus linke Ordnung präsentieren.

      Ich teile übrigens nicht die von Dir erwähnte Ablehnung von Parteien und parlamentarischer Demokratie, weil ich davon überzeugt bin, dass die Formalisierung – das heißt auch: Institutionalisierung – informeller Bereiche bei aller Problematik unverzichtbare Funktionen erfüllt. Wichtig ist aber eine beständige Kontrolle und Überprüfung der Institutionen. Eben die wird aber geschwächt, wenn Repräsentanten staatlicher Strukturen sich selbst als Vorkämpfer der Emanzipation präsentieren. Gerade Medien mit einem kritischen Selbstverständnis, zum Beispiel, verstehen sich dann tendenziell eher als Unterstützer und Förderer dieser angeblich emanzipatorischen staatlichen Politik, als dass sie sie kontrollieren würden.

      Da das jetzt alles sehr abstrakt war, zwei Beispiele. Schwesig hat ja gerade betont, dass die Regierung „verpflichtet“ sei, die „Lohnlücke“ zwischen Männern und Frauen zu schließen. http://www.spiegel.de/karriere/berufsleben/manuela-schwesig-zur-lohngleichheit-unterschiede-abbauen-a-1095418.html Nun wäre nach meinem Verständnis eine staatliche Institution, die in die Rechte der Unternehmen und die einzelner Arbeitnehmer eingreift, verpflichtet, diesen Eingriff zu legitimieren. Dazu müsste sie erstens zeigen, dass die Situation staatliches Eingreifen erfordert – und zweitens, dass sie durch staatliches handeln auch tatsächlich in der erwünschten weise geändert werden kann.

      Schwesig macht das nicht, und mit großer Selbstverständlichkeit nicht. Ihre Partei beruft sich – so im letzten Wahlkampf – auf Fantasiezahlen wie die, dass Frauen für dieselbe Arbeit 23% weniger bezahlt bekämen, und die Ministerin redet pauschal von „Strukturen, die dazu führen, dass es gerade die Frauen sind, die für Kinder und für pflegebedürftige Angehörige zu Hause bleiben“. Als ob daran ihre Partie nicht wesentlich mitbeteiligt wäre.

      Das heißt: Mit dem Staat als Super-Akteur der Emanzipation verschwindet das Verständnis, dass staatliches Handeln legitimiert werden muss – statt dessen müssen seine Kritiker sich legitimieren und unterstellen lassen, dass sie jeweils ganz gewiss nur egoistischen Motiven folgen.

      Ein zweites Beispiel sind die Bestrebungen, die „Schutzlücke“ bei Vergewaltigungen zu schließen. Die Unschuldsvermutung ist ja kein Täterschutz, sondern dient dem Zweck, staatliches Gewalthandeln (denn das ist das jahrelange Einsperren eines Menschen natürlich) zu kontrollieren: Der Staat muss seine Gewalt legitimieren – nicht die Bürger müssen nachweisen, dass diese Gewalt zu Unrecht ausgeübt wird. Das eben unterscheidet ja einen liberalen Rechtsstaat von einem autoritären Staat.

      Da aber die Ablehnung des autoritären Staats in diesem Zusammenhang als Ablehnung eines angemessenen Schutzes von Frauen vor sexueller Gewalt verstanden wird, bleibt eine linke Kritik daran weitgehend aus.

      Dass eine Wahl der AfD, wie das oben jemand nachfragt, keine Perspektive dagegen bietet, ist klar. Die kommt einfach von der anderen Seite mit großer Unterstellungsbereitschaft daher und arbeitet mit am Bau politischer Schützengräben. In meinen Augen wäre die einzige halbwegs vernünftige Perspektive, dass linke Organisationen wieder zu der Selbstkritik finden, ohne die es in einer Demokratie nicht geht. Dass Du das aus anarchistischer Perspektive für unwahrscheinlich hältst, glaube ich ja – aber wo ist dann die Alternative? Eine autonome Linke jedenfalls bietet sie nicht – die hat in weiten Teilen ein ebenso unkritisches Verhältnis zur Gewalt wie die institutionalisierte Linke. Auch wenn es da um eigenhändig ausgeübte Gewalt geht, nicht um staatliche Gewalt.

      • „Dass ein faschistoider Typ wie Trump irgendwann auch in Europa so großen Erfolg haben kann (dazu: https://www.washingtonpost.com/opinions/this-is-how-fascism-comes-to-america/2016/05/17/c4e32c58-1c47-11e6-8c7b-6931e66333e7_story.html ) , ist eine mögliche Folge dieser Undifferenziertheit.“

        Nobody Knows Anything About Fascism
        Michael Ledeen

        http://www.forbes.com/sites/michaelledeen/2016/05/19/nobody-knows-anything-about-fascism/#4620347559fb

        „As I wrote in this space a few weeks ago, Donald Trump is no fascist, but there are many pundits who are calling him that. Their efforts, I think, tells us more about their ignorance of fascism than about Trump and his followers.

        The latest to show off his ignorance is Robert Kagan of the Brookings Institution, writing in the Washington Post. ….

        Kagan apparently doesn’t consider the Nazis’ racist doctrines to be explicit either, even though they were the basis for very detailed legislation, indoctrination in all the schools and universities, military operations, and eventually the Holocaust. Nazism was a great deal more than one-man rule by a charismatic leader. …..

        As for Italian fascism, it is perverse to call it anti-clerical. In fact, Mussolini greatly empowered the Catholic Church, required religious education in the schools, and granted enhanced autonomy to the Holy See. “Successful fascism” in Italy was very much about policies. That’s why it was so greatly admired throughout the West, including scores of American liberals, from FDR to Walter Lippmann. There’s a substantial quantity of scholarly work on this subject …….“

        Hier was zu Ledeen, den muss man auch eher kennen als Kagan:

        http://www.defenddemocracy.org/about-fdd/team-overview/michael-ledeen/

      • @Lucas

        „Das heißt: Mit dem Staat als Super-Akteur der Emanzipation verschwindet das Verständnis, dass staatliches Handeln legitimiert werden muss….“

        Aber nein, jede Herrschaft legitimiert sich auch, egal wie.
        Dieses neue Staatsverständnis, von dem die Rede ist, legitimiert sich mit der Vorstellung der „sozialen Gerechtigkeit“ und erhebt den moralischen Anspruch für vermeintliche „Ungleichbehandlungen“ Ausgleichsmassnahmen durchzuführen.

        Die Exekutive soll ein Mandat des Handelns im Namen der sozialen Gerechtigkeit per Gesetz bekommen. Gesetze sollen nicht mehr allgemeine Spielregeln setzen, vor denen jeder als gleich zu betrachten ist, sondern speziell empfundene Missstände beheben. Der Gesetzgeber wird damit zum Advokaten und Durchsetzer von Partikularinteressen gemacht.
        Dass immer mehr Gesetztesinitiativen dabei die Unschuldsvermutung des Justizsystems in Frage stellen, ist eine direkte Folge aus dem konsequenten Einsetzen für diese Partikularinteressen.

        Die Politik stellt damit das Prinzip der Gewaltenteilung in Frage und betreibt einen Abbau der Justiz als unabhängiger und autonomer Instanz.

        Die Politik bedient sich dabei dem klassischen Populismus, der die „Benachteiligten“ bevorteilen will und damit ihre Wahlstimme kaufen will.

        Schon bei Aristoteles, in seiner Politik, ist zu lesen, dass dies von der Demokratie in die Oligarchie oder Tyrannei führt.

        • Das ist eine ganz schwierige Frage. Plebiszite können prima sein, müssen es aber nicht. Das hängt ganz von der politischen Versiertheit der Menschen ab und die scheint in besagtem Land relativ hoch zu sein, sicherlich viel höher als in dem umgrenzenden Staatenverbund.

        • @adrian
          Zufällig wird heute dies hier gemeldet:
          CSU will Grundgesetzänderungen per Volksentscheid
          http://www.wiwo.de/politik/deutschland/buerger-beteiligung-csu-will-grundgesetzaenderungen-per-volksentscheid-/13690952.html

          „„Wir wollen, dass das Grundgesetz künftig per Volksentscheid mit Zwei-Drittel-Mehrheit geändert werden kann.“ Die Zeit sei reif, die Menschen bei grundlegenden Fragen zu beteiligen. ….“

          Und dann gleich das Grundgesetz? Hätte es nicht gereicht, ein wenig tiefer einzusteigen, bei einfachen Gesetzen etwa?

        • „Und dann gleich das Grundgesetz? Hätte es nicht gereicht, ein wenig tiefer einzusteigen, bei einfachen Gesetzen etwa?“

          Volksentscheide machen gerade bei Grundgesetzänderungen am meisten Sinn, weil sie die institutionelle Struktur des Staates betreffen. So kann verhindert werden, dass die politische Klasse sich selbst Vorteile zuschanzt und sich unangreifbar macht. Das gilt selbstverständlich auch für Änderungen des Wahlrechts oder ähnliche Regelungen. Änderungen, die die freiheitlich-demokratische Grundordnung aufheben würden, können vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt werden.

        • @JCD
          „So kann verhindert werden, dass die politische Klasse sich selbst Vorteile zuschanzt und sich unangreifbar macht.“

          Das mag ja vielleicht in Bezug auf irgendwelche Gesetze zutreffen, aber viel weniger in Bezug auf das GG.

          Ausserdem wird die Vorlage für die Änderungen nach wie vor von der Politik ausgearbeitet und dann zur Abstimmung vorgelegt…

          Ich halte diesen Vorstoss der CSU übrigens für sehr bedenklich. Gerade in Zeiten, in denen offenbar niemand mehr zwischen solch fundamentalen Unterschieden wie Gleichberechtigung und Gleichstellung unterscheiden kann.

      • Grundsätzlich stimme ich Schoppes Ausführungen zu. Ich muss aber auch zugeben, dass staatliches Handeln bzw. Herrschaft sehr wohl emanzipatorisch sein kann. Wenn der Staat Kinder vor Missbrauch durch ihre Eltern schützt, für deren Bildung sorgt, die Sklaverei oder ähnliche menschenrechtswidrige Praktiken abschafft, dann ist der Effekt ein Freiheitsgewinn. Mir persönlich fällt es nicht leicht, diese aus klassisch-liberaler Sicht ketzerischen Gedanken aufzuschreiben, es ist aber nun mal so. Selbst eine Entwicklungsdiktatur dürfte bei einer sehr rückständigen Gesellschaft im Großen und Ganzen von Vorteil sein.

      • „Dass ein faschistoider Typ wie Trump irgendwann auch in Europa so großen Erfolg haben kann

        Ist Clinton nicht faschistoid?

        Sicherlich ist Trump kein Ausbund sozialer Intelligenz, das wäre mir auch lieber, er könnte aber einer der dialektischsten Präsidenten aller Zeiten werden.

        Außen Republikaner, realpolitisch womöglich aber mit einigen Pluspunkten.

  2. „Die haben niemals die Konsequenz daraus ehrlich akzeptiert, dass nun eben SIE diejenigen sind, die politische HERRSCHAFT repräsentieren und ausüben.“

    Das ist halt die revolutionäre Pose, in der sie sich selbst gefallen. Die Verantwortung für eigenes Handeln kann so bequem an den imaginären Gegner zugeschoben werden. Wenn etwas nicht funktioniert, dann lag es immer nur an „den Anderen“, nie aber an den eigenen unzureichenden Konzepten. Die Linken haben diesen elitaristischen Politikstil eingeführt, aber er ist mittlerweile praktisch allgemein verbreitet und hat sogar zu einem „grossen Konsenz“, nämlich den der alternativlosen Tina (there is no alternative) geführt.
    Es wäre viel vorteilhafter, wenn die verschiedenen Parteien streiten würden, statt diesem „grossen Konsenz“ zu huldigen. Das Resultat ist dieses entnervte, autoritäre Gehabe, das sich als Vollstrecker von vermeintlichen Sachzwängen präsentiert, aber in allzu vielen Bereichen längst den Kontakt zur Realität verloren hat. Die Haltung macht sich in der Politik breit, dass es Gebot der Stunde ist, gegen die Allgemeinheit zu regieren und nicht mehr durch sie. Sicherlich sehr negativ zu der ganzen Entwicklung beigetragen hat ein Lobbyismus, der ausserparlamentarisch Spezialinteressen, vor allem wirtschaftlich motiviert, in der Politik ablaichen kann.

    • „“…Das ist halt die revolutionäre Pose, in der sie sich selbst gefallen…““

      Deshalb auch die Fürsorge für LGBT und andere Randgruppen, weil das einige der wenigen verbliebenen Möglichkeiten bietet, sich politisch von den Konservativen deutlich abzugrenzen und etwas Profil zu gewinnen.

      Das Ideal der sozial gerechten Gesellschaft aus grüner Sicht ist die Gesellschaft, die jedem Harz IV – Empfänger eine Sozialtante zur Seite stellt, die eine sozialpädagogische Begleitung gewährleistet und die vorhandenen „Ressourcen“ mittels „Standortgesprächen“ und „Zielvereinbarungen“ aktiviert, um den Harzler im Idealfall der ökonomischen Restverwertung (1 Euro-Job) zuzuführen.

      • Die Grünen sind für ein BGE, soweit ich weiß. Sozialtanten wird es aber weiterhin geben, die machen ihren Job dann aus voller Überzeugung.

  3. „“…Natürlich darf man diesen Theorien nach ja auch keine Macht haben, denn Macht haben die bösen…““

    Wer Macht ausübt, der ist verantwortlich.

    Die Grünen – ich komme wiederholt auf die zu sprechen, weil sie idealtypisch für die Degeneration der Linken stehen – gefallen sich in der Rolle der machtlosen Opposition, die, wenn sie denn die (absolute) Macht hätten, das Paradies auf Erden verwirklichen würden.
    Die reale Politik, die im Wesentlichen von den politischen Parteien realisiert wird, ähnelt in vielerlei Hinsicht einer Theatervorführung, in der jeder die ihm zugedachte Rolle spielt.
    Die Grünen spielen dabei die Rolle der unbegrenzt Solidarischen im Vertauen darauf, dass ihre propagierte unbegrenzte Solidarität niemals wirklich eingefordert wird. So müssen sie nie – um mal ein konkretes Beispiel zu nennen – die Frage beantworten, wieviele Flüchtlinge die BRD aufnehmen und gleichzeitig den sozialen Frieden erhalten kann. Diese Rolle im Theaterstück übernimmt die AfD, die CSU und teilweise die CDU. Ich wwill damit keine Flüchtlingsdiskussion anstossen, denn das ist ja verboten, sondern nur das Prinzip, die Rollenverteilung im Theaterstück verdeutlichen.

    Wie war das doch gleich mit dem Pazifismus der Grünen und dem Kriegseinsatz der Bundeswehr im Kosovo? Das war einer der seltenen Momente, wo ihre propagierten Ideale mit der Realität kollidierten.

    • @Pjotr

      Macht und Herrschaft grundsätzlich als das Böse zu sehen, kann nur zur Konsequenz haben, die eigene Ausübung davon abzulehnen.
      Ansonsten führt dieses Selbstverständnis sofort in die Rechtfertigung das Böse auszuüben. Es bleib einem ja schliesslich nichts anderes übrig…
      Ob es denen eigentlich bewusst ist, dass wenn sie politische Kräfte unterstützen, die Macht als solche dämonisieren, einen Blankoscheck ausstellen, der jedes Handeln rechtfertigt? Ich glaube nicht.

  4. Es ist ja gar nicht wahr, dass die Linken heute das Sagen hätten. Wer vor 30 Jahren solide in der Mitte stand, steht zwar sozialpolitisch heute weit rechts, aber gleichzeitig wirtschaftspolitisch ähnlich weit links. Der Siegeszug der sozialpolitisch Linken geht (oder ging bis vor kurzem) gleichzeitig mit einem großen Siegeszug der ökonomischen Rechten einher.

    Für den Feminismus wurde schon aufgezeigt, wie sehr diese angeblich emanzipatorische Bewegung neoliberale (Kapital-)Interessen fördert. Mir scheint auch für den ganzen heutigen Rest der „Linken“ gilt auch, dass da eigentlich nur Protestenergie einer Generation mit zweifelhaften ökonomischen Aussichten auf pseudorelevante gesellschaftliche Probleme umgeleitet wird, damit diese bloß nicht ihre wirklichen Probleme und Lebensaussichten diskutiert.

    • „damit diese bloß nicht ihre wirklichen Probleme und Lebensaussichten diskutiert.“

      Immer diese Verschwörungstheorien. Dabei geht es viel banaler: Den Leuten geht es so gut, dass sie gelangweilt sind und daher verzweifelt nach Abwechslung in Form von Kampf gegen angebliche Ungerechtigkeiten suchen. Und ich kann diese These sogar verifizieren. Wieviele Feministen und SJWs sind denn unterprivilegiert? Die meisten sind wohlhabende junge Leute, daruberhinaus weiß, cis und hetero. Weiblich kommt noch hinzu, die Krone des Adels.

      • Ich kenne die Damen nicht persönlich, aber soweit man DonAlphonso glauben schenken darf zählen die meisten „Netzfeministinnen“ eher zum Prekariat.

        Oder nimm TrigglyPuff: Irgendwann wird sie feststellen, dass sie mit ihrem Ruf und ihrem Gender-Diplom nichts anfangen kann. Den College-Kredit wird sie trotzdem abzahlen müssen und die sieht mir nicht so aus, als stünde Daddy oder sonst ein Mann bereit, sie davon zu erlösen.

        • Wer überhaupt studieren kann, gehört zur privilegierten Schicht (erst recht in den USA, und erst recht wenn es brotlose Kunst ist).

        • Für bestimmte Unis gilt das, ja. Aber für die Masse der Colleges nicht. Das lässt sich über Staatskredite finanzieren, welche nur heute mit den Job- und Gehaltsaussichten immer schwerer abzubezahlen sind. Das Studium ist dann für viele der Eintritt in die Schuldsklaverei.

        • Wenn die Leute Scheiße studieren, die niemand braucht, dann ist das nicht der pöhse Neoliberalismus schuld. Was soll man denn mit den ganzen Gender Studies-Doktoren anfangen? Ihnen einen gut bezahlten Job beim Staat verschaffen, wo sie dann den ganzen Tag darüber sinnieren können, wie man den WHM noch mehr gängeln und in die Tonne treten kann?

        • Klar. Aber das Problem heute ist, dass abgesehen von ein paar Studiengängen vielleicht viele nicht gebraucht werden oder jedenfalls nicht mehr das frühere „College-Premium“ beim Einkommen abwerfen. Die „große Stagnation“ ist ein erheblicher Nachteil für all die, die in dem Zeitraum sich etwas aufbauen müssen.

        • Diese Anspruchhaltung („Gebt mir ordentlich Kohle, ich hab schließlich studiert!“) hat mich schon immer gestört. Insofern finde ich es ganz gut, wenn manche Leute mal ordentlich auf die Schnauze fallen und/oder etwas demütiger werden.
          Zu trennen davon ist die Fragen, wie der Arbeitsmarkt der Zukunft aussieht. Der technische Fortschritt wird sicherlich so einige Jobs auch im akademischen Bereich überflüssig machen. Wenn man ein entsprechendes Fach studiert und sich dafür verschuldet hat, steht man natürlich dumm da. Das Gute an den USA ist jedenfalls, dass sie einen flexiblen Arbeitsmarkt haben und solche Fehlallokationen von Humankapital besser wieder bereinigen können. Wenn es zuviele sind, dann hat die Gesellschaft in der Tat ein Problem.

        • Vergleichbar wäre das Ganze mit einer Fabrik, die massenhaft Ausschuss produziert. In diesem Fall würde man den Produktionsprozess etwas genauer unter die Lupe nehmen.

        • „“…Vergleichbar wäre das Ganze mit einer Fabrik, die massenhaft Ausschuss produziert. In diesem Fall würde man den Produktionsprozess etwas genauer unter die Lupe nehmen…““

          Aber nur, weil der Ausschuss nicht verkauft werden kann und Verluste erzeugt, die die Fabrik selbst zu tragen hat. Der „Ausschuss“ der Universitäten und die dadurch erzeugten Verluste trägt die Gesellschaft als Ganzes.

        • „Aber nur, weil der Ausschuss nicht verkauft werden kann und Verluste erzeugt, die die Fabrik selbst zu tragen hat. Der „Ausschuss“ der Universitäten und die dadurch erzeugten Verluste trägt die Gesellschaft als Ganzes.“

          Ja. Fehlentwicklungen im Bildungsbereich dürften mit zum teuersten gehören, was einer Gesellschaft passieren kann.

        • umd was ist mit Archäologie, Kunst, Literatur,Musik… zu 99% genauso Brotlos wie Gender Studies, aber im gegensatz zu Genderstudies gibt es wichtig das auch Orchideen Fächer studiert werden und das Studium nicht noch mehr zur reinen Berufsverwertungsausbildung wird.

        • Von mir aus können die Leute auch Orchideenfächer studieren, nur dürfen sie eben nicht die Erwartungen haben, dass sie deshalb das Recht auf einen gut bezahlen Arbeitsplatz haben. Wer nur studiert, was ihm Spaß macht, und dann den Preis ihn Form eines geringen Lohns und/oder einer unspaßigen Beschäftigung bezahlt, hat es sich eben dann so ausgesucht und darf sich nicht beschweren.

        • Das Problem ist, dass man das als 18-jährige(r) Schulabgänger(in) überhaupt nicht einschätzen kann und leider auch nicht darüber aufgeklärt wird.

          Den Jungs dämmert es nur etwas mehr, dass sie später auch mal ein bisschen Kohle gebrauchen könnten, wenn sie ne Familie wollen (hinzu kommt ein höheres intrinsisches Interesse an Fächern die zu brauchbaren Berufen hinführen).

        • Die Fehlallokation ist ja nur ein kleiner Teil des Problems. Man kann nur verdienen, was da draußen zu verdienen ist. Man kann zwar mit eigener Leistung bestimmen, wie viel vom Kuchen man abbekommt, aber wieviel Kuchen da ist hängt von anderen Dingen ab. Die Erfahrung zeigt, dass es in wachstumsstarken Wirtschaften erheblich leichter ist, die eigene Position durch Leistung zu verbessern. Ohne Wachstum bekommt man eine Situation, wie man sie so vielen Romanen aus dem 19. Jahrhundert findet: alle warten auf irgendeine Erbschaft oder wollen reich heiraten, weil das die einzigen Möglichkeiten sind das eigene Leben substantiell zu verbessern.

          Das Versprechen der Sozialdemokratie war einmal, dass wer sich bildet, es besser haben wird. Das gilt für Software-Developer wahrscheinlich immer noch. Aber für immer mehr bedeutet es doch nur, gebildete Arbeiter mit sauberen Händen zu sein.

        • @ david

          „Das Problem ist, dass man das als 18-jährige(r) Schulabgänger(in) überhaupt nicht einschätzen kann und leider auch nicht darüber aufgeklärt wird.“

          18-jährige Schulabgänger können sich aber informieren. Wofür gibt es denn das Internet? Abgesehen davon hast du natürlich recht, dass diese Thematik auch in der Schule behandelt werden soll. Was mich am meisten stört, ist die Anspruchshaltung mancher Studierter.

          @ lh

          „Man kann zwar mit eigener Leistung bestimmen, wie viel vom Kuchen man abbekommt, aber wieviel Kuchen da ist hängt von anderen Dingen ab.“

          Die Größe des Kuchens hat sehr wohl auch etwas mit der Leistung/Produktivität des Einzelnen zu tun. Der Produktionsfaktor „Arbeit“ ist genauso wichtig wie der Produktionsfaktor „Kapital“. Ohne qualifiziertes Personal stehen nämlich all die tollen Maschinen nur in der Gegend rum. Deshalb schrieb ich ja auch, dass Fehlentwicklungen im Bildungsbereich so teuer sind.

          „Die Erfahrung zeigt, dass es in wachstumsstarken Wirtschaften erheblich leichter ist, die eigene Position durch Leistung zu verbessern.“

          Auch in einer wachstumsstarken Wirtschaft ist es nicht möglich, dass alle nach oben aufsteigen; es müssen auch welche die mittleren und unteren Positionen ausfüllen. Materielle Verbesserungen sind aber auch für diese machbar, wie die Erfahrung zeigt.

          „Das Versprechen der Sozialdemokratie war einmal, dass wer sich bildet, es besser haben wird. Das gilt für Software-Developer wahrscheinlich immer noch. Aber für immer mehr bedeutet es doch nur, gebildete Arbeiter mit sauberen Händen zu sein.“

          Tja, das 19. Jahrhundert ist eben vorbei. The times, they are a changing…

        • Es geht aber im Kapitalismus nicht darum, etwas zu produzieren, sondern darum aus eingesetztem Kapital mehr Kapital zu machen. Und das bedeutet, dass Dein Produkt nur so viel wert ist, wie andere bereit und in der Lage sind dafür zu geben. Das ist der Kuchen.

          Im Übrigen sprach ich davon, dass das 19. Jahrhundert wieder da ist. In Japan schon länger.

        • „Es geht aber im Kapitalismus nicht darum, etwas zu produzieren, sondern darum aus eingesetztem Kapital mehr Kapital zu machen.“

          Ja und? Wurde die Produktion von Gütern mittlerweile eingestellt, und ich habe davon nichts mitbekommen? Natürlich wird auch mit Finanzprodukten Geld verdient. Ist ja auch okay, solange dieser Bereich nicht vollkommen außer Kontrolle gerät.

          „Und das bedeutet, dass Dein Produkt nur so viel wert ist, wie andere bereit und in der Lage sind dafür zu geben. Das ist der Kuchen.“

          Der Kuchen ist die Gesamtheit aller produzierten Güter einer Volkswirtschaft. Je mehr Güter es gibt, desto mehr kann konsumiert werden. Wenn Güter nicht verkauft werden, dann hat der Produzent etwas falsch gemacht, wenn nicht gerade eine allgemeine Kaufzurückhaltung herrscht.

          „Im Übrigen sprach ich davon, dass das 19. Jahrhundert wieder da ist. In Japan schon länger.“

          Das 19. Jahrhundert ist nicht wieder da, allein schon aus demografischen Gründen. Japan ist da schon etwas weiter als wir.

        • Offenbar tust Du Dich mit dem Verständnis schwer. Wenn z.B. BMW 1 Million Autos baut, die sie aber nicht an den Mann bringen können, weil keiner Geld dafür hat, dann bringt ihnen das nichts außer ganz viel Miese. Es reicht nicht aus zu produzieren. Der kapitalistische Erfolg besteht darin, die produzierten Güter erfolgreich gegen Geld zu tauschen. Und dafür muss genug Geld da sein, was der einzelne selber nicht produzieren kann.

        • Oh, ich verstehe dich schon. 🙂

          „Wenn z.B. BMW 1 Million Autos baut, die sie aber nicht an den Mann bringen können, weil keiner Geld dafür hat, dann bringt ihnen das nichts außer ganz viel Miese. Es reicht nicht aus zu produzieren.“

          Die Produktion von Gütern ist, wie du bereits selber festgestellt hast, kein Selbstzweck. Wenn also BMW Autos baut, sie aber nicht verkaufen kann, dann ist das ein Signal an BMW, weniger/andere Autos zu bauen und/oder sie zu einem geringeren Preis anzubieten. Es kann nämlich nicht darum gehen, irgendwelche unverkäuflichen Sachen zu produzieren und dann zu erwarten, dass sich auch ein Käufer dafür findet. Die Bereinigung solcher Fehlentwicklungen durch unternehmerische Verluste ist auch Teil des Kapitalismus.

          „Der kapitalistische Erfolg besteht darin, die produzierten Güter erfolgreich gegen Geld zu tauschen. Und dafür muss genug Geld da sein, was der einzelne selber nicht produzieren kann.“

          In einer kapitalistischen Wirtschaft werden letzlich auch nur Güter gegen andere Güter getauscht. Kaufkraft entsteht durch die Produktion von Dingen, die andere Leute haben wollen. Geldproduktion ohne Güterproduktion führt zu Preissteigerungen; davon profitieren nur diejenigen, die an der Geldquelle sitzen und noch zu alten Preisen einkaufen können.

        • So jedenfalls im unterkomplexen Lehrbuchmodell. In der Praxis tauschen nur die Produzenten leider nicht in Güter zurück, sondern horten Finanzanlagen.

          Und wie sich bereits in der großen Depression gezeigt hat, löst „Bereinigung“ von Überkapazitäten keine Probleme, die aus der Notwendigkeit der Rückführung von Schulden in der Gesamtheit der Volkswirtschaft resultieren. Irving Fishers „The Debt-Deflation Theory of Great Depressions“ ist hierzu das Standardwerk.

        • „So jedenfalls im unterkomplexen Lehrbuchmodell. In der Praxis tauschen nur die Produzenten leider nicht in Güter zurück, sondern horten Finanzanlagen. “

          Ach, die Produzenten (also Unternehmen, Arbeitnehmer und Kapitalisten) kaufen keine Güter mehr, sondern horten ihr Geld nur noch in Finanzanlagen (kleiner Hinweis: Finanzanlagen/Kredite schaffen Nachfrage an anderer Stelle)? Das wird ja echt immer absurder mit dir. Aber das bin ich ja gewöhnt. 🙂

          „Und wie sich bereits in der großen Depression gezeigt hat, löst „Bereinigung“ von Überkapazitäten keine Probleme, die aus der Notwendigkeit der Rückführung von Schulden in der Gesamtheit der Volkswirtschaft resultieren. Irving Fishers „The Debt-Deflation Theory of Great Depressions“ ist hierzu das Standardwerk.“

          Von Schulden war in deinem Beispiel nicht die Rede. Sie sind aber Teil des Problems „Fehlallokation von Ressourcen“.

        • Zum einen sind Finanzanlagen nicht notwendig Kredite. Zum anderen führt nicht jeder Kredit zu zusätzlicher Nachfrage.

          Aber selbst wenn man mal von Krediten ausgeht, besteht das von mir angesprochene Problem immer noch darin, dass erfolgreiche Unternehmer das gewonnene Geld leider nicht in Nutten und Ferraris stecken, sondern natürlich weiter investieren wollen, um zukünftig noch mehr zu haben. Dadurch entsteht natürlich zunächst Investitionsnachfrage, aber wenn der Herdentrieb all der Investitionswilligen mal stoppt (keiner mehr Kredite aufnehmen will um damit zu investieren, weil ja schon so schrecklich viele Schulden da sind und bald alles kollabiert) hat man eine Menge Schulden im System, eine Menge Überkapazitäten aus Überinvestitionen und genau das von Fisher beschriebene Problem.
          Und dann fehlt es nicht an unternehmerischer Leistung, sondern an Konsum, damit sich all die Investitionen auch mal auszahlen.

        • „Zum einen sind Finanzanlagen nicht notwendig Kredite. Zum anderen führt nicht jeder Kredit zu zusätzlicher Nachfrage. “

          Es reicht, wenn es ein paar tun, um deine Aussage zu widerlegen. Abgesehen davon gibt es ja noch den gewöhnlichen Konsum von Arbeitnehmern und Kapitalisten.

          „Aber selbst wenn man mal von Krediten ausgeht, besteht das von mir angesprochene Problem immer noch darin, dass erfolgreiche Unternehmer das gewonnene Geld leider nicht in Nutten und Ferraris stecken, sondern natürlich weiter investieren wollen, um zukünftig noch mehr zu haben.“

          Erfolgreiche Unternehmer investieren ihr Geld auch in mehr oder weniger erfolgreiche Unternehmen, die ihre Arbeitnehmer, Gläubiger und andere Unternehmen bezahlen müssen. Letztlich landet alles Geld im Konsum; die Frage ist nur, wann.

          „Dadurch entsteht natürlich zunächst Investitionsnachfrage, aber wenn der Herdentrieb all der Investitionswilligen mal stoppt (keiner mehr Kredite aufnehmen will um damit zu investieren, weil ja schon so schrecklich viele Schulden da sind und bald alles kollabiert) hat man eine Menge Schulden im System, eine Menge Überkapazitäten aus Überinvestitionen und genau das von Fisher beschriebene Problem.“

          Ja, was du beschreibst, ist eine massive Fehlallokation von Ressourcen, die durch exzessive Verschuldung angeheizt wurde. Die kapitalistische Lösung wäre es, die betroffenen Unternehmen pleite gehen zu lassen. Ressourcen würden dann frei und könnten an andere Stelle in der Volkswirtschaft eingesetzt werden; von Unternehmen, die solide gewirtschaftet haben oder einfach nur am wenigsten verschuldet waren. Sollte eine derartige Bereinigung politisch nicht erwünscht sein, kämen u. a. nachfragestützende Maßnahmen in Betracht. Sie dürfen aber den Anpassungsprozess nicht behindern, nur abfedern.

          „Und dann fehlt es nicht an unternehmerischer Leistung, sondern an Konsum, damit sich all die Investitionen auch mal auszahlen.“

          Es kann nicht das Ziel sein, dass die Leute sich das zehnte Auto kaufen, nur damit sich die Investitionen von BMW auszahlen. Konsum ist kein Selbstzweck; Nachfragesteigerungen sollen nur kurzfristig wirken, um die Solvenz des Unternehmens zu sichern, nicht um die falsche Produktionsstruktur zu erhalten.

        • Es ist eben nicht so einfach zu sagen, dass es eine Fehlallokation von Ressourcen ist. Denn genau die beschriebene Dynamik steckt hinter jedem kapitalistischen Wachstum.

          Nimm nochmal das Beispiel mit nur 1 Unternehmen in der Volkswirtschaft, was alles Arbeitnehmer beschäftigt, alle Löhne zahlt und alles herstellt. Dieses Unternehmen kann nur an Einnahmen erzielen, was es selbst vorher an Löhnen gezahlt hat. Jetzt erklär mir doch mal: wie soll dieses Unternehmen Gewinne machen? Woher kommt das Geld? Und wenn Du meinst, dass etwas wesentlich anderes geltend sollte, wenn man dasselbe Unternehmen in 1 Million Teile aufspaltet, warum sollte das irgendwas Substantielles an dem Problem ändern?

          Die Frage ist sehr alt. Schon Marx fragte sich, wie die Kapitalisten es schaffen immer nur 100 $ reinzustecken und 150 $ wieder rauszuholen.

          Die Antwort lautet: Kredit. Und daraus folgt dann ziemlich viel.

          Es landet übrigens nicht alles Geld am Ende im Konsum. Es sollte vielleicht. Aber weder ist das theoretisch notwendig, noch passiert es in der Praxis.

        • „Es ist eben nicht so einfach zu sagen, dass es eine Fehlallokation von Ressourcen ist. Denn genau die beschriebene Dynamik steckt hinter jedem kapitalistischen Wachstum.“

          Ich bezweifle, das jedes kapitalistische Wachstum auf exzessiver Verschuldung und Überinvestitionen beruht. Es kommt natürlich vor, weil Unternehmen keine Glaskugel haben und billige Kredite die Anreize für Investitionen erhöhen. Ein Muss ist diese Dynamik aber nicht.

          „Nimm nochmal das Beispiel mit nur 1 Unternehmen in der Volkswirtschaft, was alles Arbeitnehmer beschäftigt, alle Löhne zahlt und alles herstellt. Dieses Unternehmen kann nur an Einnahmen erzielen, was es selbst vorher an Löhnen gezahlt hat. Jetzt erklär mir doch mal: wie soll dieses Unternehmen Gewinne machen? Woher kommt das Geld?“

          Ein Unternehmen in der Volkswirtschaft, das jeden beschäftigt und alles herstellt, ist kein Kapitalismus mehr, sondern Sozialismus (genauer: Zentralverwaltungswirtschaft). Wenn wir mal das Ausland als Geldquelle außen vor lassen, dann ist kein monetärer Gewinn mehr möglich. Damit entfällt der zentrale Maßstab, um über die Sinnhaftigkeit von Investitionen zu entscheiden.

          „Und wenn Du meinst, dass etwas wesentlich anderes geltend sollte, wenn man dasselbe Unternehmen in 1 Million Teile aufspaltet, warum sollte das irgendwas Substantielles an dem Problem ändern?“

          Der Denkfehler liegt darin anzunehmen, dass alle Unternehmen Gewinn machen. Das trifft aber nicht zu. Das Geld geht an die erfolgreichen Unternehmen. Stell dir einfach mal vor, die Geldmenge wäre fix. Was würde dann passieren?

          „Die Frage ist sehr alt. Schon Marx fragte sich, wie die Kapitalisten es schaffen immer nur 100 $ reinzustecken und 150 $ wieder rauszuholen. “

          Es schaffen eben nicht alle Kapitalisten. Siehe die gegenwärtigen Niedrigzinsen.

          „Die Antwort lautet: Kredit. Und daraus folgt dann ziemlich viel. “

          Kredit ist eine Antwort, die andere ist Konkurrenz.

          „Es landet übrigens nicht alles Geld am Ende im Konsum. Es sollte vielleicht. Aber weder ist das theoretisch notwendig, noch passiert es in der Praxis.“

          Wenn man annimmt, dass der Zweck des Wirtschaften der Konsum ist, dann landet auch alles Geld am Ende im Konsum. Aber das ist rein theoretisch betrachtet.

        • Man muss sich nicht mal vorstellen, es gäbe nur ein Unternehmen. Man kann genau so gut Summen bilden und die betrachten. Es bleibt für die Summe dieselbe Frage.

          Dein Argument ist wohl, dass einige Unternehmen entsprechend mehr investieren und dadurch zunächst Verluste machen, wodurch andere Gewinne machen können? Im Prinzip funktioniert das so ähnlich, ja. Aber es geht nicht richtig auf. Überleg mal: Alle als juristische Personen organisierte Unternehmen (insbesondere GmbHs & AGs) müssen im Schnitt über eine gewisse Zeitdauer Gewinne machen. Sonst gehen sie pleite oder das Finanzamt sagt „Liebhaberei“. Das Finanzamt kann sich wohl kaum so täuschen und übersehen, dass nach Deinen Vorstellungen das alles offenbar ein Nullsummenspiel ist? Und wie viele Unternehmen kennst Du, die in Summe über ihre ganze Lebensdauer so viel Gewinne machen, wie sie zuvor Verluste gemacht hatten? Und wenn nicht das, glaubst Du wirklich, es gäbe für all die Milliardengewinne, die die DAX-Konzerne so jährlich ausspucken genug namenlose Unternehmen, die solche Summen investieren und dann einfach spurlos verschwinden, scheitern? Und was ist mit deren Geldgebern?

          Nein. Das geht alles nicht auf. Das Geheimnis ist, dass immer nur so viel an Gewinn für die Vergangenheit gemacht werden kann, wie für die Zukunft investiert wird. Heutige Gewinne sind der Wachstumszwang der Zukunft. Und deshalb ist Kreditwachstum bis zu einem gewissen Punkt (Minskys „Financial Instability Hypothesis“) eine Selbsterfüllende Prophezeiung. Und danach hat man dann Probleme bis die Neukreditvergabe wieder die notwendige Tilgung der alten Schulden übersteigt.

          Und, um zum Thema zurückzukommen: Das führt dann dazu, dass es in Phasen allgemeinen Kreditwachstums (Wirtschaftswunder!) verdammt einfach ist, durch eigene Leistung einen Aufstieg zu schaffen während es in Phasen der Deflation verdammt schwer ist. Der Konkurrenzkampf auf dieser Ebene findet auch nicht zwischen denen statt, die gerade etwas zu leisten versuchen. Dieser Konkurrenzkampf findet zwischen denen statt, deren Vorfahren etwas geleistet haben und denen, die selbst noch etwas leisten wollen. Das ist der zentrale Konflikt des Kapitalismus.

          (Wenn Du nach Geldmenge fragst, musst Du bitte zuerst definieren, welche Du meinst?)

        • Mein Argument lautet folgendermaßen: Unternehmen sind unterschiedlich erfolgreich; die einen sind besser darin, die Zukunft zu prognostizieren und dementsprechend zu handeln, die anderen nicht. Fehlprognosen bedeuten Fehlinvestitionen und Verluste, im Extremfall Pleite. Selbst Unternehmen, die zeitweise sehr gut laufen, können in die roten Zahlen abrutschen. Es ist ein ständiges hin und her, und es ist praktisch unmöglich, dauerhaft Gewinne zu machen.
          Kredite wiederum ermöglichen nicht nur gute Investitionen, sondern auch schlechte. Sollte dies einem Unternehmen das Genick brechen, dann muss die Bank den Kredit abschreiben. So weit, so gut; das gehört zum unternehmerischen Risko einer Bank. Passiert das aber zu vielen Unternehmen, haben wir eine Finanzkrise. Billiges Geld führt insofern zu Instabilität des Finanzsystems, weil es Unternehmen ermöglicht, auch eher riskante Projekte durchzuführen und schlechte Investments anzuhäufen. Vielleicht könnte man sagen, dass das Kreditwachstum als Turbo für Unternehmen wirkt mit der Folge, dass manche sich im Rennen an die Spitze setzen und andere mit voller Wucht gegen die Mauer knallen.
          Ja, in der Praxis sind Unternehmen eher optimistisch, was die Kreditaufnahme begünstigt. Ich denke allerdings nicht, dass es einen Automatismus des Kreditwachstums gibt.

          „Und, um zum Thema zurückzukommen: Das führt dann dazu, dass es in Phasen allgemeinen Kreditwachstums (Wirtschaftswunder!) verdammt einfach ist, durch eigene Leistung einen Aufstieg zu schaffen während es in Phasen der Deflation verdammt schwer ist.“

          Ich würde mal sagen, dass es sowohl leichter ist, durch Leistung aufzusteigen, als auch, beim Versuch spektakulär zu scheitern (wie z. B. Gender Studies-Doktoren mit einem nicht unerheblichen Studienkredit, der auf seine Rückzahlung wartet).

          „Der Konkurrenzkampf auf dieser Ebene findet auch nicht zwischen denen statt, die gerade etwas zu leisten versuchen. Dieser Konkurrenzkampf findet zwischen denen statt, deren Vorfahren etwas geleistet haben und denen, die selbst noch etwas leisten wollen. Das ist der zentrale Konflikt des Kapitalismus. “

          Na ja, diesen Konflikt gibt es in jeder Wirtschaftsordnung außer der Subsistenzwirtschaft.

        • Kennst Du viele Unternehmen, die nicht dauerhaft kräftige Gewinne machen? Ich nicht. Weder von den großen Börsennotierten und erst recht nicht bei den Mittelständlern.

        • Naja, die Zahlen sind für Unternehmen aus steuerlichen Gründen statistisch gut erfasst. Wir brauchen da nicht raten. Aber es spielen auch nicht nur die Unternehmen eine Rolle, sondern auch die privaten Haushalte, der Staat und natürlich das Ausland. Und dann landet man bei

          https://de.wikipedia.org/wiki/Volkswirtschaftliche_Gesamtrechnung#Gesamtwirtschaftliche_Finanzierungsrechnung

          und

          https://de.wikipedia.org/wiki/Saldenmechanik

          Und wenn man sich die Zahlen ansieht, dann erzielen die deutschen Unternehmen in Summe schon seit langer Zeit deutliche Überschüsse, die das, was Staat und Privathaushalte sich verschulden, weit übersteigen. Das Ausland finanziert das. Das ist der Exportüberschuss. Das Ausland muss sich um das zu finanzieren aber verschulden. Immobilien in Spanien, Griechische Staatsanleihen etc. pp. Ist dann nur immer doof, wenn die ihre Schulden nicht mehr bezahlen können, weil ihnen keiner mehr Geld leiht. Natürlich kannst Du jetzt auf die schimpfen, weil die sich so viel Geld geliehen haben. Aber wenn sie das nicht gemacht hätten, dann wäre die deutsche Wirtschaft 10% kleiner und wir hätten mindestens doppelt so viele Arbeitslose. Und es waren ja auch letztlich deutsche Unternehmen, die das Geld deutschen Banken gegeben haben, damit diese es dahin verleihen und die einkaufen können.

          Ich will Dir nur sagen, dass all diese Dinge nur als Kreislauf gut funktionieren während jeder individuelle Teilnehmer versucht den Kreislauf bei sich offen zu halten, gegen die anderen zu spielen, „reich“ zu werden. Und das hakt dann öfter mal.

        • Wenn du das Ausland miteinbeziehst, musst du konsequenterweise auch die ausländischen Unternehmen in deine Betrachtung aufnehmen. Ebenfalls möchte ich bezweifeln, dass alle deutschen Unternehmen einen Exportüberschuss aufweisen. Das Modell „wertvolle Güter gegen zweifelhafte Kredite“ ist auch nicht sonderlich sinnvoll. Klar bringt das erstmal Beschäftigung für die Exportindustrie; mir wären zuverlässige Schuldner aber lieber. Und ob es ohne Verschuldung im Ausland wirtschaftlich so schlecht bei uns laufen würde, ist keinesfalls so klar, wie du meinst.

          „Ich will Dir nur sagen, dass all diese Dinge nur als Kreislauf gut funktionieren während jeder individuelle Teilnehmer versucht den Kreislauf bei sich offen zu halten, gegen die anderen zu spielen, „reich“ zu werden. Und das hakt dann öfter mal.“

          Klar. Aber die Erkenntnis daraus kann nicht sein, dass bei jedem kleinen Problemchen gleich mehr Schulden gemacht und/oder die Nachfrage gesteigert werden soll.

        • @Ih
          „Kennst Du viele Unternehmen, die nicht dauerhaft kräftige Gewinne machen?“

          Heute werden keine Gewinne „gemacht“, sondern „geschrieben“. Kleiner, aber feiner Unterschied.

        • @ Alex

          Was immer auch getan wird, ob Leitzinserhöhungen, ein allgemeiner Schuldenschnitt, eine Währungsreform oder Helikoptergeld, es wird ungemütlich werden. Es führt aber kein Weg drum herum; die Schulden müssen weg.

        • @jcd

          Du meinst also es gäbe keine besseren oder schlechteren Lösungen. Kick the can bis es nicht mehr geht. Das sehe ich anders und ich meine auch, dass es viel weniger schlimm käme als gedacht, wenn die Option Zinserhöhung käme. Es bedarf dann auch keines Schuldenschnitts, jedenfalls was die Staatsfinanzen der USA betrifft.

        • Es gibt bestimmt bessere oder schlechtere Lösungen, nur eins gibt es nicht: schmerzlose Lösungen. Zinserhöhungen auf 10% werden garantiert wehtun; die Frage ist eigentlich nur, wie lange die Anpassungskrise dauern und wie schwer sie sein wird. Ich bin mal gespannt, wie es jetzt in China weitergeht.

    • Volle Zustimmung. Ich würde sogar vertreten: Der „Kultur-Marxismus“ unserer Zeit ist gerade eine Folge davon, daß der Sozial-Marxismus gegen den Neo-Liberalismus mehr und mehr an Boden verloren hat und sich deshalb in kulturelle Sphären zurückziehen mußte. Er behält die Deutungshoheit, wogegen der Neo-Liberalismus wirtschaftlich das Sagen hat …

      Als die Wehrmacht damals anfing, den Krieg zu verlieren, hat sie begonnen, im Irak zu kämpfen und zu erobern. Das waren Triumphe!

  5. Ist leider so: Links ist das neue Rechts, und als Linker der alten Schule kann man sich heute nur noch verschämt in die Ecke drücken, nix mehr sagen und hoffen dass das Verräter-Pack bald mit Karacho gegen die Wand fährt.

  6. Ich nenne mal bloß 2 Gegenbeispiele, wo „das Patriarchat“ noch ganz wunderbar funktioniert hat und ohne größeren Widerstand Regelungen durchgesetzt hat von denen in erster Linie Väter profitieren:

    1. das Elterngeld. Seit ca. 10 Jahren erhalten die meisten Väter richtig Geld dafür, dass sie zwei oder mehr Monate Erziehungsurlaub nehmen was gegenfinanziert wurde durch massivste Einsparungen bei der Gruppe der nicht-angestellten oder geringverdienenden Mütter, die nun – plangemäß – nurnoch die Hälfte der finanziellen Zuwendungen erhalten wie vor der Reform.

    2. das gemeinsame Sorgerecht auch gegen den erklärten Willen der Mutter (niemals aber gegen den Willen eines Vaters).

    Wer hat diese Siege denn erreicht für Euch? Habt ihr sie überhaupt als solche wahrgenommen? Und was schlagt ihr vor sollte man nun als Nächstes für Mütter fordern zum Ausgleich?

    • zu 1 kann ich nichts sagen da ich mich nicht tiefer mit der Materie beschäftigt habe, nach dem ich erfahren habe das ich als Vater trotz gemeinsamen Sorgerecht kein Anspruch auf Elternzeit habe. Aber wenn 1 genauso Subsrtantiell ist wie 2 kann man sich die antwort zu 1 auch sparen.

      zu 2. der Blick ins Gesetzbuch erleichtert die rechtsfindung und wenn man schonmal dabei ist, am besten noch den Links zu wichtigem urteilen folgen (BGH, BVerfG usw.) in diesem Fall zum EGMR.

      Vater ist in Deutschland wer mit der Mutter verheiratet ist. (vgl. BGB 1592) Von daher ist der Wille des von dir genannten Vatets egal da es sich bei ihm nur um den Ehemann der Kindesmutter handeln kann und er dadurch sowieso wie die Kindesmutter von Anfang an die gemeinsame Elterlichesorge ausübt.

      Das ein Vater nach dem seine Vaterschaft festgestellt bzw. anerkannt wurde. Heutzutage das gemeinsame Sorgerecht erhält hat der EGMR so vor ca. 7 Jahren entschieden umgesetzt wurde es erst vor 3 Jahren. Das Urteil aber war nicht nur zugunsten des Vaters sondern vorallem zugunsten des Kindes das ein Recht darauf hat das sich der leibliche Vater kümmern soll.
      Früher musste der Vater im Zweifelsfall vor Gericht beweisen das er ein guter Vater ist. Heute muss die Mutter beweisen das er ein schlechter Vater ist.
      Dieses Regelung ist im Interesse des Kindes, denn dem Kind den Vater vor zu enthalten sollte durch die Mutter gut begründet sein.

      Oder kurz gesagt,
      Dem Kind ein Elternteil vorzuenthalten darf nur möglich sein wenn vom diesem Elternteil eine Gefahr für das Kind ausgeht, das neue Recht trägt diesem Prinzip rechenschaft.

    • ?

      Nix?

      Sollte man nicht wenigstens dafür sorgen, dass Frauen das Recht auf eine selbstbestimmte Geburt erhalten bleibt?

      Also auf die Klagen der freiberuflichen (Beleg-)Hebammen reagieren z.B.? Wobei: gibt ja kaum noch welche, die klagen könnten…

      https://www.hebammenverband.de/aktuell/nachricht-detail/datum/2012/04/27/artikel/hebammensterben-auf-raten-und-die-regierung-kommentiert-desinteressiert/

      https://www.frauenrat.de/deutsch/infopool/aktionen/wanderausstellung-who-cares-sorgeberufe/hebamme.html

      https://twitter.com/NanuWaslos/status/603542157820043265

      Und das waren ein paar der unter „Top“ angezeigten Tweets 😦

      Die Reaktionen lassen sich also zutreffend so bebildern:

      Ist ja auch klar: wie oft braucht man in einem (Frauen-)Leben schon Hebammen? Einmal vielleicht und dann nie wieder scheint das vorherrschende, politisch-/kulturelle Credo zu sein…

      • Sollte man nicht wenigstens dafür sorgen, dass Frauen das Recht auf eine selbstbestimmte Geburt erhalten bleibt?

        Nachdem meine Frau vor kurzem das „vergnügen“ einer Geburt hatte, und wir beide uns vorher mal etwas umgeguckt haben, kann ich im nachhinein nur sagen: ja, bitte, liebe Hebammen, sterbt aus.

        Dieses ganze „selbstbestimmt“-geschwafel ist Bullshit, es ist so hohl wie das Wort „Premium“, was man auf ein ansonsten gleichwertiges Produkt schreibt, um einen höheren Preis zu rechtfertigen.

        Wir haben uns mehrere Hebammengeleitete Geburtshäuser angeguckt und über Hausgeburten informiert, etc.

        Jedesmal wurde ein schreckliches Gespenst der Fremdbestimmung der achsobösen „Schulmedizin“ aufgemalt, ironischerweise meist kurz bevor die „sanften“ Frauen dann klarmachten, dass bei der Geburt gefälligst Bedingungslos auf sie gehört werden muss.

        Das ging soweit, dass wir in einem – ansonsten komplett nutzlosen – Geburtsvorbereitungskurs über den Juristischen Status von Wünschen einer Frau in der Geburt belogen wurden – oder von mir aus mit einer von Lügen nicht zu unterscheidenden Inkompetenz beraten wurden.

        Im Krankenhaus hingegen war man transparent und kundenorientiert: natürlich wird die künftige Mutter respektiert – sie ist ja nicht die Gefangene. Natürlich muss sie, wenn sie nicht will, im Gynokologischen Stuhl liegen, wer erzählt den solchen quatsch?

        Ja, vielleicht sind nicht alle Hebammen so, aber ehrlich gesagt: wenn ich bei mehr als 7, die ich ausserhalb des Krankenhauses nicht EINE dabei ist, die etwas mehr kann als Globulimarketing mag ich da nicht drauf wetten.

        Dementsprechend kann ich im „Sterben“ auch nicht mehr als eine Marktbereininung von Scharlatanen sehen.

    • Wer hat diese Siege denn erreicht für Euch? Habt ihr sie überhaupt als solche wahrgenommen?

      Bullshit.
      Als „Niederlage“ kann das auch nur eine von Hass zerfressene Minderleisterin mit Wahrnehmungsstörung einordnen.

      Abgesehen davon, dass vom Elterngeld ja nicht ein Einzelner, sondern die ganze Familie profitiert (und das ist ein im internationalen Vergleich schier unfassbares Privileg, Freunde von mir aus Polen konnten es nicht glauben, als ich es erzählt habe), wird Elterngeld zum überwiegenden Teil für Mütter gezahlt.
      Diese nehmen im Schnitt (!) 11,7 Monate in Anspruch und lassen den Vätern damit nur noch maximal 2,3 Monate. Wenn diese sich dass dann beruflich und finanziell leisten können – in 75% der Fälle ist das leider nicht der Fall (ist mein letzter Stand, dass nur 1/4 der Männer überhaupt Elternzeit nehmen kann).
      Du kannst gerne Zahlen präsentieren, aber das Volumen wird wohl locker zu 85% an Frauen ausgezahlt. Zudem ist das Elterngeld auch noch bei 1800 € gedeckelt, was hauptsächlich Männer betrifft. Sie bekommen also auch noch prozentual weniger vom Gehalt, was zusätzlich für Familien den Anreiz erhöht, klassisch aufzuteilen. Was vor allem Frauen nur all zu gelegen kommt.

      2. das gemeinsame Sorgerecht auch gegen den erklärten Willen der Mutter (niemals aber gegen den Willen eines Vaters).

      Was heißt hier gegen den Willen des Vaters, kannst du das mal ausführen? Kann der Vater etwa auch das Sorgerecht der Mutter verhindern, wie umgekehrt? Gebracht hat uns diese schrittweise, noch nicht erreichte Gleichberechtigung übrigens ein EU-Rüffel an die BRD, die hier Männer klar gemäß Gleichberechtigungsgrundsatz benachteiligt hatte und wohl auch nicht vorhatte, das zu ändern.
      In den Ausschüssen (ehem. Chefin war dabei) haben dann Frauenverbände die echte Gleichberechtigung verhindert und diesen etwas schalen Kompromiss durchgesetzt:

      Nach der neuen Sorgerechtsregelung erhält die Mutter zunächst auch alleine das Sorgerecht. Geben die Eltern eine gemeinsame Sorgeerklärung ab, so erhält der Vater wie zuvor ebenfalls das Sorgerecht. Ist die Mutter nicht mit einer gemeinsamen Sorge einverstanden, so kann der Vater nun aber, im Gegensatz zu früher, dennoch das Sorgerecht erhalten, wenn dies dem Kindeswohl entspricht – auch gegen den Willen der Mutter. Dazu muss die Vaterschaft feststehen und der Vater muss einen Antrag beim Familiengericht stellen. Die Mutter hat dann eine Frist von 6 Wochen, um dem Antrag des Vaters zu widersprechen und Gründe gegen das gemeinsame Sorgerecht zu benennen.

      Sollte man nicht wenigstens dafür sorgen, dass Frauen das Recht auf eine selbstbestimmte Geburt erhalten bleibt?

      Dieses Recht haben sie doch! Ich erklär dir das mal kurz:

      Ca. 2% aller Schwangeren sind so esomäßig drauf, eine Geburt außerhalb einer Klinik durchführen zu wollen. Geburten in Geburtshäusern kosten den Beitragszahler zwar ca. das Doppelte, haben häufiger Komplikationen und führen in einem Drittel (!) der Fälle sowieso zu einer Verlegung ins Krankenhaus, aber bezahlt wird es trotzdem.
      Das Problem von Hebammen sind die klagenden Eltern (geht meist von Müttern aus, teilweise rückwirkend wenn die Kinder schon in der Schule sind), denen bei erfolgreicher Klage im Schnitt (!) 2,6 Milllionen Euro zugesprochen werden und die daraus folgend horrenden Versicherungsprämien von Hebammen. Sinnvoll wäre es, wenn Hebammen bessere Arbeit machen oder man diesen Prozessirrsinn mal eindämmt.

      • „Abgesehen davon, dass vom Elterngeld ja nicht ein Einzelner, sondern die ganze Familie profitiert“

        Komisch, wenn das nur bei den Leistungen, die Väter erhalten, als Argument ziehen soll…

        Zugunsten der Väter und allgemein Gutverdiener (deren Familiengründung bis vor zehn Jahren exakt mit 0 Euro bezuschusst wurde) müssen insbesondere Mehrfachmütter, in jedem Fall aber alle Geringverdiener(innen), auf ein Jahr Unterstützungsleistungen (max. 300 Euro mtl. für 2 Jahre nach der alten Regelung) verzichten.

        Als Trostpflaster erhielten sie das Recht auf einen Kita-Platz ab dem ersten Geburtstag, das sehr Viele ja gar nicht wahrnehmen wollen (wir gehörten dazu, das war uns mindestens ein Jahr zu früh, so Dinge wie laufen und sprechen sollte ein Kind idealerweise schon sicher können bevor es in eine Einrichtung kommt, meine ich persönlich).

        „ist mein letzter Stand, dass nur 1/4 der Männer überhaupt Elternzeit nehmen kann“

        Mein letzter Stand waren über 30 % vor zwei Jahren, Tendenz weiter steigend.

        „Zudem ist das Elterngeld auch noch bei 1800 € gedeckelt, was hauptsächlich Männer betrifft.“

        Keine Einwände, das ist das Problem.

        Warum sollte denn (weiterhin) jemand mit regulären 2700 (oder unbegrenzt mehr!) Euro Monatseinkommen so er sich fortpflanzt 6 x so viel staatliche Transferleistungen erhalten wie jemand mit sagen wir mal einem Minijob?

        Wann wurde darüber überhaupt mal pro/kontra debattiert?

        Nie, meine ich.
        Alle waren wir zu besoffen vor Glück, dass die Politik Väter zu acht Wochen Wickelvolontariat bzw. ungeteilter Aufmerksamkeit für (immerhin) das Kind animieren wollte, als dass wir uns gefragt hätten: Und wer finanziert den Vätern das?
        Antwort: die Ärmsten natürlich.
        Also die, die sich nicht wehren können.

        „Kann der Vater etwa auch das Sorgerecht der Mutter verhindern, wie umgekehrt?“

        Kann sie nicht (mehr).
        Nur ein Richter könnte (auch das einer Mutter btw).

        „Ca. 2% aller Schwangeren sind so esomäßig drauf, eine Geburt außerhalb einer Klinik durchführen zu wollen.“

        Die persönliche Anmerkung zuerst, wenn ich denn selbstkritisch werden darf: ich habe einen wirklich gigantischen Fehler gemacht vor der ersten Geburt.

        So hatte ich mir – weil der damalige Gyn so richtig scheiße war – für die Vorsorgeuntersuchungen bereits eine ganz wundervolle Hebamme gesucht, die eben auch nach der Geburt zur (gerade beim ersten Kind nicht ganz unwichtigen) Nachsorge zu uns nach Hause kam. Allerdings verpasste ich es sie rechtzeitig zu fragen, ob sie mich auch durch die Geburt begleiten könnte, damals wäre das noch möglich gewesen, und das hätte mir mein Trauma höchstwahrscheinlich auch erspart.

        Heute bietet sie das gar nicht mehr an, natürlich. Nurnoch Vor-&Nachsorge, Kurse&Vorträge. Ihrem Kerngeschäft nachzugehen ist nicht mehr finanzierbar (die paar übriggebliebenen nehmen 100 – 600 Euro Eigenanteil von den Gebärenden, was die angesprochenen Benachteiligten mal wieder locker von der Option, sich während der Geburt durch bekanntes Fachpersonal begleiten zu lassen, ausschließt).

        „Geburten in Geburtshäusern kosten den Beitragszahler zwar ca. das Doppelte, haben häufiger Komplikationen und führen in einem Drittel (!) der Fälle sowieso zu einer Verlegung ins Krankenhaus“

        Quelle?

        Ich fand jetzt allgemein folgende Angaben:

        „Eine vaginale Geburt kostet in einer Klinik mit angestellten Hebammen: 1.594 – 2.146 Euro. Darin enthalten sind durchschnittlich 3 – 5 Tage Aufenthalt nach der Geburt. Hinzu kommt der Preis für das Neugeborene von 811 Euro für ein gesundes Neugeborenes mit einem Gewicht über 2.500 g. Nur ca. 65% der Neugeborenen werden über diesen Preis abgerechnet. Nach Abzug von ca. 10% Frühgeburten verbleiben 25% der Neugeborenen für die Preise zwischen 1.990 und 5.506 Euro bei einem Gewicht über 2.500 g und 5.884 bis 11.266 Euro bei einem Gewicht zwischen 2.000 g und 2.499 g berechnet werden. Inzwischen über 30% der Geburten werden per Kaiserschnitt durchgeführt. Hier gibt es regional erhebliche Unterschiede. Medizinisch begründet ist in Industrienationen eine der Kaiserschnitterate von 15% (WHO). Ein Kaiserschnitt kostet zwischen 2.505 und 5.366 Euro. Auch hier ist zusätzlich das o.g. Entgelt für die Betreuung der Neugeborenen zu zahlen. Bei Kliniken, die mit Beleghebammen arbeiten, liegt das Entgelt, das die Klinik für die Geburt erhält, bei folgenden Sätzen: Vaginale Geburt: 1.272 – 1.790 Euro Kaiserschnitt: 2.371 – 4.992 Euro Neugeborene: gleiche Pauschalen wie im Angestelltensystem kommen hinzu. Die Kliniken sparen die Personalkosten der Hebammen ein, Krankenkassen zahlen die Hebammenleistungen an die Hebamme. Der durchschnittliche Preis für eine Geburt in der Klinik ist ebenso wenig bekannt, wie die Ausgaben, die insgesamt für die Betreuung von Müttern und Kindern im Zusammenhang mit Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett ausgegeben werden. …
        Mit der Geburtspauschale ist die Zeit von acht Stunden vor der Geburt bis drei Stunden nach der Geburt abgegolten. Ein zusätzliches Stundenhonorar von 30 Euro wird für Stunden gezahlt die vor der Geburt darüber hinaus anfallen. Für die Erstuntersuchung des Kindes erhält die Hebamme 7,65 Euro. Darüber hinaus fallen für die Betreuung des Kindes keine weiteren Gebühren an.
        Für eine Beleggeburt erhält die Hebamme 237,85 Euro. Hinzu kommen für jeweils einen Besuch am Tag nach der Geburt 13 Euro. Für drei bis fünf Tage ergibt dies 39 – 65 Euro.
        Für eine Hausgeburt erhält die Hebamme 548,80 Euro. Hinzu kommen 27,00 Euro für jeweils einen Besuch am Tag nach der Geburt. Für drei bis fünf Tage ergibt dies 81 – 135 Euro. Für eine 2. Hebamme können bis zu 164,80 Euro anfallen.
        Für eine Geburt im Geburtshauserhält die Hebamme 467,20 Euro. Hinzu kommen 27,00 Euro für jeweils einen Besuch am Tag nach der Geburt. Für drei bis fünf Tage ergibt dies 81 – 135 Euro. Für eine 2. Hebamme können bis zu 164,80 anfallen. Der Träger des Geburtshauses erhält 550 Euro für Betriebskosten. Geburtshäuser erhalten keine zusätzlichen Investitionszuschüsse für Aufbau und Erhalt der Infrastruktur.
        Ca. 15% der außerklinisch begonnenen Geburten werden in die Klinik verlegt. Für diese fallen sowohl die Kosten von außerklinischer als auch der darauf folgenden klinischen Betreuung an. 2,2% der Kinder werden innerhalb der ersten 7 Tage in eine Klinik verlegt. Für diese fallen zusätzlich o. g. Kosten für Neugeborene in der Klinik an.“

        http://www.hebammenfuerdeutschland.de/kosten-geburt

        Nochmal hinweisen möchte ich darauf, dass wir also eine doppelt so hohe Kaiserschnittrate haben wie die laut WHO für Industrienationen medizinisch begründbare.

        Und jetzt ein Blick zu unseren Nachbarn, wo knapp zwei Drittel der Frauen „so esoterisch drauf sind“ (mit Hebamme natürlich) zu Hause zu gebären:
        http://www.aerzteblatt.de/nachrichten/54800

        Die Kaiserschnittrate beträgt da folgerichtig auch nur rund 17 %.

        Irgendwie ist uns diese so nahe/fremde Kultur offenbar also stark überlegen. Wir sollten anfangen von ihnen zu lernen.

      • Sinnvoll wäre es, wenn Hebammen bessere Arbeit machen oder man diesen Prozessirrsinn mal eindämmt.

        Oder einfach die Versicherung auf den Preis draufschlagen. Ist dann halt keine Kassenleistung mehr – surprise – aber warum sollte es auch eine sein?

        • Wenn sinnvolle Geburtsbegleitung – also buchstäblich eine Frage von Leben und Tod – keine Kassenleistung mehr sein soll – was dann überhaupt? Soll sich wer selbstverschuldet verunfallt oder chronisch krank wird etwa auch beteiligen müssen an den Kosten, die er verursacht? Und hey: das sind im Zweifel höhere und dauerhaft anfallende Kosten, aus denen aber im Gegensatz zu der Geburt eines Kindes überhaupt kein gesamt-volkswirtschaftlicher Nutzen entsteht. Please.

        • Du kämpfst gegen einen Strohmann.

          Eine Sinnvolle Geburtsbegleitung ist jetzt und weiter eine Kassenleistung.

          Die Begleitung und Durchführung des Vorgangs an einem Ort jenseits der zugänglichkeit von Notfallmaßnahmen und durch ein Personal, was ihren Job eher als Globulivertreter und Angstmacher versteht, wäre dann keine Kassenleistung mehr.

          Und wie auf „selbtverschuldet verunfallt“ kommst, ist mir ein Rätsel.

          Eine passende Analogie wäre nicht, dass ein Selbstverschuldeter unfall nicht abgedeckt ist, sondern dass der Verunfallte drauf besteht, in seinem Schlafzimmer operiert zu werden, anstatt in Krankenhaus.

        • @keppla

          „Oder einfach die Versicherung auf den Preis draufschlagen. Ist dann halt keine Kassenleistung mehr – surprise – aber warum sollte es auch eine sein?“

          wäre interessant, wie sich Leute entscheiden könnten, wenn man eine Freizeichnung zulassen würde.
          Also: Sie belehrt, dass sie nur bis 50.000 € haftet, wenn man will, dann kann man eine zusätzliche Versicherung abschließen. Wäre interessant, ob die Leute das machen würden oder ob es ihnen zu unsicher wäre

        • „warum sollte ein Arzt keine sinnvolle Geburtsbegleitung darstellen?“

          1. er hat weniger Ahnung (echt jetzt! Eine erfahrene Hebamme kann durch Abtasten des Bauchs allein nicht nur die Kindslage, sondern sogar das Gewicht mitunter besser einschätzen als ein Arzt trotz Ultraschall – da hab ich in meinem Umfeld übrigens schon Fehleinschätzungen von bis zu einem Kilo Mehr-Gewicht als mithilfe der modernsten Technik prognostiziert gehört…)

          2. die Patientin kennt ihn oder sie nicht vorher, es ist reines Glücksspiel ob man sich überhaupt auch nur entfernt leiden kann. Dasgleiche bei den angestellten Krankenhaushebammen, für die natürlich ebenso gilt:

          3. der Schichtdienst ist ein Riesen-Problem! Wenn Du im Krankenhaus entbindest, kann es Dir locker passieren, dass Dich 3 oder mehr verschiedene Ärzte und ebensoviele Hebammen (vaginal) untersuchen etc.

          Dass die Betreuung durch eine einzige, feste Hebamme, die Du Dir selbst nach Sympathie ausgesucht hast, die Dich vielleicht gar die ganze Schwangerschaft hindurch bis ins Wochenbett begleiten wird und Dir in dieser Zeit auch rund um die Uhr telefonisch für Fragen zur Verfügung stünde, qualitativ hochwertiger sein muss, kann doch nicht ernsthaft in Zweifel gezogen werden?

          • @semikolon

            „1. er hat weniger Ahnung (echt jetzt! Eine erfahrene Hebamme kann durch Abtasten des Bauchs allein nicht nur die Kindslage, sondern sogar das Gewicht mitunter besser einschätzen als ein Arzt trotz Ultraschall – da hab ich in meinem Umfeld übrigens schon Fehleinschätzungen von bis zu einem Kilo Mehr-Gewicht als mithilfe der modernsten Technik prognostiziert gehört…)“

            Da kenne ich Ärzte, die dir da entschieden widersprechen würden. Das ist ja auch nur eine Frage der Praxiserfahrung.

            „2. die Patientin kennt ihn oder sie nicht vorher, es ist reines Glücksspiel ob man sich überhaupt auch nur entfernt leiden kann. Dasgleiche bei den angestellten Krankenhaushebammen, für die natürlich ebenso gilt:“

            also du willst einen größeren Luxus, den auch sonstige Patienten nicht haben, aber nichts dafür extra zahlen?

            „3. der Schichtdienst ist ein Riesen-Problem! Wenn Du im Krankenhaus entbindest, kann es Dir locker passieren, dass Dich 3 oder mehr verschiedene Ärzte und ebensoviele Hebammen (vaginal) untersuchen etc.“

            Dafür sind es im Gegensatz zu Hebamme vollausgebildete Profis.

            „Dass die Betreuung durch eine einzige, feste Hebamme, die Du Dir selbst nach Sympathie ausgesucht hast, die Dich vielleicht gar die ganze Schwangerschaft hindurch bis ins Wochenbett begleiten wird und Dir in dieser Zeit auch rund um die Uhr telefonisch für Fragen zur Verfügung stünde, qualitativ hochwertiger sein muss, kann doch nicht ernsthaft in Zweifel gezogen werden?“

            Natürlich ist eine persönliche Betreuung durch eine ausgesuchte Person schön. Aber vieles schöne kostet extra.

        • „Dafür sind es im Gegensatz zu Hebamme vollausgebildete Profis.“

          Ganz. genau. andersrum.

          Die Hebamme ist die Fachkraft für Alles rund um Schwangerschaft, natürliche Geburt und Nachsorge. Der oder die Gyn musste dagegen so viele Dinge lernen, die überhaupt Nichts mit diesem Lebensabschnitt zu tun haben. Nichtmal entfernt.

          „also du willst einen größeren Luxus, den auch sonstige Patienten nicht haben, aber nichts dafür extra zahlen?“

          Hier kommt das Besondere, was eine Geburt von einer OP z.B. unterscheidet: im Normalfall muss das Personal NICHTS machen, nur begleiten und überwachen. Die Gebärende macht hier nämlich die Arbeit. So hat die Natur das vorgesehen.

          „Natürlich ist eine persönliche Betreuung durch eine ausgesuchte Person schön. Aber vieles schöne kostet extra.“

          Im Falle der Geburt war das der Normalfall. Seit immer (hat auch immer was gekostet, bis zur Einführung der Krankenversicherung, schätz ich…).

          Es ist auch noch der Normalfall in unserer Nachbar-Nation, die unterm Strich sogar weniger für diesen Komplex ausgeben dürfte, weil sie eben nur knapp halb so viele – sehr teure – Kaiserschnitte zu finanzieren hat.

          Was sagst Du denn jetzt dazu eigentlich?

        • im Normalfall muss das Personal NICHTS machen, nur begleiten und überwachen. Die Gebärende macht hier nämlich die Arbeit. So hat die Natur das vorgesehen.

          Und wofür braucht man dann eine Hebamme?

          Der Arzt wiederum ist für all die Dinge, die nicht normal laufen, bestens ausgebildet und daher die geeignete Sicherheitsmaßnahme falls es nicht normal läuft.

          Dir geht es erkennbar nur um „die armen Frauen“. Ich frage mich, ob Du hier nur diskutierst, weil Du sonst zu einsam bist? Oder bist Du zu faul zum Denken und springst nur auf „die arme Frau“ an um Dir dann von den Kerlen hier die Denkarbeit abnehmen zu lassen?

        • Du brauchst eine Hebamme damit Du darauf vertrauen kannst, dass Alles gut läuft selbst wenn Du gerad meinst Du stirbst.

          Beim zweiten Mal hatte ich ja zur Abwechslung Wahnsinns-Glück:
          wir waren die einzige Geburt zu dem Zeitpunkt, d.h. wenigstens die Zeit im Kreißsaal über war da bloß 1 nette Ärztin UND 1 extrem liebe Hebamme (die praktiziert leider auch nicht mehr in ihrem Beruf), die sich aufgrund des genannten Umstands beide voll auf uns konzentrieren konnten. Im Falle der Hebamme bedeutete das: sie bat mir Buscopan an und versorgte mich damit. Sie saß die ganzen Stunden an meiner Seite und hielt Augenkontakt sowie meine Hand. Sie „erfühlte“, was mir gut tun würde. Ich brauchte keine Angst haben, dass etwas geschieht, worauf ich nicht vorbereitet werden würde.

          Jede weitere Person, die Dich im Zustand der Wehen neu-„kennenlernt“, bedeutet natürlich immensen Stress für Dich als Gebärende. Und wenns denen dann mit Dir nicht schnell genug vorangeht (bald ist Schichtende!), leiten sie Maßnahmen ein.

          Jede Intervention (Wehen einleiten, Fruchtblase zerstechen usw.) erhöht die Wahrscheinlichkeit weiterer Interventionen. Und am Ende steht dann viel zu häufig eine Zangengeburt oder ein Notfallkaiserschnitt. Beides das reinste Gemetzel.
          Aber wenigstens „lohnend“ (in diesem, unserem System).

        • Ist mal wieder Sheeras Märchenstünde?

          ich habe einen wirklich gigantischen Fehler gemacht vor der ersten Geburt.

          Muttchen, der Dammschnitt war nur in deinem paranoiden Wahnerleben ein Messerangriff des „Gyn“. Ansonsten damals absoluter Standard bei einer Geburt, heute geht man wieder eher dazu über, natürlich reißen zu lassen weil es besser zusammenwächst. Dass da irgendjemand einen „Fehler“ gemacht hat bildest du dir ein.

          Wie gesagt, Geburten in Geburtshäußern kosten doppelt so viel und enden in 31% der Fälle mit Verlegung, Quelle ist ein aktueller und unideologischer Online-Fachvortrag der Uni Dresden, der verschiedene Formen der Geburt, u.a. auch die geplante Sectio miteinander mit Vor- und Nachteilen gegenüberstellte. Das sticht natürlich dein Halbwissen und die politischen Zahlen, die Hebammenverbände gerne verbreiten.

          Die Gründe warum sich die Kaiserschnittraten so unterscheiden sind übrigens sehr vielfältig und durch eine Laiin wie dich nicht zu bewerten. Da spielt nicht nur das Durchschnitts-Alter der Schwangeren eine wesentliche Rolle (umso älter umso öfter Sectio) sowie der Umgang mit relativen Indikationen (weniger Kaiserschnitte ist nicht unbedingt besser, da Risiken wie Asphyxie und Tod des Babys oft ungleich höher sind bei natürlicher Geburt), sondern eben auch das, was du selbst betonst, im Grunde aber noch nie vertreten hast: SELBSTBESTIMMUNG! Es gibt auch nicht wenige Frauen, die nach einer natürlichen Geburt nur noch per Sectio entbinden wollen. Leichtfertig gestellt wird so eine Indikation jedenfalls nicht.

          Ansonsten weißt du mal wieder nicht, von was du redest, verallgemeinerst deine Wahnvorstellungen (jemand hätte dich bei der Geburt abstechen wollen) auf die Situation aller Frauen.

          Nun, die allermeisten Frauen (98%) fühlen sich eben ganz und gar nicht so wohl, ohne Arzt und ausschließlich mit unstudierten Esoterikerinnen zu entbinden, die allerhand abergläubische Pseudobehandlungen im Repertoire haben und oft einen spirituellen Geburtskult pflegen.

          Wir haben für unsere Betreuung noch die Hebamme erwischt, die in der ganzen Stadt den Ruf hat, am pragmatischsten und unideologischsten zu sein (wahrscheinlich auch die einzige im Land, die dir nicht den völlig unbelegten Quark erzählen wird, Kaiserschnittkinder hätten eine andere Persönlichkeit). Ich hab die völlig inhaltlosen Vor-Gespräche dennoch kaum ausgehalten.

          Und nochmal: wenn Hebammen aussterben, dann liegt das daran dass einige Exemplare oft zu stur und verblendet sind, nötige medizinische Behandlungen einzuleiten und damit teure Schäden am Kind zu verursachen, die die Berufshaftpflicht-Versicherungsbeiträge in die Höhe schießen lassen.

        • Die Frage war ernstgemeint.
          Ich nehme ja mal nicht an, dass ihr die Vorsorgeuntersuchungen bei ihr machen lasst.
          Durch die Geburt selbst wird sie Euch nicht begleiten.

          Rein für die Nachsorge und evtl. Stillberatung sucht sich Deine Frau als angebliche Gynäkologin eine Hebamme?
          Sollte es da etwa Dinge geben, die sie selbst _nicht_ weiß oder allein in Erfahrung bringen könnte?

        • Doch das ist schon Standard und ganz sinnvoll (dachten wir zumindest). Vor allem für die Nachbetreuung dann wohl, bisher nicht so. Meine Frau hat ja weder Ahnung von Babys noch vom Stillen, ich erst recht nicht. Und grundsätzlich haben Hebammen auch mehr Erfahrung mit natürlichen Geburten, ist doch klar.

        • Die Hebamme hat uns bei der Großen so mit als Erstes gezeigt wie wir sie einfach und sicher weil richtig (gehalten) in unserem Waschbecken Baden und so Sachen. Mit dem Stillen gabs keinerlei Probleme, und für eine Aufarbeitung der Geburtserfahrung war es damals selbstverständlich noch (ein paar Jahre) zu früh.

          Beim zweiten Mal hab ich dann tatsächlich keine Hebamme mehr „geordert“. Ich hatte zwar geschaut, aber im 50 km Umkreis gab es genau eine, die sich auch als Beleghebamme anbot, die fiel aber letztlich auch raus aufgrund der Entfernung (und ich wohne in NRW, da ist normal Alles doppelt und dreifach recht dicht beeinander…). Die Vorsorge hat mein Gyn gemacht mit dem ich auch äußerst zufrieden war (die Begeisterung hat leider nachgelassen inzwischen, die Frage nach Sterilisation vorallem hat ihn Sympathiepunkte gekostet).

          Ins Krankenhaus musste ich leider schon zum Gebären aus Sicherheitsgründen (der Stempel „Risikoschwangerschaft“ blieb mir jedoch erspart), mein Becken ist nämlich extremst un-gebärfreudig. Wie bei ner 10-jährigen halt, nur in nicht-gesund. Ab einem prognostizierten Geburtsgewicht von spätestens 3500 g wäre eine natürliche Geburt bei meinen speziellen Gegebenheiten unverantwortlich.

          Alle Frauen, die ich kenne, die beides erlebt haben, bevorzugten übrigens die natürliche Geburt. Frauen, die sich zur Entbindung ohne medizinische Notwendigkeit den Bauch aufschneiden lassen wollen, sollte man sagen: Schmerzen hast Du sowieso. Entweder überwiegend bis das Kind da ist (obwohl das noch nicht Alles war, neinnein! Nachwehen und Milcheinschuss sind auch nochmal heftiger als man so erwartet hätte…), oder ausschließlich wenns schon da ist (nein, ich denke nicht dass die Intensität der Schmerzen vergleichbar ist, dann gilt das aber auch sicher ebenso für das anschließende Glücksgefühl und den wahrgenommenen Stolz auf den eigenen Körper, der ebenso mit Nichts sonst vergleichbar ist – wenns gut gegangen ist natürlich nur).

          Gretchenfrage: wie haltet ihrs eigentlich mit der Pränataldiagnostik?

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