„Karriereknick: Frauen, hört auf zu jammern“

Im Spiegel ist ein Bericht über den alten Konflikt zwischen Familie und Karriere:

Frauen unserer Generation, die heute zwischen 30 und 40 sind, hatten einen grandiosen Start: Wir sind so gut ausgebildet wie nie zuvor, sind mit Top-Einstiegsgehältern in Kanzleien und Unternehmensberatungen eingestiegen, haben scheinbar mühelos die ersten Sprossen der Karriereleiter gewuppt und Lebensläufe fabriziert, von denen unsere Mütter nicht zu träumen wagten. Doch wir enden mit Mann, zwei Kindern und Babypausen hoffnungslos überqualifiziert in der Teilzeitfalle.

Ja, Frauen sind so qualifiziert wie nie. Aber sie kommen dennoch nicht nach oben. Die Autorinnen dazu weiter:

Nichts, rein gar nichts spricht dagegen, die ersten Jahre seinen Kindern Zeit zu schenken, das Karriere-Hamsterrad für diese intensive, großartige und wichtige Zeit etwas langsamer drehen zu lassen – oder auch für ein, zwei Jahre eine Pause einzulegen. Prioritäten verschieben sich, mit Kind denkt man anders als ohne.

Das sind glaube ich Sätze, die viele Frauen unterschreiben würden, aber dennoch im Genderfeminismus auf viel Widerstand stoßen würden. Auch hier wäre ja alles nur angelernt – gleichzeitig wäre aber wohl das Leistungsstreben auch wieder etwas patriarchales.

Doch das Zeitfenster, in denen die Kinder ein Händchen zum Laufen, Fahrdienste zum Hockey, Seepferdchen- oder Einradkurs brauchen, ist verhältnismäßig klein. Theoretisch könnten wir nach fünf, sechs Jahren Familienzeit den Fokus wieder verstärkt auf den Job legen und im besten Fall mit Anfang, Mitte 40 noch ein zweites Mal durchstarten. Auf die nächsten 20 Jahre! Der Haken ist nur: Die wenigsten wollen es. Weil das heißluftblasende Marketing, die trockene Jurawelt oder die moralisch schwer vertretbare Bankkundenberatung ihre Anziehungskraft verloren haben. Weil man feststellt: Eigentlich habe ich da noch nie richtig hingepasst.

Ich habe hier schon ein paar Artikel, in denen die Leute, die mit den Frauen zu tun haben, immer wieder anführen, dass Frauen gar nicht so umbedingt auf Karriere aus sind, wenn diese mit Überstunden und Stress verbunden ist. Es passt auch zu Susan Pinkers Buch „Das Geschlechterparadox“. Es ist schade, dass dazu im Feminismus keine wirkliche Diskussion stattfindet oder wenn dann eben nur unter dem Gesichtspunkt „Die Arbeitswelt muss weiblichen Bedürfnissen angepasst werden“ aber nie, wenn es um die Frage geht, warum sich Frauen in einem Wettbwerb um Führungspositionen seltener durchsetzen.

Die große deutsche Soziologin Jutta Allmendinger forderte einmal: Denkt Euer Leben von hinten her! Wo will ich mit 50, 60 Jahren stehen? Und wie komme ich dahin – Familienpausen mit eingeplant? Was für Männer selbstverständlich scheint („Mit 40 will ich im Vorstand sein, mit 50 eine eigene Kanzlei, mit 60 mindestens fünf Partner haben“) ist für Frauen anscheinend irrelevant. Sie ergreifen einen Beruf meist nach naheliegenden Motiven:

Weil Papi Jurist ist und man es deshalb eben auch mit Jura versucht, weil man in der zehnten Klasse ein Praktikum in der Bank absolviert und darum eine Banklehre begonnen hat. Weil man mit BWL nichts falsch machen kann. Weil Apotheken krisensicher sind.

Also Berufsauswahl weniger unter dem Gesichtspunkt von Karriere, sondern eher Verbundenheit und Sicherheit. Auch ein wesentlicher Punkt, der selten angesprochen wird.

Die Autorinnen fordern dann eine Umstellung auf eine 30 Stunden Woche. Das es kaum Führungspositionen gibt, bei denen man das bisher umsetzen kann interessiert ebenso wenig wie die Frage ob man das überhaupt kann und warum man es nicht bereits macht.